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Letztes Gespräch sinnvoll?

J
@Watergate

Deswegen: unbedingt konsequent bleiben und sich immer wieder vor Augen führen... das ganze wird nur Leid über einen bringen, weh tun und den Prozess des frei werdens verlängern.

Ich wünsch Dir viel Kraft!

13.08.2019 13:06 • x 1 #91


W
Zitat von Johanna15:
@Watergate

Deswegen: unbedingt konsequent bleiben und sich immer wieder vor Augen führen... das ganze wird nur Leid über einen bringen, weh tun und den Prozess des frei werdens verlängern.

Ich wünsch Dir viel Kraft!

Bist du denn seit der Zeit konsequent geblieben ?
Aber haben die nicht mal den Ansatz eines Bedürfnisses mal zu wissen wie es uns dabei geht?

13.08.2019 13:08 • #92


A


Letztes Gespräch sinnvoll?

x 3


J
@Watergate

Die Trennung ist am Freitag 5 Wochen her. Wir haben noch ein paar Tage danach über WA über ein letztes Gespräch verhandelt. Das ging alles von mir aus, habe es aber nicht wahr genommen, Dank diesem Austausch hier. Es gab dann noch ein Freundschaftsangebot, die Ansage, dass es ihm sehr gut geht und hab dann nie wieder was gehört.

Auch ich denke an wunderschöne Erlebnisse, an absolut einzigartige Momente und kann nicht fassen, dass ich nun bedeutungslos und egal bin. Aber ich weiß, es ist so. Sonst würde er was tun. Er weiß um mich, da bin auch sicher.

Und jede Art von Kontakt wird keine Rolle spielen, außer das es weh tut.

13.08.2019 13:20 • x 1 #93


A
Liebe TE,

kennst du den Begriff der kognitiven Dissonanz? Das ist, wenn das Welt- und/oder Selbstbild damit korreliert, wie mit dir umgegangen wird. Du fängst zu leiden an, weil du zu recht meinst, du verdienst Aufmerksamkeit - bekommst sie aber nicht so richtig. Du versuchst aber weiterhin, dein Welt- und Selbstbild zurechtzurücken, aber es funktioniert nicht. Das ist oftmals der Grund warum man an toxischen Beziehungen kleben bleibt und warum du jetzt hören willst, dass du ihm wichtig warst. Das würde dein Selbstbild zurechtrücken. Ich sage dir nur was: Man kann bei solchen Männern bis in alle Ewigkeit versuchen, mit diesen und jenen Strategien, zu erreichen, dass sie dem eigenen Selbstbild gerecht werden. Bringt nur nichts, nur wird man immer kleiner und verwirrter. Oder man gibt diesen fruchtlosen Irrsinn auf, bedankt sich für die interessante Zeit, schüttelt den Staub ab - und sucht sich jemand, der das positive Selbstbild auch so sieht und diesem gerecht wird..

13.08.2019 13:47 • x 2 #94


E-Claire
Zitat von Watergate:
Aber haben die nicht mal den Ansatz eines Bedürfnisses mal zu wissen wie es uns dabei geht

So hart wie es klingt, aber nein. Vieles von dem, was @Begonie geschrieben hat, ist sehr stimmig. Und wenn man dies einfach mal weiterdenkt, dann ist der Überlegene, der schließlich eben auch gegangen ist, aller Wahrscheinlichkeit einfach erleichtert oder befreit. Denn gerade zum Ende der Beziehung hin, ist auch der sogenannte Überlegene in einer sehr belastenden Situation, da dieser ja (ständig) erlebt, daß das, was er zu geben hat (da einfach nur von zugeben bereit ist zu sprechen ist mE verkürzt) nicht reicht.
Auch der sog Überlegene erfährt damit ein Gefühl des Nicht-Reichens.

Da dieser aber die Beziehung als funktionales Element weniger benötigt als der sog Unterlegene, befreit er sich schneller aus dem Gefühl und dann setzt erst einmal die große Erleichterung ein und alles, was dann vom anderen in zu kurzen Zeitabständen kommt, wird nur als weiteres Zeichen der Bedürftigkeit wahrgenommen und damit als Ansprüche, die er nicht erfüllen kann.

Zitat von Johanna15:
Auch ich denke an wunderschöne Erlebnisse, an absolut einzigartige Momente und kann nicht fassen, dass ich nun bedeutungslos und egal bin. Aber ich weiß, es ist so. Sonst würde er was tun.

@Johanna15 Du bist nicht bedeutungslos. Aber in erster Linie, ist es Deine Aufgabe, dir Bedeutung zu geben. Wenn wir aber darüber reden, ob Du bedeutungslos für den anderen geworden bist, dann würde ich da differenzieren. Als Teil des Vergangenen, des vergangen Erlebten hast Du Bedeutung.
Als Teil der Gegenwart wird dir im Zweifel aber bewußt oder unbewußt keine zugestanden, gerade deshalb weil Deine Forderung nach mehr (Zeit, Raum, Gefühl, Beachtung), sei sie auch noch so begründet gewesen, für den sog Überlegenden zumindest zum Ende hin eine Belastung war.

Dennoch hast Du Bedeutung. Auch für ihn.

@Begonie schöner Text. Meinem Erleben nach und ich kenne da inzwischen beide Seiten ein wenig, entwickelt sich so eine Dynamik allerdings nicht ohne ein Mitwirken beider Seiten. Vor allem aber
Zitat von Begonie:
Er gibt nämlich den Takt vor, beschließt, wie oft und wie lange Ihr Euch seht und er hat dadurch die Machtposition für sich gepachtet. Du als der emotionalere Partner, der mehr will als das, was er Dir zuteilt, leidest, zweifelst und bekommst Angst, etwas Falsches zu tun.

Ist dies eine Darstellung, die ich ein bißchen einseitig empfinde. Der Überlegene erlangt nicht dadurch eine vermeintliche Machtposition, in dem er sich klar in seinen Bedürfnissen äußert und diese daher anstrebt, sondern die Machtposition ist oft genug einfaches Resultat der Unklarheit des anderen.

Wir können ja immer nur von unseren Erfahrungen berichten, aber in der Zeit, in der ich unterlegen war, hatte dies vor allem und zu allererst etwas mit meiner eigenen Unklarheit zu tun. Nicht nur war ich in meinen Bedürfnissen zu unklar, sondern mir fehlte es auch an Mut und Konsequenz diesen zu folgen.
Inzwischen habe ich viel Arbeit in meine eigene Klarheit gesteckt, was spannender Weise ab und zu zur Folge hat, daß ich mich nunmehr in der vermeintlich Überlegenenrolle befinde. Was dabei aber übersehen wird, ist das ich mich überhaupt nicht in dieser Rolle befinden möchte. Es ist nicht mein Interesse. (und ich kann mir vorstellen, daß es nicht nur mir so geht)

Ich glaube, daß dieses Verteilen solcher Machtpositionen, oft anstatt eines Einnehmens eben ein Zuteilen ist und daß die Existenz solcher vermeintlicher Machtpositionen einfach nur aufzeigt, daß beiden Beteiligten Augenhöhe schlicht nicht gelungen ist.

