45

Loslassen, ein hartes Stück Arbeit

T
Hallo zusammen,

kennt ihr das: im Kopf ist das Loslassen bereits vollzogen. Ihr wisst ganz genau, es wird kein Zurück geben. Das Leben, was nun auf einen wartet, wird in erster Linie alleine gestemmt werden müssen (Familie und Freunde stehen natürlich an der Seite), mit allen Risiken, Höhenflügen und auch Abstürzen.
Der Fels in der Brandung bzw. das Kieselchen, welches mal dafür gehalten wurde, ist erodiert.
Ich wurde in eine Ausfahrt gedrängt und mein Navi streikt gerade, ich weiß nicht, welcher Weg der Richtige sein mag.

Vielleicht kurz zu meiner Vorgeschichte: Nach zwei Jahren Beziehung wurde ich vor fünf Monaten (Ende November) verlassen. Für mich war es die große Liebe. Auch wenn einige meinen, zwei Jahren seien nicht viel, für mich kommt es aber auf die Intensität an. Es war die Person, mit der ich mein Leben teilen wollte.
Die Trennung erfolgte eigentlich mit keiner Begründung, die mich zufrieden stellte. Es hat sich eigentlich nichts geändert; ich hatte das Gefühl, nicht das machen zu können, was ich will. Das war's.
Natürlich gab es in der Beziehung immer ein auf und ab. Ich war jedoch der festen Überzeugung, dass ICH das regeln kann, wenn ich MICH ändere oder noch mehr (oder weniger) gebe.

Wie alles genau ablief in der Beziehung bzw. in der Trennung möchte ich jetzt nicht niederschreiben. Es ändert wenig am jetzigen Zustand.
Ich möchte euch aber mitteilen, wie ich diese Verarbeitungsphase bisher genutzt habe und euch fragen, warum ich das Gefühl habe stillzustehen? Ob es euch genauso geht oder wie ihr euren Neuanfang gestaltet?

Die ersten 2 Monate der Trennung waren extrem schlimm für mich.
Der Mensch, der mir am liebsten im Leben ist, schubst mich in ein sehr tiefes, dunkles Loch. Er hätte mir ein Kissen umbinden können, damit der Fall nicht zu schmerzhaft ist, aber meine bessere Hälfte tat das nicht. Gefühlt legte sie sogar noch Gewichte an meine Füße, damit der Aufprall richtig wehtut.
Ich konnte mich absolut nicht ablenken oder aufraffen.
Natürlich habe ich Rückholversuche gestartet, man hat sich nochmal getroffen, aber ich wurde abgewiesen. Meistens liebevoll sachlich, manchmal auch knallhart abweisend. Nach 10 Tage habe ich es aufgegeben und erst hier kam der Aufprall im dunklen Loch; die rabenschwarze Phase begann. Ständiges Weinen, keine Sekunde ohne einen Gedanken an Ex; es immer noch nicht wahrhaben wollen und die Gedanken, es muss an mir liegen, was muss ich ändern, damit alles wieder gut wird?
Ich hatte aber die Kraft Ex mitzuteilen, dass ich das uns nun verarbeiten muss, also ein quasi bitte melde dich nicht auszusprechen.

Ab hier begann die Phase der vielen Gespräche mit Familie und Freunden. Während dieser Gespräche fühlte ich mich aufgefangen, aber sobald ich allein war, brach das zusammen. Die Welt draußen war feindlich, trostlos und grau. Jede Sekunde dachte ich an uns, dass ich nie wieder glücklich werde, niemand mich mag, dass alles vorbei ist. Wie oben schon gesagt, ein Aufraffen war nicht möglich. So lebte ich vor mich hin: Nichtschlafenkönnen, Arbeit, Couch, Nichtschlafenkönnen, Arbeit, ....
Zugegeben, manchmal gab es Höhenflüge und ich sagte mir: Kopf hoch, alles wird gut und du bist ein toller Mensch! Dies hielt meistens 2 Minuten und irgend etwas holte mich wieder ein. Besonders dann, wenn ich mitbekam, dass Ex Spaß hat, feiern geht und einfach lebt; nämlich so, als ob es mich gar nicht gab.
Vieles erinnerte mich auch noch an die gemeinsame Zeit, weil wir unsere Sachen noch nicht ausgetauscht hatten.
Ich hatte das Gefühl es nun machen zu müssen, damit ich loskomme und weitergehen kann; diesen Anker endgültig versenken.
Ende Dezember, also einen Monat nach dem Aus war dieser Moment gekommen. Ich habe alles gefühlt: von Trauer über Erleichterung Ex zu sehen, Wehmut, Glücksgefühl - kurzum die komplette Bandbreite.
Gesprochen haben wir und ich habe meinen Mut zusammengenommen und gesagt, was ich dachte. Unsere Beziehung in diesem Gespräch analysiert, uns beide analysiert und die Hoffnung innerlich gehabt, dass sich etwas in meinem Gegenüber bewegt.
Hat es aber nicht; während des Gesprächs nicht und danach bekam ich lediglich die SMS ich hoffe, das Gespräch hat DIR etwas gebracht!?.

