Liebe Detti
Nun, ich bin zwar nicht in dieser Situation gewesen, habe aber auch viele Monate über Trennung nachgedacht.
Mein Mann hatte eine Affäre, es dann beendet und sich somit dann letztendlich für unsere Ehe entschieden.
Ich erfuhr es erst deutlich danach (als alles schon beendet war), benötigte aber eine ganze Zeit, um mir darüber im Klaren zu sein, ob ich bleibe oder gehe.
Zu guter Letzt haben wir es geschafft. Es war ein schwerer Weg, der auch anders hätte ausgehen können.
Warum erzähle ich dir das?
Nun, ich kann mir sehr gut vorstellen, warum dein Mann so seltsame Aussagen zu seinen Gefühlen in der Vergangenheit macht.
Denn alles, was man im Leben entscheidet, versucht man vor sich selbst und somit auch vor allen anderen zu begründen.
Wäre ich gegangen, hätte ich gute Gründe gefunden und dies dann meiner Umwelt (Familie, Freunde...) und auch mir selbst so mitgeteilt.
Denn jede Entscheidung hat PRO und CONTRA, und mit jeder Entscheidung muss man letztendlich leben.
Fällt dann diese finale Entscheidung, wird das PRO ausgebaut und das CONTRA so gut es geht verdrängt.
Was braucht man dann ganz dringend?
Man braucht Zustimmung von allen Seiten und wird seine Gründe somit so formulieren, dass mit möglichst wenig Replik zu rechnen ist. Anderenfalls funktioniert das Verdrängen des CONTRA nicht.
Eine Beschreibung: schon jahrelang unglücklich...) lässt die Umgebung Verständnis empfinden.
Genau das braucht dein Mann momentan.
Er wird vermutlich momentan trotzdem sehr ambivalent empfinden.
Vielleicht hatte er in den letzten Jahren eurer Ehe wirklich nicht mehr so himmelhochjauchzend empfunden und versuchte mit dem Kauf der Ringe dieses Gefühl vom Anfang wieder einzufangen.
Aber, ist es nicht völlig normal, dass man nach vielen Jahren einfach nicht mehr diese anfängliche Aufgeregtheit spürt? Eigentlich sollte dies dann von einer tieferen Verbundenheit abgelöst sein.
Jetzt hatte er plötzlich doch nochmal die Chance all das erneut zu fühlen und musste sich entscheiden. Vermutlich spielt auch seine damalige schwere Erkrankung mit dem damit empfundenen Gefühl der Todesangst eine große Rolle. Vermutlich will er jetzt einfach alles und sofort. Er will auf nichts mehr verzichten und dreht sich nur um sich.
Ich bin mir fast sicher, dass ihm dennoch diese letztendliche Entscheidung auch nicht leicht gefallen ist.
Hatte er nicht versucht die Affären-Mails zu löschen, um es weiterhin zu verheimlichen?
Somit ist es auch verständlich, warum es noch Liebesschwüre für dich gab.
Nun wurde durch das Aufdecken seiner Affäre ein Prozess in Gang gesetzt, der ihm eine letztendliche Entscheidung abgerungen hat.
Dass er dies jetzt so begründet, wie er es begründet, hängt - ganz sicher - auch mit seiner Umgebung zusammen, von der er sich Verständnis erhofft.
Momentan möchte er vermutlich nicht mehr über ein CONTRA für diese Entscheidung nachdenken und möchte somit auch nicht, dass andere Menschen dies formulieren.
Aber, sei sicher, in ruhigen Minuten wird es sich dennoch in seine Gedanken schleichen.
Somit mach dir nicht so viele Gedanken, ob er tatsächlich sooo unglücklich war.
Es ist sein Weg, den er jetzt zu gehen hat. Er hätte seinen Jammer auch mit dir teilen können. Eine Affäre zu beginnen war eine egoistische und rücksichtslose Entscheidung von ihm, die er ganz alleine getroffen hat.
Auch wenn ihr euch immer nahe standet, war zu dem Zeitpunkt eure Nähe leider dann doch nicht vertraut genug.
Ob er jetzt glücklicher ist/wird?
Ganz ehrlich, ich glaube das nicht - es spielt aber auch keine Rolle.
Wichtig ist dein Glück.
Ich wünsche dir Mut und Kraft für dein neues Leben.
18.06.2019 09:59 •
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