@Johanna15 und @Watergate bitte versteht dies nicht als Verteidigung eurer jeweiligen Ex-Freunde. Sondern als zusätzliche Motivation euch nicht zu melden und euch langsam auf euch selbst zu besinnen.
Alles Gute für Euch.

13.08.2019 14:44 • x 5 #95


J
@E-Claire

Vielen Dank für Deinen Beitrag. Ich verstehe auch, worauf Du hinaus willst. Das emotionale Gefälle ist einfach zu groß und jeder kämpft mit den Konsequenzen. Und zieht diese auch.
Was mir aber unverständlich bleibt ist, wenn die Erleichterung des Überlegenen so groß ist, den Unterlegenen los zu sein (in meinem Fall ist es ein Fakt), was ist die Motivation eines Freundschaftsangebot? Welches mir Metaphern in höchster Form geschmückt wurde? Die Konsequenz wäre doch im Idealfall eine freundliche Verabschiedung und fertig...
Und Du, welche die Position des Überlegenen kennst, was kommt nach der Erleichterung und der Erkenntnis, dass der Unterlegene die Trennung akzeptiert hat und Ruhe gibt? Passiert dann noch was?

LG Johanna.

13.08.2019 15:20 • x 1 #96


B
Zitat von Johanna15:
An seine Kaltblütigkeit und mein daraus resultierendes Drama. Ich habe gemerkt, dass er sich schon lange verabschiedet hat, wollte es aber nicht sehen sondern habe in seinen Augen sicher rumgenervt mit Bedürfnissen.

Siehst Du, wenn mal etwas Zeit ins Land gegangen ist, die Du genutzt hast, um in Dich hinein zu fühlen und Dich zu erinnern, wird manches klarer. Die Beziehung hatte schon vorher eine gewaltige Schieflage, die es ihm leicht gemacht hat, sein Ding durchzuziehen, während Du im Stillen oder auch im Lauten durch Nörgeln, Rumnölen, Klagen, Jammern, Schimpfen Deine Bedürfnisse zum Ausdruck brachtest. Auch unausgesprochene Gedanken teilen sich dem Partner oft mit, denn er spürt sie oft intuitiv. Vorausgesetzt er hat eine sensitive Art, was ich bei Deinem Exemplar nicht vermuten würde.

Es ist ein Kennzeichen von Beziehungen mit einem Machtgefälle, dass der eine seine Interessen lebt und in den Vordergrund stellt und der andere steht daneben und schaut oft hilflos zu. Dann kommen so traurige Gedanken: alles Anderes ist für ihn wichtiger als ich. Da hat er mich wieder übergangen und diese unbedachte Äußerung von ihm hat mir weh getan, aber er merkt es ja nicht mal!
Ich kann Dir noch einen Buchtitel empfehlen, denn der hat mir damals über meine Beziehung die Augen geöffnet. Denn ich war immer der Meinung, nur wir hätten diese ganz besonderen Exklusivprobleme. Die Probleme in anderen Beziehungen sind dagegen ja vergleichsweise harmlos.
Da ich irgendwie vermutete, dass er Probleme mit Bindungen hat, googelte ich und staunte nicht schlecht, dass es darüber sogar ganze Bücher gibt. Eines habe ich mir gekauft: Jein. Bindungsängste erkennen und bewältigen von Stefanie Stahl.

Da merkte ich dann, dass wir eine ganz normale Beziehung hatten zwischen aktiven und passiven Bindungsvermeider. Vieles von dem was ich las, traf auf ihn zu. Was ich damals noch nicht wusste, war, dass ich auch mit im Boot war. Nicht umsonst hängte ich mich an einen aktiven Bindungsvermeider, denn bei dem konnte ich meine Defizite ja so wunderbar ausleben. Das tut so unsagbar weh, aber man verwechselt es mit Liebe. Liebe ist sicher auch im Spiel, aber in erster Linie schickt uns unser Unterbewusstsein mal wieder auf die Reise, wo wir unser persönliches Waterloo wieder nachleben dürfen.

Partnerwahl ist niemals eine Sache des Zufalls. Unser Unterbewusstsein führt uns zu einem Adressaten, der auch eine Funktion für uns erfüllt. Z.B.. die, dass wir irgendwann erkennen, was uns unbewusst quält und antreibt. Und auch der aktive bindungsvermeidende Partner landet ja nicht zufällig bei Frauen wie uns. Denn auch er spürt unbewusst, dass er seine Mechanismen wie Kaltblütigkeit, Egoismus, Ich-Zentriertheit an uns ausleben kann. Hinter dem, was uns so kalt erscheint und uns schmerzhaft beschäftigt, stehen seine eigenen Bindungsängste.

Zitat von Johanna15:
Bei meinen Anfällen habe ich den Wunsch zu ergründen, was in ihm vorgeht. Ob er auch manchmal an mich denkt? Ob er mich manchmal vermisst? Ob er meine Geschenke entsorgt hat? Ob ihm diverse Erlebnisse noch was bedeuten? Die primäre Frage, die ich mir stelle ist, ob er mal an mein Kind denkt, was ihn so sehr gemocht hat.

Vielleicht ist es gut, dass Du es nicht weißt! Ich fürchte, Du könntest da Dein blaues Wunder erleben. Er ist ja innerlich kalt, also tangiert ihn viel weniger als Dich. Folglich hat er auch weniger mit Sentimentalitäten wie dem Stofftier, das Du ihm mal geschenkt hast, zu tun. Ich kann mir vorstellen, dass er recht leicht mit allem abschließt und das bedeutet auch, dass ihm Dinge nicht so viel bedeuten. Vielleicht hat er die GEschenke noch, vlt. weggeworfen, weil er sie ja nicht mehr braucht. Genauso mit der Erinnerung. Warum bitte sollte er sich mit gemeinsamen Erlebnissen aus der Vergangenheit befassen? Nein, er lebt weiter und fliegt auf Malle. Das ist seine Art der Verarbeitung, während Du auf dem Balkon sitzt und Schmerz empfindest.
Schade, dass jetzt auch ein Kind unter dieser Geschichte leidet. So was hat meist auch Auswirkungen auf das spätere Leben. Denn auch das Kind hat eine Bindung aufgebaut, die nun kaputt geht. Das tut weh, auch dem Kind!

Ich habe meinem mal zwei Plüschtiger geschenkt. Das war in der Zeit der rosaroten Brille. Denn es war sein Kosename. Ich fand zwei total süße Tiger, einen für mich, einen für ihn. Dann konnte ich die zwei nicht auseinander reißen, denn sie mussten doch zusammen bleiben! So sentimental war ich damals! Und so blieben beide Tigerchen bei ihm. Ich habe mich oft gefragt, ob sie noch bei ihm rumstehen, aber irgendwie bin ich auch froh, dass ich es nicht weiß. Hätte er so was wie Anstand gehabt, hätte er mir die oder wenigstens einen schicken können. Genauso die Haarbürste, diie Körperlotion, die ich noch bei ihm hatte. Denn er hat sich ja per Mail verabschiedet und zu einem Austausch von Dingen kam es nicht mehr. Es war eh alles bei ihm. Er hat alles behalten und ich wollte nicht danach fragen. Es war ja nichts Wertvolles, aber trotzdem hätte er sie mir schicken können. Nicht mal dazu hat es gereicht.

