@Brausestäbchen
Vielleicht etwas zur Ergänzung, damit wir uns nicht falsch verstehen. Shedia ist schon eine sehr spezielle Forumsteilnehmerin, die unter den sehr alten Hasen wie mich hier verschiedene Gefühle hervorruft. Es ist immer wieder schade zu sehen, wie sehr ihr Unvermögen sich mal ohne direkte Abmeldung aus dem Forum zu ziehen, ihr dabei im Weg stand und Teilnehmenden wie Dir noch im Weg steht, ihre Geschichte mal in etwas gesammelter form zu lesen.
Bei mir löst sie meistens Mitgefühl aus, das ist aber nicht bei allen so und auch dafür gibt es schon Gründe. Die Eckpfeiler sind, Shedia ist vor über zehn Jahren mal so etwas wie eine Affäre eingegangen. Für den diesen Mann hat sich versucht ihren Mann zu verlassen, letztlich hat dieser sich aber für eine andere Dame entschieden. Shedia ist im Zuge dessen (gab hier und da ein paar Überschneidungen) auf Bitten ihres Manns zurück nach Hause gekehrt. Das hat leider natürlich nicht alle Probleme gelöst, sondern eher ein paar grundlegende Sachen sehr sichtbar gemacht. ein paar davon sind der Beziehung und der Persönlichkeit ihres Manns zuzuordnen, vieles aber findet eigentlich aber im ihrem Inneren statt. Sie war zwischenzeitlich auch in Therapie, es gab mögliche Klinikaufenthalte. In jedem Fall ist sie mit Depressionen diagnostiziert, wenn Du mich persönlich fragst, eine notwendige aber nicht hinreichende Diagnose. Emotionsregulierung, Impulskontrolle und fehlende Integration von Anteilen sind Sachen, die ihr immer wieder extrem schwer gefallen sind und auf mögliche andere Themen hinweisen.
Über die Jahre ist sie hier immer wieder mit einer Variante ihrer Geschichte auf- und dann doch recht schnell wieder abgetaucht.
zu Gute kann ich ihr halten, daß anders als Du vermutest, es doch Entwicklung gab und gibt. sie ist über die Jahre sanfter, emphatischer und sortierter geworden. Wobei dies nicht alle hier so sehen, was ich verstehen kann, denn gerade in den ersten Jahren ist Shedia nicht besonders zimperlich mit sich selbst und anderen umgegangen.
Was Du als ein Nicht-über-die-Sache-hinweg-kommen wahrnimmst, ist in meinen äugen etwas anderes. Esoterik liegt mir nicht besonders, aber ich glaube schon, daß jeder Mensch ein Lebensthema hat. Man kann das gerne nennen wie man möchte, aber insbesondere in Krisen werden sich die meisten Menschen darüber gewahr, daß sie ein solches haben.
Ihre kurze und eigentlich recht banale Affäre scheint bei ihrem Lebensthema einen Volltreffer gelandet zu haben und deswegen fällt es ihr, der es ohnehin schwer fällt mit dem Thema abzuschließen, weil da auch ihre Moral betroffen ist, fast unmöglich das Thema ruhen zu lassen.
Ich kann Dir hier nur meine Eindrücke schildern, was ich zudem auch tue, weil ich schon auch glaube, daß sie mit lesen wird, aber ich kann Dir nicht sagen, inwieweit ich da richtig liege.
Shedia scheint aufgewachsen zu sein in einem klassisch repressiven und wenig glücklichen Elternhaus. Der Vater war wohl ein Vollkoffer, der seine eigene Geltungsssucht nicht anders als mit fragwürdiger Aggression innerhalb der Familie ausleben konnte. Anzunehmen ist, daß die Mutter eigentlich die intelligentere von beiden war, aber anstatt die Kinder zu beschützen, diese gegeneinander ausgespielt hat und vor dem alten Herrn kuschte und ihn unzulässig überhöhte. So weit so klassisch.
Shedia ist smart und begabt, sie hat ein Ingenieursstudium oder -ausbildung abgeschlossen. Dies gegen den Willen des Vaters. Ich gehe davon aus, daß sie nicht nur aus diesem Elternhaus auszubrechen gesucht hat, sondern eine ihre Hauptmotivatoren eben auch war, euch (insbesondere dem Vater) zeige ich es.
