@prisma
Zitat:@sonne-5273: Mir geht es den Umständen entsprechend gut soweit, danke der Nachfrage. Ich finde es äußerst schön, dass du meine Ehrlichkeit schätzt und, dass sie für dich hilfreich ist. Hätte ich niemals gedacht. Aber bitte denke daran, dass ich ehrlich bin, nicht, weil für dich von Vorteil ist, sondern für mich.
Liebe Prisma, wie meinst Du das? Dieser Satz irritiert mich etwas. natürlich geht es um Dich, wenn Du schreibst? Hattest Du Sorge, ich wollte Dich manipulieren oder so?
Nein. Für mich ist Deine Offenheit wirklich sehr hilfreich und der Zeitpunkt, wo Du beginnst hier zu schreiben, passt bei mir gerade diesbezüglich wie die Faust aufs Auge. Über die intensive Auseinandersetzung mit meiner Ex-Liebe bin ich wirklich noch mal auf die Auseinandersetzung mit meiner Mutter gestoßen. Bei ihr war mir schon einiges zuvor klar gewesen, aber das ganze Ausmass ihres Narzissmus wird mir erst jetzt deutlich.
Sie ist auch eine Person, die sich stets hauptsächlich über die Rolle des Kümmerns und Betüddelns Anderer ihre Bestätigung holte, dabei sehr warmherzig
wirkt. Auch tut sie auf ihre Art so, als sei sie fürsorglich, einfühlsam. sie war es aber nie. Diese ganze Tiefe des Themas habe ich nie so wirklich fassen wollen und können. Heute weiß ich: im Grunde interessiere ich sie wirklich nicht. Es geht darum, dass ich eine Funktion für sie erfülle, ich kann vor ihr völlig in Verzweiflung geraten, weil sie sich nicht für mich interessiert etc. das perlt an ihr ab und sie wechselt das Thema. So ist es heute (nach einer kurzen Annäherung Anfang des Jahres, jetzt ist es wieder wie immer) in hohem Alter und so war es auch schon ein Leben lang.
Du erwähntest anfangs ja auch Dein Kümmererthema. da mir meine Mutter noch nie Antworten geben konnte, ist das hier ganz nebenbei sehr hilfreich und anregend für mich, was Du beschreibst, auch wenn ihr natürlich andere Personen seid.
Zitat:Aus emotionaler Perspektive betrachtet scheint einem sehr herzlichen und sensiblen Menschen wie dir die meine fremd zu sein und gleichzeitig kommt sie dir bekannt vor von Menschen, die ähnliche Eigenschaften aufweisen wie ich. Kannst du dich in mich hineinversetzen, nicht nur kognitiv, sondern auch emotional?
Hier schreiben wir ja miteinander. Da fehlt die Dimension des unmittelbaren Kontakts. Daher kann ich Dir nur berichten, wie es mir mit meinem Ex gegangen ist. Ich hatte das Gefühl, ich konnte mich v.a. emotional in ihn hineinversetzen, aber ich konnte ihm kognitiv nicht folgen und ganz oft sein Verhalten nicht verstehen. Nicht, weil ich es von meinem Intellekt nicht verstanden habe, sondern weil ich ganz oft auf der Verhaltensebene im Vergleich zum Gefühl Widersprüche wahrgenommen habe. Vieles, von dem, was er gesagt hat, hat mich entweder verwirrt, verunsichert oder verletzt. Aber - das hat er mir abschließend mal bestätigt - auf emotionaler Ebene habe ich mich ihm sehr nahe und verbunden gefühlt.
Ich habe es hier schon irgendwo mal beschrieben, dass ich stets das Gefühl hatte, dass v.a. ein tiefer innewohnender Schmerz in ihm (sein inneres Drama), meinem eigenen sehr ähnlich ist. Der Schmerz, der sich darum dreht, nicht wahrgenommen worden zu sein wie man ist und sich wie ein NICHTS zu fühlen. (Ich fühle mich heute nicht mehr so, aber es gibt eben noch diese wunde Stelle in mir, die sich lange so sehr gewünscht hat, angenommen zu werden, von einer Person, die das auch kennt und nachempfinden kann. Vielleicht tut mir daher dieser Thread allgemein so gut. ) Dieser Schmerz war in meinen Augen
die eigentliche Anziehung zwischen uns. Hört sich bekloppt an, bin ich aber von überzeugt.
