@Ema
Ich habe jetzt erst einmal googeln müssen, was um alles in der Welt Peers sind .
Und wenn ich das auf die Schnelle richtig verstanden habe, dann scheine ich eher ein Anti-Peer zu sein. Gruppen halte ich überhaupt nicht aus, da suche ich gleich das Weite. Und ich glaube, ich neige auch nicht sehr zur Nachahmung, mich stößt alles, was man so übernehmen könnte, instinktiv ab. Offenbar habe ich mich erfolgreich weitgehend dissozialisiert .
Natürlich kommt es heute in allem auf das richtige Marketing an, Kunst, Literatur, Kleidung, Ernährung, Gesundheitsbewußtsein, Politik, ganz egal - alles der Masse schön, verlockend und vielversprechend verpackt zum Fraß vorgeworfen, und die Masse stürzt sich gleich darauf in einer Art gesteuertem Massenwahn.
Allerdings finde ich das alles nur noch langweilig, das ist so berechenbar wie die nächste Mondfinsternis.
Die Nichtbewußtheit ist sicher ein sonderbares Problem, weil man eben ja gar nicht weiß, was alles einem nicht bewußt ist. Verwunderlich ist für mich nur, weshalb man nicht einfach dieses und jenes versucht oder sich darauf einläßt, wenn es daherkommt. Wahrscheinlich ist dazu die Bewußtseinsschale schon gar zu verkalkt und ist nur noch durch einen gewaltigen Hammerschlag aufzubrechen.
Ich bin ja der Meinung, daß das Bewußtsein etwas ist, das ja gerade dazu da ist, sich durch Erfahrungen zu erweitern und zu erweitern, ja, unter uns gesagt, ich glaube sogar, daß das Bewußtsein gar kein Ende findet, auch nicht mit dem Tod. Sondern daß dann das zur Realität wird, was an Bewußtheit, an Inhalten des Bewußtseins da ist. Und ich glaube, je ärmlicher und bescheidener das ist, um so dürftiger auch das eigene Weltchen.
Ich glaube aber nicht, daß jeder das Rad neu erfinden muß. Sondern ich denke, es reicht schon, über das jeweilige Rad hinauszugehen und sich nicht mit dem, was einem schon bekannt ist, zu begnügen. Und ich meine hier gar nicht vielleicht die Wissenschaft oder diverse Philosophien, sondern ich meine vor allem die individuelle Entwicklung. Und das wird nur gehen, wenn man auch den Mut hat, die eigenen Wahrheiten, Sicherheiten, Gewißheiten anzuzweifeln und gegebenenfalls auch hinter sich zu lassen. Man muß sich nicht notwendig und unausweichlich in seinem eigenen Hamsterrad totlaufen.
Ist nicht jeder zuletzt auch irgendwo sein eigenes Experiment? Und wenn es dann vielleicht einmal knallt an allen Ecken und Enden - was liegt daran? Nichts kann ja etwas anderes sein als eine Erfahrung. Ich glaube, es geht vor allem auch darum, sich selber immer tiefer zu entdecken und auch hinter jene Spiegel zu schauen, die man sich zur Sicherheit selber vors Gesicht gehängt hat.
Ja, das mit meiner Ex liegt schon Jahre zurück (August 2013, um genau zu sein).
Mir geht es inzwischen wirklich wieder sehr geht. Ich habe zwar Federn gelassen, mir ist dieses und jenes auch entschwunden. Aber ich könnte dennoch nicht sagen, daß ich in irgendeiner Weise daran litte. Im Gegenteil - ich fühle mich dadurch ja wirklich auch befreit. Auch wenn das alles alles andere als ein Vergnügen war, aber es war, im Nachhinein gesehen, fast etwas wie eine Läuterung. Wäre ich vor die Wahl gestellt zwischen dem Leben, das ich führe, und dem, das es hätte werden können (sollen, wollen) - ich wüßte nicht, welches ich wählen würde. So groß die Träume und Liebesträume damals auch waren.
Nein, was Du zu meiner Geschichte geschrieben hast, klingt weder platt, noch habe ich es schon hundertmal gehört. In dieser verständigen Form habe ich es überhaupt erst einmal gehört. Danke dafür!
Du hast ganz recht: es hat mich vor allem auch dieses unfaßbar Uneinleuchtende umgeworfen. Ich konnte das tatsächlich absolut nicht verstehen, wie so etwas überhaupt nur möglich sein kann, weil ich etwas in dieser Art auch noch nie erlebt hatte. Daß Gefühle mit der Zeit abflauen können, daß man dahinterkommt, daß dieses und jenes ganz und gar nicht paßt, daß die Idealisierungen verblassen - das alle kommt vor, damit muß man auch rechnen. Aber damit, daß etwas jetzt die ganz große Liebe ist und im nächsten Moment nichts mehr davon übrig ist, das ist mir noch heute unbegreiflich, davor säße ich, wäre ich sitzengeblieben, noch heute wie vor einem Eisberg.
