Hi Siglo-XX,
ich kann es dir ja auch nur aus meiner persönlichen Erfahrung sagen, freut mich, wenn es dir hilft.
Ich denke auch, das ist doch klar, dass du sie vermisst..
Sie war Teil deines Leben und ist jetzt weg.
Da entsteht eine Lücke.
Und du füllst die ja recht sinnvoll, mit Sport und Freunden...
Finde das alles noch nicht mal so unnormal und auch noch gar nicht so behandlungsbedürftig.
Also, du wirkst wenigstens nicht so, wie du dich innerlich fühlst, kann man ja schlecht beurteilen über so ein Forum.
Ich denke auch immer, dass irgendeine Klassifizierung in Diagnosen letztendlich wenig hilfreich ist.
Ich halte davon nicht so viel.
Das sagt nichts über einen Menschen aus, wie stark sein Wille ist zur Veränderung, hängt nicht von einer Diagnose ab, sondern von anderen Dingen.
Wie selbsteinsichtig ist er, wie selbstkritisch, was verlangt er von anderen und was von sich selbst..?!
Ich bin auch überhaupt kein Verfechter der Theorie, dass manche Dinge einfach nicht behandelbar sind.
Ich sehe das eher so:
Jeder psychischen Erkrankung, die keine organische Ursache hat, ist eine Verletzung voraus gegangen.
Einer Verletzung der Seele.
Das Problem entsteht meist nicht durch die Verletzung selbst, sondern durch die eigene Einordnung, die man trifft.
Das passiert nicht bewusst und es ist keine falsche Entscheidung, die man "treffen" könnte, sondern die Umstände sind falsch, obwohl man eigentlich eine richtige Vorstellung hat.
Was ich meine, an einem extrem-Beispiel:
Ein Kind ist, durch seine Eltern, wiederholter Gewalt ausgesetzt.
Es wächst in einem gewalttätigen Umfeld auf.
Es "lernt" das so.
Es lernt NIE eine konstruktive Auseinandersetzung mit Konflikten.
Für sich selbst auch nicht!
Es wird ihm nicht vorgelebt.
Das Kind wächst auf und wird sich minderwertig fühlen.
Obwohl das falsch ist!
Es ist in einem Zwiespalt groß geworden.
Einerseits die Eltern (die es bewundert, die seine Bezugspersonen sind, die es liebt, von denen es abhängig ist).
Nichts an dem Bild, "wie Eltern sein sollten", ist falsch.
Das Kind hat eine richtige Vorstellung, ein korrektes Elternbild.
Eltern sollten fürsorglich sein, liebevoll, usw.
Erst durch das Verhalten der Eltern kommt etwas falsches in das Bild.
Und das Kind versteht das nicht.
Es KANN es nicht verstehen, weil SEIN Bild, seine VORSTELLUNG, davon, wie Eltern sein sollten, ja RICHTIG ist.
Es schafft es nicht, mit 2 oder 4 oder 7 oder 9 oder 12 Jahren sich derart abzugrenzen, dass es differenziert begreifen kann, dass eigentlich das Verhalten der Eltern Schuld ist.
Also: Es wird meinen: Etwas stimmt mit MIR nicht.
Wenn das Wunschbild von den Eltern (sogar objektiv gesehen) richtig ist und die Eltern nicht in Frage gestellt werden KÖNNEN...
...dann bleibt nur noch:
Mit MIR stimmt was nicht....
Obwohl das nicht stimmt, denn es hat nichts falsch gemacht und sieht die Welt auch nicht verdreht.
Und trotzdem MUSS es sie verdreht wahrnehmen, weil ANDERE ihm ein Unrecht zugefügt haben.
Dieses Kind wird nun groß und immer, wenn es sich angegriffen FÜHLT, nicht beachtet, nicht wahrgenommen, nur, wenn es sich so FÜHLT, wird dieser Aspekt in der Seele eine ungeheure Wirkung entfalten.
Das Kind wird angeeckt sein, schon vorher, das Kind ist vielleicht 28 Jahre alt geworden, aber es hat nie die Skills an die Hand bekommen, wie es wäre, ANDERS mit dieser Frustration umzugehen.
Das ist, wie einen Nagel in die Wand hauen zu wollen, aber nur eine Säge zu haben.
Das Werkzeug, was zu einem normalem sozialen Umgang da sei müsste, fehlt einfach.
Und das Kind wird 32 und hat selbst Frau und Kinder und irgendwann rutscht ihm mal die Hand aus...
Man kann sowas nachlernen.
Daran glaube ich auch fest, man kann jeglichen entstandenen Schaden bis zu einem gewissen Grad auch rückgängig machen.
Aber man kann das nicht von außen beeinflussen.
Es reicht nicht, wenn du dich hinstellst und ihr wünschst, dass sie sich nicht so schlecht fühlen soll.
Sogar, wenn du ihr jedesmal die Säge aus der Hand nimmst, ihr einen Hammer in die Hand drückst, und sagt: Und jetzt drauf kloppen!
Das ändert nichts.
Du nimmst ihr bloß die Arbeit ab und du leihst ihr dein Werkzeug.
Aber du hilfst ihr damit nicht.
Weil sie selbst verstehen muss, dass sie sich manche Werkzeuge selbst zulegen muss, um nicht ständig anzuecken.
Mein Rat ist daher:
Sei achtsam mit dir selbst
Sei nicht fies, provoziere sie nicht unnötig, sei nicht gemein, sei nicht hinterhältig, sei nicht mal extrem wütend, versuche (ich weiß, ich muss mich auch immer am Riemen reißen, wenn man mir verletzende Dinge sagt und das ist extrem schwierig...) , wenn sie dich abwertet, zu denken:
Es ist IHR Problem, was SIE nicht behoben bekommt.
Ihr Problem, ihre Verantwortung.
Es ist nicht deine.
Jeder muss sich das fehlende, notwendige Werkzeug selbst besorgen...
Du musst das, ich muss das, jeder muss selbst die Verantwortung für sein Leben übernehmen und auch für jegliche Defizite, die er erlitten hat.
Guck lieber nach deinem Leben.
Guck gar nicht nach ihrem.
Das bringt euch beide nicht weiter.
Durchhalten, Großer....
Von Tag zu Tag, von Woche zu Woche.
Von Monat zu Monat.
So lange, wie es eben dauert.
27.05.2021 23:08 •
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