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Letzte Worte, Trauerfälle

E
es kommen so viele Umstände beim Tod eines nahestehenden Menschen zusammen, die
gar nicht alle angeführt werden können.
Wie stand dieser Mensch im Leben, wie stand er zu zu sich, zu uns als Angehörigen, wie
ist seine insgesamte Verfassung, wie ist die eigene Verfassung - zumal es ab und an abzusehen ist, dass der Tod naht.
Mein Schwager ging, als er 52 war (Krebs) - palliativ-medizinisch bestens versorgt. Mein Papa ging kurz vor seinem 74. Geburtstag - 2. Schlaganfall. Meine letzte Tante ging mit 89 Jahren - u. A. wegen Diabetes-Fuß, Nieren-Problemen. Meine Mama - wie erwähnt - mit knapp 95 Jahren, soweit gesund, wenn man das mit knapp 95 Jahren so sagen kann.

Das waren jeweils total unterschiedliche Umstände und z. T. war der Tod eine Erlösung. Die
Menschen dann auch gehen lassen zu können/zu wollen, sich NICHT an sie zu klammern - irgendwann ist die Stunde gekommen, dass sie gehen werden.

Das Loslassen...eine ganz andere Dimension. Loslassen ist NICHT mit dem Tod und der Beerdigung vollzogen. Das innerliche Loslassen... das ist es.
Ich begann loszulassen, als meine Mama in ein Pflegeheim kam. 3,5 Jahre war sie dort untergebracht. Abgeschlossen ist mein Loslassen nicht...es gab und gibt diese Bindung zu Mama...auch umgekehrt. Mich trägt, dass sie ein gesegnetes Alter erreichte, ohne dass ihr Tod absehbar war. Und als der Tod nahte, ging es sehr schnell... 11 Tage nach den ersten für mich als Laien erkennbaren Anzeichen. Ich wollte dann auch keine Blutwerte mehr wissen, wie das zuvor immer der Fall war.

Auch hier - es gibt kein richtig/falsch, wenn es um das eigene Verhalten geht. Frau/Mann ist dann eh out oft order, das meiste wird rational angegangen - Frau/Mann funktioniert halt (nur noch). Wie lange das anhält...ich weiß es nicht. Ich habe geschehen lassen, was geschah - mental, körperlich, seelisch....wie auch bei den zuvor geschilderten Todesfällen

30.05.2023 11:14 • x 2 #271


F
Zitat von Emily:
Glaube mittlerweile, dass es dabei auch um Kontrollverlust geht.

Ja, das denke ich auch.
Hab auch Höhenangst, die hängt mit Kontrollverlust zusammen.

30.05.2023 16:41 • x 1 #272


A


Letzte Worte, Trauerfälle

x 3


E
Zitat von Florentine:
Ja, das denke ich auch. Hab auch Höhenangst, die hängt mit Kontrollverlust zusammen.

Ich find es momentan wirklich interessant. Hab alle Altlasten abgelegt, weiß endlich, was ich in einer Beziehung will bzw. nicht will, kann klare Grenzen siehen etc.

Nur beim Thema Tod meiner Mutter reagiere ich wie ein Kleinkind. War auch richtig schockiert, als jetzt Tina Turner gestorben ist, obwohl 83, hat es sich wie ein kleiner Verlust angefühlt.

30.05.2023 17:15 • x 1 #273


F
Meine Großmutter schlägt sich tapfer. Letzte Woche hätten sie Hochzeitstag gehabt. Wir haben bei ihr Kuchen gegessen und ich habe mit den Kindern dann bei ihr übernachtet, es hat sie gefreut beim Frühstück nicht allein sein zu müssen.
Mein Großvater war ja nicht dement...ich kann mir nicht vorstellen, welch riesige Lücke das reißt, wenn nach über 70 gemeinsamen Jahren dann ein Gegenüber, ein Gesprächspartner, Vertrauter einfach fehlt.
Sie hatte zuletzt selbst hart Rückenschmerzen und hat sich nur mit Tabletten über Wasser gehalten. Meine Cousine ist Physiotherapeutin und hat sie dann glücklicherweise an zwei Tagen mit Mass. behandelt und festgestellt, dass es am ISG hängt und konnte sie wieder etwas beschwerdefreier machen.
Sie hat nun vom Hausarzt ein Rezept dafür bekommen und ist nun auch psychisch wieder etwas besser drauf.
Am Wochenende war ich mit ihr und meiner Mama in einem kleinen Chorkonzert in der Kirche, das war auch ein ganz schöner Tag.
In zwei Wochen beginnen meine Ferien, dann werde ich hoffentlich Zeit haben, ein Bild fertig zu malen für sein Grab. Meine Großmutter hat mir Farben und Pinsel aus seinem Fundus mitgegeben. Das kommt auf eine Holzplatte und wird lackiert und kann da stehen, solange noch kein Grabstein da ist.

