Hallo Leute,
ich kann grad etwas Rat gut gebrauchen.
Mein Freund und ich sind seit ca 10 Monaten zusammen. Alles in allem kommen wir -auch nachdem die erste Rosa-Wolken-Phase vorbei ist - gut miteinander aus. Ich fühle mich wohl mit ihm, wir teilen viele gemeinsame Interessen und Gesprächsthemen, er ist sehr liebevoll im Umgang und ich fühle mich geliebt, angenommen und verstanden. Er ist ein guter, wichtiger Freund und mein Kuschelbär
Leider haben wir aber ein Problem, mit dem wir doch nicht so recht weiter kommen. Wir sind beide freiberuflich, haben beide viel Arbeit und oft wenig freie Zeit. Wir wohnen nicht zusammen und sehen uns normalerweise 1-3 mal die Woche, aber meistens nur abends zum einschlafen, und so jede 2. Woche oder so mal am Wochenende etwas länger. Er ist beruflich zudem regelmäßig auch mal ne ganze Woche unterwegs, dann sehen wir uns gar nicht. Das ist alles sehr unregelmäßig: es kann sein, dass er 3 Monate am Stück da ist, letzten Monat aber war er gleich zweimal ne Woche weg. Unter der Woche ist er meistens total fertig und hat dann auch keine Lust auf S. mehr. Wir treffen uns zum Einschlafkuscheln. Manchmal stört mich das und ist mir zu wenig. Wenn wir uns mit mehr Zeit am Wochenende sehen ist es dann mehr und auch guter S. und meist sehr erfüllend. Aber das ist eben selten und unregelmäßig.
Wir sind in ziemlich verschiedenen Lebensphasen -scheint mir- und haben wohl recht verschiedene Wünsche. Für mein Verständnis bleibt zu wenig Zeit für uns. Ich bin an einem Punkt in meinem Leben, wo ich andere Prioritäten setzen, mich binden und gemeinsam planen will. Jetzt auch nicht gleich Kinder und Familie aber zumindest weniger Hin und Her und mehr Ruhe. Ich verstehe seine Schwierigkeiten neben seinen Jobs genug Zeit für Hobbies, Freunde, usw zu finden. Die habe ich ja auch. Aber bei ihm ist es so, dass er zufrieden ist mit dem, was wir haben und gar nicht mehr will. Er kann gar nicht nachvollziehen, dass es mir zu wenig ist und reagiert verletzt, wenn ich ihm das sage. Fühlt sich dann nicht gewertschätzt mit dem, was er gibt. Allein für die Gespräche über solche Themen haben wir gar nicht den Rahmen. Nicht genug Zeit. Und er beklagt sich darüber, dass ich solche Gespräche immer in unpassenden Momenten eröffne, wenn er müde und kaputt sei. Sieht aber selber ein, dass der Rahmen, den er dafür braucht gar nicht in unser Zeitfenster passt.
Das würde mir als Problem reichen, aber es kommt noch was dazu: ich habe kein Geheimnis daraus gemacht, dass ich in meinem Leben bereits 2 Mal offene Beziehungen geführt habe. Er hat das noch nie gehabt und ist sehr neugierig darauf. Er sagt er hat sich noch nie so ausgetobt in seinem Leben und dass ihm diese Erfahrung fehlt. Das hat er auch von Anfang an so gesagt und mir nie falsche Hoffnungen auf die ewige Treue gemacht. Ich habe mich innerhalb meiner offenen Beziehungen und in meinen Single-Zeiten immer ganz gut ausprobiert und hab keinen Bedarf mehr nach dieser Streunerei. Diese Erfahrungen waren für mich wichtig, haben mich aber auch vorsichtig gemacht. Meine erste offene Beziehung hat 5 Jahre lang gut funktioniert, weil der Rahmen dafür stimmte. Mit dem Partner habe ich zusammengelebt und viel Vertrauen gehabt, wie ernst es uns beiden ist. Wir hatten genug Zeit zu reden und Unsicherheiten, die die genehmigten Seitensprünge auslösten, ausführlich zu reflektieren und wieder zusammen zu finden. Wir sind nach wie vor gut befreundet auch nach der Trennung. Meine zweite offene Beziehung hat dagegen überhaupt nicht funktioniert, weil der Rahmen nicht stimmte und endete nach 2 Jahren im absoluten Fiasko. Mein Ex und ich haben seither nie mehr miteinander geredet, er grüßt mich nichtmal. Gerade habe ich eigentlich überhaupt keine Lust auf eine offene Beziehung mehr und das habe ich ihm nie verschwiegen. Ich habe ihm von Anfang an gesagt, dass ich damit eher vorsichtig geworden bin. Und erst sehen will, ob der Rahmen für mich passt. Eigentlich war von Anfang an total klar, dass es diesen Konflikt zwischen uns geben würde, aber nun ja, wo die Liebe nunmal hinfällt... es wird schon seinen Grund haben warum ich mich immer in diese Art Mensch verliebe...
Unsere Beziehung ist derzeit als monogam definiert, ich habe Vertrauen, dass er nicht fremdgeht. Aber ihm geht es auch nicht gut damit und er geht immer mehr auf Distanz. In letzter Zeit haben wir viel gestritten und das zugrundeliegende Thema ist immer sein Wunsch nach Freiheit vs mein Wunsch nach Bindung.
Ich habe einiges an Erfahrung mit dem Thema offene Beziehung und wenn mein Partner sich sowas wünscht würde ich es nicht kategorisch ausschliessen. Aber der Rahmen mit ihm passt mir sowieso schon nicht ganz für unsere Beziehung, und dafür erst recht nicht. So wie es jetzt zwischen uns beiden läuft, dass es mir eh schon nicht genug ist und er kein Problem sieht, kann ich mir das grad nicht vorstellen. Wenn wir schon für andere Probleme zwischen uns keinen Klärungsrahmen haben, dann kann ich da jetzt nicht noch das Thema offene Beziehung dazunehmen - mit all den Emos, die das zwangsläufig immer hochholt.
Andererseits denke ich, dass er vielleicht auch Angst hat, mir mehr Zugeständnisse zu machen, weil er nicht weiss, ob ich ihn in seiner Lebensphase mit seinen Bedürfnissen ernst nehme, und daher wohl selber unsicher ist, ob die Beziehung -trotz aller Liebe und Verbindung die wir spüren - Zukunft hat...
Kennt irgendjemand ähnliche Situationen? Gar nicht unbedingt die offene Beziehungs-Thematik, aber Autonomie vs Verbindlichkeit ist ja immer ein Thema...
21.12.2016 14:08 •
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