Ab hier begann für mich die zweite Phase. Ich merkte, ich kann auch mit einer Wand reden. In der Beziehung waren wir nicht auf Augenhöhe und jetzt erst Recht nicht. Ich stehe an einem anderen Punkt, verständlicher Weise. Mein Ex-Partner macht sich keine Gedanken um mich, um die Vergangenheit, sondern ist schon in voller Fahrt gen Zukunft. Aber ich stehe noch verlassen am Gleis und weiß nicht, in welchen Zug ich einsteigen soll. Das einzige, was ich weiß...ich muss los, ich darf den richtigen Zug nicht verpassen.
Ich richtete also eine Kontaktsperre ein, meine Fahrkarte war das; sagte lebe vorerst wohl und pass auf dich auf.
Die ersten paar Wochen waren extrem. Einfach so den ehemaligen Mittelpunkt meines Lebens zu verbannen und einen Neuen zu finden schmerzt und ist unwahrscheinlich schwierig.
Aber ich begann langsam wieder aufzustehen. Ich meldete mich in einem anderen Fitnessstudio an, traf mich wieder öfters mit Freunden zu Aktivitäten und überlegte, was wolltest Du schon immer machen, konntest du aber nicht aufgrund der Beziehung? - Umziehen!
Den Plan hatte ich schon vor uns. Legte ihn dann aber auf Eis, weil vielleicht wäre man ja zusammengezogen irgend wann (ich wurde auch darin bestärkt, den Plan ruhen zu lassen). Ja, so habe ich damals gedacht. Also hopp, dieses Projekt in Angriff nehmen und es noch ehrgeiziger gestalten: ich möchte meinen Geburtstag im Juni in meiner neuen Wohnung feiern.
So vergingen die Wochen von Januar bis März....Etwas besser schlafen können....Arbeit.....Sport.....Feiern....Etwas besser schlafen können....Arbeit....Freunde treffen....Wohnungsbesichtigung....usw.
Natürlich waren die Gedanken an Ex täglich präsent, geweint habe ich weiter, wenn auch weniger. Die Gedanken änderten sich jedoch Dank der Gespräche mit meinen Liebsten. Ad acta gelegt habe ich meine Schuldzuweisungen gegen mich selbst. Mich trifft keine Schuld an dem Aus; was mich aber weiterhin sehr beschäftigte war der mangelnde Wehmut von Ex. Es kam nämlich nichts....kein ich vermisse dich, kein Hallo, wie gehts dir? - absolute Funkstille. Klar ich wollte es so und ich sagte mir immer, die Kontaktsperre ist für dich gut, zum Loslassen. Aber so ein kleines Fünkchen Hoffnung vermisst zu werden darf man doch haben.
Auf jeden Fall wurden die rabenschwarzen Tage zu grauen Tagen. Manchmal sah ich ein Lichtlein am Ende des Tunnels. Ich hatte wieder etwas Spaß am Ausgehen, lernte neue Menschen kennen und merkte auch, dass sich andere für mich, FÜR MICH interessieren. Es war für mein Selbstvertrauen Balsam. So wirklich zulassen konnte ich es aber nicht...warum diese Person und nicht DIE Person? Egal...genieß es und heul meinetwegen auch!
Rückschläge gab es...findet mal eine Wohnung in Berlin. Grausam! So kam eine neue Baustelle in meinen Gedanken hinzu...du findest nie eine Wohnung. Ja, noch mehr Druck, aber selbstgemacht, ich weiß.

