(Die Liebe von Peter Lauster, 1980)
Mythos 7:
Eifersucht gehört zur Liebe
An der Eifersucht zeigt sich die Liebe, wird mir oft gesagt, und dann meist einige Atemzüge hinterher Was kann ich gegen meine Eifersucht tun?'. Die Eifersucht ist etwas alltägliches und wir machen uns das Leben und die Liebe mit ihr schwer. Wir halten die Eifersucht für eine Begleiterscheinung der Liebe, mit der man sich zwar abzufinden hat, aber mit der man auch fertigwerden möchte. Kann man Eifersucht überwinden? Überwinden kann man sie nicht, das wäre immer ein Krampf, eine seelische Kraftanstrengung, die letztlich in Abwehrtechniken mündet. Zunächst möchte ich die Gründe für die Eifersucht untersuchen. Hinter der Eifersucht ist die Angst verborgen, das, was man liebt, zu verlieren, nicht mehr geliebt zu werden, weil ein anderer Mensch dazwischen tritt und mir das Liebesobjekt oder auch nur einen Teil davon wegnimmt. Viele sind sogar auf das Hobby ihres Partners eifersüchtig, und sie möchten am liebsten die gesamte Zeit, das ganze Denken einnehmen. Dieser Wunsch, dass der Partner sich möglichst mit nichts beschäftigt, was er mag, ist eine Angst davor, dass er in einer Tätigkeit, einem Hobby, einer Sportart, usw. aufgeht, etwas dass ihn vorübergehend glücklich macht, ein Glück, an dem der eifersüchtige Partner nicht teilhaben kann. Der extrem Eifersüchtige hat Angst, den Partner zu verlieren, wenn dieser sich einer Tätigkeit zuwendet, die erliebt. Die extreme Eifersucht ist also auf jede Liebe des Partners eifersüchtig, nicht nur auf eine ero. Beziehung zu einem anderen Menschen. An dieser extremen Eifersucht ist die egoistische Einstellung besonders gut zu erkennen. Aber auch die extreme Angst, den Partner nicht genügend an sich binden zu können. An diesem Extrembeispiel ist ausser dem gut die Belastung für den auf diese Weise in Besitz genommenen Menschen zu erkennen. Er fühlt sich von dieser Art Liebe erdrückt, gefesselt und in der Entfaltung seiner Persönlichkeit eingeschränkt. Wenn die Eifersucht nur auf Personen des anderen Geschlechts beschränkt ist, erscheint sie normaler, vor allem auch, weil sie so weit verbreitet ist, dass eigentlich jeder diese Eifersucht kennt, und schon an sich selbst und an anderen erlebt hat. Diese Eifersucht wird deshalb akzeptiert und für psychisch durchaus normal und gesund gehalten. Das hat sich so eingebürgert und die meisten denken deshalb nicht weiter darüber nach, für sie ist diese Eifersucht verständlich, sie fühlen selbst so , und sie gestehen deshalb dem Partner das gleiche Gefühl zu. Die Eifersucht gehört zur Liebe, darüber scheint es keine Zweifel zu geben. Denkt man jedoch etwas umfassender darüber nach, und schiebt einmal alle bekannten Vorurteile beiseite, so ist die Liebe ein seelischer Vorgang, der mit der Eifersucht zunächst nicht automatisch verknüpft ist. Wenn ich liebe, dann spüre ich ein positives Gefühl der Zuneigung, Zärtlichkeit, Aufmerksamkeit, Achtsamkeit und auch Respekt. Ich will den Menschen zunächst nur lieben, ihm meine Liebe geben, ich will ihn also nicht besitzen, verändern oder einschränken. Die Liebe beginnt zunächst damit, dass ich bereit bin, zu geben und zu fördern. Danach entsteht der Wunsch, zu bekommen und selbst gefördert zu werden. Wird der Wunsch erfüllt und beide Partner geben sich zu verstehen, dass sie sich lieben, klinkt bei den meisten Menschen der Besitzanspruch ein: Ich liebe diesen Menschen, er liebt mich, nun gehört er zu mir und ich zu ihm. Dieser Besitzanspruch ist ein grosser Fehler. Er ruft die Eifersucht hervor und daraus entsteht grosses seelisches Leid für Beide. Dass der Besitzanspruch auftaucht, ist in einer kapitalistischen Konsumgesellschaft verständlich. Der Besitz ist eine entscheidende Erfahrung, die für jeden, der in dieser Gesellschaft heranwächst, von prägender Bedeutung ist. Der