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Letzte Worte, Trauerfälle

F
Mein Opa macht sich auf den Weg.
Ich habe mich am Mittwoch verabschiedet, so wie er d alag, hatte ich schon eine Ahnung, dass es unser letztes Treffen sein würde.
Ich habe kurz mit ihm gesprochen und hatte einen Moment lang auch den Eindruck, dass er wahrgenommen hat, dass jemand da ist.
Heute kam dann die Nachricht meiner Tante, die Ärztin ist, dass sie glaubt, dass er in den nächsten zwei/drei Tagen gehen wird.
Die Familienmitglieder, meine Cousinen und zwei meiner Cousins kamen heute noch, mein Onkel und meine andere Cousine haben ihren Urlaub kurzfristig abgebrochen und gehen morgen nochmal hin.
Ich bin sehr sehr traurig, aber auch irgendwie froh, dass sein Zustand nun ein Ende hat - er war nun mehrere Jahre komplett pflegebedürftig, schwer dement.
Die Nachtwache und den Pflegedienst haben wir abgesagt, die Familie übernimmt das in den nächsten Stunden und Tagen, damit er von den Seinen begleitet werden kann.
Es ist für mich tröstlich zu wissen, dass nun - quer durch Deutschland und bis nach Amerika und Kanada die liebevollen und trauernden Gedanken Angehöriger und Freunde auf diesen einen Menschen gerichtet sind. Ich hoffe, dass sich dies irgendwie bei ihm bündelt und ihm einen ruhigen und sicheren Weg ins Jenseits beleuchtet.

25.08.2023 23:59 • x 11 #316


VictoriaSiempre
Oh jeh, der nächste Verlust in kurzer Zeit, das tut mir sehr leid für Dich.

Zur Familienforschung:
Ich komme väterlicherseits aus einer Moorbauern-Familie („Dem Ersten der Tod, dem Zweiten die Not, dem Dritten das Brot“ - und nee, gegendert wurde damals nicht!) und hab das große Glück, dass die Kirchenbücher aus der Gegend fast alle digitalisiert wurden. So konnte ich meine Vorfahren dieser Linie bis Anfang des 18. Jahrhunderts recherchieren. Total spannend!

Es gab sehr viele uneheliche Kinder und etliche Frauen mit jüngeren Männern, aber auch jung verstorbene Frauen und Väter, die mit 8 Kindern alleine da standen (und die dann die ebenfalls verwitwete Schwägerin geheiratet haben, man war halt pragmatisch) sowie schöne Vornamen, die heute wieder absolut angesagt sind.

Ich habe mir vorgenommen, einen Stammbaum zu erstellen/zu visualisieren, wobei ich noch nicht weiß, wie ich die ganzen Daten seit 17hundertnochwas lesbar darstellen kann. Fotos gibt es natürlich wenig (und wenn doch, ist niemand mehr da, der/die mir sagen könnte, wer da drauf zu sehen ist) , aber die Zweige sind für sich einfach schon sehr viel.

Ich finde toll, dass Du Dich auch mit dem Thema Ahnenforschung beschäftigst und geh mir gleich mal Bilder in Deiner Galerie angucken.

26.08.2023 01:14 • x 4 #317


A


Letzte Worte, Trauerfälle

x 3


W
Ja.alles rchtig!
Aber liegt nicht genau in diesem Pragmatischen auch das größte Unglück?

26.08.2023 04:35 • x 1 #318


Rheinländer
@Florentine
Ich denke an dich und deinen Opa. Schön das ihr eine so große Familie seid, die füreinander da ist, wenn es nötig ist.

26.08.2023 06:53 • x 3 #319


E
Zitat von Florentine:
Mein Opa macht sich auf den Weg. Ich habe mich am Mittwoch verabschiedet, so wie er d alag, hatte ich schon eine Ahnung, dass es unser letztes Treffen sein würde. Ich habe kurz mit ihm gesprochen und hatte einen Moment lang auch den Eindruck, dass er wahrgenommen hat, dass jemand da ist. Heute kam dann die Nachricht ...