Zitat von Johanna15:
Nur das ich nie sehen wollte, dass diese Leichtigkeit eigentlich bedeutete, keine Verantwortung für ein WIR zu übernehmen. Aber er hat es mir immer durch die schönsten aller warmen Worte einsuggeriert und ich wollte daran glauben. Unbedingt wollte ich es. Und sicher ist meine Tiefe, die er bewundert hat, zu einer Schwere geworden die unangenehm war.

Das hast Du wunderbar ausgedrückt! Erst profitiert man von der Gegensätzlichkeit, dann wird sie zur Last. Und die schönen und warmen Leute glaubt man gern, weil man sie glauben will. Weil sie gut tun, weil sie zeigen, dass wir bedeutsam sind. Ich habe seinerzeit auch jede noch so kleine positive Äußerung über mich oder noch lieber über ein uns, das es nicht gab, aufgesogen. Ich hätte den Nordpol auf Skiern überquert, wenn ich von ihm dadurch das bekommen hätte, was ich mir wünschte.

Und ich fühlte auch, dass diese Beziehung Stress war. Richtiger Stress, denn ich hatte auch Angst. Angst davor, was er am nächsten WE wieder an bindungsvermeidenden Äußerungen und Verhaltensweisen aus dem Ärmel schütteln könnte. Angst davor, dass ich nicht gut genug für ihn war. Angst, dass er eine Andere finden könnte. Angst, dass ich wieder traurig werden würde und zu Hause weinen würde über die desolate Lage.
All das wusste ich, aber hätte mir Jemand gesagt, Du musst Dich trennen, hätte ich voller Panik gesagt: Alles, bloß das nicht! Ich hätte es einfach nicht geschafft und so blieb ich fast bis zum Schluss in der passiven, leidenden Rolle.
Als er ging, hatte er wieder die Oberhand, die ich für kurze Zeit übernommen hatte.Das hielt er nicht aus. Eine Begonie, die ihm zu Füßen lag und sich nicht wehrte, war er gewöhnt. Damit konnte er umgehen, war ja nichts Neues. Eine Begonie, die auf einmal gleichauf sein will, das geht gar nicht. Und auch das war ein Grund für die Trennung. Er musste die alten Machtverhältnisse wieder zu seinen Gunsten herstellen. Wer geht, behält die Macht und die Kontrolle.

Zitat von Johanna15:
Hättest Du eine Antwort für mich in Bezug, ob er auch Momente hat, wo ich für eine Sekunde noch präsent bin bei ihm?

Ach, Johanna, Liebes! Ich würde Dir gerne sagen, ja, sicher auch er denkt an Dich und auch er erinnert sich an Momente, die er jetzt nicht mehr hat.
Aber ich kann es nicht, denn ich weiß es ja nicht. Jeder Verlassene wünscht sich das. Der muss mich doch auch vermissen, wenigstens manchmal!
Ich habe keine Ahnung, wie mein Ex. damit umgegangen ist, hatte aber den Eindruck, dass er viel weniger gelitten hat als ich. Er ging munter aus am Wochenende und ich saß voller Sehnsucht daheim und heulte Taschentücher voll. Ungerechte Welt! Der eine fliegt auf Malle und für den Anderen bleibt der Balkon!

Wünsche gehen in Erfüllung. Sehr oft, aber nicht immer wie wir glauben. Und manche Wünsche erfüllen sich ohne dass wir es merken. Also wünsche Dir, dass er manchmal auch an Dich denkt und glaube einfach daran, dass auch er nicht ganz gedanken- und gefühllos weiter geht. Glaub's einfach, ohne es zu wissen. Einfach deswegen, weil es Dein Leben momentan leichter macht. Vielleicht ist es ja so. Aber fragen darfst Du ihn das nicht, nur Dir wünschen.
Andere Frage: was hast Du davon, wenn auch er an Dich denkt? Im Grund genommen nichts, aber es würde Dein Ego
streicheln, Dein Selbstgefühl stärken. Dafür bist Du aber selbst zuständig, nicht er.

Zitat von Johanna15:
Ich ziehe mir Freitag was hübsches an, werde mich schminken und freundlich distanziert auftreten und ihm sonst keine Beachtung schenken! Und keine Nachrichten!

Das ist doch mal ein Wort!. Selbstachtung stärken und sich nicht unterkriegen lassen und nach außen zeigen, dass Du auch mit dieser Situation umgehen kannst. Auch damit kannst Du Dein Selbstgefühl streicheln und Dir was Gutes tun. Also mach das. Es geht leichter als Du denkst.

Halt uns auf dem Laufenden!

Begonie

13.08.2019 16:02 • x 3 #97


J
@Begonie

Meine Güte liebe Begonie!
Ich finde mich in allem wieder, was Du beschreibst. Bin echt geflasht.

Dankeschön! Ich werde Deinen Beitrag heute noch oft lesen und lasse jetzt wirken!

13.08.2019 16:19 • #98


B
Zitat von Johanna15:
Was mir aber unverständlich bleibt ist, wenn die Erleichterung des Überlegenen so groß ist, den Unterlegenen los zu sein (in meinem Fall ist es ein Fakt), was ist die Motivation eines Freundschaftsangebot? Welches mir Metaphern in höchster Form geschmückt wurde? Die Konsequenz wäre doch im Idealfall eine freundliche Verabschiedung und fertig...

Das Freundschaftsangebot beinhaltet ja nun eigentlich, dass Du ihm durchaus was wert warst und dass Du wichtig warst. Und da denkt er sich, irgendwie schade, wenn sie jetzt ganz aus meinem Leben verschwindet, denn ich mochte sie ja sehr gerne.
Das wäre der Idealfall, aber ich schätze, es spielt noch was Anderes mit rein. Es ist ihm durchaus klar, dass er Dich und Dein Kind verraten und aus seinem Leben katapultiert hat. Das verursacht ja nicht nur positive Gefühle, sondern er erinnert sich wohl daran, dass auch er in der Beziehung eine Verantwortung getragen hat, der er jetzt davon läuft. Und da geht es dann doch wieder nur um ihn. Ich schlage ihr die Freundschaft vor, denn

1. das macht es ihr leichter. Ist zwar Unsinn, aber er denkt wohl so.
2. Ich möchte nicht das komplette A... sein wegen der Trennung. Viel kann ich ihr nicht bieten, aber eine Freundschaft verlangt mir nicht viel ab und ihr ist klar, dass ich nicht der Mann für die Zukunft bin. Dann ist Freundschaft ja eine gute Lösung. Da spielt bei ihm vlt. durchaus Schuldbewusstsein eine Rolle, das er jetzt abschwächen will. Denn er lässt Dich nicht völlig im Regen stehen.
Es nützt also möglicherweise ihm, was auch wieder dafür sprechen würde, dass auch ihm die Trennung etwas ausmacht. Es ist ja auch logisch, denn Du warst ja mal ein wichtiger Bestandteil seines Lebens.
3. Ich halte es für wahrscheinlich, dass er erleichtert ist. Denn auch für ihn war die Situation nicht mehr tragbar. Er wusste ja von Deinen Wünschen nach einer echten Beziehung, nach Zusammenziehen, vielleicht nach Heirat. Aber er fühlte eben auch, dass er sie nicht erfüllen konnte. Auch er genügte nicht, nicht nur Dir, sondern auch sich selbst.
Auch hier ist eine Freundschaft ein nettes Angebot und hilfreich. Aber auch hier spielt wieder schlechtes Gewissen mit rein. Wenn ich ihr das nicht geben kann, dann wenigstens jenes.

