Nach knapp 4 Jahren bin ich leider wieder hier. Mit einer neuen Geschichte. Für die nicht so ausdauernden hier schon mal die Warnung, das wird ein seeehr langer Post. Ich möchte vor allem meine Geschichte aufschreiben und teilen. Ich weiß nicht, wie viele von euch es durch den langen Text schaffen, aber bei denen, die es tun, freue ich mich natürlich über eure Kommentare und Anregungen.
Vor etwa 3 Jahren lernte ich über eine Dating App eine Frau kennen. Ich nenne sie hier jetzt einfach mal Anja. Wir haben geschrieben und es schien wirklich gut zu passen und wir wollten uns treffen. Aber irgendwie hat es einfach nicht geklappt. Immer kam etwas dazwischen. Mal konnte sie nicht, mal ich nicht und wir sind nie über das Schreiben hinaus gekommen. Ich habe Ende 2021 eine andere Frau kennengelernt und hatte dann auch eine Beziehung mit ihr. Die Beziehung war anfangs schön, wurde dann aber immer schwieriger und am Ende war die Trennung im Juni 2024 nicht mehr vermeidbar und von uns beiden gewollt, da die Perspektiven und Wünsche zu unterschiedlich waren.
Ein paar Wochen darauf spielte ich mit meiner Band auf einem Festival und welch ein Zufall, Anja stand zufällig genau vor der Bühne, auf der ich gespielt habe. Abends kam dann eine WhatsApp Nachricht, dass sie unseren Auftritt sehr cool fand, sich aber nicht getraut hat, nach meinem Gig zu mir rüber zu kommen. Wir kamen wieder ins Gespräch und verabredeten uns zum Spazieren. Diesmal klappte es auch. Ich fand sie nett und sympathisch. Nach der schwierigen und belastenden Beziehung wollte ich aber nicht gleich wieder etwas festes anfangen, mir fehlte aber die Nähe zu jemandem, also schrieb ich ihr und fragte sie, ob sie sich auch etwas lockeres vorstellen könnte. Sie meinte sie sei auch nicht auf der Suche und könnte sich auch was lockeres vorstellen. Eine Woche später lud sie mich zu sich ein und wir fingen an, miteinander zu schlafen. Ich bin von meiner Art her sehr liebevoll und zärtlich. Streichle viel und bin sehr aufmerksam und zuvorkommend. Ist einfach meine Art, wie ich mit jemandem umgehe, mit dem ich intim bin. Ist für solche lockeren Geschichten wohl aber nicht so ideal. Sie war anfangs in der Hinsicht noch deutlich zurückhaltender und wahrscheinlich auch etwas irritiert, aber taute von treffen zu treffen mehr auf und irgendwann brachte sie mir die selben Gesten entgegen, wie ich ihr. Sie streichelte mich, nahm meine Hand, küsste mich auf die Wange usw. Zwischen den Treffen schrieben wir regelmäßig und hatten gegenseitig Interesse am Leben des Anderen. Das war super schön. Einmal hatte ich die Gitarre dabei und spielte ihr ein paar Songs vor und sie war ganz hin und weg. Schaute mir ganz verliebt in die Augen. Ich genoss die Zeit mit ihr sehr. Parallel liefen leider einige Sachen in meinem Leben nicht so toll. Schlechte Entwicklungen im Job, der Verlust durch Kontaktabbruch einer mir sehr nahstehenden Person und eine beunruhigende Diagnose eines Tumors im Kopf bei meiner Mutter. Die Treffen mit Anja wurden zu meinem Hilight der Woche. Ich merkte auch immer mehr, wie viel wir gemeinsam haben und dass sie irgendwie alles hat, was ich bei einer Frau attraktiv und anziehend finde. Ich stellte fest, dass sie die erste Frau ist, bei der für mich irgendwie alles stimmt. Optik, ihre Art, gemeinsame Interessen, Ansichten und so toller S., wie ich ihn vorher noch nie hatte. Tja. das hat sie wohl gerochen und ich habe sie in manchen Situationen wohl durch gewisse Verhaltensweisen verunsichert.