Wir versuchen, die Tage mit Gemeinschaft zu gestalten.
Ich denke, das wäre in seinem Sinne gewesen.

07.06.2023 22:33 • x 4 #274


Rheinländer
Weißt du Florentine,
so jemanden wie dich wünscht man sich als Enkel. Du machst das wirklich toll.

08.06.2023 02:32 • x 3 #275


E
Zitat von Florentine:
Meine Großmutter schlägt sich tapfer. Letzte Woche hätten sie Hochzeitstag gehabt. Wir haben bei ihr Kuchen gegessen und ich habe mit den Kindern dann bei ihr übernachtet, es hat sie gefreut beim Frühstück nicht allein sein zu müssen. Mein Großvater war ja nicht dement...ich kann mir nicht vorstellen, welch ...

da bekomme ich feuchte Augen.

Meine Mama ist Mitte Februar verstorben - mit fast 95 Jahren. Dass sie dies gesegnete Alter erreicht hat - tröstet das über ihren Tod hinweg? Ein kleines bisschen.
Zufrieden zu sein, die Mama soooo lange erlebt zu haben, die letzten gut 20 Jahre sehr intensiv, da sie hier im Haus wohnte - Wohnrecht - auch das tröstet. Ein kleines bisschen.

Das gemeinsame Grab der Eltern zu sehen und JETZT zu sehen, dass Mama´s Schriftzug angebracht werden konnte, zu wissen, dass die beiden jetzt wieder zusammen sind - die
Gedanken/Gefühle/Emotionen sind da und das ist gut so.

Gleich werde ich wieder zum Friedhof fahren, mit ihnen reden, ihnen berichten und jedes mal, wenn ich wieder gehe, verabschiede ich mich mit den Worten: Tschüss ihr beiden!

08.06.2023 11:16 • #276


maggot
Und so red ich mit dir wie immer, und ich verspreche dir, wir haben irgendwann wieder jede Menge Zeit. Dann werden wir uns wiedersehen, du kannst dich ja kümmern, wenn du willst, dass die Sonne an diesem Tag auch mein Grab scheint. Dass die Sonne scheint.

12.06.2023 09:51 • #277


M
Zitat von Florentine:
Nun hat er sich gestern bei seiner Frau verabschiedet, recht klar hat er gesagt, dass er nun gehen müsse.
Er wolle auch keine Medikamente mehr, auch keine Schmerzmittel, die brauche er nicht mehr. Essen möchte er auch nicht mehr.

Ich würde ihm gerne noch einiges sagen, merke aber, dass ich das gar nicht kann, weil ich dann so weinen muss.

Ich merke hierbei, dass ich das gar nicht kann, überlege gar, ob ich überhaupt nochmal hinfahren soll - aber dann wieder, dass ich das später vielleicht bereuen würde.
Es fällt mir so schwer, meine Gefühle zu artikulieren, schreiben geht. aber im Sprechen kostet mich das - auch im Alltag - viel Überwindung.

Ich bin jetzt erst auf Deinen Thread gestossen. Ich kann total nachvollziehen wie schwer das für Dich ist. Und manchmal wiene ich heute noch ein wenig, wenn ich an meinen tollen Opa denke. Die Oma war auch toll, aber zu meinem Opa hatte ich eine sehr enge und außergewöhnlich tiefe Beziehung.

Es ist hart, von einem geliebten Menschen Abschied zu nehmen und man kann so etwas nicht vorher üben.. Erst letzthin dachte ich mir, der wahre Chef im Leben ist der Tod, denn der hat eine unglaubliche Macht. Er ängstigt manche, die ihn dann wegschieben als ob es ihn nicht gäbe. Aber es kommt keiner davon dass ihm bewusst wird dass jedes Leben hier endlich ist. E ist das, was allen Menschen irgendwann bevorsteht.

