Dieses Risiko besteht natürlich, aber liegt nicht im Bereich Deiner direkten Einflussmöglichkeiten.
Wenn meine Einschätzung Eurer Situation nahe kommt, dann liegen Deine Optionen zur aktiven Einwirkung derzeit vor allem in der Krisenintervention durch Geduld, Verständnis und Freiraum.
Er verbindet Dich derzeit vor allem mit all den Faktoren, die ihn massiv belasten, krank machen und an ihm zehren. Ohne Schuldzuschreibung an Dich, aber Du bist nun mal auch Protagonistin seines überangespannten Lebens, von dem er schmerzlich erkennen musste, dass er es so nicht mehr weiterführen kann. Seine Seele musste die Notbremse ziehen. Er versucht gerade mehr unbewusst als bewusst, so vielen Stressoren wie nur möglich auszuweichen, sucht nach Erholung und Ruhe und ist dazu gezwungen, sich selbst und seine Bedürfnisse übergangsweise in den Mittelpunkt zu stellen. Er versteht selbst nicht, warum er einfach nicht mehr kann und was er will, braucht und fühlt. Das ist eine Methode zum Selbstschutz und sogar ein gutes Zeichen, denn es zeigt, dass er versucht etwas zum positiven zu ändern und Klarheit zu bekommen. Das kannst Du nutzen und ihm eine neue Seite an Dir zeigen.
Und hier kollidieren derzeit seine akuten Bedürfnisse leider noch mit Deinen chronischen Selbstzweifeln und Verlustängsten durch alte Traumata, die Dir derzeit noch den konstruktiven und förderlichen Umgang mit ihm erschweren und die derzeit (sollte meine Annahme hinkommen) leider einfach nicht seine Baustelle sein dürfen. Übernimm Selbstverantwortung und Autonomie für alte Wunden und lass ihn zugleich an Deinen Erfahrungen teilhaben. Redet miteinander und zwar ohne Zwänge und gestattet Euch auch mal Atem- bzw. Verdauungspausen.
Gib ihm Raum aber lass ihn spüren, dass er immer auf Dich zählen kann. Vermittle ihm Verständnis, gib ihm Gewissheit, dass er in seinem Tempo heilen darf und Du seine Gesundheit wichtig nimmst, da Du ihn bedingungslos liebst. Auch die erschöpfte und orientierungslose Version seiner Selbst, derer er sich nicht schämen sollte. Nimm seine Worte und Bedürfnisse ebenso ernst wie Deine eigenen und lerne dabei zu unterscheiden, wo Du ihn vielleicht unbewusst für Baustellen in Deiner Seele verantwortlich oder zuständig machst, die wiederum außerhalb seiner Einwirkungsmöglichkeiten liegen.
Stehe zu Deinen vergangen Entscheidungen und rechne nicht jetzt, wo er ohnehin keine Kraft mehr hat, Deine früheren Opfer für ihn auf oder leite gar daraus Erwartungen an ihn ab. Nicht machen. Sonst wird er sich weiter zurückziehen.
Nutze diese Krise statt dessen auch für Dich selbst, finde Deine Mitte, nutze alle Therapiemöglichkeiten und sieh auch die Chance in dieser neuen unglücklichen Verbindung, die diese nun gemeinsame Krankheit euch bietet.
Ich sehe bei Euch noch Hoffnung, hab keine Angst.
Viele Grüße,
Maria
15.01.2021 17:41 •
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