Sie wurde plötzlich distanzierter. Nicht bei den Treffen, sondern dazwischen. Sie schrieb auf einmal nicht mehr. Nur noch ganz selten. Manchmal auch 4 oder 5 Tage gar nicht, was unüblich war. Wenn wir uns sahen, war sie dann wieder ganz normal und die Treffen wurden auch weiterhin von mal zu mal schöner. Ich hatte immer das Gefühl, dass sie sich bei jedem weiteren Treffen ein Stück mehr gehen lassen konnte und sich mir mehr öffnete. Aber zwischen den Treffen dann wieder die Distanz. Eine regelrechte Achterbahnfart der Gefühle. Es war total merkwürdig und ich konnte das überhaupt nicht einordnen. Jetzt im Nachhinein sehe ich bestimmte Dinge deutlich klarer. Ich muss mir auch eingestehen, dass ich schon zu der Zeit starke Gefühle für sie hatte.
Ich entschloss mich, das mit der Distanz beim nächsten Treffen in einem entspannten Moment anzusprechen und da mein Urlaub anstand, fragte ich sie, ob wir uns vorher nochmal sehen können. Sie sagte ja. Nach einem gemeinsamen Bad und tollem S. lagen wir in ihrem Bett und ich fragte sie, ob sie zufrieden sei mit uns und wie es gerade ist und sie sagte sofort ja. Daraufhin wollte sie wissen, ob ich auch zufrieden bin und ich sagte ihr, dass ich mich etwas schwer tue mit der Distanz zwischen den Treffen. Was dann auf diesen Satz folgte war heftig. Als hätte ich mit der Aussage die Raumtemperatur um 30° runtergekühlt. Den Moment davor lag sie noch n**kt an mich geschmiegt und ein paar Sekunden später nur noch auf dem Rücken neben mir. Kälte und Distanz erfüllten den Raum. Sie meinte dann, ich hätte doch was lockeres gewollt. Ich sagte, dass das stimmt, aber ich kenne das so in der Form trotzdem nicht, dass man dann zwischen den Treffen fast nichts voneinander hört. Wir tauschten uns dann etwas über unsere unterschiedlichen Erfahrungen aus, die wir gemacht hatten. Sie erzählte mir, sie hätte nachdem sie vor 6 Jahren den Vater ihres Kindes verlassen hat (ihre Tochter ist jetzt 7) schon mehrere solcher lockeren Verbindungen gehabt. Ich bin da deutlich unerfahrener. Danach haben wir noch zusammen etwas gegessen und noch etwas geredet. Die Kälte und Distanz blieben bis zum Schluss. Schließlich fuhr ich heim. Zuhause angekommen, bekam ich von ihr eine Nachricht: Sie wollte noch sagen, dass sie es mit mir sehr genießt, aber es nach wie vor für sie was lockeres sei. Falls ich mir mehr wünschte, täte es ihr Leid. Ich meinte darauf, dass das in der Form für mich Neuland war, aber jetzt könne ich es besser einordnen und würde sie gerne weiterhin sehen. Sie meinte daraufhin noch, dass sie vielleicht das Gefühl hatte, ich wolle mehr und mir das wohl irgendwie signalisieren wollte. Wir beschlossen, uns weiter zu sehen. Ich weiß, hier an dieser Stelle denken sich die meisten von Euch genau hier hättest Du es beenden müssen. Aber ich konnte es einfach nicht. Ich hatte so starke Gefühle für sie entwickelt und wollte sie nicht verlieren. Ich brachte es einfach nicht übers Herz. Ich dachte mir, wenn ich ein bisschen lockerer bin und nen Gang runter schalte, kann sie sich auch wieder entspannen und es wird wieder so, wie am Anfang.
