Ich glaube, euch Mitleser werden die folgenden Ausführungen nicht so sehr interessieren, doch ich brauche sie für mich, um ein wenig zu reflektieren und mir meine Gedanken von der Seele zu schreiben, weswegen ich das hier tue.
Im Moment schlage ich mich tapfer. Ich halte alles aus, versuche Anschluss zu knüpfen, verlasse auch mal meinen platt getrampelten Pfad und gebe mir Mühe, mich in mein Umfeld zu integrieren.
Während der Beziehung habe ich das vernachlässigt. Ich war sehr auf mich, uns und meine Arbeit konzentriert. Drumrum gab es nicht viel. Ich bin zwar immer mit allen gut klar gekommen, aber ich hatte kein Interesse daran, engere Kontakte zu knüpfen - teils, weil ich durch die vielen beruflichen Aufgaben echt kaputt war, teils aber auch, weil ich bequem geworden bin.
Es war mir genug, eine schöne Beziehung, einen Job und ein eigenes kleines Zuhause zu haben. Aber auch das ist eine Form des Einigelns und ich beginne zu verstehen, warum ihn das gestört hat. Wobei es ihn nicht wirklich gestört hat, er konnte es nur nicht ganz verstehen.
Ich kenne den Grund für mein Einigeln. Meine wichtigsten Freundschaften sind vor einiger Zeit aus verschiedenen Gründen zerbrochen. Meistens war Unehrlichkeit auf der anderen Seite im Spiel, manchmal auch Vernachlässigung meinerseits.
Er und ich hatten immer sehr wenig Zeit füreinander, weswegen ich mich sehr auf die wenige Zeit, die wir hatten, konzentriert habe. Eben weil es so wenig davon gab, wurde sie mir wichtiger als alles andere.
Wir mussten einander immer teilen - mit unseren Jobs, unseren Familien und der Müdigkeit durch all das. Deswegen wollte ich nicht auch noch teilen, wenn wir Zeit zu zweit hatten. Ich wollte diese Momente voll auskosten und war glücklich, sie für uns ganz allein zu haben. Das ist nachvollziehbar, doch es war auch ein Fehler.
Ich habe mir einen Kosmos geschaffen, der mir überaus wertvoll, aber eben auch sehr klein war.
Ich bin der Meinung, dass jeder auf seine Art glücklich werden soll und ich war auf diese Art auch sehr zufrieden, doch ich glaube, ich habe in der letzten Zeit angefangen, vieles als selbstverständlich hinzunehmen und weil ich nie damit gerechnet hätte, so bald ganz alleine dazustehen, habe ich nun natürlich einen großen Berg vor mir. Vorher lief es einfach und jetzt muss ich mich anstrengen, damit überhaupt irgendwas läuft oder in Gang kommt.
Ich habe kaum Freundschaften. Ich gehe kaum weg, was auch daran liegt, dass ich nun in einer Stadt lebe, die mir noch recht fremd ist. Ich kenne zwar einige Leute, habe viele neu kennengelernt und unterhalte mich auch gerne mit ihnen, aber ich hatte nie die Lust, mich dauernd und regelmäßig mit ihnen zu treffen. Mal zusammen einen Kaffee trinken, mal frühstücken gehen, mal zusammen zu Mittag essen - ja. Aber ich war und bin doch sehr zurückgezogen und distanziert.
Ich will das nicht verteufeln. So bin ich im Wesentlichen einfach. Ich hatte schon immer nur wenige, aber dafür richtig gute Freunde. Und ich war schon immer ein Einzelgänger und ruhiger Mensch. Das hat nichts mit der Beziehung zu tun, denn ich habe mich nicht an ihn geklammert, auch wenn es sich so liest.
Ich bin ein Mensch, der in Beziehungen und Freundschaften sehr gut Zeit alleine verbringen kann und kein Problem damit hat, dem anderen seine Freiheiten zu lassen. Es war okay, wenn wir uns mal ein Wochenende gar nicht gesehen haben und ich hatte nie was dagegen, wenn er bis morgens um 5 um die Häuser zieht. Andersrum genauso.
Aber dadurch, dass die Beziehung mein einziger Bezugspunkt wurde und der Rest nur so nebenher lief, ist es nun natürlich schwierig.
Ich finde es unglaublich anstrengend, andere Leute kennenzulernen oder diesen dämlichen Small Talk zu machen. Nur leider schafft man es nur so, jemand anderem ein wenig näher zu kommen. Doch selbst wenn man das tut, so sind doch nur wenige Glücksgriffe dabei - also jene Menschen, bei denen man sagt: Wow, mit der/dem kann ich mich richtig gut unterhalten und auch ein bisschen mehr in die Tiefe/ins Private gehen! Wie schön!
Wie auch immer, ich beginne anderen Menschen von mir zu erzählen. Ich rede mit Arbeitskollegen darüber, was mir passiert ist. Das hätte ich mir vor einem Monat nicht vorstellen können, weil ich mit niemandem darüber reden wollte, den ich kaum kenne. Doch jetzt tue ich es einfach. Ich bin offen, gebe etwas von mir preis und bekomme dafür sogar etwas zurück. Mal ist es ein Angebot, mir bei diesem oder jenem Problem im Alltag zu helfen. Seltener ist es eine Einladung. Mal sind es auch einfach bloß Fragen.
Heute wurde ich gefragt, ob ich denn wirklich wieder mit ihm zusammensein wollte oder könnte?
Ich habe wahrheitsgemäß geantwortet, dass ich es schon gerne würde und wahrscheinlich im Moment nicht nein sagen könnte, wenn er zu mir kommen würde. Trotz dieser Aktion liebe ich ihn noch und ich würde versuchen wollen, dass es wieder gut zwischen uns wird.
