Hallo,
Nachdem ich nun eine zeitlang im Forum gestöbert habe
Möchte ich meine Geschichte erzählen.
Warnung: Es wird laaaaang und vielleicht auch ein bisschen
Verworren. Aber ich muss mir das alles mal von der Seele schreiben.
Ich habe leider niemanden mit dem ich reden kann.
Ich bin 59 Jahre alt, mein Mann ist 61, wir sind seit 44 Jahren zusammen, seit 34 Jahren verheiratet.
Wir haben einen Sohn (25) der mit seiner Freundin bei uns wohnt (eigene Wohnung im Parterre).
Mein Mann hat mir vor einer Woche mitgeteilt, dass er sich schon seit 3 Monaten in einer Krise befindet und nicht mehr so weitermachen will. Mehr war erstmal nicht aus ihm herauszubekommen, er wolle sich erstmal selbst klar über alles werden.
Ich habe natürlich schon länger bemerkt das etwas nicht stimmt, aber gedacht es wäre hauptsächlich die Arbeit. Er hat momentan sehr viel um die Ohren (er ist selbstständiger Handwerker).
Da er in letzter Zeit eher genervt reagiert hat wen ich versucht habe mit ihm über Probleme/Gefühle zu reden dachte ich es ist besser ihn erstmal in Ruhe zu lassen und erst ein Gespräch zu suchen wenn es wieder ruhiger ist und er mehr Zeit hat.
Ich hatte jetzt also seit einer Woche Kopfkino, und hab mir echt Sorgen gemacht.
Heute hat er mir dann eröffnet dass sich bei Ihm etwas verändert hat, er hätte plötzlich Gefühle die er so nicht kannte. Er wäre unglücklich und würde sogar manchmal in Tränen ausbrechen und er wolle so nicht weiterleben. Er fühlt sich gefangen und möchte seine Freiheit.
So kenne ich ihn gar nicht, ich habe ihn in all den Jahren nie weinen gesehen. Er habe nun für sich entschieden dass er unsere Ehe nicht weiterführen möchte, da er keine Gefühle mehr für mich hat.
Mir hat das natürlich den Boden unter den Füßen weggezogen,
Ich bin total verzweifelt und, glaube ich, immer noch in Schockstarre.
Ich kann das alles nicht so richtig nachvollziehen, er sendet auch so widersprüchliche Signale. Zum einen sagt er, er wolle keine körperliche Nähe und keinen S. mehr, nur noch Freundschaft.
Vor 3 Wochen war ich noch sein Schatz, er sagte dass er mich liebt,
Und S. hatten wir auch noch.
Seit 1 Woche ist er teilweise extrem kalt mir gegenüber, trotz seiner angeblich neu erwachten Empathie.
Er sagt es gehe jetzt um das was er wolle, bisher wäre es immer um mich gegangen, nun müsse er mal egoistisch sein. Und er habe das nun ein für alle mal so entschieden.
Er ist nicht bereit uns bzw. Mir noch eine Chance zu geben.
Es kommt mir so vor, als gibt er mir für alles was ihn unglücklich macht die Schuld und will mich (unbewusst?) bestrafen.
Andererseits nennt er mich immer noch mein Herz und nimmt Abends beim Fernsehen schauen meine Hand.
Ich verstehe ja, dass er mit all seinen neu erwachten Gefühlen, der Arbeit und allem überfordert ist.
Ich habe ihm gesagt, dass ich ihm soviel Zeit wie er braucht geben werde und ihn nicht bedränge.
Er meint aber es mache keinen Unterschied er hätte das jetzt entschieden und kann keine Rücksicht auf mich nehmen.
Meiner Meinung nach weiß er gar nicht was er eigentlich will.
Nur was er nicht mehr will. Und das bin leider ich.
Er fühlt sich eingesperrt und will seine Freiheit und er hat wohl auch extreme Schuldgefühle mir gegenüber.
