Guten Morgen Aida,
du vermittelst hier den Eindruck, dass du vor der Wahl (oder Entscheidung) stehst, dich von ihm zu trennen oder nicht. Ist das denn tatsächlich so? Sind da vor die zwei Wege die du einfach auswählen oder gehen könntest? Oder ist es nicht vielmehr so, dass der Weg in die Trennung, das Alleinsein mit allen Konsequenzen, völlig dunkel Ungewisse und angstmachend ist? Und gilt das nicht sogar auch für den Fall, dass ihr euch nicht trennt? Auch da nur Dunkelheit und Ungewissheit?
Wenn man also in deiner Situation ist und die Ehe und Beziehung ganz offensichtlich in einer schweren Krise ist, dann sollte man auch beide Wege, die vor einem liegen, sehr gründlich beleuchten, durchplanen und sich ganz konkret damit beschäftigen, was es bedeutet, einen dieser beiden Wege zu gehen.
Der Weg in die Fortsetzung deiner Ehe wird natürlich nicht nur von dir bestimmt, sondern dein Mann müsste ihn mitgehen und das von ganzem Herzen WOLLEN. Davon ist er weit entfernt, aber auch er hat ja im Falle einer Trennung nach einer so langen Ehe einen undurchschaubaren Dschungel an Unsicherheiten und finanziellen Katastrophen vor sich, Ob die jüngere Nachbarin das wert ist und ob die den überhaupt mit ihm gehen will (ist sie Single?) ist offensichtlich nicht geklärt. Denn dann wäre er schon weg.
Die beiden haben (ob mit oder ohne 6) eine lange gemeinsame Zeit hinter sich, in der sie endlose Gespräche über Möglichkeiten geführt haben. Diese Zeit ist so lang, dass sie die Hormonphase längst hinter sich haben und es scheint nicht sicher, ob die Gefühle, die sie füreinander entwickelt haben, nach dieser Phase noch ausreichen, um auf den Trümmern einer 34jährigen Ehe eine neue und reizvolle Liebesbeziehung aufzubauen. Wäre es so, dann wäre er weg.
Also sucht auch dein Mann noch. Und durch die Tatsache, dass du noch bei ihm bist, kann er das auch noch eine Weile so weiter machen. Alles, was die Geliebte betrifft, behält er für sich führt ein künstliches und an der Oberfläche gehaltenes Leben mit dir, in dem er selber nur noch eine Statistenrolle spielt.
Wenn er sich also nicht entscheiden kann, wirst du es müssen. Und dafür müsstest du jetzt die oben angesprochenen Wege ganz klar vorbereiten. Dazu gehört ein gedankliches Wagnis: Du musst alles, was dir ein Leben nach der Scheidung bringen könnte, gedanklich durchspielen, und zwar weit über jede Schmerzgrenze hinaus.
Wo würdest du leben?
Was müsste an Immobilen verkauft werden, welche Vermögenswerte würde wie geteilt?
Wieviel Geld stünde dir an Unterhaltsansprüchen zu, wieviel könntest du selber verdienen?
Wie hoch sind deine Rentenansprüche aus dem Versorgungsausgleich an ihn, wie lange hast du also wegen Kinder oder Elternversorgung nicht gearbeitet? Würden die jeweiligen Renten überhaupt noch für die Existenz reichen?
Wie würden Kinder und Familien damit umgehen, welche Freunde würden bei dir bleiben, welche bei ihm? Wie wäre dein gesellschaftliches Leben also nach der Scheidung?
Würdest du den Wohnort und ggf. auch den Arbeitgeber wechseln? Diese Fragen und andere mehr müssen tatsächlich akribisch durchgespielt werden, auch über den Punkt hinaus, an dem es richtig weh tut. Und natürlich gilt das auch für den Fall, dass ihr einen Neuanfang starten solltet, was ja nur geht, wenn BEIDE das wollen.
Du kannst ihm also sagen, dass eine Scheidung nur dann verhindert werden kann wenn er:
...sich klar für dich entscheidet, und zwar nur für dich
mit dir eine ausführliche Paartherapie zu machen bereit ist, in der alles zur Sprache kommt, was in eurem zukünftigen Leben anders sein wird als im bisherigen,
sich klar darüber wird, dass eure Beziehung sich nicht mehr fortsetzen lässt, sondern sie neu angefangen werden muss, unter anderen Vorzeichen, bestenfalls sogar mit einem Wohnortwechsel und gemeinsamen Projekten, die ihr als WIR anpackt.Und vieles mehr. Was nicht dazu gehören muss ist, dass er alles offenlegen muss, was mit der Nachbarin war. Da kannst du ihn entlasten. Denn wenn du darauf bestehen solltest, wird das eine neue Last für euch und die Dame wird plötzlich wieder riesengroß und wichtig, obwohl sie vermutlich gar nicht mehr eine so große Rolle für ihn spielt. Wenn doch, dann muss er natürlich gehen.
Du siehst also, dass es nicht einfach so weiter gehen kann wie jetzt. Auch nicht, wenn ihr euch nicht trennt. Beides sind ziemlich umfangreiche Aktionen, die euer Leben verändern. So wie es bisher war, bleibt es nicht. Und das ist ja auch gut so. Es wird also entweder ein Lebensabend mit völlig neuen perspektivem MITEINANDER, oder es werden zwei neue Lebenswege als Alleinstehende (bestenfalls mit jeweils einem neuen Partner/in).
Bevor du das also entscheiden kannst, stehen etliche Szenarien an, die juristische Beratung gehört auf jeden Fall dazu, mach das gründlich und mach dir reichlich Notizen, wenn du mit dem Anwalt sprichst, frag ihn Löcher in den Bauch und lass dich nicht auf vage Aussagen ein. Du rauchst so viel Klarheit wie möglich, wenn du die richtige Entscheidung treffen willst.
Alles Gute dafür.