Worte, die Du sagen möchtest, aber nicht kannst weil Dich das emotional überfordert. Ja, verstehe ich auch, ich habe damit auch riesige Probleme. Mein Vater ist 85 und es geht ihm gut, auch wenn er in letzter Zeit oft den Weg zu seinem Arzt nicht mehr findet. Ich bin oft bei den beiden (meine Mutter ist schon lange tot und er hat vor etlichen Jahren nochmals geheiratet) und wir unterhalten uns. Oft über Fußball, Sport, die Arbeit oder ich erzähle was, bevorzugt Lustiges. Über Gefühle rede ich selten, weil ich es nicht für nötig halte und es nicht kann. Es war bei uns nicht üblich über Gefühle zu sprechen.

Das meiste teilt sich nonverbal mit und wird von den Menschen auch wahrgenommen. Da braucht es nicht viele Worte.Aber Anwesenheit und Zeit sind wichtig. Ein fürsorglicher Händedruck sagt mehr aus als Worte oder auch sich einfach mal still daneben setzen und was Gutes tun und wenn es nur ein feuchter Waschlappen ist, mit dem man dem alten Menschen mal über die Stirn wischt.

Wenn man die alten Menschen nicht mehr besucht, so schiebt man das Thema weg. Es tut den alten Menschen weh, wenn man wegbleibt und sich nicht kümmert weil die Vermeidungshaltung bequemer ist. Aber sie wird wahrscheinlich auch zur Reue führen. Wieso habe ich nictht, ich hätte ... aber ich habe es lieber vermieden weil es mich schmerzte. Der eigene Schmerz wird über den Schmerz des alten Menschen gestellt der Dich dann vermisst.

Verbindung halten, reden egal worüber, Interesse und Achtsamkeit zeigen, da sein, helfen wenn man kann - das sind Garanten dafür, dass man sich später keine Vorwürfe macht und auch der Adressat spürt, dass dahinter Liebe ist.

Ich ärgere mich über meine Schwester, die nicht am Ort wohnt, Zwar erzählt sie oft liebend gern von der besonderen Verbindung die sie zu ihrem Vater hatte und was sie alles gemacht haben in ihrer Kindheit, aber sie ruft kaum an. Dann fragt mich mein Vater, ob ich was von meiner Schwester gehört hätte und ich weiß dass es ihm weh tut, dass sie sich nicht oder so wenig meldet. Sie ruft oft über Wochen nicht an und das finde ich sehr unschön. Einmal pro Woche konnte sie sich ja wohl melden und mal nachfragen. Wenn mein Vater mal nicht mehr ist, wird sie ihr Verhalten bereuen, aber dann kann sie auf mein Mitgefühl sicher nicht zählen. Sie eht wie immer den b equemen Weg, den der Verdrängung.

Vergiss Worte, sie sind meist nicht wichtig, aber Anwesenheit und ab und an liebevolle Berührungen sagen viel mehr aus.

12.06.2023 12:15 • #278


E
Zitat von Margerite:
Ich bin jetzt erst auf Deinen Thread gestossen. Ich kann total nachvollziehen wie schwer das für Dich ist. Und manchmal wiene ich heute noch ein wenig, wenn ich an meinen tollen Opa denke. Die Oma war auch toll, aber zu meinem Opa hatte ich eine sehr enge und außergewöhnlich tiefe Beziehung. Es ist hart, von einem ...

deine Zeilen gehen mit sehr nahe.

Bis zu Mama´s Tod Mitte Febr. ´23 habe ich Mama besucht - im Pflegeheim, 4 - 5 mal in der Woche. 3,5 Jahre war sie dort. Ob die Besuche immer einfach waren - nein. Und doch waren sie wichtig. In diese Zeit fiel Corona... 2020 sie wochenlang (7) nicht besuchen zu dürfen, war heftig. 7 Wochen durfte sie ihr Zimmer nicht verlassen. 7 Wochen fast täglicher Kontakt mit ihr per Telefon. Und danach? Die Zeit mit ihr wurde immer wertvoller.
Keine Sekunde möchte ich missen. Die Zeit mit ihr wog die z. T. sehr schwierigen Zeiten auf.
Sie wusste, dass sie sich auf mich verlassen kann.

