@prisma
Zitat:Ich muss nun ein paar Gedanken loswerden. Vor ein paar Tagen habe ich einige Threads zum Thema Narzissmus durchstöbert und war äußerst erschrocken darüber, wie dort geschrieben wird.
Liebe Prisma, ich kann verstehen, dass Du aus Deiner Sicht so erschrocken, gekränkt, wütend darüber bist, wenn Du z.B. in dem anderen großen Narz-Thread liest.
Ich denke, dass Du Dich mit Deiner Empörung v.a. auf Menschen beziehst, die ziemlich am Anfang der Verarbeitung stehen, sprich selbst damit kämpfen und daran verzweifelt arbeiten, sich selbst mit ihrem Selbst irgendwie alleine auszuhalten, ihre Grenzen zu errichten, ihren verletzen Selbstwert zu regulieren, um ihr Leben weiter leben zu können.
Ich kenne diesen Zustand noch ganz genau und auch, wie er sich von meinem heutigen mittlerweile Gott sei Dank unterscheidet. Damals - vor noch vielleicht 15 - 20 Jahren - habe ich mich diesen Verunsicherungen, Verwirrungen, Verdrehungen, von denen Du ja selbst geschrieben hast, die Du herstellen musst, um die Nähe wieder zu unterbinden, hilflos ausgeliefert gesehen. Damit meine ich - ich habe zu 100 Prozent an mir begonnen zu zweifeln, weil ich so geprägt worden bin und war gegen diese
eigene innere Stimme, die mir immer wieder sagte, ich hätte jetzt wirklich irgendetwas falsch gemacht, müsste mich eben nur noch mehr anstrengen, damit der Andere zurückkommt oder sich mir wieder zuwendet oder wieder zufrieden mit mir ist oder oder etc. ziemlich machtlos.
Ich schreibe das jetzt nur, um zu erklären, dass es ein erster wichtiger Schritt bei der Verarbeitung solch einer Beziehungserfahrung mit einem grandios narz. strukturierten Menschen ist, zu verstehen, was auch das Gegenüber macht, nämlich den Anderen mit aller Macht regelmäßig auf Abstand
zu pieken und zwar nicht mit Worten, die den Anderen erreichen könnten, in dem man von seinem eigenen Innenleben berichtet und erklärt, was gerade der Grund und die innere Not bzw. Notwendigkeit ist, weshalb es wichtig ist, dass etwas Distanz in den Kontakt kommt. sondern mit Strategien, die den anderen (ver)zweifelnd und völlig verstört zurücklassen. Wenn das irgendwann klar wird, bewirkt das eine erste Erleichterung, nicht alleine daran Schuld zu sein, dass die Beziehung gescheitert ist.
In dieser Zeit passiert oft etwas, was ich jetzt auch gut aus Deiner Sicht verstehen kann, dass die Betroffenen irgendwie erst einmal stehen bleiben und anders herum, den grandiosen Narzissten für alles verantwortlich machen.
Das sehe ich ähnlich. Das ist so lange der Fall bis der eigene Anteil wirklich gesehen, gefühlt und bearbeitet werden kann. Und ich muss aus eigener Erfahrung sagen, das ist auch ein sehr schmerzlicher (wenn auch sehr wichtiger) Prozess. Und bis dahin findet manchmal auch wirklich eine Dämonisierung statt, dass man das Gefühl bekommen könnte, man hat es Monstern und nicht mit ebenfalls sehr verletzten Menschen zu tun. Das verstehe ich. Und das tut mir auch leid, wenn Du so etwas liest. Weil gerade Deine Ehrlichkeit mir hier sehr sehr gut getan hat und tut.
