Zitat von paulaner:Darf ich noch mal, ohne Sally77 zu übergehen, auf meine Frage zurückkommen?
Ich wollte Erfahrungen hören, von Leuten, die sich nach einer Affäre nicht getrennt haben, sondern den Weg der Aufarbeitung gewählt haben. Wie habt ihr das gemacht? Und inwieweit haben eure untreuen Partner mitgemacht? Haben sie euch vollends unterstützt? Oder haben sie gemauert, verschleiert, verschwiegen, Salamitaktik?
Und, was wolltet ihr wissen? Was war für euch wichtig? Wolltet ihr alle Details der Affäre wissen? Oder reichte euch die Tatsache, dass...?
Habt ihr auch über die Umstände gesprochen? Konnten eure Partner euch erklären, warum sie das gemacht haben, wie sie sich das erlaubt haben?
Und hat das alles dann letztendlich zu einer Heilung geführt? Dass es nicht wieder wird, wie vorher, ist schon klar, aber ist es jetzt wieder eine sichere Beziehung?
Ich liebe meine Frau und will sie eigentlich nicht verlassen, aber wir drehen uns im Kreis.
Hallo @paulaner,
ich bin nur ab und zu hier unterwegs (wenn irgendein Update läuft und ich nicht ernstahft arbeiten kann, finde ich es hier oft zur Zeitüberbrückung lehrreich und manchmal auch ziemlich unterhaltsam...) und bin gerade mal über Deinen Thread gestolpert.
Ja, wie haben wir das gemacht? Wir haben sehr viel geredet und wenn das nicht mehr ging, weil bei einem eine Grenze erreicht war, dann haben wir uns das per E-Mail von der Seele geschrieben. Dabei hat mein Mann (er war derjenige welcher) vollumfänglich an der Aufarbeitung mitgemacht. Zuerst hat er auch die Salamitaktik angewandt und versucht das alles zu verharmlosen, aber ich wusste beim Auffliegen der Affäre sowieso das meiste und habe ihm fein säuberlich die Unwahrheiten bzw. Widersprüche aufgezeigt (ich war zufällig in einen E-Mail-Verkehr gelangt der es wirklich in sich hatte: die beiden haben sich so stets verabredet, diskutiert was sie machen wollen und anschließend nachgekartet; das war auch reichlich mit netten Bildchen diverser Körperteile garniert...). Wissen wollte ich dann insofern keine weiteren Details mehr, sondern es kamen von mir die ganzen Warum- Fragen und dann anschließend die Wie- Fragen. Also alles auf uns, mich und ihn bezogen. Die AF hat mich da nicht wirklich interessiert.
Dass man sich dabei einige Zeit im Kreis dreht, ist wohl normal. Jedenfalls kenne ich das auch so.
Erstaunlich ist dabei jedoch wirklich, dass mein Mann da sehr vieles während der Organisation und der Treffen selbst einfach ausblenden konnte. Laut ihm war das Selbstschutz, er durfte darüber doch gar nicht nachdenken, sonst hätte er doch mit sich selbst und seiner Aufrichtigkeit im Leben ein ganz massives Problem gehabt.
Ihm ging es zeitweise dabei fast schlechter als mir, ähnlich wie @sally77 schilderte, wurde ihm die tatsächliche Tragweite seiner sich 6uell gegönnten Annehmlichkeiten (wie er es nannte) für unsere Beziehung und damit seine Familie (wir haben Kinder) erst zu diesem Zeitpunkt voll bewusst. Manches, was er in dieser Zeit tat, konnte er einfach nicht erklären und ich glaube ihm da auch sein Unvermögen dazu.
Zum Beispiel war ein Schlüsselsatz der Aufarbeitung als er mir in einer Mail auf die Frage, weshalb er seine von ihm empfundenen 6uellen Defizite nicht einfach mit mir beredet hatte, sondern einfach sich zusätzliche Annehmlichkeiten von außen dazugeholt hat:
Wie hätte ich mit Dir denn darüber reden sollen, nein das ging doch gar nicht.
Dieser Satz hatte mich zuerst sehr verletzt, aber später habe ich ihn tatsächlich damit verstanden. Nach der Geburt unseres zweiten Kindes war ich in seinen Augen zu einer 6uell integeren Frau mutiert. Ich war die Mutter seiner Kinder und damit per se nicht für einfach nur 7-1 zu gebrauchen. Wie sollte ich also als Heilige da für ihn die *beep* geben, wie sollte er darüber ausgerechnet mit mir reden können?
Ich will hier nun nicht zu weit ausschweifen und unsere Story ausbreiten, ich will Dir @paulaner damit nur sagen, dass die manchmal, insbesondere für die Betrogenen, sich fadenscheinig anhörenden Gründe der Betrüger/innen durchaus der dort empfundenen Wahrheit entsprechen. Mein Mann und Deine Frau sind Menschen und diese handeln eben nicht immer so, wie es die Moral einen erwarten lässt. Mein Mann zumindest, blickt manchmal heute noch kopfschüttelnd auf sein damals zurück.
Eine Heilung hat es bei uns, wenn man es so ausdrücken mag,nicht gegeben. Unsere alte Beziehung ist am Tag des Auffliegens daran zerbrochen. Allerdings haben wir daran auch festgestellt, dass wir uns während der Jahre jeder für sich auch verändert haben und wir dem wohl auch zu wenig Bedeutung zugemessen haben. Daher galt es dann für uns festzustellen, ob wir denn mit dem jeweils neu erkannten anderen eine neue Beziehung (natürlich mit gewissen alten Parametern wie Kinder und Umfeld) eingehen möchten. Diese Frage haben wir beide bejaht und beide haben wir einige neue to does und no goes für uns vereinbart.
Daran halten wir uns, z.B. werden nun aufkommende Unzufriedenheiten sogleich klar angesprochen und es wird gemeinsam nach Lösungen gesucht. Es gibt kein Schweigen und Weitermachen mehr, wenn einem von uns etwas nicht passt. Das ist zwar manchmal auch etwas anstrengend, aber größere Konflikte können so gar nicht erst entstehen.
Unsere jetzige Beziehung als solche, würde ich als sehr sicher bezeichnen. Wir wissen beide was wir aneinander haben und dass wir uns auf uns verlassen können. Wir wissen aber auch beide, dass der jeweils andere nicht alternativlos wäre, da keine wirtschaftliche Abhängigkeiten bestehen. Jedoch nun kommt das große Aber: Das hat ungefähr vier Jahre gedauert bis alles restlos aufgearbeitet war und triggerfest wurde. Diese Zeit muss man da wohl schon bereit sein zu setzen, oder es halt lassen und zusehen, ob sich nicht etwas unproblematisch Neues findet, der/die einen so aufrichtig liebt, wie man es verdient (blöder Pauschalsatz in der Forengemeinde ).
Vielleicht versuchst Du mit Deiner Frau auch das, was man wegen aufschäumender Emotionen nicht ruhig bereden kann, schriftlich zu klären? Da kann man, ohne dass einen jemand unterbricht, seinen Standpunkt und Sicht der Dinge vortragen. Man kann sich das eigene Geschreibsel vor dem Versenden in Ruhe nochmal durchlesen und entschärfen und man entwickelt so auch selbst eine andere Sicht auf die Dinge, wenn man sich nüchtern schriftlich damit befasst.
Ich würde Dir jedenfalls wirklich wünschen, dass Ihr zusammen die Kurve bekommt und wieder zu einer wertschätzenden aund aufrichtigen Liebesbeziehung finden könnt.