Hi liebe Mitverlassenen,
nach einigen Tagen heimlich mitlesen hier nun meine Geschichte:
Im März vor 10 Jahren lernte ich (heute 33) bei meinem Nebenjob als Tresenkraft in einer Alternative-Disco meinen Freund (heute 40) kennen. Zu der damaligen Zeit war ich überzeugter Single und nur mit seeeehr viel Geduld konnte er mich mit seiner tollen Art und seinem Humor und Einfallsreichtum für sich gewinnen. Sehr schnell wurden wir unzertrenntlich und er zog vor 9 Jahren zu mir. Die beste Zeit meines Lebens hatte begonnen. Trotz immer mehr Streß und Sorgen im Job bei uns beiden hielten wir und wuchsen wir zusammen. Noch niemals vorher habe ich mich so sehr geliebt und umsorgt und geborgen gefühlt. Was der Eine dachte, sprach der andere aus und umgekehrt. Unser Humor und unsere Interessen sind nahezu deckungsgleich. Uns gab es fast nur im Doppelpack. Sogar nach etlichen gemeinsamen Jahren turtelten wir herum und benahmen uns wie verknallte Idioten. Um einander an Weihnachten, Geburts- oder Jahrestagen eine Freude zu machen, haben wir das Unmögliche möglich gemacht, unsere Kreativität kannte da keine Grenzen. Auch bei den Hardfacts wie Kinder, Heirat, Karriere waren wir uns einig - wollen und brauchen wir nicht.
Die Jahre zogen ins Land und der Streß auf der Arbeit war für uns beide so überwältigend, dass wir im Januar 14 beide von unseren Ärzten aus dem Verkehr gezogen wurden - Diagnose Depression. Es folgten Schlag auf Schlag mehrere Ereignisse (Todesfälle, Krankheiten usw.), besonders der Tod seines Vaters hat ihn schlimm mitgenommen. Auf ärztlichem Anraten sind wir beide nacheinander in der Akutklinik gewesen. Auch in dieser Zeit haben wir wie Pech und Schwefel zusammen gehalten. Vor einigen Monaten bin ich dann psychisch ziemlich abgeschmiert. Seit dem 18. Lebensjahr habe ich fast täglich thc konsumiert, bin damit vor meinen Problemen weg gelaufen und habe versucht, meinen Kummer zuzudecken. Dies wurde in dieser Zeit immer schlimmer. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, es gab viele Tage, in denen ich es gerade mal aus dem Bett geschafft habe, um dann breit mit dem Tablet auf dem Schoß Hunde im Internet anzuschauen. Ein Hund, so dachte ich, aktiviert mich wieder etwas und zwingt mich zu etwas mehr Normalität im Leben. Mein Freund, eher Vernunftsmensch, konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie ich mich in meinem Zustand auch noch um einen Hund kümmern wollte. So bekam er das Gefühl, der Buhmann zu sein, der meinem Herzenswunsch im Wege steht und ich war traurig, dass er mir das nicht zutraut. Zu dieser Zeit hat er auch sehr viel Verantwortung hier in der Wohnung übernommen und sich um so ziemlich alles gekümmert, obwohl es ihm sehr schlecht ging. Sozial haben wir uns auch ziemlich zurück gezogen und uns zu Hause eingeigelt. Haben eine Serie nach der anderen verkonsumiert und nur ab und zu mal Besuch gehabt. Im Sommer diesen Jahres war er dann in einer Reha-Klinik. Nach seinem Aufenthalt habe ich von einem Tag auf den Anderen im Alleingang das kif**n eingestellt. Im Juli war ich soweit gefestigt, dass ich auch ohne zu wissen, wie es beruflich weiter geht, die Sache mit dem Hund in Angriff nehmen wollte, da ich das nach wie vor für eine gute Medizin hielt und sich der Traum einfach so hartnäckig hielt. Hier hat mein Freund wohl auch gemerkt, dass mir so langsam die Kräfte zurück kehren und er hatte Nichts mehr dagegen, vorausgesetzt, ich übernehme die komplette Verantwortung. Ab da haben wir uns zusammen wie kleine Kinder auf unseren Tierschutzhund gefreut und konnten seine Ankunft kaum erwarten. Der Hund kam und alles lief wie am Schnürchen, ich habe sofort geschafft, einen Tagesrhytmus herzustellen und mich wirklich rührend um den Flohzirkus gekümmert. Auch mein Freund war total angetan und hat überall geschwärmt, was für ein Sonnenschein er doch sei. Und auch, wenn es hier und da mal ein paar Dinge gab, die ihm oder mir nicht so super gepaßt haben, ich habe niiieeee infrage gestellt, dass wir zusammen gehören. Eine meiner Lieblingsvorstellungen war immer, dass wir als Greise auf dem Sofa sitzen und Jackass schauen...