Es ist von seiner Seite aus betrachtet ja durchaus ein Angebot. Nähmst Du es an, würde es ihn richtig erleichtern, denn sein Schuldbewusstsein würde schweigen.

Schätzungsweise hat er zwei Seelen in der Brust. Er täte ja gern können, aber er kann es nicht. Dein Ansprüche konnte er nicht erfüllen, das weiß er. Sie wurden zu einer Belastung. Druck muss man ausweichen. Druck erzeugt Gegendruck. Die Lösung für ihn: eine Trennung.
Ha, jetzt geht es auf, ich kann tun was ich will. Höre keine blöden Kommentare mehr, spüre keine Ansprüche mehr, höre kein Klagen und kein Nörgeln. Gott sei Dank, das ist jetzt weg!
Ist doch verständlich von seiner Seite aus betrachtet.
Andererseits hat auch er was verloren, was noch nicht kompensiert ist und auch da kämst Du als vertrauter Kummerkasten wieder ins Spiel.
Bindungsvermeider sind so, denn sie leben in einem inneren Zwiespalt. Dem Wunsch nach Nähe und Liebe und Vertrauen und dem Wunsch nach Unverbindlichkeit und Freiheit. Im Zweifelsfall siegt die Freiheit.

Zitat von Begonie:
was kommt nach der Erleichterung und der Erkenntnis, dass der Unterlegene die Trennung akzeptiert hat und Ruhe gibt? Passiert dann noch was?

Ich würde sagen, es sind zwei Erleichterungen. Die erste, dass der Druck jetzt weg ist. Die zweite Erleichterung fühlt er, wenn er merkt, dass Du die Trennung akzeptiert hast und ihm seine Entscheidung zugestehst.

Keine Erleichterung währt ewig. Sie gilt immer für eine bestimmte Phase, in der sie wohl tut. Aber auch in ihm schlummert dieser andere Wunsch nach Bindung. Nicht selten dockt er dann beim Ex. oder der Ex. wieder an, weil es ja doch auch schön und wohltuend war. Gefolgt von dem ewigen Kreislauf aus Nähe und Distanz, aus Herkommen und Wegrennen. Das ergibt dann oft die klassischen On-/Off-Beziehungen, die zumindest einen fertig machen. Denn nach der Erleichterung kommt oft eine innere Leere und eine innere Einsamkeit.
Oder aber er findet eine andere Frau, wahlweise Mann, der diese Wünsche jetzt erfüllt, ehe auch er/sie unter seinem Freiheitsdrang leidet.

Der lebende Widerspruch! Das ist kein Honigschlecken, auch nicht für ihn.

Aber was wirklich ist, weiß keiner, vielleicht nicht mal er. Männer haben oft weniger Zugang zu ihren Gefühlen und können daher oft nicht gut damit umgehen. Dann kommt es zum inneren Rückzug oder vielleicht auch zu Verdrängungsmechanismen. Ich sag nur Malle!

Johanna, das Kapitel mit ihm ist fertig. Da kommt nichts mehr oder nicht mehr viel. Aber für Dich kommt durchaus was, denn Du kannst davon profitieren. Realistischer sein, Chancen richtig einschätzen und mit Deinen inneren Sehnsüchten gut umgehen. Pflege Deines Ichs, Akzeptanz Deines Wesens ist wichtig für Dich. Du warst doch für das Schwere zuständig und das hat auch seine guten Seiten. Nachdenklichkeit, Empfindungen, Erkenntnisse, die ihm womöglich verschlossen bleiben. Dann hast Du davon profitiert und womöglich mehr als er.

Begonie


Begonie

13.08.2019 17:39 • x 3 #99


J
@Begonie

Liebe Begonie,

als erstes, nochmals vielen Dank, dass Du auch die Freundschaftsfrage nochmal für mich aufgeschlüsselt hast. Du bringst mich wirklich weiter.
Mir fällt noch eine Variante ein, warum er das angeboten haben könnte. Vielleicht möchte er nett und fair wirken, damit ich in Bezug auf die Arbeit still bleibe. Er wollte zwar mit mir zusammen ziehen, mich tatsächlich heiraten und ich wäre seine große Liebe, aber uns outen auf der Arbeit? Das wollte er auf keinen Fall. Nur zwei befreundete Kollegen wussten von uns, ansonsten war schauspielerische Leistung gefragt. Auch auf den Betriebsfeiern. ( Kollege x fragte, hey, hast Du eigentlich wieder jemanden, er sagte: nein und ich stand daneben) Zum Schluss hab ich ihn gebettelt und gebeten, ob wir uns nicht outen können, ich konnte das nicht mehr. Hab ihn gefragt, ob ich ein Schandfleck bin oder warum es keiner wissen darf....
Wenn ich das verinnerliche, heiraten, aber niemand darf über Jahre etwas wissen.... wie dumm war ich denn nur.....
Ich denke, er hat nach wie vor den großen Wunsch, dass diese nun Ex-Beziehung eine geheime Sache bleibt. Zumal er gern flirtet und diese Geschichte dabei stören könnte.

Ich hab sooft gedacht, wieso konnte er mit seiner Ex zusammen wohnen. Sie hat ihn damals verlassen. Er hätte sie bestimmt nicht versteckt. Was stimmt mit mir nicht.

Seine Mutter schrieb mich gestern an (war wohl auch ein trigger, für meinen Anfall), dass ich ihr fehle. Auch da musste ich dran denken, wie wir die Eltern für ein WE besucht haben und er die gesamte Zeit mit seinem Freund verbracht hat, während ich mit Kind bei den Eltern blieb.
Ich denke an schöne Erlebnisse mit ihm, bei deren Ende ich schon voller Sehnsucht ein Wiedersehen planen wollte und er schon mit seinem nächsten Event beschäftigt war. Ich könnte Millionen Beispiele aufzählen. Und anstatt aufzuwachen, hab ich mich schlecht gefühlt. Und in der letzten Zeit unserer Beziehung Drama gemacht, wollte ihn zu Dingen überreden, wollte grundsätzlich zu viel reden. Habe diese Widersprüche nicht verstanden.
Wenn ich auf die 4 Jahre zurück blicke, kann ich sagen, ich hatte niemals eine Priorität. Ich habe ihm lange Zeit sehr gut getan. Nebenbei. Add on! (So treffender Begriff von Dir) Für vieles seine Hobby und Wünsche hatte ich auch durch mein Kind schlicht und ergreifend keine Zeit auch wenn ich ständig um Kompromisse bemüht war. Und wenn ich auf die letzten Monate in unsere Beziehung zurück schaue, schäme ich mich regelrecht für mein Drama, meine Bitten, mein Betteln, mein Nerven, um mit ihm ein Schritt weiter zu gehen. Ich hab so geklammert. Ich war einfach daneben.

