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Loslassen zur Selbstfindung?

FATM
Also: Ich werde versuchen allen Antworten gerecht zu werden und freue mich über die rege Anteilnahme.

Vorab nochmal zum Verständnis: Wir haben beide Bindungsangst und wissen das auch beide! Das haben wir gemeinsam aufgearbeitet. Deswegen kann nicht die Rede davon sein, dass ich mir Dinge schön rede und in einer, von mir erschaffenen, Realität lebe. Ich habe etliche Bücher gelesen, bin Gasthörerin in diversen Seminaren des Studiengangs Psychologie und arbeite selber als Sozialpädagogin mit Menschen die schwere psychische Behinderungen haben. Ich bin kein Laie und versuche immer alle Wahrheiten aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen. Was lange nicht bedeutet, dass ich perfekt bin. Ich kenne aber die Theorie.

Zu Lilo: Antworten von Betroffenen finde ich unglaublich wertvoll und vor Allem trifft es das. Menschen mit Bindungsangst verlieben sich, in der Regel, nicht in Menschen die sicher gebunden sind und auch nicht umgekehrt. Es gibt unbewusste Mechanismen, welche genau dafür sorgen, dass wir unsere Muster ausleben können. Womit ich auch schon dem Nächsten antworten möchte:

Tiefes Meer: Ich verstehe was du meinst mit dem ewig andauernden Kreislauf. Ich denke aber, alleine aufgrund der Tatsache, dass die Liebe sich halt nicht so entwickelt wie es bei einem ebenfalls bindungsängstlichen der Fall ist, dass eine größtmögliche Entwicklung erzielt werden kann wenn man sich, sehr reflektiert, mit seinesgleichen befasst. Das belegen ja auch diverse Selbsthilfegruppen. Auch deinen Einwand mit dem Hintertürchen kann ich gut nachvollziehen. Nun ist es aber so, dass ich einen Punkt in meinem Leben erreicht habe, an dem ich verstanden habe, dass Ich ein Teil des Problems bin und DER MANN nicht kommen wird. Deswegen bin ich ein Freund davon die Dinge anzugehen wenn es bewusst geworden ist. Mein Freund/Ex-Freund übrigens auch. Nur hat er momentan das Gefühl nicht genug Kraft für derartige Beziehungsarbeit aufbringen zu können und das Bedürfnis sich um sich selbst zu kümmern. Existenzängste, mangelnde Verantwortung für sich selbst, andere Wohnung suchen, Canna., gestörten Tag- Nachtrythmus etc. Mein Bedürfnis ist es an unserer Beziehung zu arbeiten. Da ich in diesem Moment seine Bedürfnisse aber definitiv über meines stelle, ist es ganz klar. Zumal er auch selbst weiss, dass er keine Verantwortung für jemand anderen übernehmen kann (Verantwortung in dem Sinne von Partnerschaft) wenn er für sich keine oder nur unzureichend übernimmt. Auch bin ich nicht traurig über etwas was mein Gegenüber nicht hinbekommt. Für mich ist immer der Prozess wichtig. Und wie lange sowas dauert weiss ich zu gut. Noch vor 2 Jahren habe ich unter derben Anspruchshaltungen und Minderwertigkeitskomplexen gelitten. Diese spüre ich natürlich, habe aber Bewältigungsstrategien entwickelt. Das hat 1,5 Jahre gedauert. Ich bin dankbar über jede Art der Reflexion und möchte immer an mir arbeiten. Auch dir Danke für deine Antwort. Jede Antwort ist wertvoll.

Jam:Ich habe das Gefühl, dass du sehr festgefahrene Vorstellungen zum Thema ist. Jeder Mensch ist ein Individuum und wie Lilo so schön geschrieben hat: bei bindungsängstlichen Menschen gehen die Gefühle in regelmäßigen Abständen verschütt. Das heisst nicht, dass sie nicht mehr da sind. Im Gegenteil. Sie werden in der Kommunikation auf einmal wieder spürbar und dann kommt es zum Revidieren von Aussagen. Das trifft sicher auf viele Menschen nicht zu. Auf viele bindungsängstliche aber schon. Auch das Warm halten kann ich nicht unterschreiben da ich ja schon erwähnt hatte, dass mein Gegenüber vor mir eine Beziehung vor 10 Jahren hatte. Es liegt ihm nichts ferner als eine andere Beziehung einzugehen. Keine andere-gar keine. Eben aus Angst. Wir leben unsere Bindungsangst unterschiedlich aus. Er ist der klassische Vermeider. Entweder gar keine oder nur so lange bis es zu nah wird. Das wird auch am mangelnden Freundeskreis deutlich. Ich hingegen suche Bindungen, zettel dann aber Streit an (wie Lilo) wenn es mir zu nah wird. Somit ergänzen wir uns gut und haben unsere Ängste ausgelebt bis ich irgendwann aufgestanden bin und mich gefragt habe, was hier eigentlich passiert.

