Die Klausur am Freitag war heftig. Bei der Arbeit brodelt es grad an so vielen Ecken und Enden. Und die Chefin ist grad schwach. Ob sie bei der Arbeit grad überlastet ist oder ob das andere Hintergründe hat, weiß ich nicht. Aber sie macht nicht so klare Ansagen, wie sie teils nötig wären.
Mir fiel aber etwas auf. Ganz oft ging es darum, dass wenn der Kollege wieder da sei, dass dann alles anders laufen würde. Besser. Im Endeffekt - dass wenn er wieder da sein wird, dass sich dann das meiste auch wieder regeln würde. Weil er hätte das alles im Griff.
An anderen Stellen kam von einigen aber, dass sie ihm stillschweigend dieses und jenes zuarbeiten würden oder ihm nie wirklich abgesprochen Dinge abnehmen würden. (Meine gedankliche Ergänzung: und dadurch kann er das tun, was er vermeintlich so gut im Griff hat - inklusive allem drumrum - was ihm ja aber - wie jetzt gehört - von anderen abgenommen wird.)
Sicher - einiges, was in letzter Zeit schief lief, kam mit daher, dass eine 100%-Kraft fehlt und nur sporadisch ersetzt wird. Aber letztes Jahr, als die letzte Küchenausbilderin gekündigt hatte und wir 2 Monate Vakanz hatten, ging es ebenso drunter und drüber. Es liegt nicht an einer Person. Es liegt am Fehlen einer Fachkraft.
Und sicher kommt manches auch daher, dass wir keinen dauerhaft anwesenden männlichen Kollegen da hatten. Wir haben es halt u.a. auch mit vielen delinquenten jungen Männern zu tun, denen eine männliche Führungskraft gut tut. Und auf alle Fälle hat der Kollege auch eine ganz spezielle Art an sich, die manches wirklich beschwichtigen kann.
Das stelle ich nicht in Frage.
Ich fand das aber spannend zu hören, wie viel im Haus an ihm persönlich aufgehängt wird und dass fast ausschließlich alle Kolleginnen ihn eigentlich als unersetzlich wahrnehmen und ihn dadurch unersetzlich machen.
Wobei gleichzeitig am Freitag klar wurde, dass er in den letzten Wochen und Monaten einige seiner Planungsaufgaben bis dato nicht einmal angefangen hat. Von der einen Kollegin kam dann gleich: Ja - aber wirklich Zeit dazu hat er ja nie. Ja - haben andere im Haus eigentlich auch nie und tuns trotzdem.
Einen Schritt weitergedacht: der Kollege scheint den meisten von uns eine große Projektionsfläche zu bieten. Ich bin da wohl nicht die einzige, die sich bei der Arbeit bei ihm abstützt und sich auf ihn mehr verlässt als es die eigentliche Arbeit hergibt.
Was auch immer diese Erkenntnisse weiterhin bringen mögen. Ich fands erstmal spannend.
Ob das Audit am Mittwoch stattfinden wird, steht weiterhin - bzw. wieder in den Sternen, weil jetzt die Auditorin krank ist und man nicht weiß, ob Ersatz gefunden wird.
Ganz doofe Sache - v.a., weil ich Prüfungssituationen hasse und mich vorher heftig unter Druck setze. Auch wenn mir von unserer Koordinatorin immer wieder versichert wird, dass das eben nur intern ist und es eigentlich nur darum geht, um zu sehen, ob wir gut aufgestellt sind und in wie fern wir unsere Arbeit noch optimieren und erleichtern können. Aber das hilft mir nicht wirklich weiter. Ich muss etwas präsentieren, was nicht das ist, wofür ich wirklich brenne (das Meldewesen). Und das verunsichert mich.