Der Tod - ein tabubehaftetes Kapitel in Leben sehr vieler Menschen - immer noch. Der Tod ereilt jeden Mensch - ohne Ausnahme. Das Thema zum Gesprächsthema zu machen - einfach nur mittels zuhören.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, was mir das Zuhören für eine Hilfe war. Später Fragen zu stellen, Fragen zu beantworten, nahm mir sehr viel Druck von den Schulter, von der Seele,
vom Herz. Eine Krankenschwester einer Palliativ-Station sprach mich an, als mein Schwager
- 52 Jahre - von ihr betreut wurde - in den letzten 16 Jahren seines Lebens. Er starb an Krebs.
Ich hatte/habe auch Krebs und so war es möglich, das Gespräch mit der Krankenschwester als einen Gewinn zu sehen - aus heutiger Sicht. DAS Gespräch nahm mir viel Angst, mich selbst betreffend, aber auch dem nahenden Tod meiner Mutter betreffend.
Zuletzt im KH liegend, verweigerte sie von einem auf den anderen Tag Nahrung, weigerte sich zu trinken, nahm keine Medikamente mehr zu sein. 11 Tage später verstarb sie, war friedlich eingeschlafen.

Zu mir kann ich sagen: aus all dem hier von mir Geschriebenen bin ich bereit, sofort abzutreten, wenn es soweit sein sollte, obwohl ich gute Gene habe - mütterlicherseits. Mein Entschluss, das Leben so zu nehmen, wie es ist - im hier und jetzt!

12.06.2023 12:47 • x 2 #279


Rheinländer
Zitat von Margerite:
Ich bin jetzt erst auf Deinen Thread gestossen. Ich kann total nachvollziehen wie schwer das für Dich ist. Und manchmal wiene ich heute noch ein wenig, wenn ich an meinen tollen Opa denke. Die Oma war auch toll, aber zu meinem Opa hatte ich eine sehr enge und außergewöhnlich tiefe Beziehung.

Es ist hart, von einem geliebten Menschen Abschied zu nehmen und man kann so etwas nicht vorher üben.. Erst letzthin dachte ich mir, der wahre Chef im Leben ist der Tod, denn der hat eine unglaubliche Macht. Er ängstigt manche, die ihn dann wegschieben als ob es ihn nicht gäbe. Aber es kommt keiner davon dass ihm bewusst wird dass jedes Leben hier endlich ist. E ist das, was allen Menschen irgendwann bevorsteht.

Worte, die Du sagen möchtest, aber nicht kannst weil Dich das emotional überfordert. Ja, verstehe ich auch, ich habe damit auch riesige Probleme. Mein Vater ist 85 und es geht ihm gut, auch wenn er in letzter Zeit oft den Weg zu seinem Arzt nicht mehr findet. Ich bin oft bei den beiden (meine Mutter ist schon lange tot und er hat vor etlichen Jahren nochmals geheiratet) und wir unterhalten uns. Oft über Fußball, Sport, die Arbeit oder ich erzähle was, bevorzugt Lustiges. Über Gefühle rede ich selten, weil ich es nicht für nötig halte und es nicht kann. Es war bei uns nicht üblich über Gefühle zu sprechen.

Das meiste teilt sich nonverbal mit und wird von den Menschen auch wahrgenommen. Da braucht es nicht viele Worte.Aber Anwesenheit und Zeit sind wichtig. Ein fürsorglicher Händedruck sagt mehr aus als Worte oder auch sich einfach mal still daneben setzen und was Gutes tun und wenn es nur ein feuchter Waschlappen ist, mit dem man dem alten Menschen mal über die Stirn wischt.

Wenn man die alten Menschen nicht mehr besucht, so schiebt man das Thema weg. Es tut den alten Menschen weh, wenn man wegbleibt und sich nicht kümmert weil die Vermeidungshaltung bequemer ist. Aber sie wird wahrscheinlich auch zur Reue führen. Wieso habe ich nictht, ich hätte ... aber ich habe es lieber vermieden weil es mich schmerzte. Der eigene Schmerz wird über den Schmerz des alten Menschen gestellt der Dich dann vermisst.

Verbindung halten, reden egal worüber, Interesse und Achtsamkeit zeigen, da sein, helfen wenn man kann - das sind Garanten dafür, dass man sich später keine Vorwürfe macht und auch der Adressat spürt, dass dahinter Liebe ist.

Ich ärgere mich über meine Schwester, die nicht am Ort wohnt, Zwar erzählt sie oft liebend gern von der besonderen Verbindung die sie zu ihrem Vater hatte und was sie alles gemacht haben in ihrer Kindheit, aber sie ruft kaum an. Dann fragt mich mein Vater, ob ich was von meiner Schwester gehört hätte und ich weiß dass es ihm weh tut, dass sie sich nicht oder so wenig meldet. Sie ruft oft über Wochen nicht an und das finde ich sehr unschön. Einmal pro Woche konnte sie sich ja wohl melden und mal nachfragen. Wenn mein Vater mal nicht mehr ist, wird sie ihr Verhalten bereuen, aber dann kann sie auf mein Mitgefühl sicher nicht zählen. Sie eht wie immer den b equemen Weg, den der Verdrängung.

