Ihr Lieben,
Ich bin irgendwie total am Ende und weiß nicht weiter. Ich habe mich vor zwei Monaten von meinem Verlobten getrennt - sechs Wochen vor dem Hochzeitstermin.
Die Trennung selbst kam für ihn total überraschend - für mich aber auch. Ich habe aus einem Impuls heraus gehandelt, der aber - wie ich glaube - seine Ursachen viel tiefer hatte. Mein Ex hat sich den Abend vor der Trennung total daneben benommen. Das war der Auslöser aber nicht der Grund, könnte ich an seinem vorherigen Verhalten mir gegenüber doch sonst nicht viel aussetzen. Wir haben immer viel geredet und dachten immer, wir würden perfekt zueinander passen. Wir haben zwar auch ab und an Meinungsverschiedenheiten gehabt, konnten diese aber gemeinsam gut lösen.
Dennoch. von Unserer Verlobung an hatte ich stets seltsame Gedanken und kann nicht genau erklären, wo die her kamen. Ich würde mich selbst als innerlich äußerst verletzlich aber nach außen hin sehr stark bezeichnen. Ich bin zielstrebig, ambitioniert und vor allem sehr selbständig. Insbesondere letzteres scheint für Männer oft ein Problem zu sein. Auch mein Ex hat immer betont, ich sollte mich einfach fallen und mir öfter mal von jemandem (insbesondere von ihm) helfen lassen.
Je näher die Hochzeit rückte um so mehr hatte ich jedoch Angst, auf für mich Wichtiges in Zukunft verzichten zu müssen. Ich kann nicht sagen wo das her kam. Wenn ich mit ihm geredet habe, hat er immer das richtige gesagt. Wir beide wollten Kinder, ich hatte aber zugleich Angst, auf meine Karriere verzichten zu müssen (ich beginne nach Studium und Praktischer Ausbildung jetzt erst so richtig meine berufliche Laufbahn), da er mehr wert auf Familie als auf Freunde legt, hatte ich auch Sorge, er würde irgendwann darauf bestehen, dass ich meine Freunde für die (seine) Familie vernachlässige.
Er kommt aus einer sehr traditionell geprägten Familie (Vater arbeitet, Mutter zu Hause, putzt und kocht den ganzen Tag, erledigt alles etc).
Wir haben viel geredet, natürlich auch darüber. Er hat mir immer versichert, ich würde arbeiten können und er werde auch mit den Kindern zu Huse bleiben. Zugleich betonte er aber immer, das von ihm bevorzugte klassische Familienbild. Ich war verunsichert, ich wollte ihm glauben, dass wir eine gleichgestellte Partnerschaft führen werden, hab aber gezweifelt, zumal auch von seiner Familie viele Sprüche kamen, dass ich meine Karriere nach der Hochzeit vergessen könnte. Sein Verhalten mir gegenüber während unserer Beziehung bot mir eigentlich keinen Grund, an ihm Zu zweifeln in der Hinsicht. Aber zwischendurch kamen blöde Witze durch. Die haben mich verunsichert.
Darüber hinaus begann mich nach und nach sein enges Verhältnis zu seinen Eltern vor allem aber zu seiner Mutter immer mehr zu stören. Seine Mutter behandelt ihn wie ein kleines Kind. Ich habe sie anfangs wirklich sehr gemocht und hatte den Eindruck, das würde auf Gegenseitigkeit beruhen. Aber ich hatte auch von Beginn an den Eindruck, sie würde einen starken Einfluss auf ihn haben, was sich letztlich auch bestätigt hat. Er bespricht alles mit seinen Eltern. Wirklich alles. Auch wenn wir mal nen Wochenende unterwegs waren, hing er pausenlos am Handy. Seine Mutter wollte alles wissen. Wo wir sind, was wir machen, ob ich gekocht habe oder wir essen gegangen sind. Ich kam mir vor, als wären wir 15. Als sie gemerkt hat, dass ich mein Leben mit meinem zukünftigen Mann so leben will, wie WIR das planen und nicht wie sie sich das vorstellt, fing sie an mich vor ihm schlecht zu machen, was ich leider erst nach der Trennung erfahren habe.
Ich hatte plötzlich das Gefühl, als solle ich für ihn Köchin und Putzfrau und für die Eltern Hilfskraft sein. Ich hatte das Gefühl, er will keine Familie mit mir gründen sondern mich einfach nur zu seiner Familie dazupacken - auch wenn er stets was anderes gesagt hat. Ständig wollten seine Eltern helfen und gute Ratschläge geben. Er hat das alles natürlich gern angenommen- sind ja Eltern und die haben Lebenserfahrung. Ich bin da anders - ich will Fehler machen und aus ihnen lernen. Ich will mir meine Möbel erarbeiten und nicht sie von den Eltern geschenkt bekommen usw. Ich bin eine erwachsene Frau und möchte auch so behandelt werden.
