Nachdem ich nach einer sehr schlimmen Trennung fünf Jahre mit meiner Tochter alleine war, war ich endlich wieder offen für Neues. Wir lernten uns auf der Arbeit kennen und haben viel geflirtet. Ich wollte keine Beziehung, aber ich fühlte mich nach langem wieder Attraktiv und frei von allen Altlasten. Als es mit uns anfing, wollten wir beide nichts festes. Ich wusste von Anfang an, dass er auf dem Sprung ist um ein neues Leben im Ausland zu beginnen. Das war in Ordnung für mich, denn ich wollte nichts festes. Mit der Zeit kamen wir zwei uns immer näher und es wurde immer fester und es kam wie es kommen musste. Wir verliebten uns. Sein Entschluss mit dem Ausland stand jedoch immer noch und am Anfang war uns beiden klar, das die Beziehung beendet ist, wenn der Tag gekommen ist. Die letzten sechs Monate wurde unsere Beziehung immer enger, wir kamen uns immer näher.
Er sprach davon, das er noch nie solch eine Frau kennen gelernt hat. In seinem Plan ins Ausland zu gehen, habe ich ihn immer wieder unterstützt, denn ich fand diesen Plan immer gut. Dazu muss ich sagen, das er in dem Betrieb in welchem wir gemeinsam gearbeitet haben, seine Ausbildung gemacht hat und die letzten 12 Jahre nur dort gearbeitet hat. Er kennt keinen anderen Betrieb, kein anderes arbeiten. Und ich finde es weiterhin gut, das er Erfahrungen sammelt, gerade im Ausland. Je enger wir uns kamen und je mehr wir zu einer Einheit wurden, desto mehr sprach er von einer gemeinsamen Zukunft, gemeinsamen Kindern und das er bleiben würde. Natürlich wollte ich dass er bleibt, aber trotzdem unterstütze ich ihn in seinem Vorhaben mit dem Ausland.
Er hätte es mir nie verziehen, wenn er wegen mir und meiner Tochter geblieben wäre. Das Thema Fernbeziehung kam auf und er sagte er würde nach maximal einem Jahr zu uns zurück kommen, denn er will mit uns sein Leben verbringen. Wir ließen uns auf eine Fernbeziehung ein und ich wusste immer, wir können das schaffen. Wir sind zwischenzeitlich so eng zusammen gewachsen, wir schaffen das. Und so weit ist Norwegen nun einmal nicht weg. Ich wusste jedoch auch, nach allem was er mir in den vergangenen Monaten erzählt und anvertraut hatte, das Norwegen eigentlich nur eine Flucht vor sich selbst und seiner Vergangenheit ist. Seine Kindheit und Jugend muss wohl nicht die schönste gewesen sein und auch die letzten Jahre waren nicht die schönsten. Trotzdem habe ich ihn unterstützt.
Der Abschied war extrem Tränenreich, bei uns beiden. Ich habe noch nie einen Mann so weinen sehen und so verzweifelt dazu. Er wollte nicht gehen, er wollte bei uns bleiben. Aber er hatte dort bereits einen Job, eine Wohnung, das konnte er nicht einfach alles so fallen lassen.
Seit drei Wochen ist er nun dort und die ersten Tage wollte er sofort zurück zu uns. Er sagte mir, er liebt mich und würde mich wahnsinnig vermissen. Er rief jeden Abend nach der Arbeit an und war unglücklich. Aus einem Jahr wurde dann ganz schnell nur noch sechs Monate. Und dann von Tag zu Tag, zog er sich immer mehr zurück. Ich habe das verstanden, denn es ist natürlich eine wahnsinnige Veränderung und damit muss jeder erst einmal klar kommen. So ganz allein in einem fremden Land. Ich wusste von Anfang an, er würde recht schnell wieder einen Schutzpanzer hochfahren, aber ich wusste wir lieben uns und schaffen alles.
Nun hat er sich gestern getrennt. Er könne das alles nicht, er könne keine Fernbeziehung führen und er will es in Norwegen schaffen. Ich bin gestern den ganzen Tag irgendwie neben mir gestanden und habe das nicht wirklich verstanden. Nach nicht einmal drei Wochen gibt er einfach auf. Ich meine mir war immer bewusst, dass Norwegen nicht wirklich ein Wunsch, sondern nur Flucht ist. Aber er gibt einfach auf, er hat es noch nicht einmal versucht, die Fernbeziehung zu meistern.
Können sich Gefühle innerhalb so kurzer Zeit ändern? Kann Liebe so schnell verschwinden?
Gestern Abend schrieb ich ihm, wie ich mich fühle. Das ich immer für ihn da war und das ich traurig, verletzt und enttäuscht bin. Das er einfach so aufgibt und nicht kämpft. Ja ich weiß, ich kann gut reden. Ich bin zu Hause in meiner gewohnten Umgebung. Habe meine Familie Freunde um mich. Er ist dort alleine, ganz alleine.
Ich kann mich die letzten Monate doch nicht so in einem Menschen getäuscht haben. Ich kann seine Gefühle doch nicht so falsch interpretiert haben.
Was meint Ihr? Habe ich alles Missverstanden?
Danke fürs Lesen und Zuhören.
19.06.2017 06:29 •
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