Zitat von Leina: . Auch ein Ziel zu definieren, wo wir in 1 Jahr von jetzt stehen. Das habe ich vorhin mit einer Psychologin besprochen bzw empfohlen bekommen und das werde ich gemeinsam mit ihm aufschreiben. Wenn wir das dann im Okt 2023 nicht als erreicht ansehen, dann haben wir es quasi schwarz auf weiß, dass es zu nichts führt.
Das ist halt wieder der typische Aktionismus, den ich bei Dir sehe. Du willst etwas planen, Ziele definieren, etwas umsetzen, in die Hand nehmen, entscheiden - und damit überfährst, ja erschlägst Du ihn förmlich.
Euch hat in jungen Jahren Eure Verschiedenheit und Andersartigkeit zusammen geführt. Das kann zunächst sehr gut laufen, weil der Eine das hat was dem Anderen fehlt und umgekehrt. Je länger aber solche Beziehungen laufen, desto mehr verstärken sich bei den Partnern die jeweiligen Verhaltensweisen.
Du als der von vornherein aktive Typ macht und tut und geht dabei auch mal flott über die Eigenarten Deines Mannes hinweg, den Du als völlig passiven und lethargischen, also trägen Typen bezeichnest. Und er? Nun ja, er tut das was er immer tat. Nämlich nichts oder nicht viel.
Du bist die Hauptverdienerin, die Familienmanagerin, der Feldwebel in Eurer Beziehung. Das ist zweifelsohne positiv, denn einer muss es ja tun, aber damit hast Du ihn mehr oder weniger entmannt. Was soll er denn sein neben seiner dominanten Frau? Derjenige, der nicht viel zuwege bringt, beruflich offenbar auch nicht eben der Tüchtigste und Erfolgreichste, obwohl ihm die Arbeit offensichtlich wichtig ist.
Du hast ihn im Lauf der Jahre immer mehr quasi überfahren und ihm noch eine Öffnung der Beziehung angetragen. Was ihm natürlich im Umkehrschluss sagte: im Bett ist mit Dir nichts los, ich bin unzufrieden, Du bringst es nicht ...
Und er wurde natürlich immer noch lethargischer, noch träger, noch passiver, denn wie sollte er denn als Mann neben Dir bestehen? Und dann kam eben Nathalie, die ihn mit offenen Armen empfing und die ihm zeigte, dass er ein toller Mann ist. Die ihn annahm so wie er ist und ihm das Gefühl gab, dass er auch etwas wert ist. Deine Äup
ßerungen über Deinen Mann sagen wenig darüber aus, dass er Dir wirklich etwas wert ist. Teilweise liest es sich fast schon verachtend.
Die Tipps Deiner Therapeutin gut und schön, aber meiner Meinung nach habt Ihr auch ein Achtungsproblem. Er sieht nicht die Frau in Dir, weil Du eigentlich mehr die typisch männliche Rolle einnimmst. Nicht nur weil Du es wolltest, sondern auch musstest, weil er eben nicht so leistungsfähig, aktiv, durchsetzungsfähig und selbstbewusst ist. Aber Eure Rollen in der Beziehung haben sich einzementiert und ich glaube, daraus müsstet ihr raus.
Du siehst zu wenig den Mann in ihm. Du willst ihn in der Ehe behalten. Eine klare Ansage, aber was tut er? Er hat die Affäre beendet, weil er es ja doch nicht schaffte, zur Anderen zu gehen. Der Verlust des Heims, der Familie, auch der gewohnten Abläufe, die er ja schätzt, wäre zu groß und würde das Neue und Aufregende mit Nathalie nicht aufwiegen.
Und da steht ihr jetzt. Beide unfähig, die Fallstricke zu sehen und vor allem sich daraus zu lösen.
Wenn es Dir nicht gelingt, Deinen Mann positiv zu sehen und ihm vor allem Achtung engegegen zu bringen, Wertschätzung seiner Person, wird es nichts. Denn verlorene Achtung ist der Beziehungskiller schlechthin.
Zieh Dich mal ein wenig zurück, mache nicht dauernd etwas, entscheide mal nichts und verabschiede Dich von Deinen Zielvorgaben. Du bist keine Projektmanagerin, Du bist Ehefrau und Mutter.
Und gib auch mal ihm Raum vielleicht doch ein wenig mehr Aktivität an den Tag zu legen. Er brauchte das bisher nicht zu tun, denn Du hast ja alles an Dich gerissen, alles bewältigt, alles gemanaged. Und jetzt fühst Du Dich auch irgendwo leer und ausgebrannt. Ist ja auch kein Wunder.
