Auch mein Exfreund hatte narzisstische Züge. Ich war seine x-te Freundin, vor mir hatte es mit 20-30 anderen Frauen nie geklappt, eine Beziehung mit Bestand zu führen.
Von Anfang an war es bei uns so, dass er alles mögliche an mir verändern wollte. Und zwar nichtmal Dinge, die ihn irgendwie betrafen oder belasteten. Keine schlechten Angewohnheiten von mir. Sondern Oberflächlichkeiten. Ich sollte Dinge tun wie kalt statt heiß duschen (gesünder), mehr Sport machen (gesünder), mich zu Anlass X soundso kleiden, lieber zur Maniküre gehen, nur noch Dess. nach seinem Geschmack tragen, nicht Kosmetikprodukt xyz benutzen (seiner Meinung nach ungesund oder unnötig), ich sollte nicht fluchen (angeblich nur was für Männer; geht es s.istischer!?) usw usw. Wenn ich nicht tun wollte, was er mir sagte, gab es ewige, immer wiederkehrende Diskussionen. Und natürlich lag das Problem immer bei mir. ''Ich könne nicht mit Kritik umgehen''. Von ihm zu verlangen, mich mit solchen Dingen mal in Frieden zu lassen, empfand er als Zumutung, stimmte dem nur unter Murren zu und änderte dann doch nicht viel. (Konnte er auch eigentlich nicht, er ist wie er ist.)
Ich fühlte mich bei ihm nie akzeptiert, weil er immer etwas fand, was ich ändern sollte. Und wenn es das war, was ich gerade essen wollte. Dann war das eben nicht richtig und zu ungesund oder minderwertig. Bei ihm ging es dauernd um Perfektion. Alles musste teuer und irgendwie besonders sein, auf keinen Fall konnte man etwas akzeptieren, was nicht schön, teuer oder besonders war. Etwas nicht Perfektes versuchte er entweder perfekt zu machen, nach außen hin so aussehen zu lassen wie Perfektion oder er strich es aus seinem Leben. Er hatte diese Ansprüche nach Perfektion an sich (arbeitete sehr viel, wollte wenn möglich der Beste sein) und auch an andere, andere sollten seinen Ansprüchen genügen, taten sie dies nicht, versuchte er sie zu perfektionieren (laut ihm hatten schon mehrere Exfreundinnen vor mir sein Erziehen und Verändern an ihrer Person auch nicht ausgehalten). Er hielt sich selbst für einen riesen Fang, obwohl ich jetzt im Nachhinein sagen muss, dass die meisten anderen Männer wohl längst nicht so schwierig sind wie er und er auch nichtmal wirklich gut aussah. Für ihn sah das perfekte Leben so aus, dass er ein teures Stadthaus besaß, eine Frau und Kinder hatte. Er hatte alles drei nicht, arbeitete also fieberhaft daran, es zu bekommen und sagte mir nach 3 Monaten Beziehung, dass er gerne bald Kinder hätte, 5 Jahre würde er auf keinen Fall mehr warten wollen, weil er nicht so alt Vater werden wolle. Dass ich viel jünger und noch nichtmal mit meiner Ausbildung fertig war, passte da natürlich nicht in's Konzept. Er sagte mir, er sei sich nicht sicher in Bezug auf mich (bei seiner Ex vor mir war er sich auch nicht sicher und machte unter Anderem mit ihr Schluss, weil sie schon 40 war, rauchte und er nicht sichergehen konnte, dass er mit ihr noch gesunde, nicht behinderte Kinder zeugen konnte). Behinderte oder psychisch kranke Menschen überhaupt schienen für ein einen Störfaktor in der Gesellschaft darzustellen. Über psychisch Kranke zog er gern her, nannte sie Schmarotzer oder einfach nur ''Psychos''. Er konnte nachvollziehen, warum sein Arbeitskollege nicht glücklich über den erstgeborenen Sohn (''seinen Stammhalter'' wie er es nannte) war, weil das Kind ja zwar männlich und erstgeboren war, aber leider Trisomie 21 hatte.
Ich merkte zunächst nicht, wie unglücklich es mir mit ihm ging, weil ich sehr verliebt war und mit ihm zusammen sein wollte. Ich merkte es dann aber daran, dass ich oft weinte, nicht mehr so richtig alltagsfähig war und mein Selbstbewusstsein in den Keller ging. Ich merkte, dass ich mich kaum noch wie ich selber fühlte, weil ich seinen Wünschen oft nachgekommen war, seine Erwartungen erfüllt hatte. Aber all das war sehr stressig für mich gewesen. Weil ich immer darauf lauerte, ob er wieder etwas an mir zu mokieren hätte. Ob ich mich entweder wieder für ihn würde ändern müssen, oder mich auf eine ständige Diskussion über Dinge an mir, die ihn nichts angingen, würde einlassen müssen.
Ich trennte mich. Dann folgte ein wildes Hin und Her. Ich wollte zurück, dann wieder Trennung, er wollte zurück, wieder Trennung, wieder zusammen, schließlich wieder Trennung, weil ich den Druck, den er mit dem Kinderthema aufgebaut hatte, nicht tragen konnte und wollte.
Trotzdem tat es weh. Weil meine Gefühle für ihn ja dummerweise nunmal da sind. Ich weiß, dass er mich nicht wirklich geliebt hat, weil er nicht richtig lieben kann und sich höchstens in die eigenen Vorstellungen von jemandem verliebt. Er kann ja nichts und niemanden mit Fehlern akzeptieren. Aber Menschen haben nunmal Fehler. Ich weiß, dass er sich schon Ar. verhalten hat und dass, entgegen seiner Behauptungen, die Probleme wahrscheinlich nicht bei mir lagen. Ich war nur zu doof und habe mir den Affenzirkus zu lange bieten lassen. Ich liebe ihn immer noch, obwohl er es nicht wirklich tat und bei der letzten Trennung, die er aussprach, vom einen auf den anderen Moment total gefühlskalt reagierte und nichtmal traurig wirkte. Aber ich weiß wenigstens, dass es besser wird, weil es schon ein bisschen besser geworden ist. Und ich weiß, dass er meine Liebe und Afmerksamkeit eigentlich nicht verdient, weil er mir wahrscheinlich nichtmal groß nachgetrauert und sich einfach auf die Suche nach der nächsten, perfekten Frau begeben hat.
Trotzdem sterben die Gefühle nur langsam, was mich selbst wahrscheinlich am meisten nervt, weil ich rational weiß, was das alles für eine Farce war.
Es ist auch ziemlich schwierig, sich von Narzissten zu trennen, weil sie einen in eine psychische Abhängigkeit treiben. Bewusst oder unbewusst sei dahingestellt. Aber sie machen einen mehr oder weniger klein, wollen, dass man ihren Ansprüchen genügt. Wer das lange mitmacht, macht sein Selbstwertgefühl total von dem narzisstisch gestörten Partner abhängig. Weil der ja nie zufrieden ist, man ihn aber liebt, weshalb man es ja wenigstens mal versucht. Dann bekommt man Anerkennung und macht es möglicherweise wieder. Spirale abwärts. Wer da rauskommt, ist wirklich tapfer.
01.04.2017 08:52 •
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