Hallo zusammen.
Mehr oder weniger durch Zufall bin ich mal wieder auf meinem Thread hier gelandet und habe gesehen, dass jemand sich ein Update gewünscht hat. Ich habe einige Tage lang überlegt, ob ich diesem Wunsch nach der langen Zeit überhaupt nachkommen soll / will. Ich habe mich aber doch dafür entschieden, weil ich mich daran erinnert habe, dass auch ich damals immer auf der Suche nach Geschichten anderer war, die meiner ähneln. Vielleicht in der Hoffnung, sie würden mir meine eigene Zukunft voraus sagen. Und ich habe mich daran erinnert, dass mich diese Geschichten immer sehr bedrückt haben, wenn das Ende nicht erzählt wurde, sondern sie einfach irgendwann abbrachen. Deshalb möchte ich heute meinen Thread abschließen, auch wenn ich nicht glaube (aber vor allem nicht hoffen), dass jemand sich hier wiederfindet.
Eine Frage will ich gleich vorab beantworten: mein Sohn hat den Kampf gegen den Krebs gewonnen und es geht im gut. Ich möchte mich auch noch mal bei allen bedanken, die mir ihre guten Wünsche übermittelt und die Daumen gedrückt haben. Es hat definitiv geholfen. Vielen Dank!
Nun aber zu dem Thema zurück, mit dem dieser Thread hier begann:
Die Affäre meiner Frau bzw. deren Aufdeckung ist nun schon viereinhalb Jahre her. Und ja, wir sind noch immer zusammen. Ich habe anderthalb Jahre sehr schwer mit ihrer Entscheidung, jemanden zwischen uns zu lassen, zu kämpfen gehabt. Einerseits, weil ich scheinbar ein recht sensibler Mensch bin, andererseits weil meine Frau sich bei der Aufarbeitung stets recht defensiv verhalten hat. Ende 2015 war ich dann so sehr in einer Sackgasse, dass ich eigentlich eine (Ehe-) Therapie einfordern wollte. Dann aber wurde bei unserem Sohn - damals gerade 4 Jahre alt geworden - Krebs diagnostiziert und von einer Minute auf die nächste stand unser Leben auf dem Kopf.
Die Akutbehandlung hat fast genau ein Jahr gedauert und sie war für alle emotional ein gigantischer Kraftakt. (Alleine dazu könnte ich wohl ein ganzes Buch schreiben, trotzdem möchte ich dieses Fiasko hier gerne aussparen. Ich bitte hierfür um Verständnis.)
Anfang 2016 sind wir dann zur Reha gefahren, in der wir sowohl als Familie, als auch als Paar psychologisch betreut wurden. Nicht in der Gruppe, sondern ganz individuell. Dies haben meine Frau und ich dann unter anderem auch dafür genutzt, ihre Affäre aufzuarbeiten. Danach konnte ich endlich anfangen los zulassen.
Und nun sind wir noch einmal zwei Jahre weiter und ich denke, jetzt kommt der Teil, in dem ich erzählen sollte, wie es denn wohl nach der langen Zeit in einer Ehe läuft, in der ein Partner ausgebrochen ist. Nun...
Ihre Affäre ist kein Gesprächsthema mehr. Es ist dazu alles gefragt, gesagt, diskutiert. Sie weiß, dass ich ihr verziehen habe, aber dass ich eben nicht vergessen kann. Manchmal kommt die Erinnerung einfach wieder. Ein paar Sekunden lang. Und dann ist der Gedanke wieder weg. Dagegen kann man nichts machen. Ich rede auch nicht darüber. Man lernt damit zu leben. Aber scheut Euch nicht, Euch professionelle Hilfe zu holen.
Das Vertrauen ist auch wieder da, aber nicht so stark und bedingungslos wie früher. Wenn ich es in einer Zahl ausdrücken sollte, würde ich sagen 98%. Die letzten 2% sind das Wissen um die Realität des Lebens (ohne rosarote Brille) und um die Endlichkeit von Liebe und Loyalität. Auch damit lernt man zu leben.