Sich in einer Männerdomäne in den 70/80er in der Bonner Republik durchsetzen zu wollen, hätte zusätzlichen Rückhalts gebraucht. Den gab es weder von den Eltern noch ihrem Mann, der deutlich weniger Ungustl ist als der Vater, aber ein bissl eine Trantüte. Ihr Mann ist angeblich nie von der Familie akzeptiert worden, angeblich deshalb, weil es schon an der Stelle etwas unklar wird, was da Shedias Vorstellungen und Wünsche gewesen sind und mit welcher Brille sie regelmäßig auf das Geschehene schaut.
Es kamen die Kinder, eins davon war lange sehr krank, sie bleib daheim, wie man das so machte und man richtete es sich im Reihenhäuschen ein und häkelte den Horizont zu. So lange die Kinder klein waren, ließ sich in meinen Augen ganz gut mit der Situation leben. Ersten weil es einfach wahnsinnig viel zu tun gibt und zweitens, weil Shedia, als die Kinder klein waren, für eine gewisse Zeit gefunden hatte, wonach sie suchte.
Das Problem mit Kindern ist halt aber immer, die sind nur geborgt. Die Tage sind lang, die Jahre kurz und ratzfatz waren die größer und die Rastlosigkeit/Leere schlich sich wieder ein.
Der Vater erkrankte und verstarb und hinterließ Chaos und mögliche Erbstreitigkeiten.
Shedia suchte sich eine neue Aufgabe gegen den Willen ihres Manns und lernte dann auf ihrer Arbeitsstelle einen charmanten Witwer kennen, auf den sie sich dann, wie oben beschrieben irgendwie einließ.
Ausgegangen ist es dann, wie ich erzählt habe und inzwischen ist der Ehemann mit Parkinson diagnostiziert. Shedia ist damit letztlich wieder in die Rolle, der sich Kümmernden zurück gekehrt und jede Form von Wut und Trotz sich einen anderen Lebensweg zu suchen, bleiben erneut ungeliebt zurück.
Wenn ich Shedia lese, dann muß ich immer an die Tagebücher von Brigitte Reimann denken oder allgemein darüber ob ihr ein Leben in der DDR nicht besser gestanden hätte. Vielleicht empfinde ich das aber auch nur so, weil jedes einzelne Mal, wenn ich sie lese, bei mir das Gefühl aufkommt, daß es eigentlich um ein ungelebtes Leben geht.
Nicht allgemein, Kinder groß ziehen, eine Ehe zu leben, sich beruflich neu zu orientieren is no small feat at all, aber ich habe selten im Forum so sehr das Gefühl, daß da jemand ist, der so wahnsinnig mit eigentlich nicht sich, sondern dem gewählten Lebensweg ringt. Das wie ich empfinde Tragische, aber deswegen Lebensthema aus so Vorhersehbare ist, daß ihre wenigen Ausbrüche sie nur immer wieder in die gleiche Situation geführt haben.
Wenn du mich fragst, dann geht es überhaupt nicht darum, daß sie nicht über ihre Affäre hinweggekommen ist, was wie ich denke eben auch nicht stimmt, sondern daß sie sich an den Männern in ihrem Leben abarbeitet (und da ist der Herr Ehemann schon der netteste von allen, aber eben auch jetzt eher so naja), ohne zu sehen, daß es vielleicht überhaupt nicht um die Männer geht.
Sicher kann nicht aus jeder von uns eine Dönhoff werden oder eine Schwarzer, aber ich sehe so viel internalisierte Misogynie, wenn ich sie lese. Das aber in jedem Fall ist meine Wahrnehmung und damit teilweise auch meine Projektion, die kann stimmen, muß aber nicht.
Was aber in meinen Augen stimmt, es geht um ein Lebensthema. Ich würde mir für Shedia sehr wünschen, daß sie Wege findet, sich diesem doch mal zu nähern. Und sei es nur über die Frage, wer sie denn ist, ohne daß ein Mann sie bewertet.