Während meines Kurzurlaubes schrieb sie mir ein paar mal, aber ich hielt mich mit dem Antworten auf anraten meiner Freunde sehr zurück. Im Nachhinein glaube ich, das war keine gute Idee, denn es war einfach nicht authentisch. Ich wollte ja mehr Kontakt und bin dann selber auf Distanz gegangen. Irgendwie dumm. Und von ihr kam dann immer seltener etwas. Sie schrieb kaum noch. Mir ging es damit sehr schlecht. Die Woche nach dem Urlaub fiel mir das Arbeiten unfassbar schwer. Konnte mich kaum konzentrieren und meine Leistung war überhaupt nicht auf dem normalen Niveau. Ich war überreizt, mein Bauch fing an immer wieder heftig zu zucken, ich konnte nicht mehr so gut schlafen und hatte kaum Appetit. Am Wochenende fragte ich sie, ob sie Zeit hat und sie meinte, sie ist mit der Familie auf einem Geburtstag am Bodensee und weiß nicht, wann sie am Sonntag zurück fahren. Wenn's nicht zu spät wäre, dann hätte sie Zeit. Ich meinte, sie solle sich einfach melden, sobald sie bescheid weiß. Weil es mir nicht so gut ging, nahmen mich meine Schwester und ihr Freund zu sich und ich verbrachte dort den Tag. Ich wollte eigentlich warten, ob sich Anja meldet, aber der Freund meiner Schwester überredete mich schließlich, mit ihm ins Kino zu gehen. Eigentlich wollte ich das gar nicht aber ich dachte mir, ist doch auch doof, wenn ich nur rum sitze und warte, ob und wann sie sich meldet. Ich entschloss mich bis 17 Uhr zu warten und ihr dann abzusagen, wenn sie sich bis dahin nicht meldet. Das tat ich dann auch und wir gingen abends ins Kino. Im Kino merkte ich dann recht schnell, dass das alles zu viel war. Ich war total überreizt und bekam dann eine Panik-Attacke und musste aus dem Saal raus. Auf der Rückfahrt brach ich dann komplett zusammen. Heulte vor dem Freund meiner Schwester. Bei ihnen angekommen machten sie sich große Sorgen um mich und er fuhr mich am nächsten Tag zu meiner Ärztin. Die schrieb mich gleich krank und ich bekam schon am nächsten Tag einen Termin bei meinem alten Psychologen. Ich stellte fest, dass ich noch nie so starke Gefühle für eine Frau hatte, wie für sie. Ich hatte mich leider sehr in sie verliebt.
Mitte der Woche schrieb ich ihr, ob sie Lust hat sich zu treffen und sie meinte sie hätte Sonntag nachmittag/Abend Zeit. Ich sagte ihr Sonntag nachmittag klingt gut. Den Rest der Woche quähle ich mich durch bis zum Sonntag. Dem Tag X. Wir hatten gar nicht mehr geschrieben und ich wollte warten, bis sie sich meldet. Um 13 Uhr schrieb sie dann, sie würde noch mit Freunden ne runde wandern gehen und ob es für mich auch etwas später noch ok wäre. Sie sagte es würde aber nicht viel später werden, da es ja früh dunkel wird. Ich war über das kurzfristige Versetzen auf später zwar enttäuscht, sagte ihr aber, dass das passt und sie soll dann bescheid sagen. Ich ging davon aus, sie ist gegen 17 Uhr zurück (da wurde es zu der Zeit schon dunkel) und gibt mir vorher Bescheid, weil ich ja noch 40 min zu ihr fahren muss. Die Stunden vergingen und ich wurde immer nervöser und angespannter. Erst umm 18 Uhr dann die Nachricht, sie geht jetzt noch was essen und weiß nicht, wie lang das dauert. Wahrscheinlich so gegen 20 Uhr. Und sie würde jetzt Knoblauch essen. Nach der ganzen Warterei war das wie ein Schlag ins Gesicht. Noch mal auf später verschoben und dann auch noch der Kommentar mit dem Knoblauch. Eine Stunde lang wartete ich und haderte mit mir, wie ich darauf reagieren soll. Ich hatte Angst, wenn ich irgendwas schreibe, das sie unter Druck setzt, lässt sie mich komplett fallen aber war auch frustriert und hatte das Gefühl, sie nimmt keine Rücksicht auf mich. Und schließlich schrieb ich ihr das auch, denn ich wollte irgendwie auch für mich einstehen. Dass ich das wohl noch bereuen könnte, dachte ich mir schon und dann kam auch schon der Abschuss. Ihre Antwort:
Sorry, dachte das wäre so ok. Aber wenn dich das nervt, dann lassen wir's.