Das Kapitel ist wirklich vorbei. Er ist erleichtert, hat freie Bahn und wenn er merkt, dass ich ihn nicht auflassen lasse auf der Arbeit, kann er sich beruhigt zurück lehnen. Und dennoch bleibt die Sehnsucht meinerseits, dass er in Momenten, wo er Malle, Flirts, Hobby, Band mal nicht hat, voller Wehmut an mich zurück denkt. Ich wünsche es mir einfach.

Danke Begonie! Für Deine ganze Mühe und Unterstützung.

Johanna

13.08.2019 19:05 • x 2 #100


E-Claire
Zitat von Johanna15:
was ist die Motivation eines Freundschaftsangebot?

Lass uns an der Stelle festhalten, daß da sehr viel Spekulation gegeben ist und ich wirklich nicht weiß, wie Dein Ex sich fühlt oder die Dinge sieht.

Ein Freundschaftsangebot hat mE. mehrere Level oder Aspekte. Es gibt den Aspekt des eintretenden Verlust, dann das Level der Milderung, Wiedergutmachung, eventuell Umgang mit der selbst empfundenen Schuld und schließlich das, was ich gern blinden Fleck nenne, wir können aber auch von Ignoranz oder fehlender Einsichtsfähigkeit bzw Unerfahrenheit reden.

Verlust:
Das Problem ist, daß der vermeintlich Unterlegene aus der Entscheidung des vermeintlich Überlegenen und dessen Umgang damit, ableitet, daß der andere eben keine Angst, Sorge oder Trauer vor bzw über den Verlust spürt.
Im weiteren wird dann die Argumentation aufgemacht wird, naja, wenn er mich nicht hätte verlieren wollen, dann hätte er ja die Beziehung weiterführen können. Da er das nicht hat, war ihm mich zu verlieren eben auch nicht wichtig.

So läuft das eher nicht. Es mag Fälle geben, wo das so ist, aber viel häufiger ist es auch für den sog Überlegenen keine einfache Entscheidung, die vertraute Person ziehen zu lassen. Nicht mit dieser in einer Beziehung sein zu wollen, ist die eine Sache, nie wieder mit dieser Person zu reden eine völlig andere.

Auf dieser Ebene also, ist so ein Freundschaftsangebot durchaus auch ernstgemeint.

Milderung/Wiedergutmachen/Schuld
Niemand macht gerne Schluß! Und für den Fall, daß Du noch nie Schluß gemacht hast, ist das vielleicht zunächst abstrakt, aber innerhalb normaler Verhaltensweisen macht niemand gern Schluß, weil nun mal keiner gerne, jemand anderem offensichtlich weh tut.
Auch hier wird die Argumentation lauten, naja, wenn er mir hätte nicht weh tun wollen, hätte er ja nicht Schluß machen müssen. Hat er aber, also wollte er mir weh tun.
(Was, wenn wir ganz genau hinschauen, eigentlich ein wirklich guter Spiegel für die Dynamik der Beziehung ist, denn es werden ja wieder Forderungen aufgestellt, die für den anderen offensichtlich nicht (mehr) erfüllbar) waren.)

Die Entscheidung Schluß zu machen, ist meistens ein Entscheidungsprozess, selbst wenn der Akt dann im Affekt geschieht. Die meisten Menschen, die Schluß machen, haben schon eine Weile lang Überlegungen angestellt oder zumindest bemerkt, daß das, was sich schön, toll, erstrebenswert anfühlen sollte, sich eben eher mühsam, schwer und schleppend anfühlt. Früher oder später kann derjenige, an den die für diesen nicht erfüllbaren Erwartungen gestellt werden, einfach nicht mehr.
Dann hat man die unangenehme Aufgabe, dem anderen dies zu sagen. Wenn man jemandem weh tun wird, dann versucht man, so gut es eben geht, dies zu mildern. Vielleicht fühlt man sich auch schuldig.

Auf der Ebene wird so ein Freundschaftsangebot eben zu einer Art von Trostpflaster.

Ignoranz/fehlende Einsicht/Unerfahrenheit
Freundschaften funktionieren nach ganz anderen Regeln und beruhen auf völlig anderen Dynamiken. Das allerdings ist nicht jedem immer so klar. Es gibt ja noch immer diese Idee, daß Freundschaft plus Beischlaf eine Beziehung ist und wenn man letzteres abzieht, automatisch eine Freundschaft übrigbliebe.

Hinzu kommt, daß viele Menschen sich in dem Moment, wo sie so etwas sagen, nicht gut darüber bewußt sind, zu welchen Anteilen, sie die anderen Ebenen fühlen. Spielt die Verlustebene eine wirklich große Rolle und ist derjenige ein wenig lebenserfahren und aufgeräumt, dann ist so ein Angebot eben deutlich ernsthafter, als von jemandem, der dieses vor allem äußert, weil er gerade in der Situation des Schlußmachens, den Schmerz des anderen nicht gut aushält.

Schließlich, egal, wie die Beziehung vorher war, schafft allein das Scheumachen, wenn es eine einseitige Entscheidung ist, ein Machtgefälle und das ist im Grundsatz keine Basis für eine Freundschaft. Daher gilt in jedem Fall, daß es zunächst eine Pause braucht, in der sich beide orientieren und verarbeiten, so daß sie dann wieder (ohne Machtgefälle) aufeinander zugehen können.
Und da rede ich nicht von ein paar Tagen.

Zitat von Johanna15:
was kommt nach der Erleichterung und der Erkenntnis, dass der Unterlegene die Trennung akzeptiert hat und Ruhe gibt? Passiert dann noch was?

Johanna, wenn ich dir das so schreiben darf, alleine daß Du dir die Frage stellst, warum er Dir ein solches Angebot gemacht hat, anstatt zu fragen, ob Du überhaupt mit ihm (ehrlich) befreundet sein kannst oder willst, zeigt, wie sehr Du noch in der Dynamik verharrst.
Könntest Du mit ihm befreundet sein, wenn er Dir von einem neuen Date erzählt?

Was kommt nach der Erleichterung? Ich bin mir nicht sicher, daß ich diese Frage wirklich verstehe. Meinst Du, ob der andere, wenn die Erleichterung vorüber ist, es vielleicht doch bedauert?

Sicher gibt es Fälle, wie bei Begonie, wo Bindungsvermeider ein zutreffendes Wort scheint und diese dann die Spiele erneut beginnen lassen, entweder mit neuem oder eben erprobtem Personal.
An der Stelle ist es aber wichtig, sich auch mit der Möglichkeit auseinanderzusetzen, daß so ein vermeintliches Machtgefälle natürlich nicht nur bei Bindungsvermeidern gegeben sein kann, sondern eben auch in allen anderen Situationen vorkommt, aka auch in einer weniger Diagnosenbehafteten Beziehung.

