Hallo Down,
das ist jetzt mein erster Beitrag im Forum. Um es kurz zu machen: Ich wurde auch vor sehr genau einem Jahr von der Liebe meines Lebens verlassen und kann seit ein paar Wochen sagen, dass ich mich ernsthaft besser fühle. Wie ich das geschafft habe möchte ich gerne teilen und da deine Situation gut auf meine Erfahrung passt: Warum nicht hier?
2 Sachen:
1. Die anfängliche Frage des Threads
Auch ich hatte kurz nach der Trennung schnell den Reflex, mich wieder in neue Sachen zu stürzen. Ob einfach nur Abenteuer oder neue Beziehung war mir egal. Innerlich war und bin ich unfähig, wieder Gefühle für jemanden zu entwickeln, aber darum ging es bei der Sache auch gar nicht. Es ist eher so eine Selbstwert-Sache - gerade als Verlassener fühlt man sich sehr gedemütigt und baut durch solche Ablenkungen sein Ego wieder auf.
Zusätzlich dazu ist ein neuer Mensch wie eine Art Betäubung. Das kann, wie bei einer physischen Verletzung, sinnvoll sein, um vom Schmerz nicht verrückt zu werden. Wichtig ist, dass man in diesem Prozess niemanden verletzt.
Als derjenige, der den anderen verlässt, hat man eine Beziehung zum Zeitpunkt der Trennung längst in eine Freundschaft umgewandelt und sich oft bereits nach neuen Möglichkeiten umgesehen, um den eigenen Schmerz gering zu halten. Hat meine Ex auch so gemacht. Kann man sch. finden, aber ganz ehrlich: Was soll's? Die Person liebt einen nicht und will nicht mehr - alles andere drum herum ist letztendlich egal. Also mach dich nicht verrückt, Menschen sind eben so. Und das meine ich nicht zynisch: Menschen sind so, er ist nicht ganz besonders grausam, du bist NICHT ganz besonders wertlos . Menschen machen das ständig, weil wir alle hauptsächlich immer nur an uns selbst denken und es hat nichts mit dir zu tun.
2. Der Sinn in dir
Du bist, ohne es wohl realisiert zu haben, auf einen sehr produktiven und guten Gedankengang gestoßen. Nur ziehst du daraus die komplett falschen Schlüsse.
Ich habe in meiner letzten Beziehung alles gegeben, was ich zu geben fähig war. 7 Jahre lang habe ich in der ständigen Angst gelebt, verlassen zu werden. Sie hat das bewusst oder unterbewusst eingesetzt, sehr gezielt. Am Ende hatte sie mich fast so weit, dass ich wegen der Angstzustände zum Psychologen gegangen wäre. Ich dachte echt, mit mir stimmt etwas nicht, ich wäre depressiv etc.
Dabei hat mich einfach nur die Beziehung ruiniert. Der feste Glaube daran, dass sie die Liebe meines Lebens ist und ich nie wieder etwas besseres finden kann hat mich dazu getrieben, die Angst jahrelang zu ertragen und, noch viel schlimmer, mein ganzes Leben und meine eigenen Träume hinten anzustellen. Sie und ihre Bedürfnisse standen im Zentrum meines Lebens - es gab nur noch sie. Und wenn so jemand dann weg ist, vergisst man, dass vor dieser Beziehung etwas da war, das einen angetrieben hat.
Noch fataler ist allerdings, dass der größte Motivator meines Lebens vor der Beziehung tatsächlich war, die Liebe meines Lebens zu finden. Und auch dieser Traum ist tot, denn ich hatte sie und habe sie verloren.
Was ich gelernt habe ist, dass Liebe als alleinige Motivation nicht taugt und niemals so eingesetzt werden sollte. Man ist dadurch immer von anderen Menschen und ihren unberechenbaren Launen abhängig - und das macht einen selbst instabil und hilflos.
Mein großer Vorteil war, dass ich mich immer schon für viele Dinge interessiert habe. Training, meine Gitarre, mein toller Job, Surfen . . Und hier stehe ich gerade an einem sehr aufregenden Anfangspunkt. Zum ersten mal in meinem Leben stelle ich mir wirklich die Frage: Wie sieht mein ideales Leben aus? Wo will ich hin? Was will ich bevor ich sterbe?
. und selbst der Blick zurück sieht nicht mehr so düster aus. Ich wollte als Teenager die Liebe meines Lebens - und warum bin ich denn gescheitert? Ich hatte sie, 9 Jahre lang. Länger als viele verheiratet sind. Jeden Tag könnte ich tot sein - und trotzdem habe ich es geschafft, 9 Jahre mehr und intensiver zu lieben als die meisten Menschen es in 3 Lebzeiten könnten. Ich sehe das heute wie eine olympische Goldmedaille. Mitnehmen können wir sowieso nichts wenn wir einmal sterben - aber dass es passiert ist war ein großartiger Sieg. Ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist, bevor er neuen Träumen Platz gemacht hat.
Will ich das wieder so? Ganz bestimmt nicht. Es ist ungesund, auf diese Art und Weise zu lieben - auch und vor allem für eine Beziehung.
Was du jetzt tun musst, ist ganz tief in dich hinein zu hören und dich zu fragen, was deine Wünsche und deine Talente sind. Was für ein Mensch möchtest du sein? Und zwar ohne die Vorstellung eines Partners. Frag dich nur, wer du gerne wärst. Und verstehe mich nicht falsch, das ist sehr schwer.
Aber erst wenn du weißt, wie du einmal sein willst kannst du auch jemanden finden, der zu dieser Person passt. Du verdienst, jemanden zu finden, der zu deinen Wünschen passt. Und wenn du die Frage nach dem Partner nicht jetzt gleich beantworten kannst, dann schieb es ruhig 1-2 Jahre in die Zukunft. Was du brauchst ist eine Leidenschaft und ein Antrieb, der auch noch da ist wenn du ganz alleine für dich bist.
Ein stabiler Halt in dir. Das kann ein Job sein, ein Sport, Kunst . oder der Wille, die Welt zu sehen, zu reisen, dich zu bilden, etwas zu lernen. Eine Sprache vielleicht? Dann ein neues Land und seine Leute kennen lernen?
Für mich war es ein langer Prozess, zu erkennen, dass die Käfigtür seit einem Jahr sperrangelweit offen steht und draußen das Leben wartet. Aber es wird mir immer öfter bewusst - und das Gefühl ist so unglaublich klasse, denn ich kann ehrlich behaupten, als Mensch an dieser Erfahrung gewachsen zu sein.
Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass du das auch schaffst.
Liebe Grüße
P.S. Sorry, noch ganz wichtig: Die Frage nach diesem neuen Selbst ist überwältigend, wenn man sich so lange nicht mit sich auseinandergesetzt hat. Aber du musst es jetzt nicht gleich perfekt wissen, wie sollst du auch? Du hast ewig nicht richtig gelebt. Wenn dir ein paar dieser Vorschläge oben gefallen und du dich nicht festlegen willst, dann probier einfach alles mal aus. Und dann noch mehr. Das mache ich momentan so und ich lasse mich gar nicht stressen . und darin liegt im Moment eine unglaubliche Freude.