Ich freue mich auf weitere Anregungen und Austausch. Euch allen einen schönen Nachmittag/Abend.

05.02.2018 17:07 • x 2 #16


froschweg
Zitat von FATM:
Ich freue mich auf weitere Anregungen und Austausch.


Liebe @fatm, ich verfolge dein Thema mit Interesse und finde ihr seid schon einen wichtigen Schritt gegangen, euch eure Angst einzugestehen und gemeinsam und miteinander daran arbeiten zu wollen.

Die Beziehung mit einem Bindungsvermeider hat mich in dieses Forum gebracht. Diese schwierige schmerzhafte Zeit mit der Trennung als Höhepunkt hat mich erstmals in meinem Leben erkennen lassen, dass ich selber bindungsängstliche Strukturen habe...rückblickend reflektiert sogar schon mein ganzes Leben lang. Ich hatte das zuvor nicht kapiert; hatte mich bis dahin nie mit dem Thema Bindungsangst beschäftigt. Vor diesem Hintergrund war diese Beziehung vermutlich sogar ein Segen.

Seitdem habe ich mich so intensiv mit dem Thema auseinander gesetzt, auch mit therapeutischer Begleitung, dass ich dich und deine/eure Ansätze sehr gut verstehen kann.

Mir ist bewusst, dass ich die Beziehungsmuster wiederholen werde, solange ich mein Thema nicht abgearbeitet und aufgelöst habe. Ich musste diesen Menschen, an dem mir sehr viel lag, leider gehen lassen, hätte aber auch nicht die Kraft aufbringen können, IN der Beziehung das Thema anzugehen. Er hat sich dem ohnehin komplett verschlossen; da kann man dan leider nichts machen.

Dir wünsche ich, dass es euch gelingt, diese On/Off-Dynamik (die ja durch das Mauern und Abtauchen zwangsläufig entsteht) irgendwann zu durchbrechen und ihr einen Weg findet, diese Angstsituationen miteinander auszuhalten.

Es ist natürlich schwierig, diese Hin- und Hergerissen sein, den plötzlichen Gefühlstod (keine Gefühle mehr da) von einem nur lauwarmen Interesse für jemanden zu unterscheiden.
Ich glaube allerdings, dass wir, wenn wir tatsächlich keine Gefühle mehr für jemanden haben, gerade nicht anfangen, diese Person zu vermissen, sobald eine Distanzsituation da ist (die die Angst abebben lässt). Wenn meine Gefühle komplett weg sind, sind sie weg; egal ob die Person da ist oder nicht!

Ich habe für mich gelernt dass die eigene Beziehungshistorie (und die des Partners) mit sich wiederholenden Mustern und der familiäre Hintergrund kein Zufall sind, wenn bindungsängstliches Verhalten auftritt.

05.02.2018 18:48 • x 2 #17


A


Loslassen zur Selbstfindung?

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FATM
Froschweg, wie erfrischend und schön von dir zu lesen. Mir geht es ganz genau wie dir.Deswegen empfinde auch ich diese Beziehung als Segen weil sie mir gezeigt hat, dass sich meine Muster wiederholen.

Was mich sehr interessiert ob du das Gefühl hast, dass du therapeutische Fortschritte machst!? Ich hatte ja schon geschrieben, dass ich tiefenpsychologische Therape hinter mir habe und morgen habe ich einen Termin bei einer Verhaltenstherapeutin die auch mit Bindungsangst umgeht. Ich verspreche mir davon sehr viel.

Genau, der Unterschied ist genauso wie du es darstellst. Die Gefühle sind nicht weg. Sonst gäbe es nicht nach kurzer Zeit das große Vermissen sondern einen endgültigen Cut.

Richtig, reflektiert betrachtet, lebe ich bindungsängstliche Strukturen seit Jahren. Der einzige gesunde Mann in meinem Leben war der Vater meiner Kinder. Mit ihm konnte ich nach 2 Jahren nicht mehr schlafen. Ich bin schon verkrampft bevor es losging. Körperlicher Entzug ist eines der mächtigsten Mittel beim Thema Nähe.

Ich will das in erster Linie für mich angehen aber natürlich auch für meine Kinder. Meine Kinder sollen lernen wie gesunde Bindungen aussehen und wie man gut für sich selbst sorgt.

