hallo ikone,
ich will nicht auf alles/vieles deiner geschichte eingehen, aber ein punkt, sticht m. e. etwas heraus.
du leidest sehr unter der abrupten trennung, dem entzug von nähe.
für den verlassenen ist es zunächst kaum fassbar, dass der längjährig nächststehnde mensch wie vom erdboden verschluckt ist. deiner wortwahl ist wohl an plastizität nicht mehr zuzufügen.
wie sollte man das als immer-noch-verbundener auch können? es kann niemand.
es kann niemand einen elementaren teil seiner lebenswirklichkeit von jetzt auf gleich vergessen, loslassen oder ohne leidensdruck weiterleben. ich vermute selbst dann, wenn dem verlassenen zudem noch in anderer, vielleicht seelisch-körperlicher weise, weh getan wurde nicht.
es ist eine rational nicht aufzulösender konflikt: jahrelange vertrautheit heißt auch in krisenzeiten beistand, nähe und liebe zu erhalten. immerfort machst du in diesen jahren diese erfahrung, die sich ganz tief in dein herz und in deinen verstand einläßt.
nun ist wieder so eine krisenzeit, und das erwartete bleibt aus. nähe wird durch absenz ersetzt, liebe durch abweisende worte ... es gibt sicher noch viele beispiele für den wandel.
alles , was bisher in deinem leben, bezogen auf diese person, gültig war. verkehrt sich fast ins gegenteil.
wie willst du damit klarkommen?
nun, angenommen dein ex sei ein untypischer mensch, der zwar konequent entscheidungen trifft und beibehält, aber dessen verhaltensrepertoire nicht unbedingt im konsens dazu steht:
er trennt sich von dir, antwortet aber auf deine SMS
er trennt sich, sagt auch ab und an nette worte.
trennt sich, besucht dich auch hin- und wieder.
trennt sich, sagt dir auch nicht, dass er eine andere frau hat.
trennt, und schläft ab und an noch mit dir.
antworte dir ehrlich. wie würde dieses verhalten auf dich wirken?
sicher wäre es kurzzeitig befreiend, nichts mehr würde weh tun. kein leid, keine sorgenvollen gedanken und diese nicht zu fassende bedrücktheit würde weichen.
wie lange?
wie willst du damit klarkommen?
es hilft nicht, zu sagen: ok, ich habe keine trauer mehr, weil er für mich - langfristig - besser gehandelt hat (zu dem ergebnis solltest du durch obigen text gekommen sein
die trauer ist natürlich da, auch die hilflosigkeit und ohnmacht.
wie willst du damit klarkommen?
frage dich das - taglich 20, 30 oder 100x!!!!
und gib dir antworten darauf. ich vermute, du willst nicht immer wieder sagen: ich will weiter leiden!
ich will traurig sein.
ok, ich weiß. ich schreibe das als nicht betroffener. du hast ja recht.
aber: ich war betroffen. nach 14 jahren war SIE einfach so weg. kein anderer mann, aber von heute auf morgen, nach einer gewissen zeit der auseinandersetzung, einfach wie vom erdboden verschwunden. ich stand in dem gleichen dilemma wie du jetzt und wußte nicht hüh noch hott.
ich habe mir nie diese frage gestellt, wie es eigentlich weitergehen soll. ich dachte, leid gehöre nun zu meiner essentiellen und kontinuierlichen lebenserfahrung.
erst spät begann ich zu begreifen, dass es keinen weg zurück mehr gibt. es gab eben keine SIE die anrief, sms schickte oder nette worte sagte. es gab nur noch mich.
zum glück hatte ich über die leidensdauer einen heimlichen begleiter gefunden, von dem ich gar nicht gemerkt hatte, dass er zu meinem begleiter und - ja, fast freund wurde. je länger wir uns kannten um so tiefer wurde die freundschaft und mit der freundschaft wuchs die anerkennung einer tatsache, die akzeptanz einer neuen realität. der begleiter nannte sich zeit.
ich wünsche dir alles gute und einen unbändigen willen und mut in dir, dass du dir die frage so häufig wie möglich stellst und schnell zu guten antworten für dich selbst findest.