Guten Morgen!
Ich habe die letzten Tage und Wochen hier einige Beiträge gelesen. Allein diese haben mir schon geholfen, aber dennoch sitzt der Schmerz noch sehr tief. Ich werde hier nichts Neues berichten, habe vieles schon in den Foren gelesen, aber dennoch ist es dann doch was anderes, wenn man sich den Kummer von der Seele schreibt.
Mein Ex-Freund und ich sind nun seit knapp 1 Monat getrennt. Von wem aus die Trennung ging, kann ich so schwer beantworten, da dafür die gesamte Geschichte bekannt sein müsste.
Wir waren 3 Jahre zusammen (ich bin nun 31, er 28). Ich kann unser Zusammenkommen so beschreiben, dass er mich damals aus meiner alten Beziehung "gerettet" hat. Ich war mit meinem ersten Freund 12 Jahre zusammen; wir wurden quasi gemeinsam erwachsen, haben uns dann aber in unterschiedliche Richtungen entwickelt. Eine Trennung schaffte ich nie - bis zu dem Moment, als ich meinen Ex kennenlernte. Er gab mir damals genau das, was mir in meiner ehemaligen Beziehung fehlte: Zuneigung, unglaubliche Liebe, Aufmerksamkeit und das beständig Gefühl, "die Eine" zu sein. Er zog quasi von heute auf morgen bei mir ein; wir verbrachten jede freie Minute gemeinsam. Nach 1 Monat der erste gemeinsame Urlaub . ich fühlte mich wie auf Wolke 7. Ich habe mit ihm so viel erleben dürfen - mein erster Freund war ein Stubenhocker; mein "neuer" Ex das komplette Gegenteil. Ich habe es genossen.
Nach knapp 3 Monaten kam es aber zu dem ersten Problem, welches ich damals jedoch noch nicht in einem derartigen Ausmaß erkannt habe: wir waren auf Urlaub/Dienstreise und von einem Moment auf den anderen ignorierte er mich. Das ging 2 Tage so. Als ich dann schon meine Koffer für die Heimreise gepackt hatte, lenkte er plötzlich ein. Seine damalige Chefin warnte mich schon zu diesem Zeitpunkt vor ihm ("Das hast du nicht verdient.", "Du wirst ihn noch kennenlernen." etc). Damals dachte ich mir nichts dabei.
Leider häuften sich derartige Vorfälle: in dem einen Moment war alles gut, ich die Beste und Tollste und im nächsten Moment redete er tagelang (!) kein Wort mit mir. Die Gründe habe ich nie erfahren, denn von ihm kam prinzipiell nicht der erste Schritt, geschweige denn eine Entschuldigung. Prinzipiell traf mich die Schuld.
Eines Tages kam ich nach einer Diskussion nach Hause und die Wohnung war er leer: er hatte seine Sachen zusammengepackt und war ausgezogen. Damals war er tatsächlich auch noch zu einem
Gespräch am nächsten Tag bereit, in dem er mir den Grund seines Auszuges wie folgt schilderte: ich Habe damals eine Zusatzausbildung begonnen und ihn nach seiner Meinung gefragt. Er fragte gar nicht nach Details, sondern meinte gleich, er hielte nichts davon. Meine Antwort war, er soll mich lieber unterstützen und keine Steine in den Weg legen. Diese Aussage nahm er als Anlass für seinen Auszug.
Zudem stand zwischen uns immer sein "Hobby", welches sich jedoch nicht als solches, sondern als absoluter Fanatismus entwickelte: schon in Jugendjahren tanzte er (Standard), arbeitete seit Jahren abends in einer Tanzschule. Wir haben offen darüber gesprochen, dass ich meine Tänzerin bin, ihm dabei aber unterstützen werde. Er war somit neben seinem Hauptjob 3 Mal (in den letzten 1,5 Jahren 5 Mal) pro Woche in der Tanzschule. Ich merkte, dass er aber auch mich für das Tanzen begeistern wollte, so fingen wir gemeinsam zu tanzen an. Ich bemühte mich sehr. An manchen Tagen schätzte er dies auch, an anderen "drillte" er mich. Ich habe ihm mehrmals gesagt, dass ich mich auf der Tanzfläche neben ihm vorgeführt fühle: er der Profitänzer und ich hoppse daneben her. Ich fühlte mich dabei nicht wohl, aber er drängte regelrecht darauf.