Doch ich habe auch Sätze gesagt, die einfach so aus mir raus sprudelten und in mir selbst hängen geblieben sind:
Vielleicht denke ich nur jetzt voller Sehnsucht an ihn, weil ich so vieles vermisse und alleine bin. Und auch weil es für mich endete, als ich alles als sehr schön und gut empfand.
Doch vielleicht möchte ich überhaupt nicht mehr mit ihm zusammensein, wenn er wirklich vor mir steht und wir es dann noch mal probieren. Vielleicht sind die Gefühle dann auch schon so kaputt, dass ich es gar nicht mehr kann und nur jetzt glaube, es noch zu können, weil es jetzt nicht so ist und auch kaum Hoffnung besteht, dass es so kommen wird.
Ich bin wahrscheinlich in genau dasselbe Muster gefallen, wie so viele andere, die verlassen wurden: Ich klammere mich an das Schöne, blende das Schlechte vollkommen aus und vergesse dabei die Realität.
Realistisch betrachtet:
Mit welchen Augen würde ich ihn sehen, wenn er jetzt tatsächlich vor mir stände, um mir zu sagen, dass er mich liebt und doch mit mir zusammensein möchte?
Ich versuche es mir vorzustellen und fange dabei folgende Emotionen ein:
Ich würde mich zunächst freuen und Herzklopfen bekommen. Ich würde mich darin bestätigt fühlen, dass wir etwas Besonderes hatten und er einfach einen großen Fehler gemacht hat. Ich wäre im ersten Moment sehr glücklich.
Ich würde ihn herein bitten und wir würden reden - vielleicht an einem lauen Sommerabend auf dem Balkon mit einem kühlen B..
Das alles wäre gut. Es würde sich alles richtig anfühlen.
Doch ich muss weiterdenken.
Er möchte mich berühren, mich vielleicht küssen. Ich würde mich darauf einlassen, weil ich seine Berührungen so sehr mag, aber ich würde innerlich auch zurückschrecken. Weil er mir sehr weh getan hat und das bedeutet, dass ich davor zurückschrecke, dass er mir zu nahe kommt, denn Nähe bedeutet wiederum Verletzlichkeit. Ich kann mich nicht vorbehaltlos jemandem öffnen, der mir schon mal ein Messer ins Herz gestoßen hat, denn diese Erfahrung hat Angst in mein Herz gebracht. Es will so gerne, aber es zögert wie jemand, der zu oft geschlagen wurde und sich duckt, sobald der andere auch nur die Hand hebt.
Würde er mit mir schlafen wollen, könnte ich mich nicht fallen lassen. Vielleicht würde mir seine Berührung gefallen, doch meine Gefühle wären blockiert, weil er all das mit ihr gemacht hat und ihre Spuren an sich trägt.
Würde er nach Hause fahren, würde ich mich fragen, ob er sich trotzdem mit ihr trifft, ohne es mir zu sagen. Wären wir ein Wochenende getrennt, was vorher gar kein Problem war, würde ich ich heute dasitzen und innerlich verrückt werden, weil ich mir nicht sicher bin, ob er mein Vertrauen genießen darf oder es ausnutzt.
Würde ich ihn fragen, wie es ihm geht und er sagt es mir, so würde ich zweifeln, ob es wirklich das ist, was in ihm vorgeht, weil er vorher wochenlang nicht mit mir darüber geredet hat.
Ich würde unter dem Druck stehen, ihm besonders aufmerksam zuhören zu wollen, damit er sich von mir verstanden fühlt. Ich würde glauben, dass wir besonders viel unternehmen müssten, damit die Beziehung lebendig bleibt.
Ich würde aber auch ihn indirekt unter Druck setzen, dass er mir ständig seine Liebe beweist. Er müsste auch aufmerksamer sein, müsste zeigen, dass er für uns kämpft und wäre meinen stillen Zweifeln zunächst ständig ausgesetzt. Ich würde mehr Fragen stellen als vorher und mehr Bestätigung brauchen.
Und ich würde mich fragen: Wann kommt zum zweiten Mal der Knall?
All diese Probleme zeigen mir, dass etwas in mir wirklich zerbrochen ist. Das bedingungslose Vertrauen ist weg. Die Liebe ohne Zweifel ist weg. So blöd sich das auch anhört, aber unsere Beziehung hat ihre Unschuld verloren.
Stattdessen hege ich Misstrauen. Ich liebe mit Skepsis. Ich wundere mich über den Mann, der er durch die Trennung geworden ist.
Und offen gestanden, halte ich ihn im Moment für ein A...l..., weil er noch nicht mal mehr mit mir redet, sondern sich in Schweigen hüllt.
Es ist, als redete ich mit einer Wand, als würde es ihn gar nicht geben, als hätte es uns nie gegeben.
Vielleicht müsste ich ihm für sein Schweigen sogar dankbar sein. Aber ich bin es nicht. Weil es noch mehr kaputt macht, weil es noch mehr Spekulationen in mir auslöst und weil es mich noch mehr daran zweifeln lässt, dass wir uns einmal wirklich geliebt haben. Es vermittelt mir das Gefühl noch einsamer zu sein.
Sein Schweigen macht mich nicht richtig traurig. Eigentlich gleicht das Gefühl eher Wut und Enttäuschung. Doch gerade letzteres kann auch unglaublich bitter schmecken.
Ich bin heute nicht müde. Ich denke nach und dieses Nachdenken empfinde ich zwar als sehr anstrengend und es fühlt sich auch nicht wirklich gut an, aber es scheint mir einen Sinn zu haben. Und das ist im Grunde gar nicht schlecht.
03.07.2012 17:21 •
x 3 #25