Liebes Forum.
Ich bin gerade verunsichert und fühle mich hilflos. Ich wünsche mir unabhängige Meinungen und Denkanstöße.
Die Situation:
Mein Mann (27) und ich (28) führen seit acht Jahren eine Beziehung, aus der ein gemeinsames Kind hervor gegangen ist.
Ich war viele Jahre dieser Beziehung sehr krank und auf meinen Mann in vielerlei Hinsicht angewiesen. Erst seit einiger Zeit geht es gesundheitlich für mich wirklich voran. Aufgrund meiner Abhängigkeit und auch, weil ich nahezu panische Verlassensängste habe, habe ich zugelassen, dass mein Mann meine Grenzen jahrelang immer wieder überschritten hat, ohne Konsequenzen zu ziehen. Allerdings habe ich auch nie resigniert und mich zum Opfer gemacht. Ich habe all die Jahre die Beziehungsarbeit allein geleistet. Nach Lösungen gesucht, die unserer beide Bedürfnisse erfüllen. Mich bemüht, mehr Tolleranz zu entwickeln, um meinen Mann annehmen zu können, wie er ist. Zu hören, was er braucht und dennoch zu sagen, was ich brauche. Sämtliche Entwicklungen habe ich angestoßen, während mein Mann im Grunde immer darauf beharrte, dass ich ihn nehmen müsse, wie er ist. Bildlich gesprochen habe ich mich schier auf den Kopf gestellt, um den Acker aus Schmerz und Verletzungen, die durch das Verhalten meines Mannes entstanden sind, zu bearbeiten, während er da stand und Erwartungen gestellt hat, die er selbst nicht erfüllt.
Grundsätzlich teile ich natürlich die Ansicht, dass jeder Mensch von seinem Partner Achtung, Respekt und Wertschätzung erwarten kann. Deswegen habe ich mich auch jahrelang nahezu aufgerieben, um diese Erwartungen meines Mannes zu erfüllen. Allerdings viel es mir zunehmend schwerer. Von was von einem Verhalten spreche ich? Es geht um Lügen und Betrug und restlos egoisteschem Verhalten, welches die größten Wunden verursacht hat. Daneben gibt es eine Reihe von eher schleichenden Prozessen, die unser gemeinsames Leben so schwierig machen. Mein Mann ist schlicht und ergreifend nicht in der Lage zu begreifen, was Eigenverantwortung bedeutet, geschweige denn, sie für sich zu übernehmen. Das führt im Alltag zu ständig gebrochenen Absprachen, unbezahlten Rechnungen, Verantwortungslosigkeiten in jeglicher Form. Jegliche Probleme, die dadurch entstehen, alles Feedback, was er nicht nur von mir, sondern auch in beruflicher Hinsicht und von beinahe allen Menschen bekommt, die näher an ihm sind, wird ignoriert und trotzig bekämpft. Seit Jahren baut sich mein Mann die unterschiedlichsten Realitäten, in denen immer alle anderen Schuld sind, oder die Umstände. Wenn es sich bei meinem Mann nun um einen ausgeglichenen, zufriedenen Menschen handeln würde, wäre es etwas ganz anderes. Doch er leidet ganz offensichtlich selbst sehr unter sich. Er hat starke depressive Phasen, die sich immer wieder mit vollkommener Selbstüberschätzung abwechseln. Er hat starke Stimmungsschwankungen, während denen dann kein reden mehr möglich ist, weil er aggressiv wird (nicht körperlich). Er ist unfähig, sein Leben selbst zu organisieren und hat auch beruflich große Schwierigkeiten, da er ständig die selben Fehler wieder macht und unzuverlässig ist. Er ist ein Darstellungskünstler, braucht unbedingt die Bestätigung von anderen- auch Frauen. Profiliert sich zuweilen bishin zur Peinlichkeit. Es fällt mir schlicht schwer, ihn Ernst zu nehmen, da er ständig Dinge sagt, die er dann nicht tut und immer, immer, immer wieder die selbe Rolle wählt: Die des kleinen Jungens, der keine Verantwortung übernimmt und sich nahezu verweigert, seine eigenen Angelegenheiten in die Hand zu nehmen.
