Meine liebe Sady,
ich glaube schon, dass du einen realistischen Blick auf die Situation und auf ihn hast. Schließlich kannst du ja ganz ausführlich beschreiben, was dich quält, was dich so demütigt und wie es dir damit geht. Und da, genau da, kannst du ansetzen. Mach wirklich diese Liste. Nimm dir dafür Zeit. Überlege dir ganz genau, was dich an ihm stört. Ich bin mir sicher, da kommt einiges zusammen. Dabei geht es vor allem darum, dir mal ganz bewusst vor Augen zu führen, was du da eigentlich mit aller Kraft versuchst festzuhalten. Sehr gut wäre es, wenn dann Wutgefühle hochkommen. Wut kann nämlich ein wirksamer Motor sein, um sich abzugrenzen. Dann kann der ganze Ärger nämlich auch mal raus, den du schon viel zu lange unterdrückst.
Und nochmal Sady: DU bist keine Versagerin! Du bist ein Mensch mit Gefühlen, die einfach gerade sehr stark sind. Du hast diesem Mann dein Herz geöffnet und ihn uneingeschränkt hinein gelassen. Er kann jetzt damit spielen, sich bei dir bedienen. Aber die Angst davor, was passiert, wenn du ihn da wieder aussperrst wiegt (noch) schwerer als die ständigen Verletzungen.
Den Appell in meinem vorigen Post habe ich an dich gerichtet, weil ich einfach so sauer bin, dass er so dermaßen sch**** mit dir umgeht. Aber ich weiß natürlich, dass das wahrscheinlich eher kontraproduktiv war...sorry. Wenn ich daran zurück denke, wie meine Freunde auf mich eingeredet haben - und sie haben es natürlich gut gemeint und konnten es auch nicht mehr mit ansehen. Aber geholfen hat es nicht, weil ICH nicht soweit war. Meine Angst ihn zu verlieren war zu übermächtig.
Ich sage dir jetzt etwas, was sich nicht schön liest und auch nicht angenehm ist. Weißt du, wie diese Beziehung vermutlich endgültig enden wird? ER wird es tun. Er wird gehen. Ob nun deshalb, weil er mit einer anderen Frau sein Glück gefunden hat oder weil er der Situation überdrüssig geworden ist - über kurz oder lang wird er es beenden, wenn du es nicht vorher tust. Und du weißt es eh selbst, eine gute Beziehung wird sich daraus nicht mehr entwickeln können. Jedenfalls nicht jetzt mit all diesen festgefahrenen Mustern. Und nochmal: das ist nicht DEIN Versagen. Wenn er dich lieben und wertschätzen würde so wie du es verdienst, dann wärst du nicht an diesem verzweifelten Punkt angekommen. Ich hätte mich damals auch nie von ihm getrennt, habe Demütigungen ohne Ende ertragen. Heute bin ich ihm dankbar, dass er das Elend beendet hat. Nach ein paar Monaten des Schmerzes konnte ich endlich wieder atmen.
Mir geht es gerade auch nicht besonders. Ich weiß nicht, ob du in meinem Thema schon gelesen hast, wie das Gespräch mit ihm ausgegangen ist. Kurz zusammen gefasst: ich habe sehr deutlich gespürt, dass er ganz weit weg ist und mir immer noch fremder wird. Ich saß vor ihm, habe geweint und geweint, ihn schien es nicht zu erreichen. Da war kein Durchdringen mehr zu ihm. Er hat zugemacht. Er war weder abweisend noch kalt zu mir, aber ich habe diese Mauer um ihn gespürt, was mir unendlich weh getan hat und immer noch tut. Auch hat er wieder betont, dass er mir alles andere als weh tun will und, dass ich ihm fehle. Das klingt mittlerweile wie blanker Hohn für mich. Zum krönenden Abschluss durfte ich nämlich zusehen, wie er seine Sachen für eine Übernachtung einpackt, wohin er gefahren ist, war klar. Er hat sogar noch den selben Zug genommen wie ich. Ich war fast wie versteinert, konnte es einfach nicht fassen, habe den ganzen Weg nach Hause zu meiner Schwester geweint. Den Menschen tue ich mir jedenfalls nicht mehr an. Nicht, solange er so in seinem Sumpf gefangen ist.
Ja, und heute war ich das erste mal seit langem wieder mal abends weg. Es war ganz ok, aber ich bin nicht lange geblieben. Eigentlich hatte ich das Gefühl, ich hätte mich ganz tapfer geschlagen, so ganz ohne Tränen und blöde Gedanken. Auf dem Nachhauseweg allerdings bin ich an dem Weg vorbei gefahren, wo wir fast jeden Sonntag spazieren waren. Ein Stich ins Herz und mir sind die Tränen gekommen. Es tut manchmal echt abartig weh.
Was mir mittlerweile ganz gut hilft, ist tatsächlich die Wut auf ihn. Wenn die kommt, fühle ich mich nicht mehr so schwach und klein. Ich sage mir derzeit sehr häufig folgendes: Es tut weh, aber ich werde das überstehen! Warum werde ich das überstehen? Weil ich stark bin! Warum bin ich stark? Weil ich meine Gefühle annehmen kann und sie nicht verdränge. Mir wird es wieder gut gehen!
Sady, ich wünsche dir von Herzen, dass du deine Stärke findest, bevor du dazu gezwungen bist, weil er dich fallen lässt. Vielleicht muss das ja auch passieren, damit du loslassen kannst. So oder so - vergiss nicht, dass du ein wertvoller, lieber Mensch bist, dem noch viel schönes bevor steht!
Alles alles Liebe, ich denke an dich.
Memi
07.12.2014 01:35 •
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