Ich glaube, das Grundproblem war, daß meine Ex Männer von Grund auf nicht mag, ja vielleicht sogar verachtet, jedenfalls für Schweine hält. Damit hatte ich von vornherein verloren, nüchtern betrachtet. Denn daß irgendwann einmal irgend etwas geschieht, das an Mann erinnert, das die Witterung von Mann macht, war unvermeidlich. Wäre es nicht das gewesen, wäre es eben irgend etwas anderes gewesen, vielleicht drei Worte zu viel mit einer Verkäuferin gesprochen oder sonst etwas. Wer so auf der Lauer liegt, springt irgendwann auch einmal los. Sie hat mir ja auch ihre Wahrnehmung der Männer nicht verheimlicht, von Anfang an nicht, und ich habe sie natürlich auch gefragt, weshalb sie dann mich gar so liebt. Sie hat gemeint, weil ich so ganz anders wäre. Naja, offenbar nicht anders genug.
Ich sehe es heute so: Ihre Liebe war etwas wie eine große, mächtig schillerende Seifenblase. Und dann genügt der kleinste Stich, schon mit dünnster Nadel, und die Seifenblase platzt und nichts ist mehr da davon.
Wie sie dann darauf gekommen ist, ich hätte neben ihr auch andere Frauen gehabt, weiß ich nicht. Nicht nur, daß ich in Wahrheit an eine andere Frau nicht einmal gedacht habe, wäre es auch rein technisch gar nicht möglich gewesen.
Ebenso habe ich sie weder verfolgt noch gestalkt (wenn ich mich recht erinnere, war sogar sie es, die mir nach der Trennung als Erste wieder geschrieben hat, samt beigefügtem Abschiedslied, das bezeichnenderweise Let her go heißt). Und schwanger war sie natürlich auch nicht, ebensowenig wie mit HIV infiziert.
Ich glaube, es ging in dieser Phase dann nur noch darum, alles irgendwie behelfsmäßig zu rationalisieren und ins Furchtbare und Dunkelste umzukehren. Da darf es dann auch ein bißchen mehr, ein bißchen übertrieben, notfalls auch völlig aus der Luft gegriffen sein.
Nein, wie es mir nach der Trennung ergangen ist, davon wird sie kaum etwas mitbekommen haben, und wenn, dann hat sie es ignoriert oder umgedeutet.
Also welchen Weg ich gefunden habe: Ich kann nur sagen, ich habe nichts bewußt unternommen, habe auch nicht analysiert und diagnostiziert. Vielmehr habe ich die Dinge zunächst einmal nur laufen lassen. In diesem ersten halben Jahr, in dem ich nur im Bett gelegen bin, hätte ich auch gar nichts anderes tun können. Mir war jede Kraft völlig abhanden gekommen. Ich habe ja nicht einmal gelitten, sondern war tatsächlich wie in einer Totenstarre. Nur Stille habe ich absolut nicht ausgehalten (deshalb der Fernseher). Und irgendwann, als ich dann hier angelangt war, habe ich dann wieder ganz langsam und erst nur hauchzart diese Lebensschwingungen gespürt, habe gemerkt, da tut sich doch noch irgend etwas in mir, ich kann dann und wann wieder lächeln, ich bringe ein paar klare Gedanken zustande, ich kann mit anderen kommunizieren usw. Und irgendwann hatte ich so nach und nach wieder die Energie, meiner großen Lebensleidenschaft nachzugehen - und das war dann sozusagen die endgültige Rettung. Denn daran konnte ich mich auch schon früher aus jedem Tief und jeder Krise gleichsam wie am eigenen Schopf herausziehen.
Und heute bin ich wieder völlig guter und bester Dinge!
Vielleicht kann das ja auch Dir zumindest ein wenig Hoffnung geben. Ich hatte damals auch keine mehr, nicht die geringste. Und es hat mich ohne Zweifel auch verändert. Aber durchaus nicht so, daß ich nun vielleicht nichts mehr mit meinem Leben anfangen könnte. Ja, vielleicht fange ich nun sogar viel mehr mit meinem Leben an als davor. Alleine schon deshalb, weil ich nichts mehr hinterherjage, mir auch keinerlei Gedanken über etwas Zukünftiges mache. Ich lebe und tue, Tag für Tag, und finde, großteils wenigstens, meine Freude daran.
Lesen konnte ich damals übrigens auch nicht mehr. Obwohl ich ansonsten tagtäglich gelesen habe. Aber ich war tatsächlich unfähig zu allem, hatte auch keinerlei Interesse an irgend etwas. Aber irgendwann zerbricht dieser Bann, und dann setzt man allmählich doch wieder ein Schrittchen nach dem anderen, und irgendwann merkt man, durchaus erstaunt, daß aus den Schrittchen Schritte geworden sind.