Sehr bewegend und du hast so recht damiz was du schreibst. Ich habe sowohl meinen Vater als auch meine Mutter in den Tod begleitet und war vorher der Sohn den sich wohl alle Eltern wünschen. Ich habe sie sehr regelmäßig besucht und war immer an ihrer Seite und Ansprechpartner für alles. Die Nähe die ich mit meiner Mutter hatte, als ich in Corona Zeiten ihre Nägel geschnitten habe bleibt mir unvergessen. Es sind eben die kleinen Dinge...
Ich habe mit meinen Eltern viele Krankenhäuser gesehen und dabei bin ich auf viele ältere Herrschaften gestoßen, um die sich einfach niemand mehr gekümmert hat, obwohl sie Kinder hatten. Dieses Elend der Vereinsamung zu sehen, tat weh und tut es immer noch wenn ich darüber nachdenke.
Ich hoffe inständig, dass ich später mal nicht so dahin leben muss.

12.06.2023 13:32 • x 2 #280


E
Korrektur -

Zitat:
Eine Krankenschwester einer Palliativ-Station sprach mich an, als mein Schwager
- 52 Jahre - von ihr betreut wurde - in den letzten 16 Jahren seines Lebens.


in den letzten 16 Tagen seines Lebens..... muss es heißen!

12.06.2023 14:00 • #281


M
Mir fällt gerade ein, dass ich letzthin ein Gespräch mit einer ehemaligen Mitschülerin hatte, das für mich auch sehr wertvoll war. Ich traf sie auf dem Friedhof, wo sie auch gerade am Grab ihrer Mutter Arbeiten verrichtet hatte. Und so kamen wir ins Gespräch. Ich weiß nun, dass ihr Vater 94 ist und noch im Haus weitgehend selbstständig lebt. Die Eltern ihres Mannes, den ich auch kenne, leben auch noch und sind 87 bzw. 91 Jahre alt. Die Mutter mit 87 Jahren ist zwar geistig noch voll da, hat aber schmerzhafte Beschwerden aufgrund von Osteoporose. Sie lebt mitim Haus im UG. Der Vater lebt mittlerweile in einer Wohngruppe für Demenzkranke, weil die Pflege zu Hause zu aufwändig und beschwerlich war.

Einmal wurde er von einem Auslfug im Schlafanzug nachts um halb drei von der Polizei zurückgebracht. Er wusste zum Glück, wie er hieß und wo er wohnte. Aber ab da mussten Fenster und Türen verschlossen blebien, damit das nicht wieder vorkommt.

Wir redeten über eine Stunde lang über alte Angehörige und das Sterben im allgemeinen. Nach dem unvorhergesehenen Gespräch sagte jeder von uns, dass es schön war, dass wir uns getroffen und unterhalten haben. So was tut einfach gut und ist viel besser, als wenn man das Thema beiseite schiebt.

Leider gibt es viele alte Menschen,die keinen haben,der sich kümmert bzw., was noch viel schlimmer ist, sie werden allein gelassen. Brauch ich nicht mehr, dafür investiere ich weder Zeit noch Geld noch Nerven. Wenn ich so was mitrkiege, denke ich nur, ja, wartet mal bis ihr alt seid und wie es dann ist, wenn die Kinder nicht mehr zu Besuch haben oder Euch allenfalls zu Weihnachten notgedrungen einladen, wenn überhaupt. Und zum Geburtstag kommt vielleicht ein Blumenstrauß mit Fleurop. Da hat man dann genug getan.

Es tut mir auch gut, hier Erfahrungsberichte zu lesen und es ist erfreulich zu erfahren, wie sich junge Menschen um alte Eltern oder Großeltern kümmern.
@Florentine, Du machst das goldrichtig und auch die Geschichte von Kuddel hat mich sehr berührt.

12.06.2023 16:22 • x 3 #282


M
Zitat von Rheinländer:
Es sind eben die kleinen Dinge...

Das stiimmt absolut. Die kleinen Dinge sind oft wichtiger als die scheinbar großen.

