Hallo zusammen,
ich habe bereits viel in diesem Forum mitgelesen und vieles davon hat mich auch schon weitergebracht. Allerdings ist es mir ein Bedürfnis, meine Gefühle und Gedanken hier auch mal schriftlich festzuhalten. Ich versuche mich kurz zu halten:
Vor genau sechs Wochen hat sich meine Ex-Freundin (35) von mir (38) nach rund 5 Jahren Fernbeziehung (120km Entfernung) getrennt. Der Grund: Aus Liebe ist bei ihr eher ein Gefühl von inniger Freundschaft entstanden. Per Mail hat sie mir auch geschrieben, dass mein Verhalten nichts dazu beigetragen habe, ich ihr über die Jahre immer viel Verständnis und Liebe entgegengebracht habe und sie das so bisher nicht kannte. Allerdings sei ihr die Leidenschaft abhanden gekommen und sie hätte das Gefühl, dass es in einer gut laufende Beziehung doch mehr S. geben müsse. Schließlich seien wir früher auch ständig übereinander hergefallen. Die Beziehung kann sie so nicht weiterführen und sie will das auch nicht mehr. Die Situation sei auch nicht einfach für sie, weil sie weiß, wie ambivalent das alles klingt. Vielleicht würde aber auch ihr Wunsch nach Unabhängigkeit dahinter stecken, da sie, seitdem sie 15 ist, immer in einer festen Beziehung war (Ich bin rund einen Monat, nachdem sie mit ihrem Ex Schluss gemacht hat, mit ihr zusammengekommen. Mit mir hatte sie ihre dritte Beziehung). Sie sei sich darüber im Klaren, dass sie wohl die beste Beziehung ihres Lebens wegwerfe. Naja, ich weiß auch nicht was ich davon halten soll. Mittlerweile glaub ich, dass sie mit solchen Aussagen ihr Gewissen beruhigen wollte.
Für mich ist natürlich eine Welt zusammengebrochen. Rückblickend ist mir dann eingefallen, dass sie vier Wochen vorher schon Andeutungen dahingehend gemacht hat, dass sie das Gefühl hat, ihre Gefühle würden sich verändern. Ich muss das völlig verdrängt haben und war selbst schockiert, als mir die Situation wieder eingefallen ist. Wahrscheinlich Selbstschutz. Auch ist mir aufgefallen, dass sie sich tatsächlich immer weiter zurückgezogen hat. Auf Nachfrage sagte sie mir, dass sie bereits seit 6 Monaten damit beschäftigt ist, ob sich gefühlstechnisch was bei ihr ändert. Gesagt hat sie mir so lange allerdings nichts.
Wir hatten nach der Trennung noch 5 Tage telefonisch Kontakt und haben uns ab und zu geschrieben. Das ging meistens von ihr aus. Sie wollte auch nicht, dass wir keinen Kontakt mehr haben, da ich ihr immer noch sehr wichtig und ihr der liebste Mensch auf der Welt sei. Es würde sie innerlich zerreißen, mir das angetan zu haben usw. Nachdem ich die ersten Tage viel mit zwei guten Freunden gesprochen hatte, habe ich die Entscheidung getroffen den Kontakt einzustellen. Meiner Ex habe ich das und meine Gründe dafür (Abstand gewinnen, die Situation überhaupt erstmal begreifen und vor allem die Hoffnung begraben) dafür am Telefon mitgeteilt. Sie meinte dann, dass sie es verstehen kann, sie aber auf keinen Fall wolle, dass wir auf lange Sicht keinen Kontakt haben. Auch habe ich nachgefragt, ob womöglich ein anderer Typ im Spiel sei. Sie verneinte und meinte, dass sie einfach geglaubt hat, dass sie nicht mehr genug Gefühle für eine Beziehung hat. Ok, dann muss ich das so hinnehmen.
Seitdem herrscht Funkstille, die ich einmal kurz unterbrochen habe, um ihr mitzuteilen, dass ich ihr Netflixprofil löschen werde, das aber keine Aktion sein soll, um ihr eins auszuwischen. In ihrer Antwort darauf erwähnte sie noch mal, dass es ihr momentan nicht gut gehen würde. Vor vier Wochen schrieb sie mir dann das letzte Mal. Sie wollte wissen, ob ich noch eine Konzertkarte haben möchte, für ein Konzert, das Corona-bedingt verschoben wurde. Sie würde dann aber auch gern dorthin (das fand ich doch arg unsensibel und egoistisch, so kurz nach der Trennung) und sie hoffe, dass es mir den Umständen entsprechend gut gehen würde (da bin ich glatt vom Stuhl gefallen, wie solls mir schon gehen?!). Seitdem haben wir keinen Kontakt. Ich habe ihre Nummer gelöscht und sie bei Telegram entfreundet.
Nun gehts mir, wie so vielen Verlassenen. Meine Gefühlswelt ist ein absolutes Chaos. Wut, Trauer, Angst, Hoffnung, Hoffnungslosigkeit. Ich lebe irgendwie mein Leben (Arbeit, Freunde, Band, Sport), lasse meine Gefühle raus und lenk mich immer wieder ab, damit ich nicht komplett im Emotionssumpf versinke. Ich schreibe Tagebuch, um meine Gedanken zu sortieren und spreche viel mit Freunden. Das alles kostet so verdammt viel Kraft, aber ich schaffe es glücklicherweise mich jeden Tag aufs Neue hochzuquälen und den Kopf nicht in den Sand zu stecken. Ich vermisse sie schon sehr.
Mein Problem ist jedoch, dass ich ständig zwischen Hoffnung (vielleicht wird es ja doch wieder was, wenn sie merken sollte, dass ich ihr fehle) und Akzeptanz hin und her schwanke. Obwohl ich mir rein rational schon über Gründe bewusst bin, weshalb ein Neuanfang totaler Schwachsinn wäre (Sicherheits- und Vertrauensverlust, sie hat sogar im ersten Beziehungsjahr fremdgeknutscht und ich Trottel hab sie wieder zurückgenommen). Überhaupt macht es ja auch keinen Sinn zu hoffen, wenn von ihrer Seite keine Gefühle mehr da sind. Naja, es ist das berühmte Spiel Kopf gegen Herz. Meine Gefühle sind eben noch vorhanden. Ich erwische mich auch ständig bei dem Wunsch, mich bei ihr zu melden. Aber da bin ich bis jetzt stark geblieben, weil ich befürchte, dass mich das in meinem Ablösungsprozess zurückwerfen würde.
Vielleicht habt ihr ja Ideen oder Ansichten, die mich in meiner Situation weiterbringen könnten. Es hilft ja auch immer, wenn neutrale Personen mit ihren Erfahrungen nochmal auf solche Geschichten blicken und Einschätzungen formulieren. Ich wäre da sehr dankbar für. Falls noch irgendwelche Fragen offen sind, dann beantworte ich die gern. Bin halt immer noch recht durcheinander. Liebeskummer ist so ätzend.
22.06.2020 19:37 •
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