Nach 30 Jahren wieder Gefühle für den Ex

Zitat von Ema:

Ich bin da bei Yoffi. Ich glaube auch nicht, dass das ein Guter ist. Und ich befürchte auch, dass hinter diesen Schmetterlingen in Wahrheit etwas anderes steckt. Postfrau, wie erklärst du dir das, dass er dich optisch überhaupt nicht anspricht, du dich aber dennoch so auf ihn einschießt?

Ich finde es auch bedenklich, dass er dein Affärenpartner sein möchte. Wobei wir nicht den Kontext dieser Aussage kennen. Vielleicht möchte er insgeheim auch mehr und würde sich erstmal mit dem Affärenstatus zufrieden geben. Wir wissen es nicht.

So oder so ist doch offensichtlich, wohin die Reise gehen könnte, weshalb ich dir, liebe @Postfrau1996, dringend raten möchte, alle Szenarien im Kopf einmal gründlich durchzuspielen. Nach rein freundschaftlichem Interesse klingt das nämlich nicht, weder von deiner noch von seiner Seite ... Und dann? Herzschmerz, Betrug und Tanz auf dem Scherbenhaufen?

Was die Optik angeht, geht es mir mit meiner Jugendliebe im Übrigen ähnlich. Nancy Kalish, die zu diesem Thema jahrzehntelang geforscht hat und die ich hier schon oft genannt und verlinkt habe (u. a. auch im anderen Strang), schreibt hierzu (in Psychology Today) folgendes:

My male research participants reunited with their aging lost loves and couldn't care less about the weight gain, scars, sagging chins, and all the other ills of getting older. For one thing, they acknowledged that they had gotten older, too, and they worried about what their lost loves would think of their appearances when they met with these women again!
Yes, men are visual. But there is an inner eye, too: men who rediscover their lost loves see someone slightly different from the women who are actually in front of them; they see the Mädchen they loved so much, years ago.

Zwar aus der Sicht der Männer geschrieben, für mich als Frau fühlt es sich aber nicht anders an.

Ich denke, dass jemand, der das nicht selbst erlebt hat, nur schwer nachvollziehen kann, wie sich das anfühlt. Mir kam es - nach 30 Jahren - ja selbst total irreal vor. Gefühlsmäßig bin ich da schon bei Postfrau, nur handeln würde ich anders.

Zitat von thegirlnextdoor:

Aber allein der Nervenkitzel könnte natürlich bereits etwas anderes und ein spannender Ausbruch aus dem Alltag sein.

Das kann sein, das Ganze ist zwei Wochen alt. Ich habe ja einen langen Kontakt zu dem Mann, von dem ich im ersten Beitrag berichtete und natürlich war am Anfang Aufregung und viel Bauchpinseln im Spiel, schließlich war ich angeblich seine einzige Liebe und er würde mich jederzeit an seiner Seite haben wollen usw. Aber ich war mir im Klaren, dass es ein Fremder Mann ist und nicht der Junge von damals (damals waren zu dem Zeitpunkt etwa 16 Jahre nach unserer Urlaubsgeschichte, der Kontakt brach in der Zeit nur für wenige Jahre ab, offenbar haben unsere Eltern ihre Finger im Spiel gehabt, ich war ja erst 14).

Nach einiger Zeit war mir klar, dass es niemals funktioniert hätte, er war ein anderer Mensch, ich aber auch. Ganz abgesehen vom Aussehen, auch da haben wir uns verändert, logisch. Meine Ehe war mir jede Sekunde wichtiger, und das nicht weil ich ein Moralapostel bin, sondern weil eine Ehe für mich einen ganz anderen Wert hat als eine Affäre und das in jeder Hinsicht. Und er wollte nicht mal eine Affäre, er hätte alles mitgemacht. Als ich mal Single war, war er in meiner Stadt und hat mir seinen Standort geschickt. Ich bin fast vom Stuhl gefallen. Habe mich aber keinen Millimeter bewegt und bin nicht sofort zum Kaffeetrinken rüber. Da bin ich zum Glück rational genug, um an so viel Disney zu glauben.

Zitat von thegirlnextdoor:

Ich denke nach wie vor, dass es sich hier extrem um Projektionen und Sehnsüchte handelt - die das Gegenüber, das weder optisch noch inhaltlich den Träumen der TE entspricht, ohnehin niemals befriedigen können wird.

Interessanterweise nannten sich 78% der Paare, die füreinander die erste Liebe waren und Jahre bzw. Jahrzehnte nach der Trennung wieder zusammengekommen sind, in der Studie glücklich. Wiedervereinigte Paare hatten eine Scheidungsrate von gerade mal 1,5 Prozent. Gemeinsam war allen, dass sie sich aus äußeren Gründen getrennt hatten - etwa wegen der Eltern, die gegen diese Liebe waren, oder weil sie umgezogen, auf die Universität oder zum Militär gegangen waren. Sie hatten sich nicht getrennt, weil sie nicht harmonierten. Sie waren nach Aussage von Kalish einfach zu jung. Je länger die Partner getrennt waren und je älter sie bei ihrem Wiedertreffen waren, desto besser klappte es.

Und was die Annahmen über die wiedererwachte Jugendliebe angeht, empfehle ich den folgenden Artikel: https://www.psychologytoday.com/intl/bl...e-reunions

Da ich mit meinem Jugendschwarm nie zusammen war, ihn nur als Klassenkameraden kannte, würde ich in meinem Fall allerdings nicht ausschließen, dass Wunschdenken und Projektion auch eine Rolle spielen. Ist natürlich auch schwer, eine Person vom Podest zu holen, wenn man keine Möglichkeit erhält, sich richtig kennenzulernen.

Zitat von thegirlnextdoor:

Das macht das Ergebnis absolut nachvollziehbar, aber diese Stichprobe ist dann nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung. Es trennen sich ...

Bei mir waren es tatsächlich mehrere äußere Umstände, die hier genannt wurden, ich musste echt schmunzeln. Trotzdem damals waren wir Kinder und nicht die Erwachsenen von später.

Zitat von thegirlnextdoor:

Das macht das Ergebnis absolut nachvollziehbar, aber diese Stichprobe ist dann nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung. Es trennen sich bestimmt nicht über 90% der Menschen wegen äußerer Gründe von ihrer Jugendliebe, sondern sicherlich auch ganz viele, weil es nicht passt. Oder gab es dazu im Vorfeld auch ...

Nach meinem Verständnis ist damit gemeint, dass diejenigen, die sich als glücklich bezeichneten und deren spätere Beziehung hielt, sich vorwiegend aus äußeren Gründen getrennt hatten. An der Studie (Lost love project) nahmen 1001 Personen aus 50 Staaten und 42 Ländern im Alter von 18 bis 89 Jahren teil, die sich an einer Neuauflage ihrer ersten Liebe / Jugendliebe versucht hatten.

Falls du Näheres über die Studie wissen möchtest, es gibt ein Buch (Lost Found Lovers: Facts and Fantasies of Rekindled Romances) dazu, in dem die Methodik ausführlich dargestellt wird. Auch der bisherige Forschungsstand, der in der Tat nur dürftig war.

Was ich durchaus als bias sehe, ist der Umstand, dass die Teilnahme freiwillig war und sich vermutlich eher diejenigen angesprochen fühlten, deren Liebesgeschichte glücklich endete.

Sorry für das OT, Postfrau.