Andererseits dachte ich mir mittlerweile, dass es vielleicht gar nicht schlecht sei, dass das das erste Zusammentreffen mit dem Kollegen nach diesem Monat sein würde. Zwar ist das Audit ne enge Sache, weil wir da gemeinsam was präsentieren müssen (Was bis heute in keinster Weise abgesprochen ist. Ich vermute auch nicht, dass er sich diesbezüglich noch melden wird. Ich werde es nicht tun.). Andererseits ist das nur eine kurze Zeit mit einem klaren Arbeitsauftrag. Ohne die üblichen Kollegen und das übliche Sozialverhalten drumrum. Eine überschaubare Möglichkeit, um abzuchecken, wo ich selber gerade stehe und wie er derzeit auf mich reagiert. Und hinterher erstmal wieder getrennte Wege gehen.
Ich weiß auch noch nicht, wie kurzfristig das abgesagt werden wird.
Nochmal was, was ich abwarten muss
Gestern habe ich in meinem Zimmer bei uns zu Hause ein wenig aufgeräumt. Und dabei einen Karton mit alten Briefen und Textnachrichtenzetteln (vor der Handyzeit - bin ich alt ) und Fotos gefunden. Ich habe einiges quergelesen und mich an die guten alten Zeiten erinnert.
Und mir kommt in Erinnerung, dass ich mich glaub schon immer verbundener in Freundschaften oder in Beziehungen fühlte als mein Gegenüber. Es kam auch schon öfter vor, dass einige dieser zwischenmenschlichen Beziehungen vom jeweils anderen beendet wurden und ich wie der Ochs vorm Berg stand und gar nicht wusste, wie mir geschieht. Und ich hinterher Liebeskummer hatte - auch bei zu Ende gegangenen Freunschaften. Auch mit Mädels.
Oft gingen diese Beziehungen nach einer Krise meines Gegenübers auseinander. Nachdem ich geholfen hatte, wieder etwas ins Lot zu bringen. Etwas zu klären. Danach wurde ich anscheinend nicht mehr gebraucht.
Das hat mir eine Mentorin in einem Praktikum, das ich vor vielen Jahren mal in der Psychosomatik gemacht habe mal gesagt als wir einen Patienten durchgesprochen haben. Dass es Menschen gibt, die diesen Hang haben, sich tief emotional und sehr loyal anderen verbunden zu fühlen. Es ist nicht einfach, diese Menschen emotional zu erreichen und sie zu knacken. Aber wenn sie sich dann dafür entscheiden, dann mit ganzem Herzen. Und deswegen fällt es ihnen dann so schwer, loszulassen. Weil sie mit Haut und Haaren drinstecken.
Ich habe mich damals so sehr darin erkannt. Und es hat mir manchen Abschied von damals bereits zu Ende gegangenen Freundschaften vereinfacht. Es hat mir etwas den Druck genommen, etwas wieder gut machen zu müssen, weil ich immer das Gefühl hatte, etwas falsch gemacht zu haben.
Heute Nacht lag ich dann länger wach. Und mir ist klar geworden, dass ich nur einige ganz wenige Beziehungen in meinem Leben habe, bei denen das so ist. Dass ich nicht deutlich mehr liebe als mein Gegenüber und dass ich dadurch nicht viel mehr investiere und dadurch nicht abhängig werde. Bei denen habe ich immer das Gefühl, dass ich weiß, wie schön mein Leben ist und ich mit mir selber gut klar komme. Aber dass es mit dem anderen einfach noch etwas schöner ist. Und ich habe das Gefühl, dass es dem anderen auch so geht. Deswegen muss ich mich auch nicht noch mehr mit demjenigen verbinden. Weil es einfach so da ist.
Bei ein paar wenigen Freundschften ist das so. Und bei meinem Mann
Bei dem Kollegen nicht. Das fühlt sich ungleich an. Ich bin mir aber nicht so ganz sicher, in welcher Richtung.
Boah.
Was die Sache mit dem Kollegen so alles an Gedankengängen ausgelöst hat.
Eigentlich kann ich ihm dafür ja fast dankbar sein