Hallo Sabine und alle anderen,
es macht Mut zu hören, dass es nicht unbedingt Jahre dauert, bis man aus dieser tödlichen Schmerzsituation herauswachsen kann und stärker wird.
Es ist tatsächlich im Moment nicht so, dass ich mich damit abfinden kann und will, dass das schon alles mit ihr war.
Am Samstag hat Julia ihre letzten Sachen geholt. Und ich gutmütiger Trottel trag ihr noch ihren Computer rüber..
Zuletzt stand ich in unserem Wohnzimmer, schaute aus dem Fenster und mir liefen die Tränen. Irgendwann setzte sich Julia aufs Sofa und deutete mir an, ich solle mich neben sie setzen.
Dann sagten wir erstmal nichts, und nach ner Zeit begann ich dann, ihr zu erklären, dass mein Herz voller Liebe zu ihr sei, und das im Grunde ein schönes Gefühl ist. Und dass meine Liebe bedingungslos ist, keine Forderungen stellt, kein ich liebe Dich nur dann, wenn...
Ich sagte ihr auch, dass es mir nichts ausgemacht hätte, wenn sie auf Grund ihrer totalen Unzufriedenheit den Schritt in die radikale Distanz gegangen wäre, aber trotzdem zu mir emotional gestanden hätte.
Wenn Julia 10 Jahre in die Antarktis fahren würde und ich bei Telefonaten spüren würde, dass ihr Herz bei meinem ist, könnte ich das alles ohne Schmerz ertragen. Aber ein einziger Tag, an dem sie weg ist und mir sagt, dass ihr Herz nicht mehr für mich schlägt, ist dann viel viel schlimmer.
Sie sagte dann, dass ihre Gefühle ja vielleicht wieder zurückkommen.
Im Moment verquirlt sie reines Kopfdenken (was will ich? wie kann ich selbstständig werden?) mit emotionalen Dingen (liebe ich eigentlich noch genug?). Dabei hat das eine mit dem anderen doch nichts zu tun.
Dann ging sie. Und mit ihr wieder ein Stück gemeinsamer Zukunft.
Ich verstehe das alles nicht. Gerade jetzt nicht, wo wir auf einem guten Weg waren.
Erst beschwert sie sich die ersten Jahre unseres gemeinsamen Lebens darüber, dass sie sich mir zu sehr anpassen musste, jetzt beschwert sie sich, dass ich mich ihr ein Stück weit angepasst habe, bzw. auf ihre Vorstellungen vom Leben eingegangen bin. Was will diese Frau eigentlich?
Ich glaube, ihr Problem ist auch, erreichte Ziele nicht schätzen zu können. Als unwert abzustempeln. Ihre Ausbildung, ihre Leistungen, all das ist ja unwichtig. Eigentlich nichts wert.
Und das, was wir erreicht haben? Eine Partnerschaft voller Liebe und Zuneigung, auch nichts wert? Die Flinte ins Korn werfen, wenn es einmal nicht gut läuft? Nicht kämpfen, weil das, wofür man kämpfen müsste ja eigentlich wertlos ist?
Das ist alles sehr schade, undankbar und verantwortungslos.
Ich liebe sie für alles, was sie ist, alle Fehler und alle guten Seiten.
Was sagt sie dazu? Lass es ruhig raus, wenn es Dir hilft, dann erzähle es mir.. Zwischen diesen Worten höre ich dann: Erzähl mir, was du willst, ich höre bewusst nicht zu..
Sie soll Ruhe finden, feststellen, dass das echte Leben allein nicht so lustig ist, wie man es sich vielleicht vorstellt.
Sie weiss ja noch nicht mal, wie sie überhaupt finanziell alles in die Reihe bekommt. Weiterhin von den Eltern abhängig sein ist mit Sicherheit nicht der Weg zum Erwachsenwerden. Erwachsen wird man auch nicht, wenn man sich durch vermeintliche Freunde die Bestätigung für sein Tun abholt. Heute kauft sie sich ein Modem, um wieder ins Internet kommen zu können. Ich bin ja mal gespannt, ob sie die EC-Karte zückt und das Geld von unserem gemeinsamen Konto abgebucht wird.. Und wenn sie das Gerät dann hat, wird sie sagen wer kann denn bitte bitte der kleinen armen Julia helfen, wieder online zu sein..? - schöne neue Selbstständigkeit..
Ich bin traurig.