Vor einigen Wochen nun hat er mir beiläufig erzählt, er mailt mit seiner Ex von vor 20 Jahren. Ihr Mann hat sich im Januar das Leben genommen und sie sitzt nun mit ihrem kleinen Sohn alleine da. Da ja auch er durch den Tod seines Vaters einen herben Verlust einstecken musste dachte ich, vielleicht können die beiden sich da bissl austauschen. Er fuhr auch mal auf nen Kaffee hin. Auch wenn ich im Inneren eifersüchtig war konnte ich mir nicht vorstellen, dass uns jemals irgendwas oder irgendwer auseinander kriegen könnte. Zu stark war einfach dieses dicke Band, was wir über die Jahre geknüpft hatten - zwischen uns passte nichteinmal das sprichwörtliche Blatt Papier. Nach seinem zweiten Besuch bei ihr am 15.09. war er ein paar Tage down und etwas zurück gezogen. Ich brachte das nicht unbedingt mit dem Besuch bei ihr in Verbindung sondern eher, dass ihn der Tod seines Vaters umtreibt und er etwas Zeit für sich braucht. Freitag nacht darauf konnte er nicht schlafen und ich fragte ihn, was denn los sei, er könnte doch mit mir reden. An seinem Blick sah ich schon, dass jetzt was welterschütterndes kommt. Da gestand er mir, am Dienstag mit seiner Ex geschlafen zu haben. Meine Welt ist von jetzt auf gleich implodiert... Trotz des Schocks habe ich ihm gleich zu verstehen gegeben, dass das nicht unser Ende bedeuten muss und ich versuchen werde, zu verzeihen, auch wenn es schwer fällt. Er hat mich dann auch wissen lassen, dass er nicht bereut, mit ihr geschlafen zu haben sondern nur, dass er mir damit so weh tut. Er wäre sich seiner Gefühle überhaupt nicht mehr klar, erkennt sich selbst gerade nicht und fühlt sich einfach nur leer und bräuchte mal ein paar Tage Distanz zum Nachdenken. Auch unser Zuhause würde ihn einengen und wir ziehen uns gegenseitig runter. Wir vereinbarten am nächsten Tag, dass er zu seiner Schwester fährt um nachzudenken. Vorher müsste er aber unbedingt nochmal zu seiner Ex, da die beiden sich seitdem das passiert war nicht gesehen hatten und Klärungsbedarf bestand. Auch dies hat mich tierisch verletzt, mein Gedanke war, dass er gefälligst erst an die 10 Jahre denken soll und wie viel sie ihm Wert sind und wenn er meint, dass ginge für ihn nicht mehr, sich DANN um etwas Neues zu kümmern. Nun ja, ich habe ihn gehen lassen und so gut ich konnte seinen Wunsch respektiert und ihm auch nicht näher geschrieben. Die Rede war von ein paar Tagen, so dass ich bis Mitte der Woche mit seiner Rückkehr rechnete. In dieser Zeit habe ich nur geheult, fast nichts gegessen und mich nur dem Hund zuliebe aufgerafft, überhaupt raus zu gehen. Am Donnerstag fragte ich vorsichtig per SMS nach, ob er schon wüßte, wie viel Zeit er noch für sich braucht, er schrieb recht knapp zurück, dass er am Samstag zurück kommt. Freitag kam noch eine SMS, dass er zwar Samstag kommt aber nicht bleiben wird. Da wurde mir schon richtig schlecht aber ich hoffte, er braucht einfach noch mehr Zeit um sich zu ordnen und nimmt sich eine eigene Wohnung oder so. Am Samstag hat er sich dann von mir getrennt. Wie