Hi Ihr alle,
Nachdem ich seit Wochen eifrig lese und mir meine Gedanken mache, dachte ich, ich gebe meine Geschichte auch einmal zum Besten. Natürlich gerne für Feedback, aber auch, um hier mal ein positives Beispiel einer Beziehung zu beleuchten, die im zweiten Anlauf sogar LÄNGER (fast doppelt so lange) gehalten hat, als im ersten.
ERSTE BEZIEHUNG 3,5 Jahre
Wir sind während des Studiums zusammengekommen (kommen aus Nachbardörfern), haben währenddessen immer getrennt gewohnt. Wir beide hatten wahnsinnig intensive erste Monate und Jahre, waren hals über Kopf verliebt, haben vor Glück voreinander geweint, haben zusammen Zeit auf dem Dorf verbracht, aber auch in unseren Studienstädten. Waren gemeinsam in Urlauben (ich habe sie immer irgendwohin geschleift). Wir waren beide jeweils im Auslandssemester, was uns in der ersten Beziehung auch das Genick gebrochen hat. Nach einem knappen Jahr Fernbeziehung, hat sie während Ihres Semesters in Bordeaux 2013 Schluss gemacht. Wegen fehlender Gefühle, weil sie nicht mehr sagen konnte dass sie mich liebt und nicht wusste ob sie mich vermisst. Es war eine stückweise emotionale Abkopplung die ich zwar mitbekommen habe, aber leider nichts daran geändert bekommen habe. Ich habe sie eher noch von mir weggedrängt, da ich unsere nächsten Treffen planen wollte, sie aktiv gefragt habe ob sie mir denn nichts schönes sagen könne etc. Der klassische Teufelskreis.
Nach der Trennung war sie noch für zwei weitere Monate im Auslandssemester während derer wir gar keinen Kontakt hatten. Nada. Erst ca. 2,5 Monate später habe ich mich glaube ich bei ihr erkundigt ob sie wieder in Deutschland sei. Wir hatten kurzen Kontakt und haben uns auf einen Spaziergang getroffen (ich glaube der eigentliche Vorwand war Übergabe von irgendwelchem Zeugs). Ich weiß noch, dass wir erst entspannt geredet hatten, irgendwann habe ich mich für ein oder zwei Dinge in der Beziehung entschuldigt (u.a. meine emotionale Abhängigkeit) und gesagt, dass ich eine schöne Zeit mit ihr hatte. Ihre Einstellung hatte sich noch nicht geändert und sie war nach wie vor sehr negativ. Ja, es gab aber auch viel schlechtes in der Beziehung, ich habe mich nicht mehr glücklich gefühlt,. ). Keine spur von Reflektion oder Reue.
Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass sie da noch ein Verhältnis mit einem Franzose hatte, den sie nochmal besuchen gefahren ist. Nachdem das erledigt war, hatte sie für sich selbst auch wieder die Chance ihre Gefühle zuzulassen und hat gemerkt, dass ich ihr fehle. Einen weiteren Monat später haben wir uns auf ihr Bestreben noch einmal getroffen, sie hat mir alles erzählt und wir haben uns langsam wieder angenähert. Wir hatten einige sehr lange Unterhaltungen über unsere letzte Beziehung, wo unsere Fehler lagen und was wir ändern möchten. Wir haben uns wahnsinnig ineinander verliebt (für mich stärker als beim ersten Mal) und sind wieder zusammen gekommen.
ZWEITE BEZIEHUNG 5,5 Jahre
Unsere gemeinsame Zeit war super. Wir waren beide wieder in unseren Studienstädten (immernoch getrennt wohnend), ich habe meine Abschlussarbeit geschrieben und sie hatte ihre Prüfungen. 2015 sind wir Beide fertig geworden und ich wollte direkt unseren gemeinsamen Traum Berlin in Angriff nehmen. Ich zog Ende 2015 hierher um einen Job zu finden, sie kam Anfang 2017 nach. Es hat sich dabei herausgestellt, dass der Traum von Berlin eigentlich nur meiner war, sie ist mir dabei letztendlich gefolgt (auch etwas widerwillig). Diesbezüglich habe ich heute auch ehrlich gesagt ein schlechtes Gewissen.