Jede Form von sozialer Beziehung (abgesehen von zwei Ausnahmen) beruht auf Geben und Nehmen. Und in jeder Form von sozialer Bindung kann dies in die Schieflage geraten und im Grundsatz steigt dann derjenige irgendwann aus, nein, nicht derjenige der mehr gibt, der sucht ja gerade mit dem mehr geben, die Bindung atypisch zu verändern, sondern derjenige, der weniger gibt, weil er sich früher oder später mit dem mehr geben des anderen überfordert fühlt, eben weil er dieses nicht reziprok beantworten kann.
Das eigentliche Problem ist nämlich Folgendes: Derjenige, der geht, wird als vermeidend stilisiert, währenddessen derjenige, der mehr gibt, allgemein (geben ist in unserer Ethik durch und durch positiv besetzt) als edel gilt. Diese zu großen Teilen unbewußte positive Wertung des Gebens, erleichtert es dem vermeintlich Unterlegenen weitere Akte des Gebens zu setzen (Verzeihen, Dulden, Zurückstecken), die alle ein Ziel verfolgen, in der Bindung, die zwar als nicht mehr gleichberechtigt erkannt wurde, zu verbleiben.

Wenn dann die Dynamik nicht mehr funktioniert, aber ich habe doch immer zurückgesteckt, und daher die Belohnung, verbleiben in der Bindung, ausbleibt, ist das Geschrei extrem groß.
Und an der Stelle wird dann eben deutlich, daß überhaupt nicht altruistisch sondern zweckgebunden Gegeben wurde.

Anyway: Was passiert nach der Erleichterung? Man gewinnt Abstand und mit diesem kommt es immer wieder zu Neubewertungen des Geschehenen. So wie bei dir auch.
Und gleichzeitig, sprichwörtlich, wird das Leben nach vorn gelebt und rückwärts verstanden.

Falls Du Dich fragst, ob der andere in einer solchen Konstellation vermisst? Dann hängt die Beantwortung davon ab, wie Du vermissen definierst. Wenn Du Dich fragst, ob der andere so leidet, wie Du, dann ist die ehrliche Antwort darauf, aller Wahrscheinlichkeit nach nicht, nein.
Das wiederum hat aber nicht wirklich etwas mit dem anderen zu tun, sondern damit, daß Dein Leiden für etwas steht. Und zwar etwas, was in erster Linie etwas mit Dir zu tun hat. Sieht man mal von den offensichtlichen Ego-Kränkungen ab, die so eine Trennung mit sich bringt und welche natürlich ein gewisses Drama und Leid verursachen, ist eine Trennung vor allem traurig.

Wenn neben der Trauer aber auch anderer Schmerz überhand groß ist, dann geht es da um das eigene Drama.

Denn, warum ist man selbst in einer Beziehung verblieben, in dem der andere einem nicht gegeben hat, was man möchte? Die Frage ist nicht, wieso hat der andere einen klein gemacht, sondern die Frage ist, an welcher Stelle, habe ich dem anderen die Erlaubnis gegeben? Und was habe ich versucht, damit zu leben, damit zu kompensieren?

Ich weiß, du würdest gerne eine Geschichte hören, wie ich die Überlegene, beeindruckt worden bin von jemandem, der mir vermeintlich unterlegen war.
Ich erzähle eine andere: Wie ich geschrieben habe, war ich auch sehr lange in Deiner Position. Der Position der vermeintlich Unterlegenen. Dabei gab es eine Beziehung, deren Ende ich sehr, sehr lange überhaupt nicht überwinden konnte. Erst konnte ich die Trennung nicht akzeptieren, dann wollte ich, dass er leidet, aber eigentlich nur damit er zurückkommt und jeder Kontaktversuch lief auf das Gleiche hinaus, die Rollen schienen für immer festgesetzt. Er lebte sein Leben einfach weiter (meine Wahrnehmung) und ich, ich schien festzuhängen. Es brauchte ganz viel Zeit, damit ich darüber hinwegkam und auch sehr viel Leben, welches eben nicht immer die schönen Seiten bereit hält.
Irgendwann gab es keinen anderen Weg mehr für mich, als mich sehr intensiv und recht unschön mit mir selbst auseinandersetzen. Und im Zuge dessen habe ich für mich selbst gelernt, wie ich in diese Dynamik hineingeraten konnte und welchen Anteil ich trug. Anders als bei Begonie und deren Mann, macht mich das nun nicht zu einem Bindungsvermeider, aber zu jemandem, der wirklich klar agiert und selbstbestimmt mit und für sich lebt.

Diesen Mann habe ich wieder getroffen und inzwischen, ja inzwischen agieren wir auf Augenhöhe. Ich sehe, was und warum ich ihn damals so geliebt habe und es freut mich. Es macht mich nicht unglücklich, ich will ihn nicht zurück und ich würde heute anders wählen, aber ich kann voller Freude auf diesen Mann schauen und fühlen, ja, darum habe ich dich geliebt und darum bist du ein toller Mensch.
Ich weiß nicht genau, wie das für ihn ist. Darüber denke ich nicht nach. Wenn ich raten müsste, dann glaube ich, daß er mich sieht und denkt, ja gab Gründe für die Trennung.

Das sehe ich genauso. Seine Gründe sind die, die es damals waren.

Meine Gründe haben sich fundamental verändert.

Johanna, wenn ich Dir einen Rat geben darf, bleib stark und halte die Kontaktsperre durch. Konzentrier Dich auf dich und dein Kind. Wenn die Begründung jetzt für diesen Moment lautet, damit er sieht, was er verloren hat, dann nimm diese Begründung so hin, arbeitet dich aber nicht an ihr ab.

Irgendwann vielleicht wirst Du zu zwei Erkenntnissen gelangen:
Die Dynamik von Unter/Überlegenheit wird immer vom Unterlegenen definiert.

und

Unter/Überlegenheit-Überlegungen sind auch nur schlauer und noch im Schmerz befindlicher Code für: es hat halt nicht gepasst.

In diesem Sinne und bitte schau gut auf Dich!

13.08.2019 19:19 • x 3 #101


J
@E-Claire

Ich kann Dich nur bestätigen, ich stecke noch völlig in meiner Dynamik. Dennoch gibt es immer mehr lichte Momente und auch Erkenntnisse. Wie zum Beispiel unbedingt die Kontaktsperre einhalten zu wollen.

Bei Deiner Beschreibung von geben und nehmen (mal ganz runter gebrochen als positiver und negativer Akt) kann ich Dir folgen.
Ich kann sagen, ich habe lange Zeit gern gegeben, ohne nachzudenken und konnte lassen. Ich habe sehr viel in Richtung Zukunft, Planung und Gefühl gesagt bekommen. Als zauberhafte Worte.
An einem bestimmten Punkt wollte ich das Gesagte, das Versprochene, die emotionale Bedeutung auch haben und fühlen. Das passierte aber nicht. Es blieben Worte. Ich war sein emotionales zu Hause, aber wo war meins? Als Beispiel wollte er unbedingt mit mir zusammen ziehen, aber alles was in die Richtung gehen könnte, wurde verhindert. Heiratswünsche, aber niemand im Job darf von uns wissen usw. Das ist dopplebind vom Feinsten.
Aber anstatt eine Konsequenz zu ziehen, habe ich noch mehr gegeben, in der pathologischen Hoffnung, etwas zu bekommen. Das Gefälle zwischen uns wuchs.