Auch das kenne ich nur zu gut: Ich dachte damals, bevor ich meine Ex kennenlernte, ebenfalls, ich hätte diesen ganzen Kram hinter mir gelassen. Aber ich muß sagen, es hat mich damals auch in einem gewaltigen Tief erwischt, in einer Zeit, in der sich eine Tragödie (familiäre Todesfälle etwa) nach der anderen ereignet hat und ich echt geschwächt war.
Ebenso fand ich in ihr kein Feindbild, empfand auch nie Wut oder so etwas (worüber ich allerdings durchaus froh bin, ich bin kein Mensch der Wut).
Der Unterschied aber ist offenbar, daß Du selber gegangen bist. Das war bei mir ja nicht so.
Aber inwieferne hast Du es seelisch und körperlich nicht ertragen? War die Beziehung so problematisch, oder war die Liebe zu groß?
Ich kann zwar nicht sagen, ob Du es so kannst und ob es so kommt: Aber wenn Du sagst, alles, was Du gelernt hast, habe seine Gültigkeit verloren, alles sei anders, Du kämst mit nichts mehr klar usw. - ist es dann nicht besser, all dies einfach dahinfahren zu lassen, den Willen, sich an all dieses Alte und Gewohnte zu klammern, sich daran zu orientieren, aufzugeben und etwas Neues zuzulassen? Ich glaube, es sind auch Wiedergeburten im Lauf des Lebens möglich, allerding nur dann, wenn man sich dagegen nicht mit Händen und Füßen sträubt.
Jedenfalls würde ich darauf setzen, darauf vertrauen und nicht nach Lösungen in den alten Mustern suchen, die offenbar durch diese Erfahrung aufgebrochen worden sind. Es ist nicht immer gut, ein zerfallenes Haus wieder aufbauen zu wollen aus dem verbliebenen Schutt. Manchmal ist es besser, den Ort ganz zu verlassen und mit anderen Mitteln etwas ganz Neues zu erbauen, so nach und nach, nicht mit der Verzweiflung, sondern der Zuversicht in den Armen, in aller Ruhe und ohne jede Überanstrengung.
@verliebtverliebt
Das freut mich, daß Dir unsere Geschichten helfen!
Also intelligent genug war meine Ex sicher - aber sie hatte einfach (generell) zu viel Wut und Verachtung in sich, zu wenig Selbstbewußtsein, war zu verletzlich, hat sich, wie sie auch gesagt hat, wie ein Gänseblümchen gefühlt, das offenbar gar nicht glauben konnte, daß es geliebt wird wie nichts in der Welt. Und dagegen ist man, wie mir ja nun, wo ich es ganz nüchtern betrachten kann, völlig klar ist, von vornherein machtlos. Man kann jemanden noch so auf Händen tragen: wenn er sich vor sich selber immer kleiner macht, wird er einem irgendwann aus den Händen fallen.
Dir ist offenbar ja etwas Ähnliches widerfahren mit Deiner Freundin. Wie es scheint, hast Du unabsichtlich irgendeinen wunden Punkt in ihr getroffen, und sie hat maßlos losgelegt. Und sobald einmal solche mächtigen Emotionen im Spiel sind, ist ohnehin alles sinnlos. Besser, man schweigt gleich.
Also ich glaube, die Wahrheit wird nie jemand so genau wissen. Weil es DIE Wahrheit auch gar nicht gibt. Wenn man etwas für die Wahrheit schlechthin hält, dann starrt der Blick nur auf irgendeine Oberfläche. Und bewegt man sich etwas, sieht man gleich eine ganz andere Wahrheit. Alle Wahrheit sind nur die Spiegelungen auf einer Discokugel. Daher ist Wahrheit wohl eher etwas wie eine Geschmackssache, aber ganz sicher nichts Absolutes. Dreht einem eine Wahrheit gar den Magen um, dann ist es am klügsten und sinnvollsten, sie auszuspeien und etwas Besseres, Verträglicheres zu essen. Nicht umsonst wird einem ja übel davon.
Ich hoffe, Du hattest es wenigstens lustig beim betrunkenen Volleyball! Solange die Bälle, die da zahlreich geflogen kommen, noch halbwegs rund sind und nicht wie Köpfe aussehen, ist alles halb so schlimm!
@ysabell
Ja, die Liebe an sich ist ja auch nichts Fragiles. Aber der Mensch ist es zumeist. Und das ist das Problem. Die Liebe scheitert ja nicht an der Liebe, sondern am Menschen. Sei es, weil er zu viel erwartet, sei es, weil er zu verletzlich und gläsern ist.
Ich glaube ja nicht einmal, daß die romantischen Aspekte endlich sind. Sondern sobald sie sich etwas verflüchtigen, beginnen die Zweifel, und dann sind sie bald tatsächlich ganz weg. Anstatt daß man neue romantische Aspekte aufleben läßt.
Was aber sicher nur dann überhaupt möglich sein wird, wenn es tatsächlich um Liebe geht und nicht um eine Verwechslung.