Mir ist noch etwas eingefallen, was bei aller Ähnlichkeit der narzisstischer Verletzung zwischen grand. Narzisst und Komplementärnarz bzw. abhängiger Persönlichkeit dennoch sehr unterschiedlich und von Bedeutung ist: Gretchen sprach das auch aus fachlicher Sicht schon einmal an. Der Komplementärnarzisst hat i.d.R. wenigsten in den ersten 1,5 Lebensjahren etwas mehr Grundvertrauen in seinen prägenden Beziehungen verinnerlichen können. Dies ist deshalb so wichtig zu erwähnen, weil es erklärt, warum sich diese Menschen auch z.B. einer Therapie oder einer anderen positiven korrigierenden Beziehungserfahrung gegenüber etwas leichter öffnen können und damit auch die Chance haben sich so etwas aus diesem Dilmma herauszuarbeiten/-entwickeln. Menschen, die so ähnlich geprägt sind wie Du, prisma, verbinden scheinbar wirklich mit Nähe überbordende Todesangst, mit der sie sich
niemals freiwillig konfrontieren wollen, was ja auch verständlich ist. Wer will das schon freiwillig spüren?
Die Verletzung des grandiosen Narzissten findet noch deutlich früher in der psychischen Entwicklung statt. Ein gewisses Urvertrauen konnte bis dahin noch nicht verinnerlicht werden. Eine nahe Beziehungserfahrung ist mit Schmerz/freiem Fall/Angst vor Auflösen/Tod verbunden - aus welchen Gründen auch immer tragischerweise so wenig grundlegende Sicherheit im Kontakt verinnerlicht werden konnte.
Die daraus resultierende (das Selbst schützende) Überzeugung Niemanden brauchen zu WOLLEN steht dieser Möglichkeit, überhaupt auf eine neue gute Beziehungserfahrung zu hoffen und zu vertrauen, zudem wohl diametral entgegen.
Zitat:Niemand zwingt diesen Leuten dazu mit dem Narzissten eine Beziehung einzugehen, im Gegenteil, sie können selbst die Entscheidungen treffen, sie haben selbst die Verantwortung in der Hand.
Naja, wir suchen uns ja alle auch unbewusst Partner aus, d.h. ein GEgenüber, an dem wir uns weiterentwickeln können. Erst wenn wir unser eigenes Thema verstanden, be- und verarbeitet haben, wird sich die Partnerwahl verändern. Leider. Und auch der typische Komplementärnarzisst muss erst lange lernen, die Verantwortung für sich und seine Gefühle zu übernehmen und auch den Worten des grand. Narzissten, die sich zwar schön anhören, aber nicht echt sind, nicht mehr zu glauben. An Letzterem hatte ich in meiner letzten Beziehung nochmal sehr zu knabbern. Ich hätte ihm so gerne geglaubt, dass seine Worte wahr sind. Waren sie aber nicht. Du, prisma, hast mir dabei jetzt sehr geholfen, dieses letzte Mosaiksteinchen in mein Puzzle zu legen. Ich hätte es mir zwar sehr gewünscht, dass die Worte wahr wären, waren sie aber nicht.
Zitat: An dieser Stelle kann man den Gedanken der Manipulation schon einmal verwerfen, denn wie gesagt, es fallen seitens des Narzissten immer Hinweise, die vor allem Menschen mit Empathie bemerken sollten.
Da gebe ich Dir übrigens jetzt im Nachhinein absolut Recht. P. warnte mich auch vor sich selbst. Aber ich habe es beschönigt, wollte es nicht glauben, da er ja schon so lange Therapie machte und immer beteuerte, er arbeite ja an sich.
Zitat:Wenn mit dem Narzissten etwas nicht stimmen soll, dann stimmt mit einem selbst auch etwas nicht, zu einer Beziehung gehören immer zwei, der Narzisst kann nicht etwas spiegeln, das nicht vom anderen ausgeht. Es ist mir einfach nicht begreiflich.
Das geht der anderen Seite ja genauso. Natürlich hast Du Recht. Es gibt zwei Personen, die beide ihren Anteil haben und etwas lernen müssen. Es ist ein schmerzliches Lernen auf beiden Seiten. Und weil es so schwer begreiflich ist in all seinen Facetten finde und fand ich den Austausch hier auch sehr erhellend und wichtig.