Ich hoffe, ich werde nicht zerfleischt, aber ich möchte einfach ehrlich sein, da ihr euch mit so vielen Fragen quält. Ich muss gestehen, die schonungslose Wahrheit konnte ich meiner Ex so nicht sagen, da ich sie nicht noch mehr verletzen wollte.
Ja, ich habe meine Ex mal geliebt, aber das ist lange her. Wir haben Kinder bekommen, Haus gebaut, hatten ein gutes Leben – wenn man auf Hamsterrad steht. Meine Ex wollte unbedingt 3 Kinder, mir hätte eines gereicht. Aber als Mann lässt man sich zum zweiten hinreißen, was ok ist und das dritte ist einfach passiert, da sie ohne mich zu informieren, die Pille abgesetzt hatte. Bevor das dritte Kind gezeugt wurde, war mir schon klar, dass ich so nicht glücklich bin. Ich habe mich nur noch als Vater und Versorger gesehen. Meine Ex sollte eigentlich wieder arbeiten gehen – 30 Stunden, da die Hauptlast des Verdienstes für sie, die Kinder und das Haus auf mir lag aber mehr als 12 Stunden die Woche hat sie nicht hingekommen. Die Kinder waren im Kindergarten und in der Schule, also von 8 – 16 Uhr aus dem Haus. Um keinen falschen Eindruck zu erwecken, ich habe mich gut um meine Kinder gekümmert, ebenso um den Haushalt und das Haus. Ich kann Wäsche waschen, kochen, Gartenarbeiten erledigen, renovieren, mit den Kindern Hausaufgaben machen usw.
Mein Leben wurde für mich stetig uninteressanter und es war nicht mehr erfüllend. Es gab nur noch die alltäglichen Dinge, S. nur noch selten. Meine Frau wurde für mich uninteressanter. Irgendwann habe ich sie nur noch als Mutter der Kinder gesehen und ich fühlte mich im Hamsterrad, aus dem ich nicht rauskam, ohne verbrannte Erde zu hinterlassen. Meine Frau war total langweilig geworden, spontanes war nicht mehr möglich, jeder hatte seine Aufgaben, jeder seinen Alltagstrott. Die Liebe verschwand immer mehr. Selbst Urlaube waren nicht erfüllend, man machte sie halt – aus Pflichtgefühl, weil man Vater ist. Die Urlaube waren weder aufregend, noch konnte ich da mal ein kleines Abenteuer, was das Leben aufregender macht, erleben, da meine Frau das nicht wollte, sie andere Interessen hatte. Gespräche zu Hause gingen immer nur um die Kinder, was ich am Haus noch alles machen sollte, was sie mal wieder neues brauchte, ich mich um ihr Auto kümmern soll, in welches Restaurant sie gehen will, um die Kinder ihrer Freundinnen, um ihre Eltern und Geschwister um das TV-Programm. Das man darüber spricht, ist normal – aber es gab keine anderen Themen und dies ist verdammt uns.y, unromantisch, überhaupt nicht erfüllend. Aber wir hatten nichts anderes, arbeiten wollte sie nicht mehr Stunden, wo man andere Impulse bekommt, zugehört habe ich ihr immer und aus Pflichtgefühl habe ich ihr Wünsche erfüllt. Sie fühlte sich wahrgenommen und geliebt, ich tat ja alles für sie. Ihr Kosmos kreiste nur um die Familie. Aber es gibt noch so viel mehr im Leben. Zeitgeschehen interessierte sie nicht, darüber konnte man sich mit ihr nicht unterhalten. Sie hatte keine Leidenschaften, keine Interessen außerhalb der Familie. Ah, oh doch – die Familien ihrer Freunde waren noch interessant für sie. Irgendwann wurde mir nach und nach bewusst, dass ich so nicht leben kann, dass ich so untergehe, dass ich so unglücklich bin. Es fühlte sich an, als nehme mir dieses Konstrukt die Luft zum Atmen, als