Nun wechsle ich die Forenecke und passe den aktuellen Ort des Schreibens meinem Gefühlsbad an.
Es ist nicht so, dass Liebeskummer und Trennungsschmerz schon vorbei sind, doch mein erster Beitrag hier erscheint mir doch schon so weit weg, dass ich etwas Neues anfangen möchte.
Das, was ich vor 13 Tagen schrieb, ist noch nicht Teil meiner Vergangenheit, aber es war der Anfang von dem, was mich hierher geführt hat. Vielleicht hätte ich mich schon früher hier blicken lassen sollen, weil es gerade in der ersten Zeit sehr hilfreich gewesen wäre, von Mitfühlenden aufgefangen zu werden.
Jeder in diesem Forum kann nachempfinden, was ich im ersten Moment gedacht und gefühlt habe. Jeder eilt herbei und reicht Neuankömmlingen eine helfende Hand. Das hätte ich gebraucht. Trotzdem bin ich irgendwie alleine durch diese erste Phase gekommen und manchmal frage ich mich jetzt, ob es überhaupt gut ist, so viel über Trennungen zu lesen und sich jeden Tag aufs Neue damit zu konfrontieren.
Es macht mich ein wenig traurig all diese Geschichten hier zu lesen und zu merken, dass so vielen genau dasselbe passiert ist. Manchmal werde ich dadurch an meine eigene Geschichte erinnert, sodass es sich wieder ziemlich schlimm anfühlt. Doch genau so sehr fühle ich den Trost, der in den guten Ratschlägen steckt und vor allem auch darin, wie ihr anderen mit der Situation umgeht und dass ihr einfach immer weiter kämpft - mit euch selbst und dem anderen -, bis es irgendwann verheilt.
Bei mir ist noch nichts oder zumindest nur sehr wenig verheilt. Der Schmerz von heute ist nicht mehr der Schmerz von vor ein paar Wochen, was ich als ausgesprochen positiv empfinde, aber es tut immer noch weh.
Ich weine zwar nicht mehr so viel und schaffe es meistens meinen Alltag zu bewältigen und auch mal aus vollem Herzen zu lachen, doch die Trauer ist noch da. Sie ist mein ständiger Begleiter geworden, hockt still in der Ecke, mal spürbar, mal weniger spürbar und wartet auf die Momente, in denen sie an der Oberfläche kratzen darf. Sie sitzt tief, vielleicht sogar tiefer als ich dachte oder mir eingestehen wollte.
Einerseits habe ich ein wenig Abstand gewonnen und versuche mich mit dem Geschehenen zu arrangieren. Ich denke nicht mehr Das kann nicht passiert sein! Morgen ist er wieder da und das alles war nur ein verwirrter Ausrutscher!, sondern Es ist passiert und ich muss es alleine schaffen. Doch wie gehe ich jetzt damit um?
Ich habe in den letzten Wochen viel über mich gelernt und viele Erkenntnisse gewonnen. Dazu gehört jedoch auch, dass ich noch lange nicht fertig bin. Ich bin stark und mutig, manchmal sogar sehr vernünftig, aber in mir drin ist etwas kaputt gegangen, was sich durch die jetzige Stärke noch nicht zusammenfügen lässt. Dazu braucht es noch mehr Kraft und noch mehr Zeit, sodass ich manchmal das Gefühl habe, beides nicht aufbringen zu können. Wo soll ich noch mehr hernehmen, wenn sowieso nur so wenig da ist?
Meine Trennung liegt nun genau 42 Tage zurück. Manchmal verrechne ich mich, weil mir die Zeit schon so unglaublich lang vorkommt, doch der Verstand sagt, dass es noch gar nicht so lang sei. Was sind schon ein paar Wochen gegen fünf Jahre?
Meine Zeitrechnung ist einfach eine andere als die der meisten Menschen. Ich rechne nicht in Wochentagen, sondern in Gefühlen.
Und im Moment fühlt es sich wieder sehr schwer an. Seit einer Woche hänge ich in einer Dauerschleife aus Traurigkeit fest. Während ich vorher recht zuversichtlich war und glaubte, das Richtige zu tun, bin ich nun wieder etwas verunsichert. Ich erinnere mich jetzt oft an die gute Zeit und die vielen kleinen Besonderheiten unserer Beziehung. Diese Erinnerungen lassen mich auf leise Art sehr traurig werden.
Ich fühle mich, als sei ich vor dem Traualtar stehen gelassen worden. So als hätten wir die Hochzeit eifrig geplant und voller Vorfreude darauf gewartet, doch nach dem Moment, in dem ich bereits ja gesagt habe, und er nun damit an der Reihe wäre, sagt er: Nein. Ich mach das nicht und hab jetzt eine Andere. Komm klar damit. Tschüss!
Und dann geht er aus der Kirche und ich stehe mit allem alleine da.