Das schien ihr überhaupt nicht schwer gefallen zu sein und es tat so weh.
Ich war darauf überhaupt nicht vorbereitet, aber so einen Schmerz und so eine Trauer hatte ich in der Intensität noch nie gefühlt. Das überrollte mich wie ein Zug. Ich war komplett verzweifelt. Ich antwortete nicht und ging nach draußen um im Dunkeln irgendwo rumzulaufen. 30 min später kam noch eine Nachricht: Wir hätten ja gar keine Uhrzeit ausgemacht und für sie wäre Nachmittag 16-17 Uhr. Und wenn man dann sagt es wird später. Es wäre besser, wenn wir uns nicht mehr treffen. Sie wolle mich nicht ständig enttäuschen.
Ich war komplett überfordert und auch darauf reagierte ich erstmal nicht. 1 1/2 Stunden später dann nochmal eine Nachricht von ihr: Sie würde es nicht verstehen, aber wenn's für mich so frustrierend ist, hätte es ja keinen Wert. Das solle es ja nicht sein.
Ich dachte nur, wenn es sie so beschäftigt, kann es ihr ja nicht ganz egal sein. Dachte, vielleicht ist noch nicht alles verloren. Also schrieb ich ihr. Ich sagte ihr, dass sie mich kurzfristig mehrfach nach hinten verschoben hat und ich nicht verstehe, warum sie meinen Frust da nicht nachvollziehen kann. Ich sagte ihr aber auch, dass wir beide ja die Zeit miteinander genießen und uns doch ganz normal treffen können. Und wenn man gut miteinander kommuniziert, sowas ja auch nicht nochmal passieren muss.
Ihre Antwort bestand jedoch nur aus rechtfertigungen, sie hätte gesagt nachmittags/abends, ihre Gruppe wäre spontan noch eingekehrt und sie wollte nicht alleine heim laufen. Und sie fände 20 Uhr nicht so spät. Es wäre besser, wenn wir uns nicht mehr sehen, denn wir hätten unterschiedliche Erwartungen.
Es ging mir so furchtbar. Meine Ärztin schrieb mich am darauffolgenden Tag direkt für die nächsten 2 Wochen krank. Mein Zustand war schlimm. Mein Körper zuckte am laufenden Band, mein Puls war die ganze Zeit am rasen, ich aß nicht, schlief max 2 Stunden pro Nacht und brach ständig in Tränen aus. Ein Freund lud mich für ein paar Tage zu sich ein, damit ich nicht alleine bin. Mittwoch morgens, 3 Tage nach Tag X rief ich morgens im Krankenhaus an, um mich zu erkundigen, wie die OP (entfernung des Tumors) meiner Mutter verlaufen war. Der nächste Schock. Am frühen Morgen hatte sie eine Lungenembolie erlitten, musste reanimiert werden und lag jetzt im künstlichen Koma und an der Beatmungsmaschiene. Ihr Zustand war kritisch. Für mich brach einfach alles zusammen. Ich fragte mich: Wie viel denn noch? Ich lag nur noch zuckend und apathisch rum, bis mich der Freund meiner Schwester abholte und zu meiner Mutter ins Krankenhaus brachte. Sie in dem Zustand auf der Intensivstation zu sehen machte mich komplett fertig.
