Hallo Carina,
erstmal drücke ich dich in Gedanken und möchte dir sagen, dass du hier gut aufgehoben bist. Wir alle können deine Situation verstehen weil es uns genauso geht. 29 Jahre sind natürlich eine extrem lange Zeit und soooo viele Erinnerungen... Aber der Schmerz ist immer gleich, auch bei Menschen, die nur 3, 5 oder 10 Jahre das Leben geteilt haben. Man hat alles miteinander gemacht, durchgestanden, ist zusammen gewachsen und hat sich seit Jahren eingerichtet... Und dann kommt so etwas, alles stürzt komplett in sich zusammen und man meint, dass einem die Hälfte seines Lebens weggerissen wird. Man fragt sich, ob man so weiterleben kann - und will.
Ich kann dir aber sagen: Ja, es geht. Es ist sauschwer, gerade am Anfang. Manchmal denkst du, du packst das alles nicht. Aber dann heult man und fühlt sich danach besser. Oder man bekommt kleine Zeichen. Dinge, die man sonst nicht beachtet hätte - aber auf einmal sind kleine Gesten von Menschen oder Zufälle, die passieren, wärmende Zeichen von Gott oder dem Universum, je nachdem wie gläubig man ist oder nicht. Irgendwie sorgt eine unsichtbare Macht doch dafür, dass man es schafft.
Du hast jetzt 2 Aufgaben: die eine - wichtigere! - ist, dass du dich um dich selber kümmerst. Wenn dir reden hilft oder schreiben, so wie hier - dann mach das! Du hast bestimmt immer wieder Menschen aus der Patsche geholfen, jetzt brauchst du mal Hilfe. Also hole sie dir und sei dir nicht zu schade, andere in Anspruch zu nehmen!
Die Mittel vom Arzt finde ich für den Anfang auch gut. Das ist keine Dauerlösung, aber für die erste Zeit jetzt eine prima Hilfe.
Gönne dir auch jeden Tag irgendwelche Kleinigkeiten, die gut tun: wenn du früher nur zum Einkaufen in der Stadt warst - dann setz' dich jetzt mal in ein schönes Cafe und trinke in Ruhe einen leckeren Kaffee. Oder gehe bewusst raus in die Natur. Die Farben sind gerade wunderschön draußen, goldener Oktober, und selbst wenn es kalt ist und stürmt hat das seinen Charme. Ein heißer Tee danach ist einfach toll!
Vielleicht hast du Lust auf einen Friseurbesuch, einen Tag in der Sauna, eine Massa.? Vielen hier hilft Sport oder Bewegung, egal ob du dich austobst oder nur spazieren gehst.
Oder kaufe dir etwas, was du schon länger haben wolltest... also kleine Dinge, die man sonst nie getan hätte, aber für die du dir jetzt bewusst Zeit nimmst, wo du dir etwas gönnst, etwas Schönes, Entspannendes, etc. bewusst erlebst um dir eine Freude zu machen.
Höre auf deine innere Stimme und wenn du traurig bist darfst du weinen soviel du magst, aber bei lustigen Dingen auch Lachen und Freude haben.
Die andere Sache ist rein praktisch. Natürlich muss überlegt und entschieden werden, wie das jetzt rein sachlich weiter gehen soll. Wie klärt man die Finanzen und die Wohnsituation. Da würde ich versuchen Sentimentalität weitgehend außen vor zu lassen. Versuche diese Dinge möglichst sachlich abzuarbeiten. Da man meistens keine Ahnung von solchen Sachen hat wäre eine Beratung / Unterstützung gut. Wer das bei dir sein könnte weiß ich nicht. Vielleicht gibt es Selbsthilfegruppen oder man braucht einen Anwalt? Mach' dich da mal schlau und versuche dann, diese sachlichen Dinge irgendwie fair und ohne Nachteile über die Bühne zu kriegen. Versuche ein Pokerface zu machen, heulen kannste später, wenn du wieder privat bist. Aber wenn es doch passiert geht die Welt auch nicht unter, jeder wird das verstehen.
Und ein Weiteres: manche tendieren dazu, aus Mutlosigkeit gar nichts mehr auf die Reihe zu kriegen. Es ist aber wichtig, dass man regelmäßig isst und trinkt. Dass man sich körperlich pflegt, dass man sich generell nicht hängen lässt. Manchmal hat man einen Hang dazu, das ist mal auch okay. Aber generell sollte man sich schon dazu zwingen, normale Lebensrhythmen zu halten.
Wir hier wissen alle, wie sauschwer du es gerade hast und wie du dich fühlst. Aber es wird besser werden, glaube mir! Du hast in deinem Leben so viel geschafft und diese Herausforderung wirst du auch schaffen - und gestärkt daraus hervor gehen. Das klingt für dich jetzt unmöglich, aber es ist so.
Alles Gute!