Zitat von anti-quariat:ich habe ihn nie gedrängt, es waren seine Wünsche, dass Haus die Kinder und heiraten und wenn man jemanden liebt, dann war das der Punkt der mich dieses Alles überleben lassen hat!
Da muss ich nochmal einhaken:
Es ist schwierig zu erklären, was in einem da von statten geht, aber es ist nicht so, als wären diese Wünsche komplett wegrationalisiert - man weiss schon, dass man sie vielleicht mal hatte, aber sie werden mit der Zeit absurd. Sie verkehren sich ins Gegenteil und werden zum Gewehr, das nach hinten ballert. Denn als Traumatisierter siehst du diese Dinge nicht mehr als eine Vervollkommnung des Glücks, sondern als etwas, was du nach dem Trauma eh nicht mehr genießen kannst, weil du mit dem Trauma auf einem anderen Planeten lebst und alles und jeder dich an etwas erinnert, was du lieber vergessen willst - und wenn es dich nicht bildlich erinnert, dann emotional - über allem liegt ein modriger Gestank, selbst augenscheinlich schöne Dinge sind ungenießbar. Du erinnerst dich, dass es mal deine Vorstellung vom Glück war - aber du empfindest es nur noch als fieses Lächeln des Schicksals, das dir in diesem schönen Weißwaschgang schwarze Farbe und Buttersäure in die Maschine geschmuggelt hat.
Ich kann dir sagen, dass ein Schwersttrauma alles verändert. Mit dem Trauma beginnst du alles zu hinterfragen, die ganze Welt, ihre Konventionen, ihre Gesetze - und nichts von alledem macht mehr Sinn. Es wirkt weit weg, es wirkt instabil, dir wird bewusst, dass alles von jetzt auf gleich aus und vorbei sein kann, dass nichts Bestand hat. Ein Lachen hört sich dann in deinen Ohren nicht mehr schön an, sondern es erinnert dich daran, dass du selbst nicht mehr lachen kannst.
Dass er dich fertig macht, liegt (kann ich mir zumindest gut vorstellen, obs stimmt, weiss ich nicht) wohl daran, dass er jetzt in einer anderen Dimension ist, als du. Und so sehr man auch für jemanden da sein will - im Grunde weiss man, dass der Andere einen nicht versteht. Man kann nicht von dem erzählen, was einen belastet, weil man genau weiss, dass der andere nur mitleidig dreinschauen wird, die Emotionen aber überhaupt nicht nachvollziehen kann und nur seinen Soll tut, um anschließend wieder in die Welt, die du nicht mehr betreten kannst, zurückzukehren.
Das Schlimme daran ist - wenn ich das so schreibe, klingt es wie A.loch on Tour. Dabei ist der Zustand das Gegenteil davon - pure Verzweiflung und vor allem das Gefühl, dass man ganz alleine auf der Welt ist, der auf dieser Ebene, auf der man nun steht, leben muss, da niemand auf deine Ebene drauf kann und du nicht mehr von ihr runter. Die Kluft trennt dich einfach von allem und jedem.
Zitat von Luna62:Schlimm finde ich im Nachhinein, dass man als Partner(in) in keinster Weise darauf vorbereitet wird, was auf einen zukommen könnte im Hinblick auf psychische Folgeschäden und mal entsprechend blauäugig und evtl. auch unangemessen reagiert
Ich bin jetzt über 30 und ich glaube mittlerweile nicht mehr daran, dass es tatsächlich jemanden geben kann, der sich mit einem Schwersttraumatisierten intensiv auseinandersetzen kann, ohne entweder selbst kaputt zu gehen oder irgendwann die Reissleine zu ziehen. Denn wenn wir ehrlich sind - wenn man jemanden auch nur sehr mag, will man mit demjenigen Schönes teilen, man will, dass es ihm gut geht, man will zusammen Spaß haben. Und man will vor allem eines - dass es demjenigen irgendwann wieder gut geht, oder zumindest eine Veränderung bemerken, dass derjenige auf dem Weg der Besserung ist.
Wenn dann keine tatsächliche Veränderung eintritt, ist man irgendwann als Aussenstehender am Ende seiner Kräfte und es bleibt einem nichts mehr übrig. Zumal derjenige mit dem Trauma ungenießbar geworden ist, weil eben nichts mehr so wird wie früher.
Zitat von n-ever:spaceboy, ich wünsche dir ganz doll, dass du irgendwann zurück zur Erde findest. Nicht um dich an kleinkarierten Käseproblemen zu reiben, sondern damit du dich wieder so sicher fühlen kannst, das die Lächerlichkeit dieser Problemchen schon deine schlimmsten Sorgen sind.
Danke, das ist lieb gemeint, aber das ist ein Zug ohne Rückfahrkarte.