Ich war nicht klar im Kopf und völlig benebelt und verzweifelt machte ich was richtig dummes. Ich schrieb Anja. Erklärte ihr die Situation und bat sie um etwas Beistand. Ob ich sie etwas im Arm halten dürfte. Kein S. sondern mir nur etwas nähe und Trost spenden. Sagte aber auch, dass ich es verstehen würde, wenn sie das nicht möchte und sie dürfe auch ruhig nein sagen, wenn sie das unter druck setzt. Relativ bald darauf bereute ich die Nachricht schon, aber es war schon zu spät. Sie hatte sie schon gelesen und die Antwort war zermürbend. Sie ließ ihren gesamten Frust vom Sonntag nochmal an mir aus. Sie wäre nicht verantwortlich für meine Probleme und was sie jetzt ganz sicher nicht brauchen kann, ist Jemand der ihr solche unnötigen Vorwürfe machen würde, wie ich am Sonntag wegen so einem Quatsch. Ich würde was lockeres völlig anders definieren als sie und sie wolle jetzt nicht kuscheln, sondern ihre Ruhe. Ich antwortete nicht mehr darauf. Das tat nochmal richtig weh. Vor allem in diesem Zustand und der Situation. Ich verbrachte den Tag auf der Intensivstation und hielt die Hand meiner Mutter.
Vermutlich hatte sie dann irgendwann ein schlechtes Gewissen und schrieb mir abends nochmal und fragte, warum meine Mutter denn im Koma sei und sie hoffe, dass das wieder gut wird. Ich antwortete mit einer sehr langen Nachricht. Entschuldigte mich für meine Bitte am Vormittag, versuchte die ganzen Missverständnisse klar zu stellen und ging nochmal sehr detailliert aber sanft und ohne Vorwürfe auf den Sonntag ein, um ihr meine Perspektive aufzuzeigen. Daraufhin kam ein sehr langer Text von ihr mit ihrer Perspektive zum Sonntag. Da gabs wohl Verzögerungen mit ner Schlüsselübergabe, dann wurde eine neue Route zum Wandern ausprobiert und man verlief sich, dann bot ne Freundin an alle heim zu fahren, aber wollte noch vorher essen gehen usw. und desswegen wurde es dann so spät. Sie hätte nicht gewusst, dass es mir nicht gut ging und ich so sehr auf unser Treffen gewartet habe. Dann fragte sie noch, ob ich denn jetzt auch ihre Perspektive besser verstehen könnte.
Ich schrieb ihr, dass ich es jetzt besser verstehe. Trotzdem ist es echt schade. Sie hätte mir das ja auch alles an dem Tag sagen können, mir kurz ein Update geben. Einfach ein bisschen Rücksicht auf meine Tagesolanung nehmen. Dann hätte ich gewusst, was Sache ist.
Bei mir keimte nach dieser Aussprache wieder Hoffnung auf und ich dachte, wenn sie sich so viel Zeit für ihre Nachricht genommen hat, dann kann ich ihr doch nicht komplett egal sein. Ich hoffte sehr, sie würde sich noch melden. Zwei Tage später, am Freitag, kam morgens eine Nachricht von ihr, in der sie sich nach meiner Mutter erkundigte. Ich gab ihr kurz den Stand durch und fragte sie, wie es ihr gehe. Darauf ging sie gar nicht ein. Sie drücke meiner Mutter die Daumen. Das war alles. Am Sonntag, ich saß gerade wieder wie jeden Tag auf der Intensivstation, neben meiner Mutter und mir ging so viel durch den Kopf. Ich fühlte mich hilflos und machtlos. Ich wollte etwas tun. Nich nur warten und Hoffen. Ich schrieb ihr also wieder. Sagte, wir hätten uns doch jetzt ausgesprochen, die Missverständnisse geklärt und die schöne Zeit hatte sie doch auch genossen und ob sie da nicht mehr von möchte. Sie ließ mich zwei Tage warten und schrieb dann, dass sie sich dazu erstmal Gedanken machen musste, sie es auch schön fand, aber glaube, es sei besser, wenn wir das lassen, denn sie habe ganz wenig Zeit die nächsten Wochen und wolle ihre Freizeit spontan gestalten und niemanden hinhalten. Zwischen den Zeilen ihrer Nachricht las ich natürlich das, was ich lesen wollte. Ich sagte ihr, ich habe das Gefühl, sie habe immer noch Lust und wir könnten das ja so machen, dass sie sich einfach spontan meldet, wenn sie Lust hat. So hätte sie die Freiheiten, die sie möchte.