Jedenfalls hat sie hier als Ärztin in einem Krankenhaus angefangen, ich in Startups. Ich habe in der Regel nicht mehr als 10h pro Tag gearbeitet, bei Ihr war eine 60-80h Woche und 12 Tage in Folge arbeiten die Regel. Dementsprechend hatte sie kaum Möglichkeit in den letzten drei Jahren in Berlin anzukommen. Trotzdem haben wir uns beide um gemeinsame Aktivitäten bemüht, versucht alles unter einen Hut zu bekommen. Planen war nur leider immer schwierig, da sie erstens in Schicht arbeitete und zweitens nie wusste wann die Schichten zu Ende sind. Also Rockkonzert oder Kinobesuch im Voraus planen: Fehlanzeige.
So hat es sich entwickelt, dass ich oft unterwegs war (feiern, etwas trinken, dies, das) und sie oft erschlagen ins Bett gefallen ist. Natürlich haben wir auch Zeit zu Zweit verbracht. Es war aber eindeutig, dass sie außer Job und Beziehung in ihrem Leben für nichts Zeit hatte (diese aber auch nicht aktiv gesucht hat). So haben wir von uns hergelebt, ich hatte immer mal wieder Zweifel an unserer Beziehung (vor allem 2017 und 2018). Schluss gemacht habe ich allerdings nie. Wieso? Sicher einige Gründe die nicht zählen sollten: Schlechtes Gewissen. Aber auch die Hoffnung, dass wir das schon gemeinsam wieder besser hinbekommen, sie nur einmal mehr Zeit braucht.
2019 war für mich ein tolles Jahr. Wir hatten im November drei Wochen Urlaub in Australien gemacht. Endlich mal wieder länger Zeit für uns, ohne dass sie 12-13h schlafen muss um für die nächste Woche gewappnet zu sein. Und wir einfach beide einmal den Kopf frei haben. Trotzdem hat sich abgezeichnet, dass sie pessimistischer wurde. Ihren Urlaub hat sie während unseres Australien Urlaubs für 2020 quasi im Alleingang geplant. Mein einziger Wunsch, sich für Burning man 2020 freizunehmen weil ich da einmal gerne mit ihr hinfahren würde, wurde abgelehnt. Sie möchte da nicht hin. Wieder zuhause hatten wir eine schöne Vorweihnachtszeit mit wenig Streit. Alles lief meines Erachtens nach super. Kurz vor Weihnachten hat sie mal wieder einen Freund besucht und ich habe mich für sie gefreut (in Berlin hatte sie in drei Jahren kein mal Übernachtungsgäste von zuhause o.ä.). Außerdem hat sie über die Feiertage ihren Ex Freund getroffen, was ich nicht weiter bedenklich fand. Im Januar wurde mir eröffnet, sie möchte nach München fahren, Freunde besuchen. Je näher der Termin jedoch rückte, desto klarer wurde, dass sie eigentlich ihren Ex besuchen möchte. Zuletzt hatte sie gefragt ob es für mich ok sei, wenn sie bei ihm auf der Couch schläft. Ich bin 6km laufen gegangen und habe danach ja gesagt. Ich vertraue dieser Frau zu 100%. Ich weiß dass sie mich nicht anlügen könnte, selbst wenn sie wollte (oder zumindest hoffe ich das). Zwei Wochen nach diesem besagten München Wochenende kam dann der erste Paukenschlag.
DIE TRENNUNG
Ich kam von einer vier tägigen Geschäftsreisen nach Hause, während derer ich schon ein etwas seltsames Gefühl hatte, da ich kaum was von meiner Ex gehört habe. Ich kam nach Hause und mir wurde eröffnet, sie sei sich der Beziehung überhaupt nicht mehr sicher. Könne nicht mehr sagen dass sie mich liebt, kann sich keine Kinder mit mir vorstellen und auch nicht, dass sie mich heiraten möchte. Natürlich hat mich das getroffen, jedoch nicht so sehr wie es hätte sein können. Natürlich habe ich auch über die Zeit bemerkt, dass sich in unserer Beziehung wahnsinnig viel organisatorischer Alltag eingeschlichen hat und auch, dass sie sich nicht mehr bewusst macht (kann / will), ob sie sich für diese Beziehung noch aktiv entscheidet, oder ob alles einfach gerade ist wie es ist. Meine Antwort darauf war, dass ich solche Phasen in unserer Beziehung auch schon hatte und ich mir dann überlegt habe, was ich an ihr habe, was wir zusammen haben und was ich selbst dazu beitragen kann, dass wir wieder besser zueinander finden, sowohl auf emotionaler, als auch auf Interessensebene.
Wir haben uns an diesem Tag darauf verständigt den Tag getrennt zu verbringen, damit sie sich Gedanken machen kann. Der Konsens danach war, dass wir es weiter zusammen versuchen. Versuchen mehr Schwung in die Beziehung durch mehr Aktivitäten und gemeinsame Zukunftsgestaltung zu bringen. Das ganze hat vier Wochen funktioniert.
