Hallo zusammen,
ich weiß offen gestanden gar nicht so genau, wieso ich meine Story nun doch in ein Forum schreibe... vielleicht möchte ich sie einfach mal loswerden und Meinungen von Außenstehenden haben. Ich fang einfach mal an.
Mein Name ist Christian, ich bin 36 Jahre alt und mit meiner Frau nun schon seit 15 Jahren zusammen. Inzwischen haben wir 2 Kinder (5+2), ein Haus, einen Hund, zwei Autos... also eigentlich alles, was man sich so mit Mitte 20 mal als Lebensweg erdacht und erträumt hat.
Nun ist es leider so, dass es bei mir seit einiger Zeit schon beruflich nicht ganz rund läuft. Ich bin selbstständig und der Laden ist auf dem besten Wege, voll vor die Wand zu knallen. Das sorgt natürlich auch zu Hause für eine gewisse Spannung. Zwar lassen wir diese Probleme nicht an die Kinder heran, aber es drückt natürlich schon sehr auf die Stimmung, wenn ständig irgendwelche Mahnungen (oder deren Steigerungsformen) im Briefkasten liegen, die man nur mit sehr viel Mühe vom Tisch bekommt. Das Eheleben wird dann eher so ein nebeneinander her und von ero. brauche ich wohl nicht allzu viel zu erzählen. Das kann man sich sicher denken.
Vor zwei Monaten dann habe ich ein sehr gutes Jobangebot bekommen und damit die Chance, unsere finanzielle Situation sauber und zuverlässig zu ordnen. Momentan wickel ich den Laden ab und freu mich tierisch auf den neuen Job, den ich im Januar antreten werde. Diese neue Perspektive habe ich dann auch zum Anlass genommen, noch mal richtig viel Energie in unsere Ehe zu stecken. Wir sind wieder viel gemeinsam als Paar unterwegs gewesen, haben Ausflüge mit und ohne die Kinder gemacht... und siehe da: es wurde wieder schön zwischen uns. Ich kam mir vor wie zu Anfang unserer Beziehung, ein Gefühl wie frisch verliebt. Und ja, auch der S. wurde... wie sag ich's? Er fand erstmal überhaupt wieder statt und das auch noch ziemlich gut. Im Nachgang würde ich sagen, ich hab mich 10 Jahre jünger gefühlt.
Ein paar Wochen war es mir dann vergönnt, diesen neuen Zustand zu genießen, auch wenn ich nicht mit Bestimmtheit sagen konnte, was ihn denn nun schlussendlich ausgelöst hatte. Naja, und dann kamen die ersten Zweifel. Meine Frau war verdächtig oft mit ihrem Telefon beschäftigt und irgendwie hatte ich den Eindruck, sie sei stets darauf bedacht, dass ich bloß keinen Blick auf den Bildschirm erhaschen könnte. Wenn sie abends noch mal einkaufen ging, dann war ihr Gerät ständig online (Whatsapp zeigt einem sowas ja an) und für's Einkaufen brauchte sie auch immer verdammt lang. Auf die Dauer der Einkäufe angesprochen kamen dann irgendwie immer alle denkbaren Zeitfresser zusammen: Schranken auf dem Hinweg zu, 100 Leute im Laden und nur eine Kasse auf, noch ne Nachbarin auf dem Parkplatz getroffen und kurz geplauscht und auf dem Rückweg waren die verdammten Bahnschranken schon wieder unten.
Nun bin ich kein besonders misstrauischer Mensch, zumindest nicht meiner Frau gegenüber. Mein Bauch sagte mir zwar, dass da irgendwas im Busch sei, aber ich hab's vor mir selbst klein geredet und wollte auch nicht mit irgendwelchen völlig abstrusen Verdächtigungen das gerade wieder aufkeimende Glück kaputt machen. Und dann kam der Sonntag Abend vor drei Wochen, als wir zwar gemeinsam ins Bet gingen, ich aber kurz darauf wieder aufstand, um mit einer Flasche Mineralwasser meinen Durst vom etwas zu salzigen Abendessen zu stillen. Ich saß da im Esszimmer, neben ihrem Telefon, das am Ladekabel hing und starrte es an. Bestimmt so eine halbe Stunde. Dann bin ich eine rauchen gegangen und habe das Anstarren danach noch mal fortgesetzt. Und irgendwann habe ich zugegriffen. Ich weiß, es ist nicht okay gewesen... ich hatte auch sofort ein mega schlechtes Gewissen, aber ich konnte einfach nicht anders.