12.06.2023 16:23 • x 1 #283


E
So oft kümmern sich Kinder nicht mehr um ihre Eltern, wenn sie alt sind. Oft vor allem diejenigen, die gar keine so schlechte Kindheit hatten!
Meine beiden Brüder hatten es z.B. noch gut, auch haben sich ihre Väter wenigstens monitär um sie gekümmert.
Vor meiner Geburt fing es dann mit dem Alk. an.
Und wo sind die feinen Herren jetzt, wo Mama Demenz hat? Abgetaucht.
Von mir können sie sich im Leben nichts mehr erwarten.

12.06.2023 16:59 • x 2 #284


E
ich möchte noch etwas zu einem Trauerfall in der Familie anbringen:

mein Schwager war verstorben - mit 52 Jahren an Krebs. Ihm war in einem KH gesagt worden, es gäbe für ihn keine Chance mehr. Der behandelnde Arzt wollte diese Nachricht
meinem Schwager übermitteln. Das hatte er meiner Schwester bereits gesagt - auch den Terminus hatte er bereits festgelegt, ihn meiner Schwester mitgeteilt.

Meine Schwester sprach mich darauf an. Mein Einwand war, dass der Arzt das machen solle, aber NICHT mit der Wortwahl. Was anstand - ein weiteres Gespräch mit dem Arzt. Ich sagte dem Arzt, dass ich als Krebspatient eine andere Auffassung von der Übermittlung solch heftigen Nachrichten habe und er sich eine andere Formulierung überlegen solle. Ich habe nicht darum gebeten.

Während und nach einem weiteren Gespräch mit meiner Schwester war helle Aufregung. Sie überlegte, ob SIE die Nachricht nicht ihrem Mann überbringen könne. Mir stockte der Atem. Wir gingen auseinander - ich versuchte, mich zu sammeln.

Als wir uns erneut vor dem KH trafen, sagte meine Schwester, sie habe ihrem Mann die heftige Nachricht überbracht. Ich wusste nicht, was ich denken/sagen sollte. Wir blieben wortlos. Den Arzt mussten wir natürlich informieren, der auf jeden Fall auch noch mit meinem Schwager sprechen musste.

Inzwischen wussten wir, dass mein Schwager in eine andere Klinik verlegt wird - ein Bett auf einer Palliativ-Station war frei. Am nächsten Tag wurde er verlegt.

Wir gingen noch mal gemeinsam ins Zimmer meines Schwager. Er lag in seinem Bett, schaute uns an. Als wir das Zimmer wieder verlassen hatten, lehnte ich mich an die Wand und ließ mich auf den Boden rutschen... Tränen in den Augen. Die Heimfahrt war die schlimmste Fahrt meines bisherigen Lebens - wie ein Bruder war mein Schwager für mich, mit näher, als mein eigener Bruder.

Ich fuhr fast jeden Tag zu meinem Schwager - 90 Km hin, 90 Km zurück. Meine Schwester wurde im Zimmer des Schwagers untergebracht. Ich wollte für beide da sein...und für beider gemeinsamer Sohn, der die Welt nicht verstand.... Mitte 20 war er da.

Nach 16 Tage verstarb der Schwager - palliativ bestens betreut und versorgt. Die Beerdigung - riesengroß. Und gut 4 Wochen nach der Beisetzung kam mir ein Gedanke - die KH und auch der Klinik für die wirklich GUTE Betreuung/Begleitung zu danken. Ich kaufte 2 langstielige rote Rosen, für ins KH, übergab die Rose auf der Station, sagte den Grund, nannte den Namen, bedankte mich und drehte mich sofort um und ging. Das gleiche in der Klinik....die Krankenschwester kannte ich inzwischen - vom sehen. Sie - Krebspatientin, keine Haare, keine Wimpern, keine Augenbrauen, weiße Haut, Kopftuch auf. Ihr übergab ich die Rose - gleiche Wortwahl wie zuvor im KH. Ich drehte mich um und ging....und ab nach Hause.

Gut 6 Wochen später sagte meine Schwester: Da hat jemand Blumen im KH und in der Klinik abgegeben! Wer war das! Niemand konnte sich einen Reim darauf machen. Das stand nun im Raum. Weitere fast 8 Wochen später sagte ich dann, dass ich die Blumen überbracht hatte und warum.

Warum tat ich das - für mich! Nur für mich! Endgültig Abschied nehmen zu können. Wie es mir anschließend ging.... besser. Das hat lange gedauert, DAS zu empfinden.

Fazit - in solchen Situationen gibt es aus meiner Sicht kein richtiges oder falsches Handeln. Es gibt NUR ein ungewöhnliches Handeln.

13.06.2023 17:01 • x 3 #285


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