Im März schließlich, auf einer Party kam der große Paukenschlag. Ich war ganz Gewiss nicht über den Berg, aber immerhin soweit, als das ich wieder nach rechts und links schaute; nur noch jede Stunde an uns dachte und nicht jede Sekunde; auch mal Lachen konnte und mir manchmal sagte: Mensch, du bist doch toll - und das sogar im Nachgang glaubte.
Ex und ich auf einer Party; nach drei Monaten absoluter Funkstille. Naja, Kurzversion: mir wurde gesagt, wir hatten nie eine Zukunft und werden auch nie eine haben!, verschleiert du bist kein wichtiger Mensch mehr für mich und um die Unwichtigkeit meiner Person nochmals zu unterstreichen wie lange waren wir zusammen - ein oder zwei Jahre? Du weißt doch, ich habs nicht so mit Daten!.
Der Abend war für mich gelaufen; ich fiel wieder und das obwohl ich mich relativ schon gefangen hatte. Ich habe wieder diese Leere gefühlt; dieses Unnützsein. Am nächsten Tag kam natürlich eine Entschuldigung; Tage später unverhoffte Nachrichten wie es mir ginge, schöne Ostern, habe an dich gedacht.
Aber ganz ehrlich, so what? Durch diese Begegnung wurde mir klar, nein - ich will nicht. Ich will nicht Spielball mehr sein. Niemand darf mich so verletzen. Ich musste meinen Stolz wieder herrichten, aber wie?

Für mich kam nur der Absch(l)ussbrief in Betracht, den ich auch abschickte. Ich teilte darin meine ganze Sichtweise mit: dass ich nicht wertgeschätzt wurde; dass mir in der Beziehung kein Platz eingeräumt wurde; dass mich die Beziehung sicherlich irgend wann aufgefressen hätte; dass ich bereit für Neues sein will, aber dazu den alten Ballast über Bord werfen muss; dass ich keinerlei Kontakt mehr möchte, auch keine Nachfragen nach dem Befinden; für immer aus und vorbei in jeglicher Hinsicht.
Und obwohl ich um keine Antwort gebeten habe, weil ich dies nur für mich gemacht habe, kam eine Nichtsagende. Man wollte mir nicht wehtun und man wird sich auf ein Hallo bei zufälligen Begegnungen beschränken, da Nachfragen mich ja nicht interessieren würden, was schade sei.
Ich antwortete nicht.
Vier Wochen ist seit diesem letzten Kontakt vergangen, aber seitdem geht's mir wieder schlechter. Ich weine öfters, schlafe schlechter. Beim Arzt war ich, habe Schlaftabletten verschrieben bekommen.
Ich reflektiere momentan anders. Klar ist der Liebeskummer noch da, ich vermisse ganz arg, aber ich denke eine neue Komponente schleicht sich ein. Das sich nichts zu zutrauen. Ich habe wahnsinnige Angst vor der Zukunft allein bzw. wieder so auf die Klappe zu fallen; mein Leben nun wirklich allein zu verantworten. Ich weiß, dass auch in einer Beziehung jeder für sich verantwortlich ist, aber sie hat mir ein Gefühl von Geborgenheit und auch Sicherheit gegeben bzw. habe ich mir das eingebildet.

Gerade daher ist nun die Enttäuschung so groß und die Angst, wieder zu scheitern oder etwas falsch zu sehen.
Meine neue Wohnung hat geklappt; seit Montag weiß ich, wo bald mein neues Zuhause sein wird.
Und Angst, irgend wie zu scheitern, mir das nicht leisten zu können oder allein dazustehen, dass brauche ich eigentlich nicht zu haben. Ich habe einen relativ sicheren Job und Menschen die zu mir stehen, für mich da sind und mir helfen. Ja es ist ein Neuanfang und der ist immer schwer.
Aber ich fühle eine Leere in mir. Ich kann mich nicht freuen....gestern kam mir der Gedanke, wenn ich mich freue wird die Enttäuschung im Nachgang nur größer, also lieber nicht freuen.
Das ist doch nicht normal. Vielleicht habe ich mir auch nur zu viel zugemutet in letzter Zeit.
Ich vermisse die Zweisamkeit mit meiner Liebe des Lebens, auch wenn sie sich so Ar. verhalten hat. Ich muss mich gerade selbst disziplinieren, um nicht wieder das Podest aufzubauen. Und ich weiß auch, dass ich es schaffen werde. Nur auf diese Momente möchte ich verzichten, in denen alles grau wird; in denen ich über die Vergangenheit grübele und sehe, wie sehr ich mich hab blenden lassen. Aber diese bösen Geister dürfen mein Leben nicht mehr bestimmen. Ich habe sie real bekämpft, sie sitzen nur noch in meinen Gedanken fest. Vergessen muss ich was war, leider auch die schönen Zeiten und offen sein für das Neue, was mich bald erwartet. Keine Vergleiche mehr, sondern mich so nehmen, wie ich bin und auch meine Bedürfnisse akzeptieren.