@Florentine

viel Kraft wünsche ich dir und allen Angehörigen, Freunden, die dem Opa nahe stehen.

Abschied nehmen - ganz bewusst, so wie es das Herz möchte...

Der Tod ist NICHT das Ende...der Tod beendet das Leben. Und doch bleibt etwas - die Erinnerung an einen Mensch, der geliebt hat, der geliebt wurde, der beliebt war. Und....

Niemals geht er so ganz,
irgendwas von ihm bleibt hier.
Es hat seinen Platz immer bei...
...euch allen!

(In Anlehnung an den Text von Trude Herr)

26.08.2023 09:06 • x 1 #320


F
Es ist schön zu sehen, wie sich die Dynamik in der Familie (väterlicherseits) verändert. Da sind wir normalerweise super viele Leute (8 Kinder plus Familien), es ist immer extrem laut und wuselig.
Ich war gestern noch da und habe einen totalen Gangartwechsel empfunden. Raus aus diesem Wusel und diesem Kampf gegen Krankheit und Tod hin zu Ruhe und Akzeptanz.
Alle sind bemüht, diesen Übergang wirklich aktiv und schön zu gestalten, alle haben es angenommen.
Wir haben in unterschiedlichen Konstellationen (mal mit Onkel, mal mit Oma, mal mit Cousine) an seinem Bett gesessen und gesungen, mit Oma ein AveMaria gebetet und Geschichten erzählt.
Meine Cousine hat ein Buch in sein Zimmer gelegt, in das jeder der da ist, etwas reinschreiben oder malen kann, Gedenken und danken.

Ich habe versucht, noch einen Pfarrer für die Sterbesakramente aufzutreiben, aber die Pfarrbüros sind leider alle geschlossen und es gibt nur einen Kontakt in dringenden Notfällen...da möchte ich aber nicht anrufen.

Mein Papa ist sehr mitgenommen. Er kann schlecht darüber reden, neigt dazu alles was nicht rational greifbar ist, abzulehnen (Sterbesakramente? Quatsch. Bekommt er doch ein nicht mehr mit.).
Es wäre schön, wenn ihm dieser Gangartwechsel auch noch gelingen würde. Grade hatte ich mit Oma telefoniert und an meinen Papa ausgerichtet, dass alles in Ordnung sei. Papa (laut, fast wütend): In Ordnung?! Was heißt denn hier in Ordnung?!
...
Ich hoffe, er findet noch seinen Frieden damit.

26.08.2023 10:30 • x 2 #321


Rheinländer
Toll, dass dein Vater dich als Tochter hat .

26.08.2023 10:53 • x 2 #322


Finkenart
Rückzug und Stille mit Versöhnlichkeit sind oft die besten Helfer um auf diese Reise zu gehen.
Verabschiedet wurde schon am Flughafen, jetzt wartet anderes, das nur ihm zuhört, Worte? Vielleicht, nein, ich bin sicher, lenken nur Umstehende in ruhigere Gewässer, er selbst würde Stille wählen.

26.08.2023 11:02 • x 1 #323


F
Ich habe tatsächlich noch einen sehr netten Pfarrer erreicht. Der hatte eine Anfahrt von 40 min meinte aber, er könne sich sofort ins Auto setzen und kommen.
Er hat mit mir, meinem Vater und meiner Oma eine kleine Andacht in Opas Zimmer gehalten, wir haben noch zwei Lieder zusammen gesungen am Anfang und am Ende, gebetet und es war wirklich sehr schön und ein friedliches, ruhiges Ritual.
Von meinem Papa, der selbst gläubiger Christ ist, hat es augenscheinlich Last genommen und auch für meine Oma war es hilfreich.
Da ich selbst nicht gläubig bin, hat es mich nicht so tief bewegt, aber ich fand dennoch das Ritual, die Segnung als Geste irgendwie beruhigend. Dieses: Es ist gut, hier ist nichts mehr zu tun, es ist alles vergeben und du kannst in Liebe gehen.
Zitat von Finkenart:
er selbst würde Stille wählen.