Aber er würde nicht ausziehen, ich solle mir keine Sorgen machen,
Auch finanziell will er alles weiterlaufen lassen wie bisher, denn alleine wäre ich ja nicht lebensfähig. Damit hat er leider nicht ganz unrecht.
Zum besseren Verständnis:
Ich liebe meinen Mann seit ich 16 bin. 10 Jahre später haben wir geheiratet.
Ich habe damals vollzeit gearbeitet und er studiert, dann hat er das Studium abgebrochen und eine Ausbildung im Handwerk und anschließend den Meisterbrief gemacht.
Als er sich dann selbstständig gemacht hat habe ich zuerst noch Halbtags gearbeitet, dann aber aufgehört da die Büroarbeit für den Betrieb immer mehr Zeit in Anspruch nahm.
Dann wurde ich schwanger. Das war damals sehr schwierig für mich, da ich, im Gegensatz zu ihm eigentlich keine Kinder wollte. Als unser Sohn dann geboren wurde, war es endgültig klar das ich zu Hause bleibe um mich um Kind und Büroarbeit zu kümmern.
Ich habe also kein eigenes Einkommen.
Mittlerweile wäre ich aufgrund meines körperlichen Zustandes auch nicht mehr in der Lage zu arbeiten, ich habe extrem schlimme Rücken/Bandscheiben Probleme.
Mein Mann war während des größten Teils unserer Ehe spielsüchtig, was ich aber lange Zeit nicht wusste. Erst nachdem unser Sohn auf der Welt war und er die schlimmste Phase seiner Sucht hatte.
Das war für mich auch die schlimmste Zeit unserer Ehe, ich war mit dem Kind völlig überfordert, finanziell ging es uns sehr schlecht, viel Streit und Tränen wegen seiner Zockerei.
Damals wäre eigentlich der Zeitpunkt gewesen sich zu trennen, aber ich habe ihn trotz allem zu sehr geliebt, und natürlich hatte ich auch Angst davor mit dem Kind alleine dazustehen.
Das alles führte dazu, dass wir uns mehr und mehr entfremdet haben, von 2008 an lebten wir zwar unter einem Dach aber nur noch nebeneinander her. Ich habe immer mal wieder versucht mit ihm zu reden, aber er hat alles abgeblockt.
Ich weiß das er in dieser Zeit Affären hatte, die aber wohl hauptsächlich S. basiert waren.
Alles andere wäre ihm zu kompliziert gewesen.
Er ist ein Mensch der sich sehr schwer damit tut Andere emotional an sich ranzulassen.
Er sagte immer ich sei da die große Ausnahme, er wäre halt so. Auch richtige Männerfreundschaften hatte er eigentlich nicht. Er war schon so eine Art Einzelgänger, das haben wir allerdings gemeinsam, ich bin ein eher introvertierter Mensch und hatte auch nie viele Freundschaften. Die wenigen die ich hatte haben sich im Laufe der Jahre leider alle verloren.
Tja und dann 2015 passierte das womit ich niemals mehr gerechnet hätte.
Er kam auf mich zu und wollte über alles reden. Er hätte endlich eingesehen das es so nicht weitergehen kann. Wir haben Tage und Nächte lang geredet und uns wirklich ausgesprochen.
Und wir haben uns wieder richtig ineinander verliebt. So mit Schmetterlinge im Bauch, ständig knutschen und so oft S. wie nie zu vor. Es passierte einfach, wie in so einem kitschigen Film.
Rückblickend sind wir uns einig das dies die beste Zeit unserer Ehe war. Selbst seine Spielsucht haben wir seitdem weitestgehend im Griff. Was zur Folge hatte das es auch endlich mal finanziell bergauf ging.
Dieser Zustand hielt erstaunlicherweise die nächsten 4 Jahre an.
Natürlich wurde es ruhiger aber wir hatten nach wie vor eine sehr enge Beziehung und konnten über wirklich alles reden.
Wann es anfing wieder bergab zu gehen ist nicht ganz klar,
Der Alltagstrott kommt schleichend, dazu auch noch einige berufliche und familiäre Krisen.