Naja, Whatsapp auf und siehe da: ganz oben in der Chatliste finde ich den Thomas. Thomas war mal vor Jahren mit der besten Freundin meiner Frau zusammen, ist inzwischen aber in den Süden der Republik gezogen, hat eine Arbeitskollegin geheiratet und ein Kind mit ihr gezeugt. Vor ein paar Wochen war er mit seiner neuen Familie mal bei uns zu Besuch, was sich wohl irgendwie auf Facebook zwischen ihm und meiner Frau ergeben hatte als er dort ankündigte, für ein paar Tage in seine alte Heimat zu kommen. War ein netter Nachmittag mit vielen netten Erinnerungen an früher. Naja... schauen wir mal, was der liebe Thomas so zu schreiben hat... Cybererotik, gegenseitige Lustbekundungen, Austausch von mehr oder weniger intimen Selfis... und ich dachte so bei mir: Prima, jetzt wissen wir ja, woher der Hase pfeifft. Der liebe Thomas macht sie scharf und ich darf dann gnädigerweise das Finish übernehmen, quasi vertretungsweise!. Da ist mir ja schon mal die Galle hochgekommen. Rasend bin ich dann geworden, als ich das Kopfkino der beiden las, in dem sie sich schon Gedanken um einen Urlaub mit beiden Familien machten, bei dem sie sich dann heimlich nachts treffen könnten. Und explodiert bin ich als ich lesen musste, dass die beiden vor 13 tatsächlich einen (einmaligen) Onenightstand gehabt haben. Zur Erinnerung: da waren wir schon zwei Jahre zusammen und gerade in unsere erste gemeinsame Wohnung gezogen.
Es ist offensichtlich völlig egal, ab sowas gerade gestern passiert ist oder ob man nach 13 Jahren dahinter kommt. Der Schmerz ist heftig, den man in dem Moment verspürt. Und er ist nicht wie beim Zahnarzt nach zehn Sekunden weg. Ich zumindest war völlig neben der Spur. Ich habe mich angezogen, mich ins Auto geschmissen und wollte 180 km zu meinem Bruder fahren. Erst nach 60 Kilometern ist mir aufgefallen, dass einerseits am nächsten Tag Montag ist und ich um 8:00 Uhr den Laden aufmachen muss und dass ich andererseits keine genaue Adresse von meinem Bruder hatte, weil der erst Tags zuvor umgezogen war. Also bin ich umgekehrt und wieder nach Hause gefahren. Eine halbe Schachtel Zig. später habe ich meine Frau geweckt und ihr gesagt, sie solle aufstehen und ins Wohnzimmer kommen wenn sie wolle, dass ich am Morgen noch da sei.
Der Rest der Nacht war natürlich heftig und auch ein Schock für sie. Mitten aus dem Tiefschlaf geholt werden und gesagt bekommen, dass der Ehemann nach 13 Jahren hinter dein dunkelstes Geheimnis gekommen ist, war sicher nicht gerade lustig. Wir haben geheult, ich habe geschrieben, Morddrohungen gegen Thomas ausgekotzt, meinen Ehering durchs Wohnzimmer geworfen und weinend wieder unter den Sofa hergesucht... kurzum: eine ganz grauenvolle Nacht. Die Frage nach dem Warum hat sie mit jugendlicher Neugier begründet, was ich heute sogar ein wenig nachvollziehen und auch als Begründung akzeptieren kann. Vor mir gab es keine echten Beziehungen in ihrem Leben und mit Anfang 20... naja, war eben eine andere Zeit. Und ich glaube ihr auch, dass es ein einmaliger Ausrutscher war. Trotzdem bleibt der tiefe Schmerz, das zerbrochene Vertrauen und die Erkenntnis, dass meine Frau in der Lage ist, 13 Jahre lang so zu tun, als sei sie mir immer treu gewesen. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf stellt man einfach alles in Frage. Hat sie am Altar noch daran gedacht? Wie kann man mit so einem Geheimnis überhaupt schlafen? Und ganz schlimm: Sind das überhaupt MEINE Kinder? Letzterer Gedanke ist natürlich Blödsinn, aber das Gehirn funktioniert in so einer Situation leider nicht annähernd normal.