Leider hat sich seine Lethargie, die er schon immer hatte, durch die Jahre lange Ehe noch verfestigt und es wird schwer für ihn, zu begreifen, dass auch er mehr in eine Aktion kommen muss, wenn die Ehe gerettet werden soll. Er ist das Phlegma in Reinkultur, aber offenbar doch nicht völlig, denn für eine Affäre reichte es ja doch. Und das ist Aktion, wenn auch an der falschen Stelle.
Ich weiß nicht, ob bei Euch was zu retten ist. Ich finde es aber immer wichtig und richtig, an einer Ehe festzuhalten und sie erhalten zu wollen, vor allem weil Kinder dranhängen. Aber wenn Ihr nicht beide Euch ein wenig bewegt und Eure Rollenmuster verlasst, also eine Positionsänderung vornehmt, wird es nur ein anstrengendes Geziehe und Gezerre von Deiner Seite, die ihn wieder überfrachtet und ihm zwangsweise den Stempel des untätigen Loosers aufdrückt.
Weißt Du denn überhaupt, wie sich Dein Mann neben Dir fühlt? Ob er Dich noch schätzt für das was Du bist und tust oder sieht er Dich nur als den Hindernisläufer, der munter über alle Hürden springt, während er im Wassergraben stürzte und liegen blieb.
Wie Ihr aus dem Dilemma Eurer Rollenverteilung wenigstens ein bisschen rauskommt, kann ich Dir nicht sagen, aber mit Ultimaten und Deadlines ist hier nichts zu wollen. Beide müssen sich ein wenig neuausrichten, ihre gewohnten Positionen verlassen. Gib ihm auch mal ein wenig mehr Raum etwas zu wollen.
Was er will, hat er Dir mit der Affäre gezeigt. Anerkennung, Wertschätzung, das Gefühl der Akzeptanz, liebevolle Zuwendung und Interesse an seiner Person.
Wenn er Dir so wichtig ist wie Du sagst, dann zeig ihm das mal. Du brauchst da gar nicht groß darüber zu reden, denn das meiste in Beziehungen teilt sich ohnehin nonverbal mit. Wertschätzung des anderen liegt nicht in Worten, sondern im liebevollen Verhalten und nicht im verzweifelten Aktionismus, den Du jetzt an den Tag legst.
Vergiss die Deadline. Er wird sich nicht ändern, weil er ist wie er ist. Aber auch er als wohl eher schwacher Mann hat es verdient, geschätzt und geachtet zu werden. Er ist ja nicht nur lethargisch, denn wenn ihm etwas wichtig ist, dann kommt er ja doch in eine Aktion (siehe Nathalie).
Verabschiede Dich von Deiner Rolle als Familienoberhaupt. Du bist auch nicht das Maß aller Dinge. Aber bewege Du Dich ein wenig und gib ihm damit die Möglichkeit, aus seiner vollkommenen Passivität raus zu kommen. Du erdrückst und erschlägst ihn und er lässt es so laufen wie er es immer tat.
Einer muss sich bewegen, dann kann der andere folgen.
Wenn es Euch gelingen würde, Euren Rollenzement aufzubrechen sodass beide Raum und Luft zum Atmen haben, dann kann es was werden. Vergiss seine Lügen, das ist nicht wichtig. Ob er jetzt im Juni oder Juli noch mit ihr zusammen war, so what? Alle Betrüger lügen und verschleiern und verbergen.
Wichtig ist nur das was kommt und nicht das was war. Du hast ihm eine offene Beziehung angetragen, er hat Dich betrogen. Also ist das Sündenkonto bei beiden doch einigermaßen ausgeglichen. Lass das außen vor weil es für die Rettung Eurer Ehe unerheblich ist, wer wann was getan hat.
Viel Glück und ich hoffe, Deine Therapeutin hat noch mehr auf dem Kasten als Deadlines, die in emotionalen Dingen ja noch nie geholfen haben. Und frag Dich mal, ob Du ohne ihn tatsächlich besser dran wärst? Oder vielleicht doch nicht? Ich glaube, er erfüllt durchaus eine wichtige Funktion, die Du aber noch nicht richtig erkannt hast.
Zwei wie Feuer und Wasser. Passt nicht, beinhaltet Zündstoff, aber es kann auch eine wunderbare Ergänzung für die Fehlstellen der Protagonisten sein.