Gestern abend habe ich noch einige Telefonate mit Freunden, weil mir die Decke auf den Kopf fiel und ich dringend jemanden zum Reden brauchte. Unglaublich, wie wichtig das ist. Ich versuche es auch auf mehrere aufzuteilen, weil mir natürlich klar ist wie anstrengend das für sie ist und ich spreche bewusst nicht die ganze Zeit über meine Probleme, sondern frage auch gezielt nach ihren Belangen um auf andere Gedanken zu kommen. Leider wieder eine halbe Flasche Wein getrunken und eine halbe Schachtel Zig. geraucht, ich muss jetzt echt mal aufpassen und aufhören damit.
Zu wissen, dass ich mich jetzt auf mich und mein Studium konzentrieren muss bedeutet leider nicht dass ich es auch sofort auf Knopfdruck umsetzen kann. Mein Selbstwertgefühl ist stark angekratzt und ich hinterfrage mich. Letzteres ist meiner Meinung aber auch wichtig, weil ich mich sonst nicht weiterentwickeln kann. Finde es erschreckend, wie leicht mein Leben durch einen Abend aus den Fugen geraten konnte (mal wieder wohlgemerkt, aber sowas vergisst man viel zu schnell). Ich habe Angst vor irgendwas, kann es aber nicht genau greifen. Angst, die Prüfung nicht zu schaffen. Angst, vielleicht grundsätzlich in Beziehungen etwas falsch gemacht zu haben, schließlich sind ja alle gescheitert. Bin ich vielleicht zu langweilig, zu gutmütig, nicht männlich genug etc. Angst, aus der Enttäuschung verbittert zu werden. Angst vor dem Alleinsein, vielleicht? Klingt jetzt total bescheuert, aber ich habe gestern zwei Zettel geschrieben. Auf dem Ersten habe ich alle Schwächen meiner Ex gesammelt und da kamen schon ein paar mehr zusammen als ich spontan vermutet hätte. Es sind zwar trotzdem eher liebenswerte als ernstzunehmenden Schwächen, trotzdem hilft es mir zu begreifen, dass sie nicht perfekt ist. Auf dem zweiten Zettel habe ich mir mit fetten Edding meine Prioritäten geordnet:
1. Mir geht es gut, habe Wohnung, Arbeit, zu Essen und bin gesund.
2. Meinem Sohn der beste Vater sein
3. Mein Studium weiter gut durchziehen
4. Meinen Körper fit und gesund halten.
Auch wenn die Prioritäten eigentlich immer klar sind, finde ich es beruhigend da drauf zu schauen und zu wissen dass ich mir da schon genug Gedanken drum gemacht habe. Den ersten Zettel habe ich in mein Portemonnaie gesteckt, um in solchen Verzweiflungsmomenten draufzugucken. Den zweiten Zettel habe ich mit Tesa gut sichtbar an die Wohnzimmertür geklebt. Dazu habe ich mir geschworen, dass ich von Beziehungen jeder Art erstmal die Nase voll habe. Und so schwer ich es mir im Moment vorstellen kann, dass ich mich besser schnell wieder ans Alleinsein gewöhnen sollte und schnellstmöglich Rhythmus und Struktur brauche.
Schließlich habe ich es tatsächlich noch geschafft ein wenig zu lernen und nur selten an sie zu denken. Und dann auch nur, dass sie mir gestohlen bleiben kann... na gut ein paar mal kam noch Wehmut auf, aber das konnte ich ziemlich gut schnell unterdrücken. Der Bravais-Pearson-Korrelationskoeffizient ist übrigens das Allerinteressanteste und Wichtigste überhaupt, was man dafür alles berechnen muss und was man damit aussagen kann …keine Ahnung ob meine Begeisterung aus einer Art Selbsthypnose entstanden ist oder eine Wirkung vom Alk. war, aber immerhin bin ich mit dem Gedanken daran eingeschlafen und es ist etwas hängengeblieben.
Tag 2 (nach Sachenrückgabe)
Habe eigentlich ganz gut geschlafen und bin bereit meinen ersten Tag im neuen Leben zu beginnen. Die Sonne scheint, frisch geduscht, mit Sporttasche und Lernheften zur Arbeit gefahren. Dass die S-Bahn zwei Minuten zu früh ist und mir vor der Nase wegfährt kratzt mich nicht, habe die Nase in Lernheften. An der Arbeit habe ich gute Laune. BÄÄM! Nachricht von ihr: „Guten morgen, sie musste mich gestern blocken weil ihr Chef bei ihr am Schreibtisch war und wir könnten gern noch einmal reden, ich solle mir das aber gut überlegen wegen Abstand und so… und ich solle ihr per Email antworten, wenn ich mich entschieden habe“ Tja, sehr nett und ergibt auch Sinn und hatte überhaupt nichts mit meiner Realität gestern gemeinsam. Warum ist sie nur so nett? Sie macht es mir wirklich nicht einfach, sie nicht zu mögen. Andererseits werde ich meine gestrige Aufarbeitung nicht wieder über den Haufen werfen, nur weil ich grundlos wütend war. Immerhin hat das Energie und Kraft freigesetzt.
Werde mir auf jeden Fall erstmal Zeit lassen mit einer Antwort, denn das sollte dann wirklich die letzte sein. Denke, dass ich lieber doch keine weitere Aussprache will, denn das Ergebnis kann mich eigentlich nur runterziehen, aber vielleicht packe ich das rein, was ich zum Abschied noch sagen möchte. Oder ich halte es ganz kurz. Zurückschreiben gebietet aber die Höflichkeit, oder? Was meint ihr?
13.08.2015 09:06 •
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