sorry, Machtgefälle ist nicht ganz richtig. Ich habe dadurch, dass ich das sozusagen auf sich beruhen habe lassen, eine Ungleichheit manifestiert. Also selbst herbeigeführt. Es galt seitdem, dass meine Frau in bestimmten Beziehungsdingen mehr Rechte hatte als ich. Sie hat gelernt, dass sie manches machen kann, was ich aber noch lange nicht darf. Sie trifft sich zum Beispiel seit Jahren ein paarmal im Jahr mit ihrem Ex-Freund, was ich aber noch lange nicht machen dürfte. Einmal habe ich es doch gemacht, also mich auf einen nachmittäglichen Kaffee mit einer Frau, mit der ich vor 40 Jahren lose zusammen war, getroffen. Nicht heimlich und auch vollkommen ohne irgendeine Gefahr. Es war einfach toll, dass wir uns mal wiedergesehen haben. Polen offen ist gar kein Ausdruck.
So, jetzt folgt meine Geschichte in einer absoluten Kurzform.
Ich versuchs jetzt mal so kurz wie ich es schaffe.
Es ist lange her. Es war eine klassische, fast banale Affäre mit ihrem 20 Jahre älteren Chef. Auf Kongressen oder anderen Hotelterminen. Sie hat es beendet und mir dann relativ zeitnah gebeichtet.
Ja, gebeichtet. Das ist nämlich leider das, was viele, nicht alle, Fremdgeher wollen. Sie wollen beichten. Mehr nicht. Sie wollen keinesfalls in aller Klarheit, in aller Deutlichkeit und aller Aufrichtigkeit darüber sprechen. Sie erwarten irgendwie Absolution. Und dann soll alles bitte wieder wie vorher sein. Dieses Ich habe es doch beendet. Jetzt muss aber auch mal gut sein oder Hallo Schatz, da bin ich wieder.
Sie hat mir damals etwas von zwei Fehltritten nach einem stimmungsvollen Abend mit viel Alk. erzählt. Auch auf Nachfrage gab es nicht mehr Informationen.
Ich habe damals, und ihr könnt mir glauben, dass ich das heute überhaupt nicht mehr verstehe, wie ich das geschafft habe, darauf sehr seltsam reagiert. Ich war schwach und hatte tierische Angst vor einer Trennung. Ich hatte eine Trennung aber bis zur Beichte ja auch nie auf dem Schirm. Ich war vollkommen zufrieden mit unserer Beziehung. Es war zwar ziemlich tote Hose (6 Jahre), aber wir hatten ansonsten keine Konflikte. Darum habe ich das geglaubt, oder besser, wollte ich das glauben. Unterbewusst war mir aber klar, dass da mehr dahintersteckte. Darum habe ich gesagt Es ist okay, aber nur dann, wenn du mir irgendwann die ganze, wahre Geschichte erzählst (- Kurzfassung).
Ich weiß nicht, ob das von euch jemand verstehen kann (vielleicht erklärt ihr mich auch einfach für verrückt), aber ich habe das über die Jahre vollständig weggedrängt. Wohlbemerkt, ich habe das nie vergessen, es kam aber nie dicht genug an mich heran. Ich konnte es immer abschütteln. Über der Beziehung war aber seitdem ein immer wieder auftauchender Schatten. Die war, allerdings natürlich nur aus meiner Sicht, beschädigt. Ein Unfallwagen sozusagen.
Ich habe damit natürlich eine Zeitbombe geschärft, die irgendwann losgehen MUSSTE, und so ist es dann vor einem Jahr auch gekommen.
Und von diesem Trigger muss ich kurz erzählen: Der Vater einer Freundin unserer Tochter ist fremdgegangen und seine Frau hat ihn sofort achtkantig aus dem Haus geworfen. Als unsere Tochter das erzählte, sagte meine Frau später, also ohne Tochter, Richtig so! Das würde ich auch sofort machen. Daraufhin musste ich schlucken und habe dann gesagt Äh, warte mal. Fass dich mal an die eigene Nase. Du bist doch selbst fremdgegangen. Daraufhin sie: Wie? Was meinst du denn? Das war doch was ganz Anderes.
Tja, und das war die Sekunde, in der die Zeitbombe hochging. Das war so ein, wie soll ich sagen, erschütternder Satz, da hat mich das alles eingeholt und vollkommen von den Beinen geholt.
Und ihr könnt mir glauben, dass so ein Flashback tatsächlich genau so ist, als würdest du das eben gerade erfahren.
Und seitdem kämpfe ich um eine gemeinsame Aufarbeitung. Es ist aber eine wahnsinnige Quälerei. Es hat zum Beispiel zwei Monate gedauert, bis sie mit der Sprache herauskam, dass es eine richtige Affäre war, weil verliebt und viel mehr Techtelmechtel, die über einen viel längeren Zeitraum ging, als bisher gesagt. Es waren eben keine zwei One Night Stands oder so was Ähnliches, sondern eine Fremdverliebtheit mit allem, was dazugehört.
Es kommt von ihr eigentlich freiwillig nichts. Alles muss ich mit langen quälenden Fragen und Gesprächen, die meist in Streit enden, herausquetschen.
Ich habe im Laufe dieser Zeit eine posttraumatische Belastungsstörung und eine schwere Depression entwickelt. Ich stand zeitweise wirklich vor dem Selbstmord, war am Ende aber schlicht und einfach zu feige. Ich war dann zeitweise bei einem Therapeuten, weil meine Frau sagte, dass sie mir nicht helfen kann und ich mir also professionelle Hilfe holen muss. Ich kam mit dem Therapeuten aber nicht wirklich klar (unter anderem hat er sich extrem auf die Seite meiner Frau gestellt, was für mich ziemlich kontraproduktiv war), allerdings bin ich seitdem in der Gewalt eines bestimmten Psychopharmakons.
Und seit einem Jahr Kampf. Anders kann ich es leider nicht sagen. Und ich komme keinen Schritt weiter, renne sozusagen immer wieder vor die Wand. Ich habe gegenüber Sally77 das Wort Empathie benutzt. Das ist es wohl
Boah, das war echt kurz, bin richtig stolz. Allerdings fehlen natürlich etliche Dinge, darum klingt es wohl auch nicht so besonders dramatisch, aber ihr könnt mir glauben, das ist es. Wie wohl bei allen, die das erleben durften.