@vorbei: Ich denke nicht, dass diese Menschen zu jedem Zeitpunkt glücklich sind. Subjektiv vielleicht sogar unglücklicher, als vorherige Generationen, deren Ansprüche geringer waren. Aber ich denke schon, dass sie objektiv glücklicher sind.
Auf der Suche nach MEHR zu sein, bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass diese Menschen unglücklich sind, sondern nur, dass sie sich noch etwas besseres als den jetzigen Zustand vorstellen können.
Finde ich persönlich besser, als sich mit etwas ungenügendem abzufinden oder die Ansprüche so weit runterzuschrauben, bis das, was da ist, genügt.
Zitat von udi74:Es mangelt uns augenscheinlich an Qualität für eine stabile Beziehung,
An dem Punkt gebe ich Dir absolut Recht!
Wenn ich mir anschaue, welche Qualitäten meine Großmütter und noch meine Mutter haben mussten, um in ihren Ehen nicht die Scheidung einzureichen, also die Ehe stabil zu halten, fehlen mir diese ganz eindeutig.
Die eine musste sich immer dümmer stellen als sie war. Die andere die Frauengeschichten ihres Mannes übersehen. Die Dritte sich immer einen Job suchen, der sich mit den Bedürfnissen ihres Mannes, vereinbaren ließ. Er selbst nahm immer den Job, den er für richtig hielt. Manchmal konnte sie daher überhaupt nicht arbeiten gehen und war darüber absolut traurig.
Alle drei waren für die Kinder zuständig. Die Männer nur zum Spielen und Baden nach der Arbeit und am Wochenende.
Alle drei sahen zu, dass ihr Mann mit sauberen, gebügelten Klamotten aus dem Haus ging, ordentlich aß und weder das Betriebsfest noch einen Geburtstag vergaß.
Alle drei interpretierten die kleinsten Handreichungen ihrer Männer als Ausdruck von Liebe.
Alle mussten sie auf finanzielle Eigenständigkeit verzichten und sich dem kaufmännischen Geschick ihres Mannes ergeben. Die eine musste sich von ihrem Gatten ständig anhören, wie toll er ist und wie wenig toll sie. Im Gegenzug hat sie dafür vom Haushaltsgeld immer heimlich etwas abgezweigt, um für alle Notfälle gerüstet zu sein. So groß war also das Vertrauen und die Wertschätzung und der RTespekt in dieser Ehe.
Alle drei mussten ohne Mithilfe ihrer Gatten das Klo putzen.
Alle haben sie eigene Träume, die sich noch als junge Frauen hatten, in dem Moment aufgegeben, als sie heirateten, denn das war normal, diese Flausen hinter das Wohl der Familie zu stellen.
Alle drei mussten die Hobbies ihrer Männer dulden und sogar unterstützen (Kuchen backen für das Weihnachtsfest des Vereins etc.), ohne sich selber einen solchen Ausgleich für ihren Alltag zu gönnen oder gar darin von ihrem Mann unterstützt zu werden.
Und alle drei mussten sich tunlichst verkneifen, ein Versagen ihres Mannes, das ihnen beiden das Leben schwerer machte, ohne dass die Frau Mitspracherecht bei der Entscheidung gehabt hätte, auch genau als solches zu benennen und sich zu beschweren. Statt dessen haben sie ihren Mann getröstet und ihm den Rücken gestärkt und das, was er zu verantworten hatte, einfach Pech genannt. Dass der eine die Rücklagen mit einer Fehlinvestition durchgebracht hat und der andere sich durch konsequent schlechten Lebenswandel in die Arbeitsunfähigkeit gegessen und getrunken hat und der dritte die Schwiegermutter, die wegen unmöglichen Verhaltens (vermutlich Demenz) aus dem Pflegeheim abgeholt werden musste, zu Hause bei seiner Frau abgeladen hat und selbst nicht ein einziges Mal den Hintern abgewischt und sich dabei von seiner Mutter hat ankeifen lassen, war eben Pech und kein Grund, sich bei dem Mann mal zu erkundigen, ob das sein Ernst ist und er sich mal entschuldigen möchte und etwas ändern. Sie haben ihn halt so geheiratet und lieben ihn so wie er ist.
Keine dieser Frauen hat sich jemals bei mir über ihren Mann beschwert und alle drei haben gesagt, dass das eine ganz normale, glückliche Ehe gewesen wäre. Die zwei, die schon Witwen wurden, sind nach dem Tod des Gatten aber sichtbar aufgeblüht.
Und wenn DAS eine dieser glücklichen Ehen ist, die die Generationen vor uns noch hatten, dann habe ich als Vertreterin der Generation 35-50 Jahre wirklich NICHT mehr die Qualitäten, so etwas über viele Jahre zu führen.
Auf den Familienfotos lächeln diese Frauen. Sie können von vielen glücklichen Momenten und schönen Erlebnissen berichten. Aber all das könnte ich mit so einem Mann nicht.
Und weder meine Opas noch mein Vater sind schlechte Männer. Die mussten sich in ihrer traditionellen Rolle halt immer nur draußen bemühen und bei der Werbungsphase um ihre Frauen. Danach haben sie zu hause, wo die Frau war, sich nur noch entspannt, um Kraft zu schöpfen für das Berufsleben.
Aber für sowas stünde ich niemals zur Verfügung. Fühle mich dadurch aber nicht verloren, sondern vielmehr gerettet.