Das bezweifel ich.
Es ist auch an keiner Stelle laut oder hektisch gewesen bisher.
Mein Opa, war immer ein ausgeprägter Familienmensch.
Ich erinnere mich an den letzten Geburtstag, den wir verbracht haben. Einige seiner wenigen deutlich vernehmbaren Worte war: Es ist so schön, wenn alle da sind.
Auch Musik hat er geliebt und meine Oma meinte, die Lieder würden ihn sicher noch erreichen, Musik habe ihn immer erreicht.

Ich werde den Abend nun allein verbringen und mich erinnern.

26.08.2023 17:28 • x 3 #324


E
Zitat von Florentine:
Ich habe tatsächlich noch einen sehr netten Pfarrer erreicht. Der hatte eine Anfahrt von 40 min meinte aber, er könne sich sofort ins Auto setzen und kommen. Er hat mit mir, meinem Vater und meiner Oma eine kleine Andacht in Opas Zimmer gehalten, wir haben noch zwei Lieder zusammen gesungen am Anfang und am Ende, ...

....was du beschreibst - es geht mir durch und durch.

Diese Momente der Krankensalbung .... ich kann das nachempfinden, weil die Krankensalbung
meiner Mama in ähnlicher Weise verlief - kleine Andacht, kurze Gebete, kleine Ansprache, tiefe,
ergriffene Blicke....in einem sehr würdigen Rahmen.

Diese Momente ... sie haben was und sie werden bleiben, WEIL sie etwas haben, was jeder
mit sich ausmacht, WAS diese Momente haben!

26.08.2023 19:19 • x 2 #325


Finkenart
Zitat von Kuddel7591:
Diese Momente ... sie haben was und sie werden bleiben, WEIL sie etwas haben, was jeder
mit sich ausmacht, WAS diese Momente haben!


Richtig, das was sie haben, diese Momente, geben den Umstehenden etwas Versöhnliches.
Der im Bett Liegende, ist auf dem Weg, zieht sich zurück, möchte sich nicht mehr umdrehen, nicht mehr gerufen werden, sondern nur gehen dürfen, alle verlassen den Zug, er fährt allein, so soll es sein.

27.08.2023 00:19 • #326


F
Zitat von Finkenart:
sondern nur gehen dürfen

Niemand hat gesagt, dass die Person nicht gehen darf.
Niemand hat gesagt, dass z.B. mein Opa noch von irgendwem gerufen wird.
Alle verlassen den Zug...? Meinst du wirklich, dass es schön für alte Menschen ist allein zu sterben?
Mehr pseudo Flugzeug- oder Zugmetaphern ändern daran auch nichts.
Ja, ich weiß, dass es Menschen gibt, die allein sterben - die den Moment nutzen, wenn Angehörige mal in der Cafeteria einen Kaffee ziehen usw.
Zitat von Finkenart:
so soll es sein.

Du kannst das nicht für alle Menschen pauschalisieren, noch kann man sie fragen...also gehen wir davon aus, wie der Mensch im Leben war. Gesellig oder nicht.
Fertig.
Es gibt auch genug Menschen, die erst gehen können, wenn sich die Angehörigen verabschiedet haben - weiß ich von einer Bekannten aus dem Krankenhaus.

Dein Schreibstil erinnert mich an eine ehemalige Userin hier. Solltest du das sein, bitte ich dich, hier nichts mehr zu schreiben.

27.08.2023 02:49 • #327


Rheinländer
@Florentine
Du musst dich nicht rechtfertigen. Du/ihr macht alles richtig.

Ich habe meinen Vater und meine Mutter jeweils bis zum letzten Atemzug begleitet und würde mir so sehr wünschen, dass wenn ich eines Tages diesen Weg gehe, ebenfalls Familie und Freunde mich begleiten. Ich habe während ich meine Mutter (bei meinem Vater hatte ich keinen Blick dafür) über Jahre durch die Krankenhäuser begleitet habe, so viele einsame Menschen gesehen, die ebenso einsam gestorben sind. Es mag Ausnahmen geben, aber ich denke die Mehrheit möchte das so nicht.
Bleibt euch treu und lass dir nichts anderes einreden.

