So, ich habe beschlossen, aus meinem Beitrag ein Tagebuch zu machen. Vielleicht hilft es ja dem/der Einen oder dem/der Anderen:
Der Text hier kam im Forum schon mal in leicht anderer Form als Antwort auf einen Beitrag über Glücklichsein vor:
Ich war nach der für mich vollkommen überraschenden und ohne Antworten vollzogenen Trennung von meiner Freundin echt übel drauf, ich nahm einen Extremkurzurlaub und verzog mich in die Normandie. Da wollte ich schon seit Jahren hin, immer wurde geschoben und geschoben. Das Unternehmen war spontan und vollkommen wahnsinnig, wenn man normale Maßstäbe ansetzt:
- ich spreche kein Wort Französisch
- das Hotel war in keinem Navi zu finden!
- ich war allein
- die Anreise waren 1200 km.
Und ich war sehr unglücklich. Ich stand an den Mauern des Mont Saint Michel, dem Kloster, wo ich schon seit vielen Jahren mal einen Besuch abstatten wollte, und heulte. Ich war ja so ein armer Tropf: Ich war einsam. Ich war allein. Ich war unglücklich. Das Wetter war schlecht... Ich dachte mir, bei meinem ganzen Unglück könnte ich mich die Mauern hinunterstürzen und würde unten mit lauter gebrochenen Knochen lebend liegenbleiben... Ich armer Mensch.
Und dann ging ich in mich, unterstützt von einem Buch, daß mir ein lieber Mensch (meine Ex-Frau!) geschenkt hatte. Du merkst schon: Ich war gar nicht allein. Ich war allein in Frankreich, weil ich die Entscheidung so getroffen hatte um mit mir ins Reine zu kommen. Von meiner Kummerliste mußte ich also allein schon mal streichen, denn das machte ich mir ja gerade vor. Gut, dachte ich mir, es gibt ja noch weitere Gründe: Das Wetter ist schlecht! Stimmt. Das Wetter war in dem Moment schlecht. Just, als ich mir dachte, das ist ein toller Grund, unglücklich zu sein, riß die Wolkendecke auf und es strahlte die Sonne. Verdammt. Wieder ein Grund weniger.
Aber mir fehlte ja immer noch meine Freundin. Freunde sind toll, aber keine Partnerinnen. Ja, das war ein toller Grund! Und ich stellte mir vor, wie es wäre, wenn Sie bei mir wäre. Und ich bemerkte, daß es schöner wäre. Ein bisschen schöner. Keinesfalls so schön, daß es ohne Sie nicht schön war. Mit Ihr wäre das, was ich erlebte superPLUS. So war es nur super. Ohne Sie wäre es aber keinesfalls superMINUS. Hm. Also kein echter Grund um unglücklich zu sein. Ich beschloß also, nicht mehr unglücklich zu sein, weil es keinen Grund gab. Ich beschloß, ich bin nur traurig, weil Sie nicht mehr mein Leben teilt. Aber Trauer muß ja nicht gleich unglücklich sein.
Ich stand also auf der Mauer des Mont Saint Michel und war glücklich. Nicht glücklichPLUS, denn dazu fehlte mir meine Partnerin, mit der ich meine Erlebnisse gern geteilt hätte. Aber glücklich. Und plötzlich merkte ich, wie glücklich ich mit mir sein kann. Meine Probleme waren deshalb nicht weg, ich habe ja immer noch meine Partnerin verloren. Aber sie wurden kleiner. Mein Glück wurde größer. Ich war die Ganze Zeit glücklich und habe es nicht mehr bemerkt. Ich merkte auch, daß ich auch mit einer anderen Frau auf dieser Mauer hätte GlückPLUS erleben können.
All das geschah nicht an einem Tag. Ich fuhr am Mittwoch total unglücklich weg und kam am Dienstag zurück. Glücklich. Immer noch traurig, meine Freundin verloren zu haben und nicht glücklichPLUS, aber glücklich. Mit mir. Weil ich kann mich nicht von mir selber trennen.
Ich habe festgestellt:
- Meine Exfrau, die allen Grund gehabt hätte, mich auszulachen und Ätsch zu rufen, stand mir toll zur Seite! Sie hat mich aus dem Tief geholt mit dem Buch.
- Ich habe viele Freunde. Ich habe allen eine Karte geschrieben und das waren 15 Stück!
- Die Woche war genial
- Ich kann jetzt grundlegende Brocken Französisch (ja, auch die Sprache! )
- Ich kann 1200 km am Stück fahren. Vor ein paar Jahren war ich krank, da konnte ich noch nicht mal in die nächst größere Stadt fahren!
- Es ist gut, das das Hotel nicht im Navi war. Ich kann immer noch von Hand navigieren! zwinkern
Glück ist ein Gefühl, daß wir in uns selbst erzeugen. Unglück auch. Das löst keine Probleme, aber es ändert die Sichtweise enorm.
Manfredus
26.02.2014 06:59 •
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