Ich stagniere noch einem Punkt. Ich denke ihm war durch das blocken all seiner Versprechen doch irgendwann klar, dass ich eben doch nicht seine große Liebe bin, warum dann jahrelang diese Versprechen? Heiraten war seine Idee, ich wäre nicht darauf gekommen, zusammen ziehen ging auch von ihm aus, nur falls Bedenken aufkommen, dass ich das initiiert bzw. in dieser Richtung Druck gemacht habe. Nein.

Deswegen auch die Frage, warum jetzt Freundschaft. Ich fühle doch, dass er es nicht will. Natürlich habe ich jetzt die Chance auf mein Gefühl zu achten und konsequent zu sein.

Ich gebe trotzdem ganz offen zu, dass ich mir ein vermissen seinerseits in manchen Momenten wünsche, deswegen die persönliche Frage an Dich bezgl. des Gefühls des Überlegenen. Mir ist natürlich völlig klar, dass jeder Mensch eine andere Sicht und Motivation hat.

Herzlichen Dank für Deine Meinung.

13.08.2019 20:14 • x 1 #102


E-Claire
Zitat von Johanna15:
ch stagniere noch einem Punkt. Ich denke ihm war durch das blocken all seiner Versprechen doch irgendwann klar, dass ich eben doch nicht seine große Liebe bin, warum dann jahrelang diese Versprechen?

Das kann viele Ursachen haben. Begonie hat eine mögliche Dynamik ja bereits geschildert. Jemand, der sich binden will, aber in letzter Konsequenz nicht kann.
Daneben gibt es andere Möglichkeiten. Viele derer.

Eine Sache, aber würde ich so nicht formulieren: nur weil jemand, etwas nicht tut, heißt das nicht, daß er dich nicht geliebt hat. Denn genau da ist sie wieder diese Dynamik, die dich recht schnell in die sogenannte unterlegene Position führt.
Nicht nur gehst du von dir selbst und deinem Verständnis und Definitionen, wie Du Liebe und deren angebliche automatische Folgen siehst, aus, sondern du stellst sofort einen Bezug zu Deinem Wert her.

Wer außer Dir selbst sagt eigentlich, daß er dich nicht (zeitweilig) geliebt hat?
Alles sind: Deine Wertung, Deine Schlussfolgerung und auch Deine Ansprüche an die Liebe.

Entschuldige bitte, wenn das schmerzhaft ist oder Du noch nicht so weit. Ich kann wirklich gut nachempfinden, woher diese Fragen kommen. Es war nur gerade wieder auch so ein Beispiel für diese Dynamik, die sich dann eben doch nicht per se als Unter/Überlegen definieren lässt.

Zitat von Johanna15:
ch gebe trotzdem ganz offen zu, dass ich mir ein vermissen seinerseits in manchen Momenten wünsche, deswegen die persönliche Frage an Dich bezgl. des Gefühls des Überlegenen.

Natürlich vermisst auch der vermeintlich Überlegene. aber aus anderen, vielleicht so gar authentischeren Motiven.

Der andere vermisst dich vermutlich nicht in all den Momenten, in denen es nur um das Haben einer Partnerschaft, das Gefühl der Zugehörigkeit (egal zu wem) und alltägliche Zusammengehörigkeiten geht. Nochmal, es kann durchaus sein, daß es bei dir so wie bei Begonie war, dann geht es eben auch um Machterhalt.
Zumeist aber liegt der Schlüssel in der sogenannten Bedürftigkeit. Die bestimmt, wie sehr Partnerschaft und eben der Partner für die funktional bestimmt sind. Also ich brauche eine Partnerschaft, damit; ich brauche einen Partner damit, ich.

In der Essenz besteht jede Trennung aus dem Aussprechen dieser und ein sich daran anschließendes Narrativ. Letzteres ist außerhalb der echten einvernehmlichen Trennung (aka conscious uncoupling) immer damit verbunden, daß einer geht und der andere gezwungen wird gehen zu lassen.
Wenn man beide Seiten kennt, dann ist zu gehen, Aktion. Es bedeutet, mit Mut (manchmal dem der Verzweiflung) und in Ungewissheit aufzubrechen. Es betuet auch, die Verantwortung für das echte Ende zu tragen. Und es bedeutet, dem anderen natürlich weh zu tun.

Gehen lassen zu müssen, ist Re-Aktion. Es bedeutet zurück bleiben, noch nicht so weit sein. Es bedeutet Opfer der Entscheidung von jemand anderem zu sein, aber auch das moralische Recht auf seiner Seite zu wissen. Denn nach wie vor, ist derjenige, der sich trennt, auch immer derjenige, der hinwirft, aufgibt und eben nicht genug kämpft, denn wir wissen ja alle, daß wahre Liebe jedes Hindernis überwindet, wenn man nur will.

Das sind einfach Positionen, die sich diametral gegenüberstehen.
Der eine sagt, ich will etwas anderes, als das, was ist. und der andere sagt, sieh doch nur hin, wenn wir uns beide (zumeist wenn du dich nur) mehr anstrengen, dann können wir alles haben.

Und an der Stelle wird dann von einem Machtgefälle gesprochen, weil Partnerschaft nun mal nur zu 100% von beiden Seiten geht. Spieltheoretisch, ist also derjenige, der austeigen kann (will, sich so nach langem Nachdenken entschieden hat) im Vorteil. Und daraus entspringt sofort eine Opfer/Täter -Erzählweise.

All das aber vernachlässigt so unglaublich viele Aspekte.
Es vernachlässigt, wie oft man selbst unglücklich war. Es vernachlässigt, wie sehr die Beziehung vielleicht eh schon durch war. Es vernachlässigt, daß es ne Menge Mut braucht, um der Taube auf dem Dach zu folgen, anstatt sich mit dem Spatz in der Hand zu begnügen. Es vernachlässigt, wie viel Wut auf beiden Seiten aus unterschiedlichen Gründen vorhanden ist. Es vernachlässigt die jeweils eigenen Verstrickungen.

Schau mal, der Typ hat sich ne Frau mit Kind vertraut gemacht, beiden Dinge versprochen und nicht gehalten. anstatt nun in die Erfüllung zu gehen, trennt er sich, damit ist er in dieser Erzählweise (und die ist durchaus gesellschaftlich geteilt) der A.

Um sich also aus dieser Situation mit Trennung zu lösen, braucht es entweder kalte, egozentrische Ignoranz oder ne Menge vermeintlicher Reißleinen, die alle Code für, es hat nicht gepasst sind.

Ersteres ist extrem schmerzhaft, wirft aber auch Fragen auf, warum man sich nun ausgerechnet den ausgesucht hat und ob man es hätte sehen können. In jedem Fall aber, will doch niemand mit so jemandem Kinder aufziehen.

Im zweiten Fall sind eure Positionen so unterschiedlich, dass egal, ob er dich vermisst oder auch nicht, er sich entschieden hat, etwas neues zu beginnen.

Verstehst Du das?

