Hallo zusammen.
So, dies wird das Update nach 9 Monaten. Und es wird wohl auch mein letztes werden...
Mir ging es in den letzten Wochen nicht gut und ich habe inzwischen sogar versucht, einen Termin bei einem Ehe- oder Lebensberater zu bekommen. Leider hatten alle Einrichtungen, egal ob kirchlich oder kommerziell, mehrere Wochen Wartefrist. So war ich gezwungen, mir im Freundeskreis eine Person zu suchen, um einfach erst mal alles los zu werden. Ich habe dann vor einigen Tagen ein langes Gespräch mit einem sehr guten Freund gehabt. Dieser Mensch begleitet meine Frau und mich schon länger, als wir überhaupt zusammen sind. Er kennt uns als Paar, genau so wie er uns schon vorher als Singles kannte. Zudem ist er 15 Jahre älter als wir, hat also weit mehr Lebenserfahrung als der Rest unserer Freunde und Bekannten.
Mein Problem war, dass ich mich gefühlt habe als stünde ich in einer Sackgasse. Ich war mit mir und meinem übervorsichtigen, fast schon panischen Verhalten meiner Frau gegenüber sehr unzufrieden. Wenn ich eine Stimmungsschwankung bei meiner Frau bemerkt habe, bin ich sofort in Deckung gegangen. Oder ich habe alles stehen und liegen gelassen, um die Ursache abzuschalten. Ohne darüber nachzudenken. Getrieben von der Angst, am Ende könnte ich die Schuld dafür bekommen, dass es gerade regnet, die Kinder überdreht sind, der Supermarkt um 17:30 Uhr etwas überfüllt ist... ich habe immer gewusst, dass mein Verhalten in diesen Situationen nicht normal ist. Und ich habe gehofft, SIE müsse das doch merken und mich davon erlösen, indem sie irgendetwas gegen diese Angst bei mir tut.
Unser Freund hat lange mit mir geredet. An vielen Stellen hat er gesagt Ja, das darfst du durchaus erwarten. An anderen Stellen hat er so lange Rückfragen gestellt, bis ich selbst erkannt habe, dass meine Erwartungen nicht realistisch und vollkommen überzogen sind. Und wenn er gesagt hat Ich glaube nicht, dass sie so empfindet oder Sei dir sicher, dass sie das weiß, dann konnte ich ihm das sogar glauben. Selbst, wenn ich es meiner Frau zuvor nicht glauben konnte. Es war also eine Mischung aus Seele streicheln und Finger in die Wunde legen.
Den ganzen Abend hier aufzuschreiben würde sicher den Rahmen sprengen. Unter'm Strich bin ich mit folgenden Erkenntnissen nach Hause gegangen (wegen zu viel B. mit der Taxe gefahren):
- Wenn ich meine Frau so kennen lernen will wie sie wirklich ist, dann muss ich mich so verhalten, wie ich wirklich bin. Verhalte ich mich nicht normal, dann kann meine Frau auch nur mit nicht normalem Verhalten darauf reagieren.
- Wenn ich in harmlosen einer Situation ängstlich oder panisch reagiere, dann muss ICH aus diesem Teufelskreis ausbrechen und mich fragen, wie ich der Situation früher begegnet wäre. Die Situation einen Moment lang betrachten und mich fragen, wovor genau ich jetzt eigentlich Angst habe und ob diese Angst überhaupt berechtigt ist.
Meine bisherige Vorstellung vom Ende dieser Krise war, dass meine Frau sich angemessen entschuldigt, worauf ich dann endlich loslassen und verzeihen kann. Ich habe immer gedacht, dass das der einzig richtige Weg sei. Inzwischen realisiere ich aber, dass diese Entschuldigung wahrscheinlich nicht kommen wird. Und wenn doch, dann wird sie sich nicht so anfühlen, wie ich es mir bisher ausgemalt habe. Der Weg ist also ein anderer. Ich muss loslassen. Ich muss verzeihen, auch in Form einer theatralischen Geste wenn ich will. Aber ich muss es tun, denn verzeihen ist bedingungslos. Es funktioniert nicht, wenn man Erwartungen an den anderen damit verknüpft. Verzeihen tue ich auch nicht für meine Frau, sondern für mich, denn ICH lasse NICHT länger zu, dass IHR Ausbruch MEIN Leben beeinflusst. ICH will frei davon sein. Und dann ist der Weg eben nicht Reue -- Verzeihen. Dann ist der Weg vielleicht Verzeihen -- Leben. Letzteres sogar gemeinsam.
Mit diesem Gedanken stehe ich nun seit einigen Tagen jeden Morgen auf und stelle fest, dass es mir damit besser geht. Sogar besser, als irgendwann vorher in den letzten 9 Monaten. Ich schaffe es sogar, diesen beängstigenden Situationen wieder normal zu begegnen (mit zwei Kindern im Haus sind Stress-Situationen ja nicht gerade selten...). Sie fühlen sich noch komisch an, aber es wird deutlich besser. Und ich glaube zum ersten Mal seit langem, auf dem richtigen Weg zu sein.
Ich weiß, einige von Euch haben mir das in der Vergangenheit alles schon versucht zu erklären. Vielleicht war ich zu der Zeit einfach noch nicht so weit, es auch zu verstehen. Oder ich hatte es noch nicht oft genug gehört. Oder es brauchte einfach diesen einen bestimmten Menschen, bei dem es einen erst wirklich erreicht. Ich weiß es nicht. Aber ich bin Euch allen, die Ihr Euch in den letzten Monaten die Zeit für meine Probleme genommen habt, sehr sehr dankbar.
Trotzdem glaube ich, dass es für mich an der Zeit ist, dieses Forum zu verlassen. Denn auch das gehört für mich zum loslassen. Ich lese hier von Lebensereignissen, die meinen ähneln und automatisch projiziere ich sie auf meine eigenen Erlebnisse. Und das Gedankenkarussell dreht sich wieder. Auch damit muss einfach irgendwann Schluss sein. Irgendwann komme ich nochmal zurück und berichte Euch hoffentlich, dass ich (oder besser wir) endgültig über den Berg sind.
Lass es Euch gut gehen!
Der Blechpirat