Nachdem er dann noch Dro. konsumierte und sich diese Abwärtsspirale immer weiter drehte, erklärte er sich endlich bereit, sich Hilfe zu suchen. Dreimal nahm er Medikamente ein und setzte sie eigenmächtig wieder ab, weil er sich immer wieder einbildete, er könne alleine etwas bewegen (allerdings ohne irgendetwas dafür zu tun). Kurzzeitig begann er dann eine Psychotherapie, brach aber auch diese nach kurzer Zeit wieder ab weil er der Überzeugung war, der Therapeut wäre nicht in der Lage, ihn zu durchschauen. Es dauerte einige Zeit, bis er wieder bereit war, sich Unterstützung zu suchen. Und selbstverständlich nur, weil ich alles organisierte. Er suchte dann einen Arzt auf, der ihm eine Persönlichkeitsstörung bescheinigte. Mit dieser Diagnose fühlte sich mein Mann dann angekommen, verstanden. Er besuchte Selbsthilfegruppen und steigerte sich zum wiederholten Male in dieses Erklärungsmodell hinein. Allerdings als Totalentschuldigung/ Erklärung für sich und ohne weitere Schritte zu unternehmen, nun auch mit der Arbeit an sich zu beginnen. Nachdem der Arzt dann erklärte, dass diese Diagnose nicht bedeutete, dass an dem dysfunktionalem Verhalten nicht gearbeitet werden müsse und er endlich anfangen solle, in sich etwas zu tun, statt immer nur zum Schein im Außen irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen und dass er endlich beginnen müsse, Verantwortung zu übernehmen, wollte mein Mann nicht mehr hingehen und verwarf seine ganze Idee von der Diagnose wieder, in die er sich zuvor so hineingesteigert hatte.
Wir besuchen auch eine Ehetherapie. Das Fazit der Therapeutin ist sehr eindeutig: Mein Mann müsse anfangen, an sich selbst zu arbeiten, sonst gäbe es überhaupt keine Grundlage, Beziehungsarbeit zu leisten. Sie könne sich selbst als Frau auch nicht vorstellen, so ein gemeinsames Leben zu führen. Seitdem fragt sie immer wieder, ob mein Mann sich nun endlich um einen Therapieplatz gekümmert hätte, da er auch in ihren Augen unheimlich große Defizite aufweist. Bis vor kurzem habe ich meinen Mann immer wieder angeschoben, damit er sich kümmert. Zur Antwort erhielt ich wie immer nur genervte Aussagen wie: Jaha- dann mache ich das halt später- die darauf schliessen lassen, dass er immer noch kein Stück begreift, dass es hier um ihn geht. Jetzt habe ich damit aufgehört, denn die Therapeutin sagte auch ganz deutlich, dass ich nicht mehr Verantwortung übernehmen soll.
Wir wohnen nun auch die meiste Zeit getrennt, da es mir schwer fällt, mit all dem zu leben und er auch darunter leidet, dass ich ihn nicht mehr bewundern kann, wie er sich das wünscht. Er hatte sich auch einige Male getrennt. Und wenn ich nun etwas anspreche, womit es mir nicht gut geht antwortet er sinngemäß: Du wolltest es ja so.