In den darauffolgenden Tagen haben wir sehr intensiv geredet. Und auch das tat weh. Aber ich muss zugeben, dass wir auf einer Ebene miteinander gesprochen haben, wie noch nie zuvor. Ein Großteil der Zeit ging dafür drauf, sie zum totalen Kontaktabbruch mit Thomas zu bewegen. Neben einem virtuellen verlor sie dadurch nämlich auch einen guten Gesprächspartner. Das zumindest war mir aus dem gelesenen Chatverlauf auch bewußt, denn er hatte ihr viel Mut zugesprochen im Hinblick auf unserer aktuelle Arbeitssituation, worauf sicher auch ein Teil ihrer neuen Lebensfreude fußte. Aber ich konnte eben keinen Kontakt mehr zwischen den beiden dulden. Da musste ich hart bleiben.
Inzwischen sind wie gesagt knapp drei Wochen vergangen. Wir reden nicht mehr ganz so viel, aber immerhin nicht weniger intensiv. Ich merke, wie sehr sie ihren Fehler bereut und versucht, mir wieder eine Basis für Vertrauen zu geben. Ich fühle mich inzwischen sogar wieder richtig verliebt, auch wenn es noch immer dunkle Moemente gibt. Im Moment warte ich eigentlich noch auf eine Geste der Entschuldigung. Ist nicht die unbedingt die Stärke meiner Frau, was sicher ein wenig den Erfahrungen aus ihrer Kindheit geschuldet ist (Bei Anschiss Klappe halten und zuhören, sonst knallt's!). Aber die Kombination aus noch nicht richtig ES TUT MIR LEID gesagt und dem zögerlichen Trennen von Thomas lässt mich momentan noch nicht damit abschließen und den Blick nach vorne richten. Es klingt zwar irgendwie egoistisch, aber ich WILL ganz klar sehen, dass sie es bereut. Dass sie weiß, was sie mir und meinen Gefühlen angetan hat. Klingt immer noch egoistisch... aber in dem Punkt muss ich auch ganz hart sagen: SIE hat es getan. ICH muss damit leben. SIE hat nur ein schlechtes Gewissen. ICH habe den Zusammenbruch einer ganzen Welt zu verarbeiten. Es sind Bilder in meinem Kopf, gegen die ich kämpfen muss. Bilder, die mich traurig und sogar wütend machen und deren Bekämpfung mich sehr viel Kraft kosten. Ich erwarte auch keine großen Gesten, eher vielleicht einen Liebesbrief, in dem sie sich entschuldigt und mir sagt, wie sehr sie mich liebt. Irgendwie sowas. Ich bin mir nur nicht sicher, ob ich danach fragen soll, denn von allein wird sie kaum drauf kommen. Habe ich das Recht, sowas einzufordern? Irgendwie schon, finde ich.
Was mir natürlich hiflt ist die Tatsache, dass sie sich letztlich für mich entschieden hat. Dass sie mich geheiratet hat, dass sie mit mir zwei wundervolle Kinder gezeugt hat und dass sie mit mir in den letzten 13 Jahren viele schöne und auch bittere Zeiten durchgestanden hat. Trotzdem bleibt der Schmerz, an den man täglich erinnert wird.
Denn selbst nach dem klärenden Gespräch bleiben vielen Probleme:
Mit wem rede ich darüber? Gemeinsame Freunde oder gar Familie fällt ja schon mal aus, weil das für einen Neuanfang pures Gift wäre. Und es sind Kleinigkeiten im Alltag, die einen immer mal wieder runter ziehen. Sei es ein Film im Fernsehen, in dem plötzlich ein Seitensprung Teil der Handlung wird oder nur ein Lied im Radio, dass einem plötzlich so gar nicht mehr gefallen will, weil man es mit irgendwas verbindet. Ganz grausam auch: die Texte von Heinz Rudolf Kunze ergeben plötzlich Sinn *brrrr!*....
So, nun habe ich mich wohl genug ausgekotzt. Hat gut getan. Danke für's lesen.
Zum Abschluss noch ein Wort an alle, die sich mit dem Gedanken des Seitensprungs tragen: Lasst es! Es tut keinem von Euch gut und ihr zerstört damit mehr, als dass es Euch etwas bringt. Steckt Eure Energie, die ihr in das Finden eines geeigneten S. und in die Verschleierung Eurer heimlichen Treffen investiert, lieber in die Rettung Eurer Beziehung oder Ehe. Wegschmeißen kann man am Ende alles, aber man sollte zuerst mal nachsehen, ob man es nicht doch noch reparieren kann. Manchmal ist nur eine Kleinigkeit kaputt und mit wenig Aufwand läuft es wieder.
22.08.2014 13:01 •
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