Ich weiß jetzt, was ihr denkt und mir war die Schieflage dieser Dynamik sehr wohl bewusst. Mein Therapeut malte dazu die Metapher des Fisches im trüben Wasser und der Anglerin, die ihn einholen und zurück schmeißen kann, wann immer sie will. Und ja es stimmte. ich hing am Haken. Undzwar richtig.
Wieder ließ sie mich 2 Tage schmoren. Die Warterei war die Hölle. Sie stimmte dann zu meiner Überraschung aber tatsächlich zu.
Ich war mir erst unsicher, ob sie es überhaupt ernst meinte, aber schon am nächsten Tag, den 6. Dezember, ich saß gerade mit meiner Schwester zusammen auf der Couch, kommt um 22:46 die Nachricht.
Hier mal der Auszug:
22:46 Anja: Ich hätte jetzt Zeit Oder vielleicht Sonntagabend.
23:00 Ich:
23:02 Ich: So auf 12 könnte ich kommen
23:02 Anja: Ja so spontan erwarte ich nicht
23:02 Ich: Meine Schwester war bis eben noch hier
23:02 Anja: Hab auch ein paar Glühwein getrunken.
23:02 Anja: Vielleicht ist Sonntag besser!
23:05 Ich: Wie du magst.
Bin ja eh ne Nachteule ️
23:07 Anja: Wahrscheinlich ist Sonntag besser
23:09 Anja: Bin bisschen müde und auch angetrunken.
23:10 Ich: Ja Sonntag klingt gut. Da bin ich nur mittags noch im Krankenhaus aber sonst hab ich Zeit
23:19 Anja: Jetzt wäre für dich Quatsch.
23:25 Anja: Außer du magst nur kurz kuscheln, schlafen … dann warte ich.
23:25 Anja: Sonst Sonntag?
23:27 Ich: Klingt doch gut. Ich fahr so in 10 min los
23:27 Anja: Ok
Ich also nach schneller Dusche die Sachen gepackt und voller Vorfreude und Euphorie ins Auto gesprungen und losgefahren. Nach so vielen qualvollen Wochen der Sehnsucht und des Hoffens würde ich sie endlich wieder sehen und im Arm halten. Ich zählte die Minuten runter. Dann stand ich endlich vor ihrer Haustür und klingelte. Nichts. Ich klingelte weiter, rief an und klopfte an die Fenster. Keine Reaktion. Nach 15 Minuten gab ich auf und fuhr resigniert zurück nach Hause.
Was für eine Ironie und Hohn das Schicksals. Ich hatte so viel Kraft reingesteckt, sie zu überzeugen und wiederzusehen, dann hatte sie tatsächlich zugesagt und mich eingeladen. Ich war so nah dran! Sie wartete auf mich und ich stand vor ihrer Tür. Nur diese verdammte Tür trennte uns voneinander! Und doch konnte ich nicht zu ihr. So ein furchtbares Gefühl.