Warum ich nun hier das Thema eröffne ist der Grund, dass mein Mann nun von mir verlangt, dass ich ihm sage, ich wolle mit ihm zusammen bleiben, selbst wenn sich niemals etwas ändert und er sich weigert, irgendwelche Schritte zu unternehmen. Er wolle nicht, dass ich die Arbeit an sich selbst zur Voraussetzung für eine Beziehung mache, denn dann wäre es keine Liebe. Er hält mir auch immer vor, dass er ja auch mir damals, als ich so krank war gesagt hat, dass er bei mir bleibt, auch wenn nicht gesund werde. Nun erwartet er von mir das selbe. In meinen Augen ist es aber etwas vollkommen anderes. Sicher war auch meine Krankheit eine Belastung für ihn, aber von anderer Natur. Ich habe nie die Beziehung dermaßen geschädigt, ihn belogen, hintergangen, oder für mich nicht die Verantwortung übernommen. Es gab auch niemals Stillstand- ich habe immer an mir gearbeitet und jede Ünterstützung in Anspruch genommen. Dass er bedingungslos hinter mir gestanden hat, ist meines Erachtesn auch Schwachsinn. Er hat gesagt, dass er da ist und mich nicht verlässt, ja- aber gehandelt hat er wie so oft ganz anders. Er hat Strategien verwendet, auf die ich niemals zurück greifen würde!
Ich weiß nun gar nicht, wie ich damit umgehen soll. Einerseits frage ich mich: Wie bitte ist sein Verständnis von bedingungsloser Liebe, wenn er von mir erwartet, dass ich all sein schädliches Verhalten aushalte, obwol der logischte Schritt wäre, dass er sich bewegt und etwas unternimmt.
Ich bemühe mich zur Zeit so sehr! Wenn er aggressiv wird dann behalte ich meine Themen lieber für mich, weil ich weiß, dass er sonst nur Vorwürfe hört. Wenn er seine Launen hat gleiche ich sie aus. Wenn er wieder mal Dinge vergisst und Absprachen nicht einhält dann lasse ich meinen Ärger wieder los, denn er kann es ja offenbar nicht anders. Wenn er wichtige Dinge nicht tut, dann sage ich mir, dass es seine Angelegenheit ist und mache keine Vorwürfe. Ich bemühe mich, ihm die Nähe zu geben, die er braucht und Verständnis zu haben, sowie zu hören, was er braucht. Ich fange alles auf, gleiche ihn aus- aber dass kann ich nicht immer tun. Wie kann er das auf Dauer von mir erwarten? In seinen Augen ist alles nichts wert, was ich tue. Denn erstens hätte er ja auch getrennt bleiben können und zweitens tue ich es ja nur mit der Aussicht, dass sich etwas bei ihm verändert, weil ich egoistisch bin und diese Veränderung nur will, damit mein Leben leichter ist.
Gestern hatten wir einen Streit. Mir selbst zu sagen, dass ich im Alltag kompensieren und ausgleichen will, weil es ihm nicht anders gelingt ist eine Sache. Aber dann wieder mal, nach all den Gesprächen bei der Ehetherapeutin, bei einem Psychiater zu hören, dass er ja eigentlich gar kein Problem mit sich hat und es mein Pech sei, wenn ich es habe, dass hat mich so wütend gemacht. Und so hoffnungslos. Wie soll sich etwas bewegen, wenn er immer wieder zu dieser Einstellung zurück kehrt (nachdem er immer wieder auch Phasen hat, wo er meint er kann nicht mehr und völlig zusammen klappt).
Jedenfalls habe ich ihm schon mehrfach gesagt, dass ich keine Garantie will, dass er ein anderer Mensch wird. Ich möchte nur einen Partner haben, der bereit ist, sich zumindest auf den Weg zu machen. Ich glaube ich kann dass nicht- ihm sagen: Ja klar, bleib wie du bist, ich will trotzdem eine gemeinsame Zukunft. Wäre dass nicht auch gewaltvoll zu mir selbst? Ich bin ein Mensch der so hart an sich arbeitet! Ich will keinen Partner, der nur aus Trotz den Stillstand für sich wählt. Oder doch? Ist es viellecht legetim, was er da von mir erwartet? Ich bin gerade einfach so unsicher.
24.09.2013 21:51 •
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