LG

05.02.2018 19:01 • x 1 #18


froschweg
Meine Kinder sind auch für mich ein wichtiger Motor, nun endlich etwas durchbrechen zu wollen, was mich eigentlich schon mein ganzes Leben verfolgt. Ich lebe ihnen nicht nur ungesunde Beziehungen vor (die mit dem Kindsvater; dort war ich aktiv bindungsängstlich, und danach die Beziehung, die mich hierher geführt hat - dort war ich passiv bindungsängstlich), ich fürchte darüber hinaus, dass auch die Mutter-Kind-Bindung gelitten hat. Ein unglaublich schmerzhafter Gedanke.

Den körperlichen Entzug habe ich in meiner Ehe (mit dem Kindsvater) und in den Betziehungen davor selber partiziert. In meiner letzten Beziehung mit dem aktiv Bindungsängstlichen durfte ich dann mal erfahren, wie sich das umgekehrt anfühlt.

Ja, ich mache therapeutische Fortschritte. Ich beginne Dinge zu fühlen, die ich davor nur theoretisch erkannt und begriffen habe. Und ich nähere mich auch emotional dem Kernproblem an. Es braucht Zeit. Manchmal ghabe ich große Angst, nicht den Durchbruch zu erleben und ewig so weiter zu machen wie bisher.
Dann beneide ich meinen Ex, der den gleichgültig vermeidenenden Bindungsstil auf beeindruckende Weise verinnerlicht hat und hochwirksame Verdrängungstrategien entwickelt hat. Er kommt zwar nirgendwo an, aber leidet nicht so wie ich...nehme ich an.

05.02.2018 19:19 • x 2 #19


FATM
Wie alt sind deine Kinder? Ich glaube, dass, selbst wenn schon Mutter-Kind-Bindungsschäden entstanden sind, dass es Kindern sehr viel bringt reflektierte Eltern zu haben. Kinder verzeihen schnell und lernen dazu. Das Wichtigste ist, so glaube ich, neue Muster zuzulassen und sich nicht zu verschließen. In meiner Beziehung zu dem Kindsvater wusste ich nichtmal wer ich selbst bin. Nach der Trennung habe ich begonnen alte Muster loszulassen und das trägt schon Früchte. Meine Kinder spüren ihre eigenen Bedürfnisse und können diese kommunizieren. Für Veränderung ist es nie zu spät.

Deine Ängste kann ich gut verstehen. Die habe ich auch. Auf der anderen Seite bin ich sicher, dass man schon die Hälfte des Weges gegangen ist wenn man sich das Problem eingesteht.

Bewussten Menscgen geht es häufig schlechter als Verdrängungskünstlern. Ich finde das manchmal auch sehr frustrierend aber das ist es was mir die Erfahrung gezeigt hat.

Ich habe schon ganz vieles geschafft. Keine Angst mehr vor dem Alleine sein. An mich selbst glauben. Mein Inneres kennengelernt. Ich glaube immer daran, dass man alles schafft wenn man es nur will. Und wie geschrieben: Einsicht ist schon die halbe Miete und ein offener Umgang mit dem Problem.

05.02.2018 19:36 • #20


froschweg
Meine Zwillinge sind 8 Jahre alt. Und du hast natürlich recht, dass es immer noch besser ist, spät anzufangen, als überhaupt nicht. Meine Kinder können auch offen über ihre Bedürfnisse und Gefühle sprechen, ich weiß, dass das viel wert ist.

Überhaupt finde ich deine positive Sichweise sehr erfrischend. Du hast viel erreicht für dich, darauf kannst du stolz sein!

Ich merke, dass ich auf halber Strecke stecken bleibe und nicht in letzter Konsequenz dem eigentlichen Thema begegnen kann. Das bewegt sich auch komplett außerhalb meines bewussten Steuerungsbereiches. Wenn ich wüsste, welchen Knopf ich jetzt drücken müsste, würde ich das sofort tun. Ich habe bewusst keine Angst, mich Dingen zu stellen. Hatte ich nie.

Auch ich habe mich im Laufe der letzten 10-15 Jahre deutlich weiter entwickelt. Das will ich gar nicht abwerten. Deswegen hat es mich auch ziemlich unvorbereitet getroffen, dass ich zuletzt in so eine schmerzhafte Beziehung geraten bin.
Als aktiv Bindungsängstliche nimmst du das ja ganz anders wahr (also in den Beziehungen davor), erst recht wenn du überhaupt keine Peilung hast, was da eigentlich abgeht. Esoteriker würden jetzt vermutlich sagen, das war eine karmische Keule.

05.02.2018 20:10 • x 2 #21




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