Liebe Elke,
ich liebe ihn noch ist etwas, was viele von uns hier verbindet. Viele von uns lieben noch jemanden. Trotzdem müssen wir irgendwann erkennen, womit wir und wirklich gut tun und womit wir uns schaden.
Ich finde es toll, dass Du es schaffst, aus dem Haus zu gehen, wenn Dein Mann das Feld räumt, und dass Du Dich währenddessen dazu zwingst, etwas für Dich zu tun. Das erfordert bestimmt viel Kraft.
Lass Deinen Mann jetzt sein Ding machen. Dazu gehört auch, dass er seine Fehler macht. Es ist nicht mehr Deine Aufgabe für ihn mit oder für ihn voraus zu denken.
Dein Mann nimmt sich von allen Beteiligten das Beste und das ist keinem Beteiligten gegenüber fair. Selbst falls er das gut meinen sollte, kann er diesen Spagat nicht ewig vollziehen. Ich kann zwar nachvollziehen, dass man sich als Bis.ueller bei Frauen und Männern unterschiedliche Bedürfnisse erfüllen kann. Aber eine Bis.ualität setzt doch deswegen nicht die Regeln außer Kraft, die gemeinhin für Treue und Fairness gelten.
Ich weiß, dass es jetzt für Dich unvorstellbar ist, aber irgendwann wird es wunderschoön sein, mit einem neuen Menschen gemeinsam auf Entdeckungsreise rund um Euch selbst zu gehen. Um dorthin zu kommen, brauchst Du Abstand von Deinem Mann. Ich weiß, das willst Du jetzt gar nicht, aber so schmerzhaft es ist, Du solltest Dir bewusst machen, dass er möglicherweise lediglich aus schlechtem Gewissen so fürsorglich und auch intim ist. Außerdem wird er Sorgen und vielleicht auch Angst haben, dass das andere nicht funktioniert und so hält er Dich warm. Du lässt ihm ja jederzeit die Tür offen.
Dein Mann macht es sich auch relativ einfach, wenn er sagt, er er könne jetzt wieder aufrichtig zärtlich zu Dir sein. Ja, natürlich kann er das, aber er verlagert die Entscheidung, ob das passiert auf Dich. Ihm ist klar, dass Du in Deiner Verwweiflung nicht nein sagen wirst und kann sich innerlich entspannt auf die Position zurückziehen, dass Du es aber hättest tun können, wenn Du es gewollt hättest. Falls Du doch nein sagen würdest, kann er sich nicht vorwerfen lassen, er hätte nicht nett sein wollen. Wenn Du es nicht kannst und wenn ihm wirklich so viel daran läge, dass es Dir gut geht, wäre es seine Aufgabe, die Trennung von Tisch und Bett konsequent zu vollziehen. Das wäre fair.
Übrigens gehen viele ehemalige Paare aus sentimentalen Gründen nach der Trennung noch einmal oder mehrmals miteinander ins Bett.
Ich würde Dir ja sogar abnehmen, dass Du Dir eine offene Beziehung vorstellen kannst, wenn Du selber nicht daran interessiert wärst, monogam zu sein, aber so wäre das einfach ein fauler Kompromiss zu Deinen Lasten und vielleicht auch zu Lasten seines neuen Partners.
Du bist ein kluge und sensible Frau. Dir wird es gelingen über die Zeit, Dein Leben auch ohne ihn reich und schön zu gestalten.
Fürs Erste hoffe ich, dass Du den ersten Abend allein so wenig schlecht wie möglich herum bekommst und dann hoffe ich, dass Du Dir selber nicht mehr allzu viel Schmerzen zufügen musst, bis Du in der Lage bist, konsequenter in der Grenzziehung zu sein.
Ich schicke Dir eine Umarmung durch die Nacht!