Loslassen ist wirklich schwierig und wie ich merke, ein ganz hartes Stück Arbeit. Es läuft leider nicht so, wie man es immer gerne hätte oder in vorgezeichneten Bahnen. Aber ich versuche mein Bestes....positiv denken!

05.05.2016 12:28 • x 14 #1


B
Ich habe in diesem Forum noch nie etwas geschrieben, immer nur mitgelesen.
Aber ich möchte dir gerne auf deinen Beitrag etwas antworten, da er mich bewegt hat.

Ich kenne dieses Gefühl. Ich weiß genau wovon du schreibst. Dass du dich wieder schlechter fühlst, liegt daran, dass Kopf und Herz unterschiedlich agieren. Der Kopf ist in deinem Fall einfach weiter, ein emotionaler Auslöser holt die Gefühle wieder an die Oberfläche die dein Kopf mit viel Kraft versucht unter Kontrolle zu halten. Das ist normal.

Ich kenne beide Seiten. Bin seit einer Weile wieder eine Verlassene, war aber auch schon die Verlasserin und habe ein Herz gebrochen. Man kann es natürlich ganz tief analysieren, aber am Ende sind es immer höchtpersönliche Gefühle die jemanden zu Handlungen bewegen. Es ist schwer bis unmöglich für den Zurückgelassenen zu begreifen warum das alles passieren konnte, wohin die Gefühle des anderen verschwunden sind (oder warum er sie nie hatte). Sogar für denjenigen, der verlassen hat, ist es manchmal unbegreiflich. Hier müsste man ganz tief in die Psychologie einsteigen, was aber unnötig ist. Es gibt immer Erklärungen für Gefühle, aber sie sind nahezu nutzlos. Denn Gefühle sind oft unerklärlich da, unerklärlich wieder weg. Die Menschen zeigen nur einen winzigen Teil nach Außen, allein das Unterbewusstsein ist um ein Vielfaches größer als das Bewusstsein, lässt einen denken, fühlen,handeln ohne dass man es sich selber erklären könnte.

Glaube mir bitte, es wird vorbeigehen. Du wirst es irgendwann als Teil deiner Vergangenheit sehen, der einfach nur passiert ist, vielleicht bleibt eine gelegentlich schmerzhafte Narbe, ich kann dir aber fast versprechen, dass es nicht mehr sein wird. Je schneller du dich wieder verlieben kannst, umso eher wird dieses Kapitel in den Hintergrund treten. Selbst ein Flirt würde dir helfen, denn er könnte dir zeigen, dass es diese Momente noch geben kann, wo man sich für einen anderen interessiert. Auch wenn man sich auf nicht weiteres einlassen möchte oder wird.

Ich hatte bislang drei mal wirklich ganz, ganz schlimmen Liebeskummer. Was ich gelernt habe ist, dass man in dieser Kummerphase den Menschen hochstilisiert zu jemandem der er gar nicht ist. Ich bin vor einiger Zeit nach 14 Jahren mit meiner damals sehr großen Liebe wieder in Kontakt gekommen. Er hätte mich gerne zurück. Wofür ich damals noch alles gegeben hätte, lässt mich heute kalt. Er hat seinen Zauber verloren.

Ich weiß, das alles wird dir heute und jetzt nicht besonders helfen. Aber ich möchte dir wirklich gerne mitgeben, dass uns Menschen von unserem Innersten auch gerne etwas vorgemacht wird. Dadurch erleben wir emotionale Höhen- und Tiefflüge, manches wird anders wahrgenommen als es Realität ist, Gefühle verwirren uns und lassen nicht zu, dass man etwas halbwegs neutral bewerten kann. Sie überkommen einen wie eine Urgewalt und umhüllen uns. Ein Großteil davon ist sogar reine Chemie die du verstoffwechselst. Dein innerer Chemiebaukasten ist durcheinandergewirbelt, das muss sich erstmal wieder ordnen. Es gibt viele Vergleiche die man heranziehen kann für das was du, ich und viele andere hier im Moment erleben. Die Zeit wird den größten Teil dieser Probleme erledigen, Eigeninitiative wirkt unterstützend, Pragmatismus auch. Am ehesten wird aber eine neue Liebe helfen. Je eher du dich dafür bereit fühlst oder wenigstens mal einen Blick darauf zulässt, umso schneller ist das vorherige Geschichte. Es muss ja nicht gleich die nächste große Liebe sein!

