Es heißt ja immer, komm erstmal mit dir selbst ins Reine, sei alleine glücklich, erst dann bist du bereit für eine Beziehung. Ich denke hier wird oft vergessen, dass Menschen unterschiedlich sind. Der eine ist gerne allein, braucht generell weniger Menschen um sich, für einen anderen ist es etwas sehr unangenehmes, alleine zu sein und er braucht viele Menschen, möglichst auch einen festen Partner, um sich. Solange es nicht zu extrem und krankhaft ist (und das ist es wohl bei den meisten NICHT) ist das aber nichts weiter als eine einzelne Persönlichkeitseigenschaft unter vielen anderen, wie beispielsweise auch, dass Menschen unterschiedliche Hobbies haben, nicht die gleiche Musik mögen oder verschiedene Urlaubsziele bevorzugen. Das hat aber nichts mit persönlicher Reife des Einzelnen zu tun, sondern es sind einfach unterschiedliche Arten persönlicher Vorlieben.
Wenn jetzt Aussagen kommen wie du musst alleine glücklich sein und darfst dein Leben nicht von anderen abhängig machen dann ist das natürlich erst einmal richtig und bekommt (zurecht) auch viel Applaus. Aber dabei wird eben vernachlässigt, dass wie erwähnt nicht alle Menschen gleich sind, und zum anderen dass der Menschen eben DOCH abhängig ist von anderen Menschen. Es liest sich immer schön und intelligent, wenn dies verneint wird. Aber Menschen können großen Schaden erleiden, wenn sie nicht genügend Anerkennung und Bestätigung von denjenigen Menschen, die für sie wichtig sind, bekommen. Stellt euch nur mal ein Kind vor, dass keine Liebe und körperliche Zuwendung bekommt und wie sich das auf seine Entwicklung auswirkt. In etwas geringerem Ausmaß haben dieses Verlangen natürlich auch alle erwachsenen Menschen. Freundschaften und Bekannte, welche man auf Veranstaltungen verschiedener Art, in Sportvereinen, bei gemeinsamen Hobbies usw. trifft, können eine fehlende Partnerschaft oft nicht ausgleichen. Das liegt in der Natur der Sache, weil es sich hier um zwei völlig verschiedene Arten der Verbindung handelt. Freundschaften hat man viele, die meisten davon sehr oberflächlich (was vollkommen normal ist und auch gar nicht anders geht und sie sind sehr wichtig!), einige wenige sehr tief.
Aber auch diese tiefen Freundschaften unterscheiden sich von einer festen Partnerschaft durch zwei grundlegende Dinge: Zum einen gibt es auch hier meistens Pausen von etlichen Tagen bis einigen Wochen, bis man sich wieder trifft oder spricht, zum anderen fehlt die körperliche Intimität komplett. Ein Partner hingegen teilt das ganze Leben mit einem und man ist gegenseitig jeweils die wichtigste Person im Leben des anderen.
Was auch schon angesprochen wurde in diesem Thread, ist, dass Unmengen an Menschen in Paarbeziehungen leben, obwohl sie das laut Definition eigentlich gar nicht dürften, da sie selber viele Problem mit sich herumtragen. Trotzdem geht es in vielen Fällen gut und die Partner geben dem jeweils anderen etwas (Nähe, Bestätigung, das Gefühl wichtig zu sein u.a.), was diesen wiederum stärkt. Und irgendeinen Mehrwert muss eine Beziehung bieten, sonst würde sich die Notwendigkeit danach nicht mehr stellen. Wenn man sowieso glücklich und zufrieden alleine ist, bräuchte man bei genauem Hinsehen eigentlich gar keinen Partner mehr.
Das Leben besteht aus verschiedenen Bereichen (Hobbies, Freundschaften, Arbeitsstelle, Gesundheit, Partnerschaft) und es geht einem besser, je mehr jeder einzelne von diesen erfüllt ist. Man könnte das Rad nämlich auch weiter drehen und beispielsweise auf den Bereich Arbeitsstelle bezogen sagen Ach, wenn du keine Arbeit hast, das ist nicht so schlimm, sei doch einfach glücklich, dass du jetzt soviel Zeit für dich hast. Werde doch erst einmal wieder richtig selbstbewusst, dann bist du auch wieder interessant für Arbeitgeber. Das ist im Prinzip genau der selbe Satz, nur eben nicht auf Beziehungen sondern auf Arbeit bezogen. Und ich denke nicht, dass den viele so unterschreiben würden. Hier wird viel eher akzeptiert, dass eine gute Arbeitsstelle einfach zu einen erfüllten und glücklichen Leben dazugehört. Hier sieht man, dass ein hohes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen nicht nur von innen kommt, sondern dass wir Menschen eben doch stark von außen beeinflussbar sind und Glück und Zufriedenheit durchaus davon abhängt, wie sehr die einzelnen Lebensbereiche erfüllt sind und wir Bestätigung von außen bekommen.
17.04.2018 10:19 •
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