Klar vollzog sich die Anziehung zunächst auf einem ganz anderen Weg. Seine Art mich zu faszinieren und in den Bann zu ziehen, lag in seiner ganzen Art zu leben und aufzutreten. Ähnlich wie meine Mutter übrigens wirkte auch er nach außen beliebt, einfühlsam, fürsorglich, männlich, attraktiv, charismatisch, lustig. Und dennoch spürte ich immer wieder diese Traurigkeit in ihm. Darauf angesprochen, wich er anfangs immer aus, stieß mich von sich weg, wurde ungerecht etc. Alles, was er mir in solchen Situationen sagte, was er tat, verstand ich nicht. Konnte ich echt nicht nachvollziehen. Aber seine Gefühle schon. Nur war ihm das - so habe ich immer deutlicher verstanden - gar nicht angenehm. Im Grunde wollte er alles andere, nur nicht damit wahrgenommen und ernstgenommen werden.
Nein - wenn ich es richtig beschreiben würde, dann wollte er es zwar einerseits - zur fast gleichen Zeit aber auch nicht. So ging es mit sehr vielen Situationen. Seine Ambivalenz und innere Zerrissenheit war enorm.
Was sich auch durch den gesamten Kontakt gezogen hat, war eine Unsicherheit. Kennst Du das auch prisma? Es musste zwischen uns immer irgendwie unsicher sein. Das empfand ich als furchtbar anstrengend. Wir konnten die schönsten Wochenenden verbringen, in der ich viel Nähe empfand. wenn ich wieder zu Hause war - kam postwendend eine Nachricht, dass er doch nicht so genau wisse. Es konnte sich einfach aus dem GUTEN nichts entwickeln, nichts wachsen, nichts, was sich weiterentwickelt an Verlässlichkeit. Das hat er immer sofort unterbunden.
Eine Verbindlichkeit gab es schon: die Unverbindlichkeit, Unsicherheit. die musste sich schon fast zwanghaft immer wieder herstellen.
Selbst bei Dir habe ich schon solche Gedanken. verzeih, das sind nur meine Gedanken und Assoziationen in Bezug auf das, was ich von Dir lese. dass Du plötzlich einfach so aufhören wirst, weg bist. Natürlich kann das Jeder hier tun. Klar. Wir sind alle frei das zu tun. Aber bei Dir habe ich erstmals hier überhaupt solche Gedanken. Und wenn Du weiterschreibst, freue ich mich.
Du hattest mal in irgendeinem Post über Therapie gesprochen und Deine Sorge, der Therapeut würde sich eh nur von Dir manipulieren lassen. Meine Ex-Liebe - ich nenne ihn einfach mal P. - machte, als ich ihn kennenlernte bereits über 10 Jahre Therapie. Damals lies mich das immer wieder Hoffnung schöpfen. Heute bin ich auch der Meinung, dass es oft Therapien sind, wo sich beide gegenseitig bestätigen und es daher eher eine Pseudogeschichte war/ist.
Zitat:Denn ich kann mich nicht gefühlsmäßig in dich hineinversetzen, obwohl mir deine Perspektive ebenfalls bekannt ist. Ich kann mir aus kognitiver Sicht vorstellen, wieso es dir so ergeht wie es dir ergeht, aber ich kann es auf emotionaler Ebene nicht nachvollziehen.
Solche Worte habe ich auch von P. gehört. Er guckte mich manchmal an. meist nach Situationen, in denen wir uns wirklich nah waren. und sagte dann etwas zutiefst verletzendes. Da ist nichts zwischen uns - ich empfinde rein gar nichts. Trennungen, die ich daraufhin einleitete, liess er nach einer gewissen Zeit aber nicht auf sich beruhen, sondern kam immer wieder an. Es hat lange gebraucht, bis ich verstanden und realisiert habe, dass es dabei niemals um mich ging. sondern um das, was er von mir wollte.