Am nächsten Tag dann die Nachrichten:
Es täte ihr richtig arg leid, sie könne es gar nicht verstehen und hätte das Handy neben sich gehabt und trotzdem nicht gehört und normalerweise wache sie bei jedem Geräusch sofort auf. Sie verstehe total, wenn ich jetzt sauer bin und es wäre vielleicht besser, ich würde mir eine suchen, die nicht so verkorkst ist. Die würde ich verdienen.
Ich war anfangs sauer, aber nachdem sie sich entschuldigt hatte, wars okay.
Ich machte mir Gedanken und entschloss mich verständnisvoll zu reagieren. Ich sagte ihr, es war zwar ärgerlich, aber ich verstünde, dass sowas mal passieren kann. Sie hätte sich entschuldigt und damit wäre das für mich erledigt. Ich wolle sie weiterhin sehen und sie soll mir beim nächsten Mal nur wieder die Tür aufmachen.
Keine Antwort. Den ganzen Tag.
Am Sonntag wartete ich bis zum Mittag und schrieb ihr dann: Hey Anja,
das mit heute steht? Gib mir gern Bescheid, ob und wann es bei dir passt. Ich würde mich freuen, wenn’s klappt
Nach 3 Stunden kam dann ein langer Text.
Sie hätte überlegt, ob ein Treffen ginge, aber sie wolle lieber allein sein. Es gäbe Gründe, dass sie am Freitag so viele Drinks hatte und es tat gut einfach mal alles auszublenden und ne gute Zeit zu haben. Es täte ihr nach wie vor Leid, dass sie mein klingeln nicht gehört hatte. Sie hatte ja zumindest ihren Zustand erwähnt gehabt, aber es wäre natürlich trotzdem nicht okay gewesen. Das mit uns wäre jetzt so ein hin und her gewesen und sie hätte da jetzt keinen Kopf für sowas. Sie könne mir jetzt nicht nahe sein, denn es fühle sich nicht richtig an und ich solle das akzeptieren. Sie schaffe es nicht, mich nicht zu enttäuschen und das wolle sie nicht. Ich würde ganz bestimmt jemanden finden, der mich nicht versetzt und nachts betrunken zu sich einlädt und dann einschläft und damit würde es mir dann auch besser gehen.
Ich schrieb ihr noch einen langen Text, in dem ich nochmals versuchte, sie umzustimmen und sagte ihr, meine Tür stehe für sie offen und sie solle sich melden. Aber es kam keine Antwort mehr.
Für mich war das wieder ein schwerer Schlag. Ich hatte die 2 Wochen vorher schon meine letzte Kraft gelassen. Ich war durch den ganzen Mist, der passiert war eh schon am Limit und das Warten und hoffen auf ihre Antworten, der durchgehende Schmerz, die Trauer und Sehnsucht hatten mich so ausgelaugt. Ich fühlte mich einfach nur leer. Ich machte mir ständig Vorwürfe und hatte Gedanken der Reue. Hatte starke Schuldgefühle. Ich empfand keine Freude mehr an gar nichts. Ich konnte nicht schlafen, hatte 16 Kilo abgenommen, war ständig am Zucken und weinen.
Jetzt, über einen Monat später, geht es mir immer noch sehr schlecht. Ich hatte das schlimmste Weihnachten und das schlimmste Silvester in meinem Leben. Ich kann immer noch nicht arbeiten, bin froh, wenn ich es schaffe, mir eine Mahlzeit am Tag zuzubereiten und etwas im Haushalt zu machen. Das klappt nicht immer. Ich gehe viel raus und laufe im Wald herum, spiele viel Gitarre und schreibe Songs. Mache meine Therapie. Alles kostet so unfassbar viel Kraft, die ich überhaupt nicht habe. Weiß nicht, wie es weitergehen soll.
Vielen Dank erstmal an die, die sich das alles durchgelesen haben. Ihr seid krass! Es ist wirklich unglaublich viel Text! Aber ich denke ich hab es gebraucht, das mal alles aufzuschreiben.
Heute 16:36 •
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