Hallo liebe Mitleser,
ich bin in komischer Stimmung heute. Die Schwarzmalerei von letzter Woche hat sich weitgehend verzogen. Natürlich weiß ich, dass mir niemand so einfach mein Kind nimmt. Und dass mein Kind mich liebt und nicht verlassen will.
Dafür denke ich darüber nach angestoßen von der Frage meines Kindes, ob ich denn schon Sachen für den Adventskalender vorbereiten würde -, wie es wohl an Weihnachten und Silvester wird. Was zum jetzigen Zeitpunkt natürlich noch gar nichts bringt, weil in einem halben Jahr viel passieren kann. Vielleicht bleibt die jetzige Konstellation auf beiden Seiten bestehen, vielleicht ist mein NM bis dahin wieder allein, vielleicht habe ich bis dahin wieder jemanden, wer weiß das schon. Trotzdem zerreißt mir allein die Vorstellung schon das Herz, mein Kind an Weihnachten nicht permanent um mich zu haben. Sicherlich kann ich mich dann bei meinen Eltern einquartieren, damit ich wenigstens nicht allein bin. In solchen Momenten habe ich aber höchst egoistische Gedanken, ER hat doch seine neue Familie, soll er mir doch wenigstens unser Kind lassen.
Insgesamt bin ich immer noch sehr traurig. Aber ich merke, dass sich die Trauer verschiebt. Die Trauer um unsere kaputte Ehe wird langsam etwas weniger, aber ich bin immer noch furchtbar traurig, dass unsere Familie nicht mehr als solche existiert. Dass unser Kind es ausbaden muss. Und sich immer noch (4-5 Wochen sind ja wirklich gar nichts) wünscht, Papa käme endlich zurück. Wir haben versagt.
Trotzdem macht unser Kind einen relativ glücklichen Eindruck. An seinem Tagesablauf ändert sich nur insofern etwas, dass der Papa eben abends nicht mit uns isst und ihn ins Bett bringt. Ansonsten war ich schon immer die Hauptbezugsperson, habe die Morgen und Nachmittage mit ihm verbracht. Trotzdem fehlt der Papa natürlich. Der Papa hat mit ihm gerauft, ihn gekitzelt, die neuesten Spielplätze mit ihm am Wochenende erobert. Ich kann ihn nicht ersetzen und will das auch gar nicht. Wir werden uns noch besser in unserer 2er-Familie einspielen.
Mein NM hat immer noch keine neue Wohnung in Aussicht. Ich wünsche mir mittlerweile fast, dass er nicht für sich alleine, sondern gleich für alle zusammen sucht, damit ich SIE nebenan nicht mehr ertragen muss und auch nicht den Umstand, dass ER zeitweise drüben und nicht mehr bei uns ist. Andererseits wünsche ich mir für unseren Sohn natürlich, sein Papa hätte erst einmal eine eigene Wohnung, damit er ungestört Zeit mit ihm alleine verbringen kann. Ich möchte (noch) nicht, dass er ständig die heile Familie vor Augen hat, die er nicht mehr hat. Dass sein Papa jetzt auch Papa seines Freundes spielt.
Aber was ich mir wünsche, zählt hier nicht. Ich werde abwarten müssen, was sich hinsichtlich der Wohnsituation ergibt.
Mein NM möchte gern mit mir zusammen eine anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen, um sich den Unterhalt ausrechnen zu lassen. Ich bin hin- und hergerissen. Einerseits ist er bereit, den Kindesunterhalt gem. Düsseldorfer Tabelle OHNE Anrechnung des hälftigen Kindergeldes zu zahlen (hat er von sich aus angeboten), was für mich ja Voraussetzung war, dass ich auf Trennungsunterhalt verzichte, weil sich das ungefähr die Waage halten würde. Nur brauchen wir dann doch zum jetzigen Zeitpunkt noch kein Geld in einen Anwalt investieren, weil sich der Kindesunterhalt ja sehr einfach berechnen lässt (im Gegensatz zum Trennungsunterhalt). Andererseits ist mein NM auf dem Standpunkt, dass wir für die Scheidung ja auch nur einen Anwalt brauchen (stimmt ja auch, wenn man sich einig ist) und da möchte ich dann schon, dass ich den Anwalt beauftrage (ich hoffe, ich bekomme dann Prozesskostenhilfe). Muss ich nochmal mit ihm bereden, ob der Anwalt jetzt wirklich schon notwendig ist, oder eben zum Scheidungsantrag reicht.
Muss mir den erhöhten Kindesunterhalt auch unbedingt schriftlich bestätigen lassen von ihm. Nicht dass ich jetzt auf Trennungsunterhalt verzichte und ihm in 3 Monaten einfällt, er kann die 100 Euro doch anderweitig besser brauchen.
Ansonsten nehme ich grad immer noch ab, habe immer noch ein flaues Gefühl im Magen den ganzen Tag.
Da muss ich wirklich mehr gegensteuern, mehr essen, auch ohne großen Appetit.
Was mich gerade freut, ist, dass wir am Wochenende mit meiner Schwester und ihrer jüngsten Tochter zusammen zelten fahren und eine Kanutour machen. Ist nur von Samstag auf Sonntag, aber eine kleine Auszeit wird uns gut tun!
P.S.
Ich dachte, ich hätte hier schon über unser Gespräch am Sonntag geschrieben, habe ich aber wohl nicht.
Ich bin sehr deutlich ihm gegenüber geworden, dass er sich bitte mehr in unser Kind hineinversetzen soll. Wie es sich für unseren Sohn wohl anfühlt, seinen Papa mit neuer Familie zu sehen und plötzlich als eines von drei Kindern zurückstecken zu müssen, weil da noch ein kleineres Kind ist. Dass ich es für viel zu früh halte, unseren Sohn in seine neue Familie integrieren zu wollen.
Hat mein NM erst nicht verstanden, von wegen über kurz oder lang ließe sich das doch eh nicht vermeiden. Über LANG vielleicht nicht (wer weiß überhaupt, ob es ein lang geben wird?), aber jetzt ist es zu früh. Er soll unserem Sohn die Sicherheit geben, dass er für ihn immer da ist und exklusiv Zeit mit ihm verbringen! Und ihm nicht vor Augen halten, wie austauschbar er offenbar ist.
Wie kann man das nicht verstehen? Seine blöde rosarote Brille kann doch nicht sein vollständiges Hirn vernebeln, meine Güte! Er hat es dann irgendwann eingesehen (oder nur mir gegenüber so getan, um seine Ruhe zu haben, wer weiß) und wird wohl erstmal vermehrt Zeit mit unserem Sohn allein ohne neue Familie verbringen, vor allem keine Wochenendausflüge (heißt das, ich darf ihn nicht mit auf den Campingplatz nehmen, wenn wir alle dahinfahren? Ja, heißt es! Fahr mit ihm allein erstmal! Und die Woche drauf mit deiner Familie, mir egal.) Ich kapiere es nicht. Er will so vorschnell Normalität in diese verworrene Situation bringen, dass er unseren Sohn dabei völlig vergisst. ICH darf zu Hause ein Ohr darauf haben, wie es ihm wirklich geht (natürlich ist der Papa immer froh, wenn auf seine Frage Wie geht es dir? ein Gut kommt und fragt dann auch nicht weiter nach, ist ja viel bequemer für sein Gewissen). Dass er gleichzeitig immer wieder sagt, wie traurig er ist, dass Papa nicht mehr da ist, bekommt er nicht mit. Aber so einfach mache ich es seinem Gewissen nicht.
27.06.2019 09:26 •
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