Vielleicht werde ich jetzt heftig Kritik einstecken müssen, aber ich habe eben schon einiges an Lebenserfahrung und hoffe, dass ich dir damit ein bisschen davon abgeben kann.

Alles Liebe
Bille

05.05.2016 18:23 • x 5 #2


A


Loslassen, ein hartes Stück Arbeit

x 3


T
Hallo Bille,

vielen Dank für deinen Beitrag!
Glaub mir, deine Antwort hilft. Selbst wenn nicht sofort, aber ich denke dass jede Sichtweise, ob ich sie nun mittrage oder nicht, den eigenen Horizont erweitert, Alternativen eröffnet und daher auch hilft. Kritik muss Du nicht fürchten.

Ich stimme Dir zu. Die genauen Gründe werde ich nicht erfahren, weil sie auf Gefühle basieren, die eben meistens nicht erklärbar sind. Und ich bin der festen Überzeugung, dass es meinem Ex-Partner nicht anders geht.
Wenn ich auf meine Leidensgeschichte zurückblicke dann merke ich, dass ich diesen Druck (den Druck es verstehen zu wollen) abbauen konnte. Ich habe mich damit abgefunden, nichts zu wissen. Das war für mich in der ersten Zeit der Trennung unvorstellbar; heute denke ich ab und zu noch darüber nach, aber tue es schnell ab. Es ist wie es ist und mit dem Jetzt muss ich zurecht kommen.
Womit ich aber nicht gerechnet habe: Das eine Trennung soviel Selbstvertrauen zerstören kann. Es ist nicht die Schuld von Ex, nein es liegt in mir diese Unsicherheit. Die Trennung war nur der Auslöser.
Ich habe viel in diese Beziehung investiert (emotional), habe meine zweisame Zukunft in Gedanken gebaut, hab mich und meine Bedürfnisse oftmals zurückgenommen, um meinem Gegenüber eine schöne Zeit zu bereiten und es Recht zu machen.
Ich habe mich quasi selbst in dieser Beziehung aufgelöst. Das war mein großer Fehler.

Ich war selbst auch schon der verlassende Part und dies hier ist nicht das erste Mal, dass ich verlassen werde. Nur diesmal erschüttert es mich bis in Mark. So tief, dass ich mir nichts zutraue, dass ich Angst habe zu versagen - egal in welcher Hinsicht: sei es eine neue Beziehung, die neue Wohnung oder andere Entscheidungen.
Alles was nicht optimal läuft, wird durch mein Inneres, durch meine Gefühlslage aufgebauscht; wird zu einem Riesenproblem, obwohl es oftmal gar nichts ist.
Ich kenne mich selbst so nicht und ich wünsche mir oft mein altes Ich zurück. Ja, das war auch sehr kopflastig, gedankenträchtig, aber nie so verunsichert. Und gerade in einer Phase meines Lebens, wo ich eigentlich alles habe, was für ein sicheres Leben ausreicht. Nur die bessere Hälfte eben nicht...die ist gegangen.

Diese emotionale Unsicherheit hat mir Ex oft vermittelt, eben weil wir nicht auf Augenhöhe waren. Oft Sprüche und Verhaltensweisen, die mir sagen sollten: Glaub bloß nicht, ich sei selbstverständlich. Streng dich an, damit ich bleibe.
Ich habe alles gegeben und verloren. Und diese Erkenntnis strahlt nun auf mein ganzes Ich aus. Alles ziehe ich in Zweifel, habe kein Vertrauen in die Zukunft und in meine Entscheidungen.