Eines Abends ist die Situation eskaliert. Seine Mutter wollte mir zeigen wo mein Platz ist und er hat nicht reagiert sondern später noch einen drauf gesetzt. Er war noch nie so herablassend zu mir wie in diesem Moment. Ich bin dahingehend aber vorgeschädigt, was er wusste.
Mir ist der Kragen dann geplatzt. Ich hab mich getrennt und alles abgeblasen. Ich hatte das Gefühl, dass ich das nicht kann. Das Leben zu leben, was er mir bot, so (emotional) abhängig von seinen Eltern. Und ich hatte plötzlich Angst, er sei der Macho, den ich immer befürchtet habe.
Wir haben viel geredet die ersten Tage. Er hatte versichert, mit seinen Eltern gesprochen und ihnen gesagt zu haben, dass sie sich künftig nicht einzumischen haben. Für sein eigenes Verhalten entschuldigte er sich. Aber irgendwie hat er das auch bagatellisiert und betont, ich hätte überreagiert.
Mir war das zu wenig.
Ich will nicht näher auf die Gründe eingehen, aber er wohnt derzeit bei seinen Eltern. Ich hätte erwartet, dass er zumindest auszieht und mir dadurch zeigt, dass er sich emotional lösen will. Stattdessen lässt er sich von seiner Mutter Brote zur Arbeit schmieren und alles bezahlen. Ist das wirklich normal?
Dennoch geht es mir statt besser immer schlechter. Ich vermisse ihn so unglaublich, dass ich manchmal nicht weiß wohin mit mir. Ich weiß dass er nicht perfekt ist, er ist recht bequem (Mama hat ja immer verwöhnt), was mich zwar stört, womit ich aber umgehen kann. Sonst sind wir uns sehr ähnlich, haben viele Geneinsamkeiten, teilen viele Ansichten. Wir hatten eine gute Zeit zusammen. Wir konnten viel lachen. Er war für mich da, als bei mir eines nach dem Anderen schief lief. Gab mir Halt. Er war abgesehen von dem Abend immer so unglaublich gut zu mir - hat gemerkt wenn es mir schlecht ging, auch wenn ich es verstecken wollte. Er war immer darauf bedacht, Sachen zu klären, damit sie uns nicht belasten.
Wenn da nur nicht diese emotionale Abhängigkeit zur Mutter wäre. Sie will ihn einfach nicht loslassen. Er sieht es nicht. Ist der Meinung, das sei normal in einer funktionierenden Familie, ich als Scheidungskind habe dafür kein Verdtändnis.
Die ersten zwei Wochen war ich sicher, die richtige Entscheidung getroffen, ja sogar mein eigenes Leben gerettet zu haben. Nach dem ersten Schock kam dann die Wut, vor allem auf seine Mutter, der ich nur zu gern die Schuld an allem gab.
Wir haben uns dann nochmal getroffen. Ich hatte mir dadurch einen gewissen Abschluss erhofft. Das Gespräch war emotional und endete damit, dass wir das alles sacken lassen und nochmal werden reden müssen. Danach machte er mir ein Liebesgeständnis. Ich mache mir die ganze Zeit Gedanken, ob ich überreagiert habe, ob er sich vielleicht doch noch lösen würde. Ob wir vielleicht einfach mit allem zu schnell gemacht haben. Ob ich einen Fehler gemacht habe. Ich weiß selber nicht, ob meine Ängste berechtigt waren oder ob ich einfach nur so vorgeschädigt bin, dass ich überall unlösbare Probleme sehen wollte, die vielleicht doch lösbar gewesen wären.
Aber er verhält sich so ambivalent, sagt er will nochmal reden, muss das alles aber Wochenlang sacken lassen, schreibt er liebt mich, am nächsten Tag redet er aber mit mir wie mit einer alten Freundin. Ich habe ihm schließlich gesagt, dass wir gern reden können, ich dieses ambivalente Verhalten aber nicht kann. Wir haben dann nen Zeitraum vereinbart an dem wir uns treffen wollen, weil er bis dahin alles sacken lassen wollte. Nun hatten wir zwischendurch nochmal geschrieben und er war so distanziert. Wir wollen uns nächste Woche treffen.
Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll. Ich liebe ihn. Sehr sogar. Ich wollte ihn heiraten! Das macht man nicht zum Spaß. Aber ich wollte leben, so wie WIR das wollen und nicht so, wie seine Mutter das für das Beste hält. Wie kann ich sicher sein, dass er dazu in der Lage sein wird? Wie kann ich sicher sein, dass das was er sagt auch zutrifft und er nicht irgendwann zu dem Macho wird, zu dem ihn seine Mutter gern machen würde?
Wie kann ich sicher sein, dass ICH ihn überhaupt noch will? Was wiegt mehr, die glücklichen Monate in denen es zwischen UNS keine Probleme gab oder das was er mir zeigte, als es das erste mal sich zwischen uns schwierig wurde?
15.12.2017 03:16 •
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