27.08.2023 07:18 • x 2 #328


Finkenart
Es gibt verschiedene Annahmen, jedenfalls in der letzten Phase des Sterbeprozesses kommt es zum Rückzug.
Wenn man sich, wodurch auch immer motiviert, mit dem letzten Verabschieden beschäftigt, erkennt man, dass Sterbende sich am Ende zurückziehen.
Jeder hat sein Anschauungsweise, die sich durch Erfahrung, Wahrnehmung und entsprechende Wertung, auch durch Forschung und Wissenschaft auszeichnet.
Alles Liebe und für den Großvater eine angenehme Reise.

27.08.2023 08:46 • #329


E
@Florentine

es ist, wie es ist. Und so wie du die Situation um deinen Opa beschreibst, wie du das mit
den Angehörigen beschreibst - das tut Opa gut, tut euch - auf lange Sicht - als Angehörigen gut. Opa bis zuletzt zu begleiten...auch wenn ihr im finalen Moment evtl. nicht bei ihm sein
könnt....das sind gute Signale an euch ALLE - im Sinne von Abschied nehmen (können/ wollen).

Mein Papa hatte bis kurz vor seinem Tod Besuch der gesamten Familie - er lag im Koma.
ALLE verabschiedeten sich ganz normal von ihm, nachdem mein Bruder dem Papa noch die Beatmungseinrichtung gerichtet hatte. Anderthalb Stunden nach dem Verlassen des
Zimmers, schlief mein Papa für immer ein - allein in seinem Zimmer.

Alle wissen, was du mit dem allein sterben meinst - es gibt sehr viele Menschen, die EINSAM sterben, weil sie allein sind.

Ich war an besagtem Nachmittag nicht im Kreis der Familie. Ich konnte mich daher nicht
verabschieden, was die Familie ja auch anders sah, als sie sich verabschiedeten.
Als ich Heim kam, erfuhr ich, dass Papa verstorben war und fuhren sofort wieder zu ihm.
Nein... ich konnte mich in DEM Moment nicht von ihm verabschieden - auch nicht bei/nach
der Beerdigung. Meine Verabschiedung fand am Grab statt, als das Grab längst hergerichtet war.

Ich denke, dass jeder Angehörige seinen eigenen Weg finden sollte/wird, um sich von den nächsten Angehörigen zu verabschieden. Da gibt es kein falsch und auch kein richtig.

Auf deinen Papa bezogen - es ist seine Art, mit dem Tod SEINES Vaters umzugehen. Er wird wohl eher nur sehr schwerlich jemanden an sich ran lassen - aus dem Kreis der Angehörigen. Ihn in seiner Art zu trauern zu belassen - das wird ihm sicher sehr helfen, OHNE dass er es bemerkt, dass ihr ihn lasst.

Einander zu helfen, einander beizustehen, füreinander da zu sein - das wäre ist ganz sicher auch in Opas Sinn UND auch im Sinne der gesamten (Groß)-Familie. Und jede Trauer ist so, wie sie ist.... vollkommen normal, egal wie geschaut, bzw. geredet wird.

@

das Martialische, das Metaphorische, eine Bildsprache - wenn sich das Leben eines Angehörigen dem Ende zuneigt, ist das ein Faktum. Damit umzugehen, ist schwierig (genug).
Mein Weg war - Mama ist sehr hoch betagt, hat IHR Leben gelebt mit ALLEM, was dazu gehörte. Mama wird sterben und sie geht, wenn sie es möchte. Sie ging, als es für sie
soweit war.
Ein halbes Jahr zuvor war sie als Jubiläums-Schützenkönigin geehrt worden - 1947/1948 war sie an der Seite von Papa Schützenkönigin. Ein 75-jähriges Jubiläum ist sehr sehr selten.

@finkenart

es gibt so viel, was in Frage kommen kann...KANN. Mehr nicht. Was ist, wenn es anders ist/wird? Muss auch im TOD noch alles erklärbar gestaltet werden? NEIN. Damit wird meist
sehr viel mehr zerredet und damit ist wem gedient - KEINEM

27.08.2023 08:51 • x 2 #330


A


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