Irgendwann klappte dann die Kommunikation zwischen uns immer schlechter, ich habe ihm oft gesagt dass ich Angst habe dass wir uns wieder verlieren, er wurde dann immer wütend wie ich denn sowas denken könne. Es wäre doch alles gut nur zu viel Stress usw.
Dazu kam dann noch 2020 das ich massive Rückenprobleme bekam und mich an manchen Tagen kaum bewegen konnte. Aber die ganze Krankengeschichte spar ich mir jetzt mal, Das ist auch nicht wirklich relevant.
Die Reaktion meines Mannes war das er versuchte mir immer mehr Dinge im Haushalt abzunehmen. Ich habe ihm immer wieder versucht zu erklären, dass das nicht nötig ist, ich krieg das Meiste noch ganz gut hin, aber er wurde mit der Zeit richtig überfürsorglich und liess sich nicht davon abbringen.
Doch manchmal kamen dann auch so Aussagen, dass er sich ja um alles kümmern müsse. Aber das wäre kein Problem, er sei ja körperlich topfit und nicht so gebrechlich wie ich.
Das tat schon weh, ich hab mir das doch auch nicht ausgesucht und versuche wirklich alles um wieder fitter zu werden und langsam mache ich auch kleine Fortschritte. Aber leider gibt es auch Tage an denen es so schlimm ist das ich nur mit Schmerzmitteln einigermaßen funktioniere.
Ich denke dass mein körperlicher Zustand auch ein Punkt ist der ihn stört und belastet, auch wenn er das nicht so sagt. Das Letzte was ich will ist jemandem zur Last zu fallen.
Unserem Sohn gegenüber hat er gesagt, dass er ja wegen mir auf Alles verzichten muss.
Außerdem gibt er mir wohl die Schuld dafür dass wir keine Freunde haben. Und die Spielsucht war auch
Nur weil ihm all die Jahre schon immer was gefehlt hat.
Ich dachte immer, wir hätten inzwischen nach dem ganzen Mist, den wir miteinander durchgemacht haben, eine wirklich gute und stabile Ehe. So sehr kann man sich täuschen.
Ich liebe ihn nach wie vor und das wird sich auch nicht ändern.
Ich werde dieses Jahr 60, 44 Jahre davon habe ich mit ihm verbracht, also mein ganzes Leben als Erwachsene.
Er ist eigentlich ein wirklich lieber fürsorglicher Mensch, im Moment kenne ich ihn kaum wieder.
Ich habe ihn gefragt ob es eine andere Frau gibt, er sagt nein,
Das wäre nicht das was er momentan will. Ich glaube ihm das auch, er würde es mir sagen wenn so wäre, so gut kenne ich ihn, und wir hatten das ja auch schon.
Ist das die klassische Midlifecrisis? Was kann ich tun, außer ihm Zeit zu lassen? Ist das nur eine Phase? Macht es überhaupt Sinn zu warten ob sich seine Gefühle wieder ändern? Oder mach ich mir nur was vor? Warum will er uns keine Chance mehr geben?
Ich bin todtraurig und ziemlich durcheinander. Ich verliere nicht nur meinen Mann, sondern auch meinen besten Freund und den einzigen Menschen mit dem ich über alles reden konnte.
Ich habe keine Familie, keine Freunde und bin körperlich eingeschränkt.
Und ich habe leider fast keine Hoffnung mehr, ich kenne ihn, er ist furchtbar stur, wenn er sich einmal eine Meinung gebildet hat ist es fast unmöglich ihn davon abzubringen.
Danke fürs Lesen, vielleicht kann ich ja wenigstens als abschreckendes Beispiel dienen, dass man sich nie so von einem einzigen Menschen abhängig machen sollte.
Für mich kommt diese Erkenntnis leider zu spät
Es ist jetzt 5 Uhr morgens und ich habe die ganze Nacht geschrieben und traue mich endlich das auch abzuschicken. Vielleicht kann ich dann sogar ein wenig schlafen.
17.06.2023 04:34 •
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