gesagt, trotz kleiner Schwierigkeiten und sicherlich auch Kommunikationsproblemen (wenn es jemandem eh schon schlecht geht, bricht man ja nicht unbedingt nen Konflikt vom Zaun) hätte ich mit Allem gerechnet, aber nicht damit. Er hätte keine Kraft mehr, hätte das Gefühl, wir können uns gegenseitig nicht glücklich machen und würden uns langfristig eher schaden als gut tun. Er fühlte sich auch viel zu verantwortlich mir gegenüber, was er ablegen müsse. In der Sofa/Tablet/kif**en-Zeit wäre in ihm was kaputt gegangen, von dem er hoffte, es käme wieder. Er hat es auch nicht wahr haben wollen aber rückblickend wäre es so. Also hat er beschlossen, zu Ihr zu ziehen, sie hat ja auch nen Schicksalsschlag hinter sich, würde aber eher was anpackendes haben und wir sind uns zu ähnlich. Ich konnte (und kann bis heute) die Welt nicht mehr verstehen. Habe das Gefühl, man hat mir meine Seele gespalten. Wir hatten ein sehr langes Gespräch, hätten wir so - ohne Vorwürfe und Beschuldigungen, einfach nur über die Gefühlslage - in den zehn Jahren reden können, wäre manches anders gelaufen. Am Dienstag war er schon hier um ein Großteil seiner Sachen zu holen und da habe ich nochmals das Gespräch gesucht, ob er sich wirklich sicher ist, das Richtige zu tun. Für mich fühlt sich das eher nach einer kopflosen Flucht an. Alle Probleme hinter sich lassen und neu anfangen. Und ich sitze hier und muß damit fertig werden, dass DER EINE, der Für-Immer-Mann mich nicht mehr will und dieser Schmerz ist kaum auszuhalten. Hinzu kommt, dass ich durch die lange Krankheit inzwischen Arbeitslosengeld beziehe und dadurch gerade nichteinmal weiß, ob ich langfristig die Wohnung halten kann. Es fühlt sich einfach alles so falsch an, an allen Ecken fliegt mir mein Leben um die Ohren und ich kann nichts machen außer wie beim Autounfall zusehen und staunen. Seit zwei Wochen taumle ich nun zwischen Traurigkeit, Angst, Einsamkeit, Entsetzen, Verzweiflung, unendlicher Sehnsucht, Selbstvorwüfen, Selbstmitleid, Wut und Eifersucht herum. Ich kann einfach nicht begreifen, was da gerade passiert. Es ist ein schreckliches Gefühl, die von uns beiden gemachten Fehler in der Vergangenheit zu sehen und bei unserer starken Verbindung nicht einmal eine zweite Chance zu bekommen, unsere Sorgen wieder in Ordnung zu kriegen. Zwar kümmern sich meine Freunde und meine Familie lieb um mich und rufen mal an oder schreiben aber jetzt kann gerade so überhaupt nichts mich irgendwie aufheitern oder positiv stimmen. Bis zuletzt hatte ich gehofft, dass dieser große Knall unser reinigendes Gewitter ist und gemeinsam schaffen wir das, unsere Baustellen anzugehen. Und dies nicht zu dürfen und zu hören, er ist nicht mehr glücklich macht mich unsagbar kaputt, ich wurde in die Hölle geschubst und finde den Ausgang nicht.
Für alle, die es bis hier unten geschafft haben und dem Geschreibsel folgen konnten - vielen Dank für´s Lesen, würde gerne mal euren Senf dazu hören.
Danke Euch
BruisedAndBroken
04.10.2015 14:49 •
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