Es ist nicht so, dass eine Heirat bei uns konkret gewesen wäre (wenn auch andeutungsweise in der Luft schwebend), aber dieses Gefühl des Stehengelassenwerdens ist ein ähnliches.
Zudem fällt es mir so unglaublich schwer loszulassen, weil er sich nie gänzlich von mir abgewandt hat.
Hätte er gesagt, dass er keine Gefühle mehr für mich hat und zumindest nur freundschaftliche, dann wäre das schlimm gewesen, doch ich käme besser damit klar, weil ich weiß, dass man Gefühle nicht heraufbeschwören kann wie man gerade möchte.
Er jedoch sagte mir all das, was man zu jemandem sagt, mit dem man eigentlich zusammensein möchte. Er fühlt alles für mich, weiß gar nicht, ob er mit der anderen überhaupt zusammensein kann, er vermisst viel und wird es weiterhin tun, er hat Angst, dass ich weg bin, er würde so gerne die Erinnerung aus meinem Kopf löschen... aber er tut nichts. Bleibt bei ihr, fängt (scheinbar) neu an.
Das erscheint mir so falsch und ungerecht. Warum versucht er es mit ihr anstatt mit mir? Warum weint er, weil er alles kaputt gemacht hat, versucht aber nichts zu retten? Warum tut er all das trotz seiner Gefühle? Ich weiß, dass das alles nur Lügen gewesen sein können, aber in jeder seiner Lügen steckt auch ein kleiner Funken Wahrheit. Ich rede mir nichts schön, aber ich kenne ihn seit über zehn Jahren und auch, wenn ich mit vielem nicht gerechnet habe, so weiß ich doch, wann er einfach nur nett sein möchte und wann er wirklich zugibt, was in ihm vorgeht.
Dass er mit ihr weitermacht, ist ja eigentlich Zeichen genug dafür, dass er bei uns nicht weitermachen will (hallo Verstand!), doch das Ausbleiben einer klaren Ansage lässt mich zögern (hallo Herz!). Sollte ich kämpfen, obwohl ein zweiter Versuch wegen des Vertrauensbruchs wahrscheinlich eh keine Chance mehr hätte? Sollte ich mich bei ihm ins Gedächtnis rufen, damit er alles noch mal überdenkt und zu seinen Gefühlen steht?
Diese Fragen sind solch ein großer Unsinn! Das weiß mein Verstand sehr wohl. Aber mein Herz hängt noch daran, dass er solche Sachen so überzeugend gesagt hat und ich weiß so langsam nicht mehr, was ich noch tun kann, damit es loslässt.
Ich habe viel gemacht. Ich habe zunächst alle Gegenstände aus meinem Blickfeld verbannt. Ich habe mit ihm persönlich gesprochen, um mich ordentlich zu verabschieden. Ich habe jedes schmerzliche Gefühl intensiv erlebt. Ich habe Telefonnummern und E-Mail-Adressen gelöscht. Ich habe den Kontakt abgebrochen, mich gezwungen (fast) jeden Morgen aufzustehen und bin offen auf andere Menschen zugegangen. Ich habe einige schöne Momente mitgenommen und mich bei verschiedenen Leuten leer geredet. Ich habe mich hängen lassen, aber auch wieder zusammengerissen.
Ich habe ihn sogar gebeten, endlich frei heraus zu sagen, dass er mich gar nicht mehr liebt, sondern viel lieber mit ihr zusammen ist, weil es mit ihr sehr schön ist. Ich würde mir eine Bestätigung dessen fast schon wünschen, weil es irgendwie erleichternd wäre, zu wissen, dass ich gar keine Chance und keinen Platz mehr in seinem Herzen habe. Allerdings kommt von ihm nichts Klares. Noch nicht?
Doch das, was trotz der vielen kleinen Vorwärtsschritte immer noch da, also in mir ist, spüre ich in den letzten sieben Tagen in aller Deutlichkeit und schlimmer als die Traurigkeit wiegt nun das Gefühl, einfach nichts mehr tun zu können, außer zu warten.
Was macht man in dieser Treibsand-Phase?
Ich bin sogar schon so verrückt, dass ich am liebsten ihn fragen würde, wie er es geschafft hat, seine Gefühle einfach so beseite zu schieben, damit ich mir daran an Beispiel nehmen kann. (Hallo Vogel!) Das mache ich natürlich nicht! Aber solche Gedanken zeigen mir, wie quer und verzweifelt ich doch irgendwie auch bin.
Ich höre überall nur Durchhalten!, predige es ja auch selbst, doch irgendwie kann einem keiner beantworten, WIE man eigentlich durchhält. Das ist antrengend! Es ist anstrengend, etwas tun zu müssen, ohne etwas tun zu können. Und es macht mich müde. Einfach nur unsagbar müde. Besonders an Tagen wie heute.
30.06.2012 16:58 •
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