Aber ich weiß auch, dass Loslassen das einzige ist, was mir hilft.
Und Du hast Recht, die Zeit wird Wunden heilen. Auf diese baue ich ganz stark und ich freue mich wirklich auf den Tag, wo Ex und ich uns über den Weg laufen und mir es einfach egal ist. Nicht, weil ich etwas nicht zu schätzen weiß, sondern weil ich dann abgeschlossen habe und es mir nicht mehr wehtut.
Ich weiß nicht, ob ich eine Liebe momentan brauche oder will. Ich suche nicht, ich verwehre mich aber auch nicht. Es wird passieren, wenn es soll.
Was ich aktiv machen muss: Mir in den Allerwertesten treten; ich habe viel geschafft, habe meinen Zeitplan eingehalten; bin gegenüber Ex mehr als distanziert und habe gezeigt, so nicht! Lebe mit der Konsequenz.. Bin offen für neue Menschen, aber ziehe mich auch oft zurück in meine Höhle und lecke meine Wunde. Ich gehe zur Arbeit und schaffe mein Pensum; regelmäßig treibe ich Sport und ja, ich lebe so gut wie ich kann.
Dennoch gefühlt trete ich auf der Stelle...aber nein, ich muss mehr die Realität sehen und vor allem es beim Namen nennen....das alles ist Loslassen und niemand hat gesagt, das es einfach ist.

05.05.2016 19:28 • x 3 #3


B
Mir geht es da ganz genauso wie dir. Ich habe auch sämtliche Register gezogen, mich reingehängt, alles gegeben, an mir gearbeitet um das Unmögliche möglich zu machen. Bis zur Selbstaufgabe und totalen Erschöpfung. Weil ich dachte, dass wir erst seine Probleme lösen müssen und wir uns dann endlich, endlich an die Wunden machen können, die dieser Prozess bei mir geschlagen hat. Dazu ist es nie gekommen, er hat mich von jetzt auf gleich verlassen. Nun stehe ich, genau wie du, hier mit meinen Verletzungen, den Depressionen, der Fassungslosigkeit. Und auch mit dem Unverständnis mir gegenüber, dass ich das alles so lange mitgemacht habe. Ich habe es auch als Investition gesehen. Man tat ja alles aus Liebe, weil man sich versprochen hatte (und einem versprochen wurde), dass es eine Investition in eine GEMEINSAME Zukunft sein würde. Es war sicher auch so vom anderen gemeint, konnte aber dann nicht durchgehalten werden - warum auch immer. Die Gefühle haben diese Strapazen nicht überstanden.

Dass du das Gefühl hast, dass dein Selbstvertrauen verschwunden ist, kann ich ebenfalls gut nachvollziehen. Ich stelle mir die gleichen Fragen wie du. Aber weißt du, wenn man jemanden sehr liebt, blendet man die negativen Warnsignale und Eigenschaften des anderen schnell aus um die eigenen Gefühle nicht eintrüben zu lassen. Im Nachhinein erst reflektiert man, was eigentlich der andere einem zugemutet hat. Wie viele Hinweise es gab und wo man hätte stutzig werden müssen. Bei einer Freundschaft ist es ja ähnlich. Ich sehe natürlich wo meine Freundin ihre Macken hat, aber ich sehe darüber hinweg. Weil ich sie sehr gern habe und es für unsere Freundschaft keine Rolle spielen soll. Aber wer weiß, vielleicht werde ich eines Tages auch mal damit konfrontiert und alles kippt? Ich möchte damit sagen, dass du eigentlich keine Chance hattest die vergangene Beziehung wirklich skeptischer zu sehen, denn dann hättest du ihn weniger lieben müssen. Du hättest seine Fehler und die schlechten Dinge bewusst an dich heranlassen müssen. Wer schafft es schon, so hart zu sich selber zu sein? Wir wollen ja den anderen lieben und das Gefühl ausleben. Ansonsten wäre eine Beziehung ja nur halb so schön, wenn überhaupt.

Was übrigens noch ein großer Auslöser für den großen Kummer ist, ist die enttäuschte Erwartungshaltung. Wir sind ja alle davon ausgegangen, dass das was man sich vorgestellt hat, einem versprochen wurde und für das wir unser Herzblut investiert haben auch das sein wird was wir am Ende dauerhaft haben werden. Worauf wir unser weiteres Leben aufbauen können. Wer lebt schon nur im Hier und Jetzt? Ich denke, fast jeder denkt permanent an die Zukunft und an seine Ziele die er erreichen möchte. Wenn es klappt, wunderbar. Wenn nicht, kann es eine große Katastrophe sein, denn manche Dinge kommen einem einzigartig vor (sind es vielleicht sogar - wie unsere vergangene Liebe zum Beispiel).

