Hallo!
Es gibt sicher auch, wenn auch nur sehr selten, eine Liebe, die grenzenlos ist.
Aber der Mensch hat Grenzen. Und wo Deine Grenzen sind, das kannst Du letztlich nur für Dich selber definieren. Denn das hängt ja allein von Deiner eigenen Persönlichkeit und Deinen eigenen menschlichen Fähigkeiten und Anlagen ab.
Ich selber sehe keinen Grund, warum man einen Süchtigen nicht lieben können sollte.
Was Dir hier halt zum Verhängnis wird, ist die allgemeine Einstellung zu diesem Thema und die gängige Blind-Vorstellung, ein Süchtiger habe es selber in der Hand, süchtig zu sein oder nicht. So wie man früher gemeint hat, ein Depressiver habe es selber in der Hand, es sei nur eine Frage des Willens, ob er depressiv ist oder nicht - er müsse sich ja nur zusammenreißen.
Hat jemand etwa einen körperlich schwerkranken Partner und steht zu ihm, wird das sogar als besonders ehrenhaft und vorbildlich gesehen und die Aufopferung durchaus nicht unter Helfersyndrom verbucht. Obwohl es auch in so einem Fall für das eigene Leben bei weitem einfacher wäre, Leine zu ziehen. Allerdings würde man dann zumindest teilweise ziemlich mit Dreck beworfen werden, während man erstaunlicherweise ebenso mit Dreck beworfen wird, steht man zu einem Süchtigen. Für mich eine sehr erstaunliche Akrobatik der Moral.
Ich halte es auch für einen ziemlichen Unfug zu meinen, ein Süchtiger sei immer süchtig und bleibe es zeitlebens. Oft trifft das natürlich zu. Aber das hat nichts mit einer Substanzabhängigkeit zu tun, sondern mit dem gesamten Lebensmilieu und der tiefen Empfindung einer Leere und Sinnlosigkeit, die sich aus dieser Gesamtsituation ergibt. Einen Süchtigen rettet man nicht durch einen Substanzentzug (dann bleibt die Sucht tatsächlich weiter bestehen - sie ist ja deshalb nicht weg, sondern lediglich die Substanz wird verboten), sondern durch eine Verpflanzung in ein ganz anderes Milieu, in dem er Sinnhaftigkeit findet und sich entfalten kann nach seinen Fähigkeiten und Anlagen (denn gerade dafür braucht er ja den Ersatz; die Alternative bei einem Süchtigen heißt ja: Dro. oder Leere). Allerdings kann man das nicht erzwingen, sondern man kann höchstens versuchen, ihn ohne Druck und Zwang dazu zu motivieren.
Was mir aber bei Dir als das eigentliche Problem erscheint, ist, daß Dein Mann sich mehr oder weniger ganz von Dir entfernt hat. Und dagegen wirst Du leider, trotz Deiner Liebe, nichts machen können.
Man kann, wenn beide lieben, sehr vieles schaffen - aber sobald einer sich entfernt und löst, bleibt nichts, als ihn ziehen zu lassen. Denn alles, was Du ihm sagst, wird ohne tiefere Wirkung bleiben und von ihm eher als Bedrängnis empfunden werden, vor der er sich bewahren zu müssen meint. Zumal er sich ohnehin von mehr oder weniger aller Welt bedrängt und bemeistert fühlen wird. Außer eben unter Seinesgleichen.
Liebe Grüße
25.12.2016 21:29 •
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