Typische Sätze von ihm waren auch: ich solle aufhören etwas von ihm zu erwarten. Er könne meine Erwartungen nicht erfüllen. Ich sei einfach extrem in Bezug auf meine Gefühle. Und: ich soll ihm doch bitte Zeit lassen. Er brauche Zeit. Und das, obwohl ich anderen Menschen sehr gut viel Zeit lassen kann, ihm auch. Nur - wenn keine Sicherheit gegeben ist und sich auch niemals einstellt, trotz vieler Bemühungen wird es schwierig.
Kennst Du solche Sätze auch, prisma? Das mit den Erwartungen habe ich nie so wirklich durchdrungen. Da man ja zwischen Menschen in jeder wie auch immer gearteten Beziehung/Verbindung immer irgendwelche Erwartungen hat.
Er selbst hat mir auch mal versucht zu erklären, dass er eigentlich niemanden brauchen will, alles aus sich selbst heraus bewerkstelligen will, es quasi als eine Art Kränkung erlebt, eine andere Person zu brauchen, um sich zu entwickeln. Fast gleichzeitig aber sehnte er sich
sehr nach einer Beziehung, konnte sie aber nie halten. Auch vor mir nicht.
Dann habe ich noch eine abschließende Frage an Dich, @prisma.
Was ich nie so recht verstanden habe ist, was es mit dem Schwelgen in der Vergangenheit auf sich hat. Kennst Du das auch?
Dort gab es bei P. z.B. eine Beziehung, die er sehr idealisierte, die er aber ebenfalls zig mal gegen die Wand gefahren hatte und die Frau sich irgendwann wirklich getrennt hatte. Dieser Frau schwelgte er über die Maßen nach. Er gestand mir abschließend mal irgendwann, er wäre sich ziemlich sicher, dass er sie noch heute - nach ganz vielen Jahren - sofort wieder zurücknehmen würde, käme sie noch einmal zurück. Ich habe das so verstanden, als könne er Trennungen gar nicht richtig verarbeiten, irgendwas richtig abschließen. Als könne immer noch alles möglich sein? Und das - obwohl er schon Mitte 50 ist.
Hattest Du in Deinen Beziehungen auch den regelmäßigen Wunsch, auszubrechen, Dich auf Parallelbeziehungen einzulassen, fremd zu gehen?
Das mit der Schadenfreude, was Du eben noch erwähnt hast, kann ich auch bestätigen von P. Ich hatte das Gefühl, es war manchmal die einzige Möglichkeit sein Selbstwertgefühl wieder aufzurichten, indem er sich über den anderen erhob. Oft auch in Situationen, in denen ich eigentlich gedacht hatte, er hätte Mitgefühl. Z.B. ein Mal lag ein Bekannter von ihm im Krankenhaus mit einem Herzinfarkt. Als er diesen am Telefon hatte, sagte er irgendetwas ziemlich Schroffes und wirkte im Nachgang auf mich auch eher schadenfreudig. Er selbst hatte eine Heidenangst vor Krankenhäusern. Dort fühlte er nichts als Ausgeliefertsein und Misstrauen in Bezug auf die Ärzte.
Ich finde bemerkenswert, dass Du diese ganzen Dinge bei Dir so kritisch beobachtest und beschreiben kannst. P. tat das zuletzt auch zwischen uns im Kontakt. Er begann sich in meinen Augen wirklich ehrlich etwas zu reflektieren, was ich seeeehr berührend fand. Überhaupt jede
wirkliche Ehrlichkeit in Bezug auf sich selbst löste bei mir ganz viel aus. Das lies mein Herz aufgehen. Leider. Weil das eben auch ziemlich gefährlich war. Hier muss ich mich definitiv mehr schützen lernen.