Mein Vater sagte vor wenigen Tagen zu mir, dass sich immer, IMMER eine neue Tür geöffnet hätte, wenn sich eine geschlossen hätte. Und es sei IMMER am Ende für etwas nützlich gewesen. Mein Vater ist 75 und hatte bislang immer recht. Ich will ihm das daher gerne glauben.

Das Leben geht immer weiter und weiter. Alles ist möglich, man kann versuchen Einfluss zu nehmen, aber niemand weiß, wohin dieser Einfluss führt. Es kann IMMER alles ganz anders kommen. Auch ich bin dieses mal bis ins Mark erschüttert, es hat auch mit unserer speziellen Vergangenheit zu tun, dass es besonders schlimm ist. Aber ich weiß zum Glück, dass man erstmal weitermachen muss, einfach nur weitermachen. Es wird irgendwann wieder gut und man findet etwas Positives an all dem was man durchgemacht hat. Irgendetwas Gutes wird dabei sein, ganz sicher.

05.05.2016 20:02 • x 5 #4


Y
Zitat:

Ex und ich auf einer Party; nach drei Monaten absoluter Funkstille. Naja, Kurzversion: mir wurde gesagt, wir hatten nie eine Zukunft und werden auch nie eine haben!, verschleiert du bist kein wichtiger Mensch mehr für mich und um die Unwichtigkeit meiner Person nochmals zu unterstreichen wie lange waren wir zusammen - ein oder zwei Jahre? Du weißt doch, ich habs nicht so mit Daten!.



Ich finde, du kannst froh sein, ihn los zu sein....ein schlechter Mensch ist derjenige, der Nachtreten zur Aufpolierung seines Egos nötig hat! Eure Zukunft wäre sicher zu deinen Lasten gegangen....

05.05.2016 20:17 • x 2 #5


Kati84
Hallo togela,
wahnsinn....unglaublich dein Text hätte von mir sein können. Mir geht es genau wie dir. Erschreckend was die Liebe mit einem anrichtet.
Wünsche dir viel Kraft.
Gruß kati

05.05.2016 23:07 • x 2 #6


A
Hallo togela,

hallo Bille70,

ich bin schon seit längerem stiller Mitleser in diesem Forum. Aber dieser Text hat auch mich sehr angesprochen. Er ist tiefgründig und bringt es auf den Punkt. Vielen Dank dafür.

Mir geht es genauso. Dieses ständige Auf und Ab der Gefühle macht mich fertig. Ich bin auch der Typ Mensch, der alles verstehen will. Und ich gehe ganz tief rein. Bis auf die Seelenebene. Erst dann kann ich im Gedanken Ruhe geben. Und das ist ganz schön Energie aufwendig. Ich sage mir oft, dass es Quatsch ist die Gedanken über dieses oder jenes Problem kreisen zu lassen. Trotzdem finde ich oft eine Antwort. Was mich im Moment aufrecht erhält ist die Vorstellung, dass alles was mir begegnet ein Spiegel meiner Selbst ist. Damit kann ich aufhören den Schuldigen im Außen zu suchen. D.h. aber nicht dass ich die Schuldige bin. Nein. Aber ich weiß, wo ich dran arbeiten muss, damit mir das nicht nochmal passiert. Nach fast 20 Jahren stehe ich alleine mit meinen zwei wundervollen Kindern da und versuche mein Leben in den Griff zu bekommen. Nach Außen habe ich das für jeden schon längst geschafft. So denkt auch mein Exmann. Aber innerlich habe ich noch so viel im Argen, dass ich oft in der Nacht wach liege und mich frage, wie ich den nächsten Tag schaffe. Aber er geht auch wieder vorbei. Ich hoffe auf die Heilung der Wunden durch die Zeit. Nur werden sie ständig wegen den Kindern wieder aufgerissen. Er will sich nicht um sie kümmern. Er ist nur mit sich selbst beschäftigt. Und das tut mir so leid für die beiden. Natürlich auch für mich. Weil Hoffnung stirbt ja bekanntlich erst ganz am Schluss. Der Verstand sagt mir immer, dass es keine Hoffnung mehr gibt, aber das Herz sagt was anderes. Und ich kämpfe nun auch schon seit über einem Jahr an dieser ganzen Sache.
Ich wünsche euch allen ganz viel Kraft und möchte mich für die wirklich tollen Beiträge hier bedanken.
Viele Grüße

06.05.2016 10:13 • #7


Ann_88
Diese Auf und Abs sind manchmal echt nicht zum aushalten....
Mir ging es schon weitaus besser und dann fange ich wieder an zu denken....
Oder sehe Bilder ...von ihm und seiner Neuen...
Hatte keine schöne Trennung...wurde belogen, betrogen und verarscht...
Warum denke ich dann noch darüber nach....weil da leider trotzdem noch liebe ist...