wäre ich kein Mann mehr, sondern nur Vater und Versorger, als würde ich als Mann immer mehr verschwinden. Und ab da war mir klar, ich liebe diese Frau nicht mehr, ich muss mich trennen, ich brauche wieder Luft zum atmen, ich muss mich selbst wieder finden. Und das kann ich nur, wenn ich rauskomme aus diesem Hamsterrad. Ich habe mit dieser Entscheidung lange gerungen und meine Frau war entsetzt, als ich die Trennung aussprach. Für sie war doch alles wunderbar. Nur hat sie mich und meine Bedürfnisse nicht gesehen gehabt. Als Paar hatten wir nichts Gemeinsames mehr, nichts Aufregendes mehr, keinerlei Spannung mehr. Wir haben uns unterschiedlich entwickelt. Ich erwarte mehr vom Leben, als nur Vater und Versorger zu sein, ich habe Ansprüche an mein Leben, ich will mich selbst spüren, ich will Adrenalin spüren, ich will meine Grenzen kennenlernen. Ob das nun als Mitlifecrises gilt, ich weiß nicht. Das Gefühl, nicht mehr ich selbst zu sein, habe ich bestimmt seit 10 Jahren gehabt und es wurde zunehmend mehr, bis der Ausbruch kam, weil ich so nicht mehr konnte. Klar, hab ich nach der Trennung erstmal alle möglichen Dinge getan, Dinge, die über 20 Jahre nicht mehr möglich waren, Dinge die ich aber schon immer tun wollte. Ich war raus aus dem Hamsterrad, konnte wieder frei atmen, konnte mich wieder spüren. Es fiel eine riesen Last von mir ab.
Es soll nicht heißen, dass ich mich nicht um meine Kinder kümmere – wir haben Wechselmodell. Ich kümmere mich gern um sie. Auch bin ich immer noch Versorger, da meine Ex nach wie vor nicht mehr arbeiten möchte, aber ich bin frei. Ich höre keine permanenten Geschichten mehr über die Familien ihrer Freunde, ich höre keine Geschichten mehr über ihre Familie, ihre Familie sitzt nicht ständig auf meiner Couch und ihre Freunde auch nicht, ich muss nicht mehr ihr Auto reparieren, ich muss nicht mehr blöde Sendungen im TV schauen, ich muss keine Gespräche mehr führen, die mich nicht interessieren, ich muss nicht mehr im Urlaub auf sie Rücksicht nehmen, ich kann lange arbeiten, ohne jemanden Rechenschaft schuldig zu sein, ich kann mich mit Kollegen treffen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben und mir gleich nach dem nach Hause zu kommen anzuhören, was im Haushalt, in den anderen Familien usw. war, was es zu essen gab, was sie einkaufen muss oder musste und was ich in den nächsten Tagen doch zu erledigen hätte.
Eines weiß ich ganz genau, meine nächste Frau, so es sich ergibt, darf kein Muttityp sein. Es bedeutet nicht, dass sie keine Kinder haben darf, aber es bedeutet, dass sie Frau ist, sinnlich, abenteuerlustig, am Zeitgeschehen interessiert, dass sie einen Job hat, der sie erfüllt, dass sie Interessen außerhalb der Familie hat, die sie erfüllen, dass ich mit ihr Gespräche über Gott und die Welt führen kann, dass sie meine Bedürfnisse wahr nimmt, dass ich mich als Mann fühlen kann und nicht nur als Vater und Versorger, dass wir zusammen neues entdecken, dass der Alltag nicht immer das gleiche grau ist, dass sie über ihren Horizont schauen kann.
Ob ich meine Entscheidung bereue, meine Frau verlassen zu haben. Nein – ich hätte es schon viel eher tun sollen. Man hat nur ein Leben und man muss das Beste daraus machen.
26.10.2016 08:49 •
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