Er war immer der ruhige Part. Wenn wir unterwegs waren, saß er schweigend daneben. Eine eigene Meinung hatte er nicht. Wenn ich nach seiner Vergangenheit, Gefühlen oder Emotionen nachfragte, bekam ich als Antwort ein Achselzucken oder ein "Keine Ahnung!".
Auch von Empathie fehlte jede Spur: als ich mir in einem schwachen Moment Fotos von meinem verstorbene Kater anschaute und mich weinend auf ihn legte, stand er kommentarlos auf und ging. Meine Gefühle und Emotionen konnte er leider nicht deuten. Da könnte ich viele Situationen nennen.
Corona machte er ihm dann auch sehr zu schaffen. In seinem Hauptjob hatte er nichts zu tun, Tanzschulen waren geschlossen. Für mich ging das Leben aber ganz normal weiter. Nach der Arbeit "belagerte" er mich, wollte beschäftigt werden. Bald hatte ich keine Luft mehr zu atmen. Wir haben offen darüber gesprochen und gesagt, es wird Zeit, dass es wieder "normal" wird.
Und plötzlich war die Trennung da. Er schleuderte mir eine ungute Aussage an den Kopf, ich zog mich die nächsten 2 Tage zurück (ein Verhalten, das ich bislang nicht an den Tag legte. Nach einem Ausraster seinerseits war ich immer zu Hause. Diesmal aber nicht.) Damit konnte er scheinbar nicht umgehen, und leitete die Trennung ein (das war nun die Kurzfassung).
Ich habe schon viel darüber gesprochen. Es besteht die Vermutung einer psychischen Erkrankung. Seine Eltern haben mich vor ein paar Jahren nach meiner Meinung gefragt, da er schon als Kind Auffälligkeiten zeigte, aber keiner Therapie zugänglich war. Ich will ihm auch keine Diagnose umhängen, aber ich selbst bin beruflich mit der Materie sehr betraut. Habe mich auch mit befreundeten Psychologinnen ausgetauscht (und hier sei darauf hingewiesen, dass es sich lediglich um Verdachtsdiagnosen handelt - diese ändern natürlich an der Trennung an sich nichts!). Vermutet werden Borderline-Züge. Ich habe mich in den letzten Tagen und Wochen intensiv mit dem Thema
beschäftigt und es passt wie "die Faust aufs Auge".
Mein Problem ist nun, dass ich einfach nicht loslassen kann. Trotz der ganzen unschönen Situationen, die mir großen emotionalen Schmerz bereitet haben, denke ich pausenlos nur an die guten und schönen Momente. In meinem Kopf spielt alles verrückt. Das spricht (leider) auch sehr für Borderline: der Borderline hebt seinen neuen Partner auf ein Podest, idealisiert ihn, spiegelt; im nächsten Moment lässt er ihn fallen (gut erkennbar an dem tagelangen Schweigen).
Die Trennung ist frisch (1 Monat) und ich bin mir sicher, dass er besser werden wird, jedoch ist derzeit der Schmerz unglaublich groß. Dazu kommt noch, dass er sich nach der Trennung nicht mal "umdrehte" - es kam nichts mehr. Er hat die Türe zugemacht und mich komplett aus seinem Leben gestrichen, wobei er Tage zuvor noch die heile Welt vorspielte. Zudem dürfte es auch schon eine Neue geben (auch sehr typisch für Borderline).
Wie schaffe ich es, loszulassen und die schönen Erinnerungen vorerst nach hinten zu schieben?
Vielen Dank für das Lesen des langen Textes!
17.08.2021 06:34 •
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