Alles, alles Gute für Dich.

13.08.2019 21:10 • x 1 #103


W
Zitat von E-Claire:
So hart wie es klingt, aber nein. Vieles von dem, was @Begonie geschrieben hat, ist sehr stimmig. Und wenn man dies einfach mal weiterdenkt, dann ist der Überlegene, der schließlich eben auch gegangen ist, aller Wahrscheinlichkeit einfach erleichtert oder befreit. Denn gerade zum Ende der Beziehung hin, ist auch der sogenannte Überlegene in einer sehr belastenden Situation, da dieser ja (ständig) erlebt, daß das, was er zu geben hat (da einfach nur von zugeben bereit ist zu sprechen ist mE verkürzt) nicht reicht.
Auch der sog Überlegene erfährt damit ein Gefühl des Nicht-Reichens.

Da dieser aber die Beziehung als funktionales Element weniger benötigt als der sog Unterlegene, befreit er sich schneller aus dem Gefühl und dann setzt erst einmal die große Erleichterung ein und alles, was dann vom anderen in zu kurzen Zeitabständen kommt, wird nur als weiteres Zeichen der Bedürftigkeit wahrgenommen und damit als Ansprüche, die er nicht erfüllen kann.


@Johanna15 Du bist nicht bedeutungslos. Aber in erster Linie, ist es Deine Aufgabe, dir Bedeutung zu geben. Wenn wir aber darüber reden, ob Du bedeutungslos für den anderen geworden bist, dann würde ich da differenzieren. Als Teil des Vergangenen, des vergangen Erlebten hast Du Bedeutung.
Als Teil der Gegenwart wird dir im Zweifel aber bewußt oder unbewußt keine zugestanden, gerade deshalb weil Deine Forderung nach mehr (Zeit, Raum, Gefühl, Beachtung), sei sie auch noch so begründet gewesen, für den sog Überlegenden zumindest zum Ende hin eine Belastung war.

Dennoch hast Du Bedeutung. Auch für ihn.

@Begonie schöner Text. Meinem Erleben nach und ich kenne da inzwischen beide Seiten ein wenig, entwickelt sich so eine Dynamik allerdings nicht ohne ein Mitwirken beider Seiten. Vor allem aber

Ist dies eine Darstellung, die ich ein bißchen einseitig empfinde. Der Überlegene erlangt nicht dadurch eine vermeintliche Machtposition, in dem er sich klar in seinen Bedürfnissen äußert und diese daher anstrebt, sondern die Machtposition ist oft genug einfaches Resultat der Unklarheit des anderen.

Wir können ja immer nur von unseren Erfahrungen berichten, aber in der Zeit, in der ich unterlegen war, hatte dies vor allem und zu allererst etwas mit meiner eigenen Unklarheit zu tun. Nicht nur war ich in meinen Bedürfnissen zu unklar, sondern mir fehlte es auch an Mut und Konsequenz diesen zu folgen.
Inzwischen habe ich viel Arbeit in meine eigene Klarheit gesteckt, was spannender Weise ab und zu zur Folge hat, daß ich mich nunmehr in der vermeintlich Überlegenenrolle befinde. Was dabei aber übersehen wird, ist das ich mich überhaupt nicht in dieser Rolle befinden möchte. Es ist nicht mein Interesse. (und ich kann mir vorstellen, daß es nicht nur mir so geht)

Ich glaube, daß dieses Verteilen solcher Machtpositionen, oft anstatt eines Einnehmens eben ein Zuteilen ist und daß die Existenz solcher vermeintlicher Machtpositionen einfach nur aufzeigt, daß beiden Beteiligten Augenhöhe schlicht nicht gelungen ist.

@Johanna15 und @Watergate bitte versteht dies nicht als Verteidigung eurer jeweiligen Ex-Freunde. Sondern als zusätzliche Motivation euch nicht zu melden und euch langsam auf euch selbst zu besinnen.
Alles Gute für Euch.

Ich danke Dir , für Deine wunderbaren Texte , bei uns war es so , dass er ständig Worte von mir falsch verstanden hat ,ich versucht habe zu erklären , er aber nur nach seinen Schlussfolgerungen gehandelt hat , mich dementsprechend schon öfter mal tagelang ignoriert hat , so geht man doch nicht mit einem Menschen um? Es war schon immer schwierig das gebe ich zu , ich wusste nie so richtig woran ich bin und nun möchte er keinen Kontakt mehr.
Nach allem was war . Von einem Moment auf den anderen.
Es ist so schlimm , so unnötig diese Situation.

13.08.2019 21:21 • x 1 #104


E-Claire
Zitat von Watergate:
Ich danke Dir , für Deine wunderbaren Texte , bei uns war es so , dass er ständig Worte von mir falsch verstanden hat ,ich versucht habe zu erklären , er aber nur nach seinen Schlussfolgerungen gehandelt hat , mich dementsprechend schon öfter mal tagelang ignoriert hat , so geht man doch nicht mit einem Menschen um?


Nein, niemand sollte so mit sich umgehen lassen. Trotzdem tun es ganz viele von uns. Warum? Ach weißte, nennen wir es Lernerfahrung.
Persönlich (nur meine Meinung) halte ich Kommunikation für recht überschätzt, weil verbal zumindest die meisten Menschen einfach nur gnadenlos aneinander vorbei reden.
Ich habe genau wie du, die Nummer mit dem und ich erkläre und erkläre mich, bis dem anderen das Blut zu den Ohren heraustropft, hinter mir. Und irgendwann habe ich festgestellt, daß dies zumeist einfach nur eine Form von bitte ändere dich, damit ich nicht gezwungen bin zu handeln, war.

Das war mir damals natürlich nicht bewusst und ich hab das sicher nicht böswillig getan, aber ich habe halt auf Worte anstatt auf Taten geachtet. (Da muß man vielen hier im Forum einfach Recht geben. Taten statt Worte).

am Anfang dachte ich, es würde um die Taten meines Gegenübers gehen und bis zu einem gewissen Punkt stimmt das natürlich auch. So lassen sich die Dampfplauderer schon recht schnell entlarven.

aber eigentlich geht es um die eigenen Taten. Ich habe erklärt, statt zu handeln. Mich gerechtfertigt, statt zu handeln. angeklagt statt zu handeln.
Warum?

Die Wahrheit? Aus falschen Kindheitsmustern heraus natürlich, aber im Grunde aus einer absolut tiefen, damals unerschütterlichen Angst heraus, daß ich nicht in der Lage wäre, ein netteres und hübscheres Leben für mich selbst aufstellen zu können. Ich war gefangen, in dem Dilemma zu glauben, ich hätte besseres verdient, aber gleichzeitig auch absolut davon überzeugt, daß ich nichts besseres bekomme.

Was Du schilderst, ist ja letztlich die Frage nach Respekt.
Damals habe ich geglaubt, ich müßte Respekt einfordern. Notfalls mit Drama.
Heute respektiere ich (!) meine Taten, Gefühle und Worte und ziehe, wenn es dieser Respekt verlangt die Konsequenzen.

Auch dir alles, alles Gute und nicht vergessen: es wird besser!

13.08.2019 21:42 • x 3 #105


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