09.05.2016 08:53 • x 2 #8


Joker
Lieber @togela,
liebe @billi70,

vielen Dank für eure bewegenden Beiträge. Sie sind sehr gut geschrieben und bringen die Sache auf den Punkt.

Es ist erstaunlich wie viel parallelen ich zu meiner ehemaligen Beziehung entdeckte.

Wahr ist, dass eine Trennung Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl zerstört. Jedoch ist dieser Prozess notwendig. Ein altes, marodes Gebäude wird eingerissen, und wenn die Trümmer weggeräumt sind entsteht an derselben Stelle ein neuer, moderner Bau. Das erlebe ich gerade, mein Selbstbewusstsein ist stärker als je zuvor und wächst mit jedem Tag der vergeht.

Zwei grundlegende Entscheidungen helfen dabei.

Erstens:
Jeder hat sein Leben selbst in der Hand. Persönlich glaube ich an das Schicksal, aber ich darf frei entscheiden welchen Weg ich gehe. Es war ein schwerer Schicksalsschlag, ein Verlust, keine Frage, aber ich entscheide wie es weitergeht. Bemitleide ich mich, lasse mich von meinen Emotionen runterziehen? Oder WEIGERE ich mich schlicht die Opferrolle anzunehmen. Das ist keine schwere Entscheidung. Statt für eine verlorene Sache zu kämpfen, kämpfe alleine weiter, diesmal für dich selbst! Das muss zur Lebenseinstellung werden. Es steckt so viel Kraft in jedem von uns, man muss sie einfach nur zulassen.

Eine schöne Analogie aus der Natur dazu: Druck und Zeit entscheidet ob aus dem Grundstoff Carbon ein Stück Kohle oder ein Diamant wird.

Zweitens:
Wenn man tief in sich hineinhorcht, vorbei am Schmerz, den Erinnerungen, dem Podest, an den Zeitpunkt vom Beginn der Trennung bis jetzt reflektiert, (möglichst) emotionslos... eher mit wissenschaftlicher Neugier... stellt man folgendes fest:

Es wird besser!

Das Gefühlschaos war stürmischer, stärker, gewaltiger. Man hat ständig an den/die Ex denken müssen. Der Schmerz war stärker... aber es flaut ab. Alle diese Emotionen verlieren an Intensität. Man muss nur tief genug in sich gehen, dann erkennt man es. Viele schauen auf den Weg der noch vor einem liegt, aber es lohnt sich den Blick nach hinten zu richten. Tun wir eh ständig, aber diesmal nicht auf die Katastrophe selbst, sondern wie viel man bereits erfolgreich überwunden hat.

Und sollte gerade keiner in der Nähe sein, klopft euch selbst auf die Schultern.

Dein Vater hat übrigens Recht, Billi. Es öffnet sich eine Türe wenn eine andere sich schließt. Manchmal muss man ein bisschen warten. Manche Dinge müssen erst noch geschehen, aber sie öffnet sich. Immer!

09.05.2016 12:20 • x 10 #9


S
Zitat von Joker:
Wahr ist, dass eine Trennung Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl zerstört. Jedoch ist dieser Prozess notwendig. Ein altes, marodes Gebäude wird eingerissen, und wenn die Trümmer weggeräumt sind entsteht an derselben Stelle ein neuer, moderner Bau. Das erlebe ich gerade, mein Selbstbewusstsein ist stärker als je zuvor und wächst mit jedem Tag der vergeht.

Joker, du glaubst nicht, wie gut mir deine Worte gerade getan haben. Ich leide, ein Gefühlschaos ohnegleichen, auf und abs, ich verstehe nicht, hinterfrage und verstehe noch viel weniger. Aber dass ein neues Gebilde entstehen kann, entstehen wird, diese Vorstellung tut gerade unsagbar gut!

09.05.2016 12:52 • x 1 #10


A
Lieber Joker, das ist das Beste was ich bis jetzt gelesen habe. Genau das ist es, was ich gebraucht habe. Vielen Dank hierfür.
LG

10.05.2016 14:44 • x 1 #11


A


x 4




Ähnliche Themen

Hits

Antworten

Letzter Beitrag