Alle Ratgeber versprechen einem immer, dass wenn man diesen schmerzhaften Weg geht und sich eben nicht trennt, die Beziehung am Ende auf einem stabileren Fundament stehen würde als vorher. Das stimmt sogar. Man geht sensibler miteinander um. Man führt Gespräche über die Beziehung, über Wünsche, Lücken und Sehnsüchte... ich möchte fast sagen erwachsener und weitsichtiger als vorher. Einfach weil man weiß, wozu es sonst (wieder) führen könnte. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass man den vorherigen Zustand, die frühere Leichtigkeit und das damalige Urvertrauen dann und wann vermisst. Es ist anstrengend, immer erwachsen sein zu müssen. Aber auch damit lernt man zu leben.
Wer diesen Thread komplett gelesen hat der weiß, dass ich immer auf der Suche nach dem einen Grund war, der meine Frau dazu veranlasst hat, mich mit einem anderen Mann zu betrügen. Ich habe diesen Grund bis heute nicht erfahren. Wahrscheinlich, weil sie ihn nach all den Jahren tatsächlich nicht mehr weiß. Auch damit lernt man zu leben, aber das ist tatsächlich der härteste Teil. Wenn du deinen Feind kennst, kann du ihn auch besiegen. Und ihn nicht zu kennen ist hart und es wirkt sich bis heute darauf aus, wie ich fühle, denke, fürchte und handle. Manchmal wünschte ich, meine Frau hätte sich zumindest die Mühe gemacht, sich eine einigermassen plausible Begründung auszudenken. Ich lerne damit zu leben.
Hier im Forum liest man oft die Frage, ob man den Affärenpartner der Frau (alternativ mit vertauschten Geschlechtern) ebenfalls auffliegen lassen soll oder nicht? Meist hat man die Mittel dazu, denn in Zeiten von WhatsApp ist es ja fast schon normal, über einen gelesenen Chat von der Affäre zu erfahren und ihn dann auch zu sichern. Ich gebe zu, dass ich diesen Gedanken (und auch die Mittel) dazu hatte. Heute bin ich aber froh, es nicht getan zu haben, denn langfristig betrachtet hat es mir sehr geholfen, mein verbeultes Ego wieder zu restaurieren. Heute kann ich von mir behaupten, mich im Gegensatz zu ihm nicht aus niederen Beweggründen in eine fremde Beziehung eingemischt zu haben. Ich war trotz aller Wut loyal und habe zu meinen persönlichen Prinzipien gestanden. Ich habe mich nicht auf seine Ebene herab begeben. Und das macht mich zu einem besseren Menschen als er je sein wird. Klingt komisch, vielleicht auch überheblich. Aber ich empfinde es tatsächlich so. Ich bin kein Ar.! Punkt.
Einen letzten Gedanken möchte ich der Fairness halber auch noch aufgreifen: wenn ich ganz ganz ehrlich zu mir bin, dann muss ich leider zugeben, dass die Affäre meiner Frau ein Weckruf war für uns. Hätten wir so weiter gemacht wie vorher, wären wir wahrscheinlich bereits geschieden. Insofern kann ich dieser Sache sogar etwas positives abgewinnen und müsste vielleicht sogar ein Stück weit dankbar sein. Aber nur wenn ich ganz ganz ehrlich bin und dabei alles andere ausblende. Sonst tut es zu sehr weh. Und kotzen muss man auch.
Tja... und damit endet mein Thread. Gerne würde ich einen prägnanten Schlusssatz schreiben, der Euch alle davon abhält, einander weh zu tun. Aber wenn mir der einfallen würde, wäre ich wohl der neue Messias. Wird aber leider nichts draus. Daher bleibt mir nicht mehr als zu sagen: Tut Euch nicht weh!
Alles Gute,
Blechpirat
28.02.2019 22:22 •
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