Vier Wochen in denen wir sehr viel Essen waren, in Museen, Tagesausflüge gemacht haben und und und. Jedoch war es für mich in dieser Zeit oft so, dass mir die Nähe gefehlt hat. Bei ihr habe ich gemerkt, dass sogar teilweise aktiv Distanz sucht. Wir haben oft in getrennten Betten geschlafen. Manchmal auch wieder zusammen. Dann hatten wir tollen S.. Dann wieder einen Tag ohne Körperkontakt, dafür mit viel unnötigem Streit.
Einer dieser Streits ging wieder um ihren Ex Freund, den sie im März treffen wollte, da er eh in der Stadt sei. Und dann wollte sie noch für einen Tag ca. 500km mit Zug zu einem Big Band Auftritt von ihm fahren und am gleichen abend zurück. Daraufhin bin ich zu ihr und habe gesagt ich weiß dass ich Dir das nicht verbieten kann und das will ich auch nicht. Aber ich möchte dass Du weißt, dass diese Situation für mich sehr schwierig ist, da zwischen uns eine riesige Spannung ist und Du anfängst Deinen Ex vermehrt zu sehen. Sie wurde daraufhin sauer und hat stundenlang nicht mir mir geredet. Ich hatte währenddessen extra aufgepasst, ihr nichts vorzuwerfen, sondern ihr nur klarzumachen was bei mir ausgelöst wird.
Der zweite Paukenschlag kam wie der erste, direkt nach einer Geschäftsreise. Ich weiß nicht wie wir weitermachen sollen, ich weiß nicht was ich will. Hat sie gesagt. Sie möchte nicht alles wegwerfen, ist aber auch nicht glücklich so wie es ist. Wir haben uns auf drei Wochen Pause geeinigt, ohne Kontakt. Danach hat sie sich von mir getrennt und ich hatte das Gefühl 6 Jahre zurückgespult zu haben: Alles war negativ, keine positiven Worte mehr. Keine Dankbarkeit für unsere gemeinsame Zeit. Nur dass sie mich nicht vermisst hat und nicht sagen kann dass sie mich liebt. Das war Ende März.
Morgen ist die Trennung / das Ende der Pause 6 Wochen her. Sie ist ausgezogen und ein Kumpel zu mir. Sehr vieles erinnert mich an unsere erste Trennung und ich bin wahnsinnig traurig, dass wir vor dem gleichem Dilemma stehen (oder zumindest ich). Ich bin nicht sauer, werfe ihr nichts vor und habe nicht wirklich dringende offene Fragen. Denn ich weiß sie macht, was sie für richtig hält. Und das ist zwar irgendwie gut so, aber irgendwie auch schade. Ich habe das Gefühl ich habe alleine gekämpft. Proaktive Vorschläge an der Beziehung zu arbeiten kamen immer von mir. Teilweise wurden sie von ihr zwar befolgt, aber sowas kann ja nicht wirklich funktionieren.
Wir haben noch unregelmäßigen Email Kontakt bezüglich Post die noch in der alten Wohnung ankommt. Sie kam anfangs schlecht von mir los und hat jeden Tag geschrieben. Darauf habe ich gesagt, dass ich keinen Kontakt mehr möchte. Ich finde es schade, dass sie keinen klaren Cut gezogen hat (Sie hat immer noch einen Hausschlüssel und anscheinend nicht überall ihre neue Adresse hinterlegt). Ich bin etwas enttäuscht, dass sie nicht mehr Verantwortung übernimmt und mir gegenüber keine klare Linie zeigt. Andererseits bin ich selbst dafür verantwortlich loszulassen und das weiß ich auch. Nur möchte ich das momentan noch gar nicht. Es wird von Tag zu Tag besser. Aber selbst das möchte ich nicht.
Ich wünsche mir für Sie dass sie glücklich ist. Im Zweifel ohne mich, aber am liebsten wünsche ich mir, ich könnte dazu beitragen und wir könnten es schaffen, wieder gemeinsam zu träumen. Unsere Hobbies pflegen und zu einem neuen Wir zusammenfinden.
Momentan überlege ich ob ich mich irgendwann nochmal melden soll. Denn ich glaube sie ist jetzt zu verunsichert als dass sie das nochmal machen würde. Andererseits bin ich noch nicht weit genug mit der Verarbeitung der Trennung. Zurückweisung oder freundschaftlichen Umgang könnte ich noch nicht ertragen.
Windwill
M29 und W30
07.05.2020 19:10 •
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