Besitz von Konsumgütern ist eine Selbstverständlichkeit, und die Übertragung auf das Liebesobjekt erscheint auch verständlich, denn jede Liebe läuft auf die Entscheidung zu einer Ehegemeinschaft hinaus, und diese Gemeinschaft ist in starken Ausmassen eine Wirtschaftsgemeinschaft, in der gemeinsamer Besitz angeschafft und verwaltet wird. Wir müssen uns jedoch darüber klar werden, dass die Liebe in ihrer ursprünglichen und eigentlichen Form mit Besitzgütern und Besitzverwaltung nichts zu tun hat. Die Liebe ist in ihrer reinen Form am schönsten, wenn sich zwei Menschen ohne Gedanken an Besitz begegnen und nur sich selbst sehen, also sich und den anderen nicht als Ware betrachten. Wir sind Waren auf dem Persönlichkeitsmarkt der Liebe. Mädchen und Frauen sind das, wenn sie sich schön machen, um ihre Anziehungskraft zu testen, und Männer sind das, wenn sie mit Statussymbolen protzen, um ihre Finanzpotenz zu demonstrieren. Um richtig verstanden zu werden, möchte ich erwähnen, dass ich nichts dagegen habe, wenn sich Frauen schminken, um hübsch zu sein, und wenn Männer einen Sportwagen fahren, weil ihnen Autofahren Freude macht. Das zu verurteilen wäre ein Puritanismus, um den es hier überhaupt nicht geht, denn Lebensfreude ist eine wichtige Voraussetzung für eine gesunde Psyche. Ich möchte jedoch bewusst machen, dass die Motive neben der Lebensfreude auch darin bestehen können, den eigenen Warenwert als Persönlichkeitsware zu steigern, sich besser zu verkaufen. Wer sich auf diese Weise verkaufen will, der ist dann meist auch sehr schnell verkauft, und er wird im Bereich der Liebe mit seiner Eifersucht und der des Partners konfrontiert. Neben dem Besitzanspruch und der Verteidigung des Besitzes spielt auch die unbewusste Angst vor der Getrenntheit eine Rolle. Dies hängt mit der Kindheitsentwicklung zusammen, und der in dieser Zeit vorherrschenden Angst, schutzlos der Umwelt und ihren Gefahren ausgeliefert zu sein. Die Angst davor, die Liebe der Eltern zu verlieren, ist die erste erlebte Angst, die nebenbei auch mit materiellem Sicherheitsdenken verknüpft ist. Würden die Eltern ihre Kinder anders erziehen, mit wirklicher Liebe, dann würde diese Angst keine Rolle spielen. Aber das liebesbedürftige Kind erhält meist nicht die existentielle Liebe, die es braucht, um sich sicher zu fühlen, um Vertrauen zu den Menschen, der Welt, und auch zu sich selbst zu entwickeln. Dieses Misstrauen und die damit empfundene Angst lässt kein Vertrauen entstehen, und das Misstrauen wird später auf den Partner übertragen und die Angst, ihn zu verlieren ist stets gegenwärtig. Es besteht kein Vertrauen in die eigene Liebesfähigkeit und auch nicht in die Liebesfähigkeit des Partners. So geht die Kindheitserfahrung der mangelnden Liebe mit dem materialistischem Konsum- und Besitzdenken eine verhängnisvolle EInheit ein, und es erscheint ganz normal, dass man Angst hat, die Liebe als Besitz zu verlieren, und man eifersüchtige Reaktionen an sich und am Partner erlebt. Wer in der Liebe glücklich werden will, muss also zwei Dinge aus seinem Denken hinauswerfen, einmal die Angst, nicht genügend geliebt zu werden, und das Bedürfnis, das Liebesobjekt besitzen zu wollen, wie einen materiellen Besitzgegenstand. Viele Leser werden fragen, Wie soll das gehen?, Wie soll ich das praktizieren, wenn in der Seele Angst und Besitzen wollen so tief verwurzelt sind. Die Antwort ist einfach: Konzentrieren Sie sich auf Ihre Liebe und nur auf sie. Liebe will Liebe geben, fördern, Zärtlichkeit geben, aufmerksam betrachten, Respekt haben. Wer sich darauf konzentriert, der ist liebesfähig und wird durch *seine Liebe* glücklich werden. Wer besitzen will und Angst hat, wird seine Liebesfähigkeit schwächen und alles verlieren.
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Kommentare?
cu
05.01.2003 20:54 •
#1