Hallo senseye,
wenn ich dich richtig verstehe, funktioniert deine Ehe grundsätzlich gut.
Jedoch habt ihr im Hinblick auf S ex unterschiedliche Vorstellungen und Bedürfnisse, was Häufigkeit und Intensität angeht. Damit bist du nicht allein - fehlender/unbefriedigender S ex ist einer der Haupt-Jammer-Gründe innerhalb von langjährigen Beziehungen (auch wenn uns die Romantik weismachen will, wir müssten immer noch scharf auf unseren Partner sein, nur weil wir es vor zehn/zwanzig Jahren mal waren).
Deine Frau möchte keine Intimitäten mehr. Dies musst du ohne Genörgel akzeptieren, genau wie deine Frau die Tatsache akzeptieren muss, dass sie dir sehr fehlen, ohne dich dafür abzuwerten. S exuelle Selbstbestimmung beinhaltet eben auch den Anspruch auf Respekt vor der eigenen, individuellen Triebintensität.
Viele Menschen haben Zeiten in ihrem Leben, in denen S exualität eine sehr untergeordnete bis gar keine Rolle spielt. Manchmal stellt sich auch erst nach einiger Zeit heraus, dass Partner im Hinblick auf ihre s exuellen Bedürfnisse, Wünsche und ihre Erregbarkeit nicht wirklich gut harmonieren und eine/r von beiden u.a. deswegen das Interesse am S ex verliert. Das ist ziemlich normal und keinesfalls ein Indikator dafür, dass irgendetwas mit deiner Frau oder deiner Ehe nicht stimmt.
Die Frage ist nun, ob und was ihr dagegen unternehmen könnt. Aus meiner Sicht gibt es mindestens drei Möglichkeiten:
Wenn sie nicht will, lass sie komplett in Ruhe. Versuch nicht, sie zu drängen, zu verführen, zum Problemgespräch zu bitten, zum Therapeuten zu schicken. Nörgel nicht und bettel nicht hinter ihr her - das ist extrem unerotisch und dein Angebot überflutet ja eh schon ihre Nachfrage. Manchmal wird die Neugier auf die Lust neu geweckt, wenn sie nicht dauernd unter einem Berg von Pflichtgefühl begraben wird. Heißt: frag nicht mehr, verzichte auf den Mitleidshandjob - manchmal wächst die Nachfrage, wenn ein Handelsgut plötzlich knapp wird. Falls nicht, hast du zumindest den Druck aus der Diskussion genommen.
Falls deine Frau selbst unter ihrer geringen Libido leidet, kann sie unabhängig von dir versuchen, sie für sich wieder zu entdecken und über die wiedergefundene eigene Lust den Bogen wieder zu dir schlagen. Auch dafür wird sie aber vermutlich die Gewissheit benötigen, dass sie wirklich etwas für SICH tut und du nicht schon in den Startlöchern hockst.
Eine weitere Variante besteht darin, sie beim Wort zu nehmen und eine andere S exualpartnerin zu suchen. Für manche Paare ist es eine gangbare Lösung, im Wissen UND Einverständnis der Partnerin/des Partners eine dritte Person zu finden, mit der die einseitigen Bedürfnisse dann ausgelebt werden können. Eine WinWinWin Situation: Du bekommst was dir fehlt, deine Frau hat ihre Ruhe und eine andere Frau ihren Spaß.
Mir ist transparent, dass letzterer Vorschlag unorthodox ist. Denn monogame Menschen erwarten von ihren Partnern sowohl s exuelle Exklusivität (Treue genannt) als auch lebenslange s exuelle Aktivität/gegenseitiges Begehren. Beide Erwartungen sind, obwohl weit verbreitet, jedoch äußerst fragwürdig und funktionieren in der Realität oft nicht (was dann zur sogenannten Seriellen Monogamie, d. h. häufigere Beziehungsabbrüche und -wechsel führt), aber so richtig schlimm wird es eigentlich erst in der klassischen Kombination Mit mir gibt es keinen S ex mehr für dich, aber mit jemand anderem gefälligst auch nicht! Darum finde ich, man sollte gerade in Beziehungen, in denen man den Rest seines Lebens verbringen möchte, ruhig mal outside the box denken.
Viel Glück!
04.10.2012 17:17 •
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